Donnerstag, 14. Juni 2012

Vorratsdatenspeicherung – Jeden Tag 315.036,54 Euro Strafe

Das Gezerre in der deutschen Regierung über ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung hat die Kommission in Brüssel befremdet. Klagen musste sie als Hüterin der Verträge.


Dass die EU-Kommission Deutschland verklagte, war am Donnerstag [31.05.2012] in Brüssel für niemanden mehr eine Überraschung. Die Bundesregierung hat die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung trotz mehrfacher Aufforderung nicht ins deutsche Recht übertragen. Da blieb der Kommission als „Hüterin der Verträge“ am Ende nichts anderes übrig, als vor Gericht zu ziehen. Emotionslos und in knappen Worten trug der Sprecher von Innenkommissarin Malmström die Klagegründe vor: Deutschlands Verweigerung habe negative Folgen für den Binnenmarkt (weil deutsche Telekommunikationsfirmen in dieser Frage anders behandelt werden als die in anderen EU-Ländern) und sie hindere die deutsche Polizei daran, schwere Verbrechen zu verfolgen (weil sie keinen Zugriff auf Telekommunikationsdaten hat).

Auffällig war allerdings die Höhe des beantragten Zwangsgeldes: Täglich 315036,54 Euro soll die Bundesregierung bis zur Verabschiedung des geforderten Gesetzes als Strafe zahlen, wenn sie vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wird. Das ist einer der höchsten Beträge, den die Kommission je in einem Verfahren zur Innenpolitik beantragt hat. Die Summe wird nach einer Formel berechnet, die die Größe des Mitgliedslands genauso berücksichtigt wie die Schwere des Verstoßes. Für Deutschland liegt die Spanne zwischen 13.436 und 807.786 Euro am Tag. Mit ihrer Forderung hat die Kommission deutlich gemacht, dass sie hier kein Kavaliersdelikt sieht, sondern einen ernsthaften Bruch des EU-Rechts. In Berlin hatte man noch vor ein paar Wochen mit deutlich weniger gerechnet.