Samstag, 20. September 2008

Alexander Mitscherlich zum hundertsten Geburtstag

bei der ZEIT

Daddy’s Girl forever

PÉCS – Kelly Osbourne, reizender Nachwuchs des unerschrockenen Black Sabbath-Sängers Ozzy Osbourne, wird sich vermutlich einen Partner nach Papas Ebenbild suchen. Provokation? Auch wenn die in der Familie liegt – nein, sondern Töchterchen wird nicht anders können: Das Aussehen des späteren Partners wird bereits in der Kindheit festgelegt. Das belegen die Untersuchungen der Psychologen um Tamas Bereczki von der ungarischen Universität Pécs. Söhne bevorzugten Partnerinnen, die ähnliche Gesichtszüge wie ihre Mutter haben, und Töchter wählen Männer, die ihrem Vater aus dem Gesicht geschnitten sind, berichten die Forscher in PROCEEDINGS OF THE ROYAL SOCIETY B.

Dazu wurden von 312 Erwachsenen aus 52 Familien jeweils 14 unterschiedliche Gesichtsabschnitte vermessen und verglichen. Die Psychologen entdeckten einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Gesichtszügen des Vaters und des Partners der Töchter und denen der Mutter und der Partnerin der Söhne. Umgekehrt wurden keine Ähnlichkeiten entdeckt. Die Forscher vermuten dahinter einen soziologischen Prozess. Kinder nehmen Eigenschaften vom andersgeschlechtlichen Elternteil auf und bevorzugen dann Partner mit besonderen Ähnlichkeiten zu diesen.

aus „Der Kassenarzt“ Nr. 16, September 2008

Alles schönrauchen

Entfaltet erst durch die Zigarette danach seine vollständige Wirkung, und dann kann’s noch besser kommen – „Rosemaries Baby“.

MANHATTAN – Ob zum Kaffe oder nach dem Sex – egal, die Zigarette gehört dazu. Und warum ist das so? Psychologen um Matthew Palmatier von der Kansas State University haben herausgefunden, dass durch Nikotin Erfahrungen – welcher Art auch immer – intensiver erlebt werden. Wir frönen der Lust nicht etwa, weil sie einen angenehmen Zustand hervorruft, sondern weil die Zigarette Dinge schöner erscheinen läßt. Es sei möglich, dass Menschen vor allem deshalb rauchen, weil sie dadurch ihr Erleben und ihre Gefühle beeinflussen könnten, schreibt Palmatier in NEURO-PSYCHOPHARMACOLOGY. Wie stark sich dieser erlernte Effekt einprägt, zeigten die Forscher an Mäuseversuchen. Waren die Viecher erst einmal daran gewöhnt, dass bei ohnehin schon angenehmen Dingen durch Rauchen die Befriedigung noch wesentlich verstärkt wird, fehlte ihnen ohne das Nikotin etwas Wesentliches. Nun wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob Nikotin auch dazu beiträgt, unangenehme Erfahrungen erträglicher zu machen. Wenn dem so sein sollte, wird die Zigarette wohl auch dann nicht so einfach aus den Schlafzimmern zu entfernen sein.

aus „Der Kassenarzt“ Nr. 16, September 2008

Das Auf- und Davon-Gen

STOCKHOLM – Liebe Damen, hören Sie auf, Ihren Partnern ständig damit in den Ohren zu liegen, dass er sie wieder für eine andere sitzengelassen hat. Für seine Sprung- und Wechselhaftigkeit kann er nun wirklich nichts: Es liegt schlicht in seinen Genen. Das haben schwedische Forscher um Hasse Walum vom Karolinska-Institut bei Genuntersuchungen an 552 gleichgeschlechtlichen männlichen Zwillingspaaren herausgefunden. Dafür untersuchten die Wissenschaftler das Auftreten von drei verschiedenen Genvarianten, die einen Einfluss auf die Wirkung des Hormons Vasopressin aufweisen. Von Wühlmäusen sei bekannt, dass dieses Hormon die Bindungsfähigkeit beeinflusse, so die Forscher in PNAS. Und das scheint auch für die maskuline menschliche Gattung zu stimmen. Die untersuchten Männer mit der 334 genannten Ausprägungsform des Gens legten eine wankelmütige Partnerbindung an den Tag. Dementsprechend wenige Ehemänner fanden sich in dieser Gruppe. Die Partnerinnen dieser Männer waren mit der Bindung auch unzufriedener als diejenigen, bei deren Männern die 334-Ausprägung nicht vorhanden war. Ganz arme Schlucker, bei denen die 334-Variante doppelt vorhanden war, gaben an, im vergangenen Jahr eine Ehekrise durchlitten zu haben. Bei Frauen stellten die Forscher diesen Zusammenhang nicht fest.

