Freitag, 12. Dezember 2014

Angst vor Überfremdung – Nein, wir dürfen sie nicht ernst nehmen

Kolumne: Zwischen den Zeilen. In Bayern brennen geplante Flüchtlingsheime und montags trifft sich der wütende Bürger, um vor Überfremdung und Flüchtlingen zu warnen. Was passiert hier eigentlich?
Wir müssen sie ernst nehmen, die Ängste der Menschen, der Bürger. Es sind Politikersätze. Signale an all die Abtrünnigen, doch endlich zurück in den Schoß der Etablierten zu kehren. Innenminister Thomas der Maizière übt sich gerade darin. Den Pegida-Demonstranten reicht er die Hand, warnt vor Stigmatisierung.

Parolen der friedlichen Revolution von 1989 ad absurdum geführt
Natürlich, Ängste sollten ernst genommen werden, wenn sie denn begründet sind. Sofern man es aber mit diffuser, unbegründeter Angst zu tun hat, sollten die Ängstlichen ihre Angst hinterfragen.

Denn: Was genau sollen wir eigentlich ernst nehmen? Sollen wir ernsthaft über die Islamisierung des Abendlandes diskutieren? Ernsthaft über Überfremdung in von Fremdheit unberührten Landstrichen wie den neuen Bundesländern? Müssen wir uns ernsthaft fragen, ob wir Einwanderungsland sein wollen, mit allen Schwierigkeiten, die das nun einmal mit sich bringt?

mehr:
- Angst vor Überfremdung – Nein, wir dürfen sie nicht ernst nehmen (Timo Stein, Cicero, 12.12.2014)

mein Kommentar:

Dieser Artikel demonstriert das Problem, nämlich die Diskussionsverweigerung.
Eltern oder auch Partner müssen für sich natürlich entscheiden, wie sie mit den Gefühlen des Anderen umgehen. Aber in einer Beziehung müssen die Beteiligten immer das Gefühl haben, ernst genommen zu werden.

»Auch müssen Männer sich hüten, die Diskussion dadurch abzuschneiden, daß sie voreilig eine praktische Lösung anbieten - einer Frau ist es zumeist wichtiger, daß sie das Gefühl hat, daß ihr Mann ihrer Klage Gehör schenkt und einfühlsam auf ihre Gefühle bezüglich des Problems eingeht (auch wenn er sie nicht teilen muß). Seinen praktischen Ratschlag könnte sie so empfinden, als seien ihre Gefühle für ihn bedeutungslos. Männer, die es fertigbringen, eine erhitzte Auseinandersetzung mit ihrer Frau durchzustehen - statt ihre Klagen als kleinkariert abzutun - , verschaffen ihrer Frau das Gefühl, daß man ihr zuhört und sie achtet. Frauen wünschen ganz besonders, daß ihre Gefühle als triftig anerkannt und beachtet werden, auch wenn ihre Männer anderer Meinung sind. Meistens beruhigt sich die Frau, wenn sie das Gefühl hat, daß man ihrer Ansicht Gehör schenkt und ihre Gefühle zur Kenntnis nimmt.
Frauen muß ein ganz ähnlicher Rat gegeben werden. Da es für Männer ein großes Problem ist, daß die Frauen ihren Beschwerden allzu heftig Ausdruck geben, müssen Frauen gezielt darauf achten, nicht ihren Mann zu attackieren: Sie sollten sich über das beschweren, was er getan hat, ihn aber nicht als Person kritisieren oder ihm ihre Verachtung zeigen. Wenn sie sich beschweren, greifen sie nicht seinen Charakter an, sondern stellen klar, daß ein bestimmtes Verhalten ihnen zu schaffen macht. Eine wütende persönliche Attacke führt fast immer dazu, daß der Mann in Abwehrhaltung geht oder mauert, was die Frau nur noch mehr frustriert und eine Eskalation des Streits nach sich zieht. Auch ist es hilfreich, wenn eine Frau ihre Beschwerde in die beruhigende Versicherung verpackt, daß sie ihren Mann liebt.« 
(Streitigkeiten in der Partnerschaft, Goleman, Emotionale Intelligenz)

