Mittwoch, 29. Oktober 2014

Inklusion: Aufbegehren

Behinderte mit nichtbehinderten Kindern zusammen zu unterrichten ist der umstrittene Plan linker Schulreformer. In der Praxis bringt der Versuch selbst seine einstigen Unterstützer gegen die Politik auf. Für Berlins SPD-Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sind schwere Zeiten angebrochen. 

Die Unterrichtung von behinderten Kindern auf normalen Schulen gilt als das Reformprojekt moderner Pädagogik schlechthin. In der Realität entpuppt sich die Reform allerdings als Sparprogramm zulasten der Schwächsten. Vor allem seit Beginn des neuen Schuljahrs kommt Berlins Bildungssenatorin Scheeres ausgerechnet bei dem Thema, das sie als Schwerpunkt ihrer Amtszeit bezeichnet hatte, zusehends unter Druck. 

Nachdem vor einigen Wochen schon von Eltern und Gewerkschaftern heftige Kritik an der Umsetzung der Inklusion gekommen war, sorgte nun ein Brandbrief von Grundschulleitern aus dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg für neues Aufsehen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen seien sie nicht mehr in der Lage, förderbedürftige Kinder angemessen zu betreuen, so die Warnung der Schulleiter vor einem Scheitern der Inklusion.
mehr:
- Die Reformlüge (Preußische Allgemeine Zeitung, 28.10.2014)

mein Kommentar:
Da gab es mal vor etwa 14/15 Jahren eine Schule in Hannover, die in Zusammenarbeit mit einem Kindergarten ein Pilotprojekt für hochbegabte Kinder auf den Weg bringen wollte. Die Politiker bestanden auf der Quadratur des Kreises und machten die Finanzierung davon abhängig, daß Kinder aus sozial problematischen Familien mit in die Klassen integriert würden. Meine Tochter wurde dann neben einen schwierigen Jungen gesetzt, weil sich die Lehrer einen begütigenden Einfluß erhofften. Die Folge: Meine Tochter ging mit Angst in die Schule, und einige ihrer Pausenbrote landeten auf dem Schulhof…



Blickt noch wer durch?

Wohin man blickt zur Zeit, überall brennt es lichterloh. Im Nahen Osten schlagen sich die Menschen die Köpfe ein – oder ab, auf der Flucht nach Europa ersaufen Hekatomben. Zeitgleich und völlig unbeachtet von der Presse verhungern die Menschen weltweit im Sekundentakt und verrecken an Mangelernährung und Krankheiten, die man ohne weiteres heilen könnte, wenn man nur wollte, das heißt, wenn damit Geld verdienen könnte. 

Als wären das nicht schon der Kalamitäten genug, haben wir noch die Krise in der Ukraine, von der wir zwar nicht wirklich wissen, wem es da um was geht und warum. Doch eines wissen wir ganz genau: Wladimir Putin ist schuld an all dem Elend. Und um all das zu toppen, trifft uns noch eine besonders verheerende Nachricht: Die deutsche Wirtschaft wird womöglich nur noch um 1,2% statt um 1,8 % wachsen dieses Jahr. Nun aber flott wieder die Frauenquote abschaffen und den Mindestlohn auf den Mond schießen, auf dass die deutsche Wirtschaft wieder floriere. Edmund Stoiber hat es ja schon im Bundestagswahlkampf 2002 gewusst: Frauen an den Herd, nicht in den Vorstand. Es geht schließlich um die Wirtschaft und nicht um Pille-Palle wie mehr Gleichberechtigung und existenzsichernde Einkommen für die Menschen. 


Nicht vergessen werden in der Aufzählung des Schreckens soll die neue Geißel der Menschheit: Ebola. Allerdings hat dieser Schrecken für die Herrschenden der Welt anscheinend nicht genug Brisanz, um tatsächlich sinnvoll etwas dagegen zu unternehmen. Zur Zeit gibt es aber auch Wichtigeres zu tun – siehe die verheerenden Nachrichten oben. 


Aus dieser kurzen und unvollständigen Bestandsaufnahme der aktuellen Schrecken der Welt lassen sich einige Schlussfolgerungen ziehen. Sie werfen ein fahles Licht auf die, die derzeit – zumindest formal - das Heft des Handelns in der Hand halten.

mehr: 
- Total Irre – Betrachtungen zur gegenwärtigen Weltlage (Tobias Bevc, 29.10.2014)


siehe auch:
- 720 Millionen pro Tag für Irakkrieg (Post, 05.11.2017)


Im Folgenden einige Zitate aus Was ich hörte vom Irak, Teil 2 (Eliot Weinberger, Lettre International Nr. 72)
Ich hörte, der diesjährige Haushalt enthalte auch 105 Milliarden Dollar für den Krieg im Irak, womit er sich insgesamt auf 300 Milliarden Dollar belaufe. Ich hörte, Halliburton schätze, seine Rechnung für Lieferungen an die US-Truppen im Irak werde 10 Milliarden Dollar überschreiten. Ich hörte, die Familien der getöteten amerikanischen Soldaten erhielten 12 000 Dollar.
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Ich hörte, daß an die private Sicherheitsfirma Custer Battles 15 Millionen Dollar gezahlt worden seien, um Zivilflüge am Flughafen Bagdad zu einer Zeit zu sichern, in der gar keine Flugzeuge flogen.