aus „Der Kassenarzt“ Nr. 16, September 2008

Das ist so eine Sache mit der Wissenschaftlichkeit. Wie man jemandem, der einen sitzengelassen hat, ständig in den Ohren liegen kann, naja… Vielleicht könnte man das Gen auch »Sich eine Frau aussuchen, mit der man es nicht aushalten kann, weil sie nie zufriedenzustellen ist«-Gen nennen. Aber weil das zu lang ist, sieht man es halt einfacher so rum. Wie so oft…

Honorardiktat – Was unterm Strich übrig bleibt












Dr. Dr. Peter Schlüter, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hemsbach


So langsam müssen die gesetzlichen Krankenkassen erkennen, dass die Pauschalierung von Leistungen so einfach nicht ist. Der Grund: Das Leistungsspektrum der einzelnen Praxen einer Fachgruppe ist viel zu unterschiedlich und differenziert. Zudem ist in einem komplett pauschalierten Abrechnungssystem für die Finanziers des Systems nicht mehr zu erkennen, welche Leistungen in welchem Umfang von den Leistungserbringern auch wirklich noch erbracht werden.

Spitzenverband zieht meine Grenze
Gerade zu diesem Zeitpunkt wird von Frau Pfeiffer auch noch gesagt, dass die durchschnittlich 120.000 Euro Jahreseinkommen für die Ärzte genug sind. Wie hat sie das gemeint? Jahreseinkommen? Umsatz? Honorar? Gewinn? Vor Steuern? Nach Steuern?

Wenn ich davon ausgehe, dass Frau Pfeiffer Honorar gemeint hat, dann lässt sich jetzt einfach berechnen, was uns Ärzten zusteht. Bei einem Kostensatz von plus/minus 50 Prozent bleibt ein Gewinn von 60.000 Euro vor Steuern. Davon bleiben, je nach steuerlicher Veranlagung, durchschnittlich 33.000 bis 38.000 Euro übrig. Gehe ich – der einfachen mathematischen Überlegungen wegen – von rund 36.000 Euro aus, so sind das 3.000 Euro pro Monat. Davon bestreite ich meinen Lebensunterhalt.

Okay, könnte man jetzt sagen, das ist doch gar nicht so schlecht. Doch halt! Die Altersvorsorge, nicht nur die Zwangsmitgliedschaft in der ärztlichen Versorgungsanstalt (diese Altersversorgung reicht später zum Leben sowieso nicht aus), sondern zusätzlich die private Altersvorsorge ist zusätzlich zu leisten. Wenn ich Urlaub mache, sistieren meine Umsätze, das heißt, ich habe kein Einkommen, denn diese Zeit bezahlt mir niemand. Als Hausarzt benötige ich ein Auto, um Hausbesuche durchführen zu können. Um dieses steuerlich absetzen zu können, muss ich, wenn ich Pech habe, auch noch ein Fahrtenbuch führen.

Vergleichen wir doch mal, Frau Pfeiffer!
Frau Pfeiffer hingegen ist Angestellte, und das noch im öffentlichen Dienst: festes Gehalt und kein Stress wegen Arzneimittelregress oder Honorarregress, dafür aber Anspruch auf bezahlten Urlaub. Das dürften fünf bis sieben Wochen im Jahr sein. Dienstfahrzeug ist selbstverständlich, Benzinkosten inklusive. Ortszuschlag. Wochenendzuschlag, Arbeitsessen, alles Beträge, die ich als Arzt selbst tragen muss.

Andere Rechnung, undurchsichtiger Durchschnitt
Halte ich Frau Pfeiffer zugute, dass sie wirklich Einkommen gemeint hat, dann wären es monatlich rund 6.000 Eure, die sie uns Ärzten zugesteht – durchschnittlich –, wohlgemerkt! Durchschnittlich bedeutet, dass hier eben auch Orthopäden, Laborärzte und Radiologen einberechnet sind, die auf der Einkommensskala das obere Drittel besiedeln. Das wiederum sind Größenordnungen, die den Durchschnitt deutlich anheben.

EBM-Reformen machen’s obsolet
Wie dem auch sei, ich habe meine Abrechnung des ersten Quartals 2008 in den Händen. Der neue EBM beschert uns Hausärzten wieder einmal einen Umsatzrückgang von 15 bis 20 Prozent! Da klingt es wie Hohn in meinen Ohren, wenn ich an die Aussage des früheren Bundesgesundheitsministers Horst Seehofer denke, der da sagte: „Ich kenne keine Berufsgruppe, die über eine gesetzlich garantierte Einkommenssteigerung verfügt!“ Da hat er recht.