Kein Mensch hält es aus, wenn er längere Zeit das Gefühl hat, nicht beachtet zu werden.
Und ich werde nicht müde, daran zu erinnern, daß die CDU um 1990 herum die Bemühungen der Grünen um eine Einwanderungs-Gesetzgebung mit dem Argument ins Leere laufen ließen, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Die Folge davon ist aber, daß Schulklassen entstehen, in denen Deutsche eine Minderheit sind. Ich habe selbst ein Gespräch mitbekommen, in dem ein Grundschullehrer einer nordafrikanischen Mutter begreiflich zu machen versuchte, wie wichtig das Erledigen von Hausaufgaben ist. Und meine Kinder haben erfahren, wie es ist, neben ausländischen Kindern zu sitzen, die nicht still sitzen können.

Wenn Thilo Sarrazin sich so gut verkauft wird dies unter Zuhilfenahme seiner populistischen Argumentation erklärt. Daß da ernsthafte Probleme der Menschen dahinterstecken könnten, paßt nicht in unsere politisch korrekte Landschaft. Anstatt ihn zu stigmatisieren und aus der Deutschen Bank hinauszudrängen, hätte man sich seinen Argumenten stellen sollen. Aber die Kerle hatten ja noch nicht einmal den Mut, ihn zu entlassen! 

Aber was bringt Menschen dazu, [Putin] zu glauben? Hauptmotiv ist wohl ein radikaler Antiamerikanismus, bei dem sich Linke und Rechte treffen; gelegentlich kommen antisemitische Sentiments dazu.

Und viele der Menschen, die zu Putin stehen, lehnen den Euro ab, verachten die EU und misstrauen der gesamten westlichen demokratischen, marktwirtschaftlichen und liberalen Ordnung – ganz im Sinne des ungarischen Premiers Viktor Orban und seiner berüchtigten Rede in Rumänien.

Dahinter verbirgt sich eine tiefsitzende europäische Identitätskrise, angefeuert von Globalisierungsängsten, steigender Arbeitslosigkeit und Zorn über Einwanderung. All das wird auf den jetzigen Konflikt projiziert. Die Menschen fühlen sich belogen und betrogen, und halten zu denen, die dieses Europa angreifen.
(Warum glauben Putin so viele?, Eric Frey, derStandard.at, 6.12.2014)

Frey macht es sich ganz einfach:
  • Antiamerikanismus
  • Antisemitismus
  • Ablehnung des Euro
  • Verachtung der EU
  • Mißtrauen der gesamten westlichen demokratischen, marktwirtschaftlichen und liberalen Ordnung gegenüber
  • Globalisierungsängste
  • steigende Arbeitslosigkeit
  • Zorn über die Einwanderung

Aha, na, wenn das so ist, dann braucht man sich nicht groß drum kümmern. Dann müssen die Leute einfach nur Nachhilfeunterricht nehmen, weil sie haben einige Dinge noch nicht kapiert.

Die Menschen fühlen sich nicht gehört und nicht ernst genommen! Und wenn dann eine Flüchtlingsunterkunft angezündet wird, dann werden diejenigen, die jetzt auf die Straße gehen, mit den Gewalttätern in eine Schublade gesteckt.

Peter Scholl-Latour: »Wenn man etwas gegen die Siedlungspolitik sagt, weil sie einfach töricht ist, dann ist man gleich Antisemit… so was Idiotisches! (Video: Ukraine Berichterstattung ist falsch - Peter Scholl-Latour) oder
»Die Freiheitskämpfer [in Libyen] benehmen sich genauso schlimm wie die Truppen Gaddhafis. […] Er ist gefoltert und gepfählt worden. Das sind die Methoden der Freiheitskämpfer. Man soll nicht so furchtbar einseitig schwarz-weiß denken und daran denken, daß der libanesische Bürgerkrieg 15 Jahre lang gedauert hat. - Die Jungs, die da mit Facebook rumspielen, das sind Dilettanten. - Um eine Revolution zu machen muß man Schläger haben und Ganoven haben und nicht irgendwelche jungen Leute, Idealisten. - Dieses humanitäre Geschwafel bin ich leid.« (Video: Peter Scholl Latour rastet aus Syrien , Salafisten, Islam Der Talkshow Eklat)

Das Wohltuende bei Scholl-Latour war, man konnte ihm glauben. Man konnte darauf vertrauen, daß er das sagte, was er meinte. Wir leben in einer Kultur des öffentlichen Diskurses, in welchem Menschen stigmatisiert und ausgegrenzt werden, weil sie das sagen, was sie denken. Das kann man sich gerade jetzt ansehen: Was wird mit Matthias Platzeck (Deutsch-Russisches Forum) und Lothar de Maizière passieren (Petersburger Dialog), nachdem Platzeck die Anerkennung der Krim-Annexion gefordert hat? Wie wird mit dem Appell der 60 umgegangen? 