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Ich hörte, der Onkel des Präsidenten, Bucky Bush, habe eine halbe Million Dollar Gewinn aus seinem Aktienbezugsrecht bei Engineered Support Systems, Inc. gemacht — ein Rüstungsunternehmen, das für Arbeiten im Irak 100 Millionen Dollar erhalten habe. Bucky Bush sitzt im Aufsichtsrat, aber ich hörte Dan Kreher, den Chef der Investorenbeziehungen bei ESSI, sagen: „Daß sein Neffe im Weisen Haus ist, hat absolut nichts damit zu tun, daß Mister Bush bei uns im Aufsichtsrat sitzt, oder damit, daß unsere Aktie in den vergangenen fünf Jahren um eintausend Prozent gestiegen ist.“ Ich hörte, daß eine Prüfung lediglich eines Teils der Verträge mir Halliburton durch das Pentagon 100 Millionen Dollar an „fragwürdigen Kosten“ ergeben habe. Der Kauf von Flüssiggas im Wert von 82 100 Dollar und eine Rechnung über 27,5 Millionen Dollar für dessen Transport wurden erwähnt. Ich hörte, daß acht weitere Regierungsprüfungen bei Halliburton als „geheim“ eingestuft und nicht für die Öffentlichkeit freigegeben worden seien.
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Ich hörte, dieses ,,Downing Street Memo habe in der britischen Presse einen Skandal ausgelöst, aber im amerikanischen Fernsehen habe ich zwei Monate lang nichts davon gehört. Während dieser zwei Monate brachte ABC 121 Berichte über Michael Jackson und 42 über Natalee Holloway, eine Gymnasiastin, die in ihren Ferien auf Aruba von einer Bar verschwunden war. CBS sendete 235 Berichte über Michael Jackson und 70 über Miss Holloway.
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Ich hörte den Sondergeneralinspekteur für den irakischen Wiederaufbau, Stuart Bowen, vor dem Kongreß sagen, die Regierung verfüge über „keine umfassende Politik, keine grundlegenden Leitlinien“ für den Nachkriegsirak. Ich hörte ihn sagen, der irakische Rechnungshof habe festgestellt, daß allein in der Zeit von Juni 2004 bis Februar 2005 1,27 Milliarden Dollar nicht ausgewiesen waren.
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2003 hatte Dick Cheney gesagt: „Seit ich Halliburton verlassen habe, um George Bushs Vizepräsident zu werden, habe ich alle meine Verbindungen zu dem Unternehmen gekappt und mich aller finanziellen Interessen entledigt. Ich habe keinerlei finanzielle Interessen bei Halliburton und hatte seit über drei Jahren keine mehr.“ Ich hörte, er enthalte noch immer aufgeschobene Vergütungen und besitze ein Bezugsrecht von über 433 000 Aktien. Diese Aktien hatten 2004 einen Wert von 241 498 Dollar. 2005 waren sie über 8 Millionen Dollar wert. Zusätzlich zu den Verträgen im Irak über 10 Milliarden Dollar, die Halliburton ohne Ausschreibung erhielt, wurde die Firma mit der Erweiterung des Gefängnisses in Guantánamo beauftragt und gehörte zu den ersten, die einen nicht ausgeschriebenen Auftrag für Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Wirbelsturm Katrina erhielten.
siehe:
- What I heard about Irak (Eliot Weinberger, London Review of Books, 03.02.2005)
- What I heard about Iraq in 2005 (Eliot Weinberger, Information Clearing House, 04.12.2005)
Staatsstreich ohne Blutvergießen (Eliot Weinberger, im Diskussionsthread Wallstreet online, Februar 2013)


Heute vor 72 Jahren – 29. Oktober 1942: Alaska Highway für den Verkehr freigegeben

Militärhighway durch die Wildnis 

Erste konkrete Vorschläge und Pläne, die Exklave Alaska durch eine internationale Fernstraße mit den Vereinigten Staaten zu verbinden, gab es bereits in den frühen 1920er-Jahren. Da der allergrößte Teil einer solchen Straße durch Kanada führen würde, war die kanadische Beteiligung an diesem Projekt unabdingbar. Die Kanadier sahen aber keinen Anlass, für dieses Projekt Mittel zur Verfügung zu stellen, denn es hätten nur wenige Bürger in der dünn besiedelten Provinz Yukon davon profitiert. 
Rodungsarbeiten an der Trasse des Alaska Highway, 1942
Mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 änderte sich die Lage, denn es war offensichtlich, dass die Westküste Nordamerikas akut bedroht war. Die USA und Kanada einigten sich rasch und im März 1942 begann der Bau des Alaska Highways. Die USA setzten über 10.000 Soldaten ein, um in der Rekordzeit von sieben Monaten die Trasse durch die kanadische Wildnis zu schlagen. Schon am 29. Oktober 1942 wurde im Norden bei Beaver Creek die letzte Lücke geschlossen. An vielen Stellen war die Trasse noch in provisorischem Zustand, doch für Militärfahrzeuge war sie durchgehend befahrbar. 

Alaska Highway 
▪︎ 1942 rund 2700 km lang 
▪︎ Ausgangspunkt war Dawson Creek in British Columbia 
▪︎ führte nach Delta Junction, Alaska 
 Harenberg – Abenteuer Geschichte 2014