Doch die Bindung des Honorarvolumens an die Steigerung der Grundlohnsumme wird erst wirksam, wenn die Grundlohnsumme wirklich steigt. Wobei diese durch die ständigen EBM-Reformen mehr als ausgehebelt wird.

Zehn bis 20 Prozent weniger Umsatz bescherte uns der EBM 2008. Da ist der Durchschnitt von 120.000 Euro schon Geschichte. „120.000 Euro Einkommen sind genug“ – basta! Doris Pfeiffer, Angestelltengehalt circa 187.000 Euro.

aus „Der Kassenarzt“ Nr. 16, September 2008

Wenn Kliniken auf ihren Kosten sitzen bleiben

Kampagne kommunaler Krankenhäuser gegen die Unterfinanzierung

BERLIN – Neun kommunale Großkrankenhäuser machen mit großen Plakaten auf ihre Finanzmisere aufmerksam.

„Wir wollen mit dieser Kampagne auf die spezifischen Probleme der kommunalen Krankenhäuser aufmerksam machen, die einen besonderen Versorgungsauftrag haben und jeden Patienten aufnehmen“, sagt JOACHIM BOVELET, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vivantes Klinika Berlin.

So haben z.B. nur teilweise vergütete Extremkostenfälle beim Klinikum Nürnberg zu einem Fehlbetrag von 7,4 Mio. Euro geführt, erklärt Vorstand Dr. ALFRED ESTELMANN. In allen der 450 Fälle bestehe eine Unterdeckung von mindestens 10.000 Euro.

MANFRED GREINER, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums München, kritisiert eine unzureichend vergütete Personalvorhaltung. Nacht für Nacht stünden 133 Ärzte sowie 100 Pflegekräfte und MTA für die Behandlung von Notfallpatienten bereit. „Im Gesetz zur Krankenhausfinanzierung ist nur ein minimaler Abschlag für Krankenhäuser vorgesehen, die keinen Nachtdienst haben, Zuschläge für tatsächlich anfallende Kosten zum Beispiel für Ärzte und Op.-Schwestern in der nächtlichen Notfallversorgung gibt es dagegen nicht“, so Greiner. Die Folge: Das Klinikum bleibt auf den Kosten von 33.000 Euro pro Nacht sitzen.

Das Klinikum Bielefeld meldet ein Defizit von 600.000 Euro für die Weiterbildung von 115 Ärzten. Das DRG-System bilde die Facharztausbildung nicht entsprechend ab, sagt Geschaftsführer Dr. JOHANNES KRAMER. Wegen der unvollständigen Refinanzierung würden sich bundesweit die Häuser zunehmend aus der Weiterbildung zurückziehen.

„Wir brauchen eine schnelle Lösung bezüglich einer nachhaltigen Finanzierung, sonst können die großen Kliniken mit Versorgungsauftrag ihr umfassendes Leistungsangebot rund um die Uhr nicht mehr gewährleisten“, erklären die Klinikchefs. Mit einer einmaligen Finanzspritze ist es für das Bündnis der neun kommunalen Träger nicht getan.

Welche Löcher Extremkostenfälle, die von den Krankenkassen nur zum Teil vergütet werden, in den Budgets der Krankenhäuser hinterlassen, verdentlichen die folgenden Beispiele:

• Eine 66-jährige Frau wird per Rettungsflug ins Klinikum Nürnberg eingeliefert. Diagnose: eitriger Thorax mit Fistel, Sepsis mit septischem Schock sowie Leber- und Nierenversagen bei einer vorbestehenden Herz- und Diabeteserkrankung. 86 Tage Behandlung auf Station kosten 135.000 Euro, erstattet werden 82.000 Euro.

• 74 Tage lang wird im Klinikum Nürnberg ein in der 29. Schwangerschaftswoche geborenes Kind auf der Intensivtherapiestation behandelt: knapp 64.000 Euro Kosten, 44.000 Euro wurden bezahlt.

• Das Klinikum Bielefeld betreut seit 33 Jahren einen Patienten mit Querschnittlähmung, der seit einem Schwimmbadunfall nur noch den Kopf bewegen kann. Pro Jahr bleiben 93.000 Euro an Behandlungskosten unbezahlt.

• Dem Berliner Vivantes-Konzern werden jährlich 700 Extremkostenfälle nicht vollständig bezahlt. Darunter ein 41-jähriger Mann mit einer seltenen Nervenerkrankung, der mit Human-Immunglobulin behandelt wird. Ein Gramm des Medikaments kostet 47 Euro, erstattet werden 23,76 Euro. Das jährliche Defizit für Vivantes summiert sich auf 91.900 Euro.

aus der Medical Tribune Nr. 38 vom 19. September 2008