Montag, 24. Februar 2014

Heute vor 221 Jahren – 24. Februar 1793: Die ersten demokratischen Wahlen auf deutschem Boden

In der Mainzer Republik, einer französischen Tochterrepublik, finden demokratische Wahlen zum Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent statt. Es handelt sich um das erste nach demokratischen Prinzipien gewählte Parlament auf deutschem Boden. Wahlberechtigt ist jedoch nur die männliche Bevölkerung.

Unabhängigkeitserklärung der Rheinisch-
Deutschen Republik vom 18.03.1793
(Stadtarchiv Mainz) [Quelle: Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz]
Am 23. Oktober 1792, zwei Tage nach der Kapitulation der Festung Mainz, bildete sich nach dem Vorbild des Pariser Jakobinerklubs die "Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit". Unter französischem Schutz entwickelten ihre Mitglieder eigenständige politische Pläne. Sie korrespondierten mit den Klubs in Straßburg und Savoyen, das bereits die Vereinigung mit Frankreich anstrebte. Auch die deutschen DemokratInnen blickten hoffnungsvoll über den Rhein. Noch ehe in Paris über eine Verschiebung der Landesgrenzen nach Westen diskutiert wurde, forderte der Mainzer Klub die Rheingrenze. Mittelfristig sollte sich die Region also dem Mutterland der Freiheit anschließen, denn es war klar, daß die zwei denkbaren Alternativen utopisch waren: eine Revolution im gesamten Reich, bzw. ein zweiter deutscher Staat. Kurzfristig aber wurde er errichtet. Wann die Mainzer Republik begann, ist schwer zu sagen. Es ist üblich, ihre Dauer von der Klubgründung an zu rechnen, um ihren politischen Charakter zu betonen. Administrativ bildete sie sich erst später. Gegen Ende des Jahres wurden Wahlen vorbereitet, die dem entstehenden Gebilde demokratische Fasson gaben. In Mainz und in den Landgemeinden und -städten sollte ursprünglich sogar über die Staatsform abgestimmt werden, einschließlich der Möglichkeit, sich für das alte Feudalsystem zu entscheiden. Angesichts der wackeligen militärischen Lage setzten die französischen "Militärberater" die Zwangsdemokratisierung durch. Nun blieb nur zu entscheiden, wer in das erste deutsche Parlament gewählt wurde.

Über 400 Mitglieder zählte der Klub auf dem Höhepunkt seiner Arbeit, zu ihnen zählten Professoren, Kaufleute ebenso wie Angehörige der Unterschichten und Landleute. Für sie vor allem waren pädagogische Vorträge Georg Wedekinds gedacht, deren Lehrstoff Freiheit, Gleichheit und Demokratie waren. Groß war die Zahl der Flugschriften, die ihre Botschaften auch poetisch verkleideten, es entstanden Lieder, Gedichte und republikanische Gebete. Das "Trinklied der freien Mainzer" parodierte ein Rheinweinlied von Matthias Claudius: "Nun kränzt mit Laub den liebevollen Becher,| Und trinkt ihn fröhlich leer,| Denn unser Vaterland, ihr lieben Zecher,| Drückt kein Despote mehr!"

Von den Wahlen zum rheinisch-deutschen Nationalkonvent blieben die Territorien der neutralen Kurpfalz ausgenommen, sodaß sich die Republik aus zersplitterten Herrschaftsgebieten zusammensetzte. Orte, in denen die Revolution begeisterte Zustimmung fand lagen solchen benachbart, die sie strikt ablehnten.


Christoph Danelzik-Brüggemann (Verfasser)
gefunden bei huegelland.net

Freiheitsbaum mit Jakobinermütze in der Mosellandschaft an der Grenze zwischen dem Herzogtum Luxemburg und der Französischen Republik mit dem Ort Schengen im Hintergrund; Aquarell über Feder- und Bleistiftzeichnung von J. W. Goethe (1792) [gefunden bei Wikipedia; auf dem Schild steht auf französisch: »Vorbeigehende, dieses Land ist frei.«]

siehe auch:
- Mainzer Republik : Sie gingen voran (Norbert Lammert, ZEIT Online, 21.03.2013)
Heute vor 220 Jahren – 24. Februar 1793: Die Wahlen zum Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent (Post, 24.02.2013)

mein Kommentar:
Mit dem Vorangehen ist das so eine Sache. Das Vorangehen ist keine Entscheidung, die willentlich getroffen wird. Wer vorangeht, kann nicht anders! Wer vorangeht, dem bläst der Wind voll ins Gesicht! Die Beifall klatschen, haben den Sturm im Windschatten überstanden.

aktualisiert am 23.09.2014