Samstag, 11. Juni 2011

Alles ist Zwischenlager

Die Rede vorn sicheren Endlager für Atommull ist eine Mär. Ein Zwischenruf

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Von Norbert Copray

Nun geht auch der neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) auf die Suche nach einem sogenannten Endlager. Zu Recht durchbricht er die Einigkeit der südlichen Bundesländer, die zwar gern Atomkraftwerke bauen und deren Strom nutzen, aber das Endlager lieber im Norden unterbringen. Jetzt kommt Bewegung in dieses abgekartete Spiel. Allerdings hat sich Kretschmann die irreführende Rede vom Endlager zu eigen gemacht, wie viele andere Menschen auch.

Das Wort Endlager suggeriert, es sei möglich, Atommüll ein für alle Mal also für die gesamte notwendige Abklingzeit zu entsorgen beziehungsweise zu vergraben. Doch das ist Unsinn, wenn man sich die geologischen Veränderungen der Erde, der Kontinente und des Klimas vor Augen führt. Gewaltige und in diesem Ausmaß nicht vorhergesehene Erdbeben und Tsunamis haben daran gerade erst deutlich erinnert. Die jüngsten Vulkanausbrüche in der Eifel liegen rund 11 000 Jahre zurück, und bis heute gilt sie als aktives Vulkangebiet. Die letzte Eiszeit in Norddeutschland, aus der die heutige Berg- und Seenlandschaft hervorgegangen ist, liegt weniger als 20 000Jahre zurück. Ein Endlager, das diese Bezeichnung verdient, müsste für das Fünfzigfache der Zeit seit der letzten Eiszeit geologisch sicher sein. Geologen oder andere Naturwissenschaftler, die dies behaupten, befinden sich schon lange nicht mehr auf dem Boden der Wissenschaft, sondern der Gefälligkeitspolitik.

Denn langlebige radioaktive Stoffe wie bestimmte Arten des Urans und des Plutoniums müssen bis zu einer Million Jahre und länger gelagert werden. Uran 235 hat eine Halbwertszeit von 703,8 Millionen Jahren. Es ist ein Hauptbestandteil der atomaren Produktion. Ein anderes Uranisotop hat sogar eine Halbwertszeit von 4,4 Milliarden Jahren, so lange etwa, wie die Erde gerade mal existiert. Häufig produziert und genutzt ist Plutonium 239 mit einer Halbwertszeit von 24 110 Jahren.

Ein Endlager für solche Zeiträume wird es niemals geben. Daher ist ein atomares Endlager ein Widerspruch in sich selbst und eine gewollte Irreführung des Volkes. Es ist unmöglich. Jedes vorläufige Lager muss daher so lokalisiert, gebaut und verwaltet werden, dass dort mit allen erdenklichen Risiken umgegangen werden kann. Dazu gehört auch, bei zunehmenden geologischen, politischen und anderen Gefährdungen die Abfälle zurückholen zu können, um sie in ein anderes, sichereres Lager zu überführen. Das aber hat immense Kosten zur Folge. Die Atomtechnologie ist eine ökonomische, technische und politische Hypothek für die nächsten 3000 Generationen. Mit der Mär vom Endlager muss Schluss sein. Alles ist Zwischenlager. •

aus Publik-Forum 10/2011
Norbert Copray ist Herausgeber von Publik-Forum.

Eine traditionelle Form der Geldanlage

In der Zeit vor der großen Finanzkrise machten sich vermeintlich aufgeklärte Menschen mit Vorliebe über alte Damen lustig, die ihr Bargeld unter der Matratze oder im Schlafzimmerschrank versteckten, statt es auf die Bank zu bringen. Der große Banken-Crash zeigte dann, dass diese traditionelle Form des Sparens durchaus nicht die schlechteste war. Auch im Mittelalter hoben jene, die Geld hatten, ihre Münzen (Papiergeld gab es noch nicht) und Wertgegenstände oftmals im Schlafgemach auf, um sie vor Diebstahl zu schützen: auf der hohen Kante.

Die hohe Kante war ein kleiner, waagerecht verlaufender Balken am Bettgestell oder auf der Innenseite des Baldachins, der über dem Bett hing. Dort wurden die Münzen gestapelt: Wer viel auf der hohen Kante hatte, war also finanziell gerüstet. Von dem Baldachin und der daran befestigten Gardine rührt übrigens noch eine andere Redewendung her. Wenn der Gatte abends spät nach Hause kam und auch noch alkoholisiert zu sein schien, hielt die Dame des Hauses gern die Gardinen fest verschlossen und schimpfte ihn aus: Sie hielt ihm eine Gardinenpredigt.
aus dem Brockhaus Tageskalender »Abenteuer Geschichte«

Mommy will kill me!