Wenn sich die Menschen nicht mehr ernstgenommen fühlen, dann fängt es an zu grummeln. Diejenigen, die am wenigsten reflektieren und mit ihrer Wut und Hilflosigkeit am schlechtesten umgehen können, werden gewalttätig. Darauf werden die Medien aufmerksam. Aber wir leben – und dafür mache ich Wetterhahn und Mama Merkel verantwortlich – in einer Zeit, in der nicht mehr nur nach Kohl-Manier alles ausgesessen wird. Merkel geht noch einen Schritt weiter: sie schafft den öffentlichen Diskurs ab. Und das ist brandgefährlich, und wir werden dafür zu zahlten haben. Timo Stein ist einer der politisch korrekten Milchbubis, die meinen, ihr Abiturwissen unter die Leute bringen zu können. Aber notwendig ist die Abschaffung der Tabus im öffentlichen Diskurs!

siehe auch:
Populismus: Die Irrtümer der Linken (Ernst Hillebrand, Internationale Politik und Gesellschaft, 22.04.2014)
- Kommentar Populismus: Die Pegida-Wutbürger sind mehr Mitte als Mob (Ulrich Clauß, Die Welt, 13.12.2014)

Gegen den Krieg – Können wir sachlich bleiben?

Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede.
Ich habe noch niemanden gekannt,
der sich zur Stillung seiner Geldgier
auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte.
Die beutegierige Canaille
hat von eh und je auf Krieg spekuliert.
(Carl von Ossietzky, 1882 - 1945, in der Weltbühne vom 8. Dezember 1931;
gefunden bei ossietzky.net)


In wenigen Tagen, am 13.12.2014, wird es in verschiedenen deutschen Städten Demonstrationen für die Erhaltung des Friedens und die Rückkehr, bzw. den Aufbruch zu einem neuen Dialog mit Russland geben.

Passend zu diesem Anlass erschien vor wenigen Tagen der Aufruf von 64 Prominenten „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“, der zur Entwicklung einer neuen Entspannungspolitik gegenüber Russland aufruft. Kern dürfte der Satz sein, in dem eine „für Russland bedrohlich wirkende Ausdehnung des Westens nach Osten ohne gleichzeitige Vertiefung der Zusammenarbeit mit Moskau, wie auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Putin“ als Fehler konstatiert wird. Dieser Aufruf ist, ungeachtet möglicher Vorbehalte zu einzelnen Passagen, in vollem Umfange zu begrüßen. Endlich haben die Widersprüche des sinnlosen Sanktionskrieges gegen Russland auch die politischen Etagen der etablierten Politik erreicht.

Selbstverständlich hat dieser Aufruf, initiiert und getragen von Kräften der etablierten Politik, auch die Funktion – wenn nicht bewusst, so doch faktisch – den wachsenden Unmut an der Basis der Bevölkerung zu integrieren, die sich nicht weiter in eine gefährlich eskalierende Konfrontation mit Russland hineinmanövrieren lassen will. Weniger freundlich ausgedrückt, der Aufruf hat auch die Funktion, der Kritik das Wasser abzugraben und sie auf seichteres Fahrwasser umzulenken, indem die Schuld für die Eskalation gleichermaßen auf den „Westen“, der sich zu sehr nach Osten ausgedehnt habe wie auch auf „Moskau“, das die Krim völkerrechtswidrig annektiert habe, verteilt wird.

mehr:
- Gegen den Krieg – Können wir sachlich bleiben? (Kai Ehlers, Hintergrund, 10.12.2014)
Ich gab meinen Arbeitsplatz, meine Karriere,
meine Sicherheitseinstufung auf
und setzte meine Freiheit aufs Spiel.
Und das alles für ein Unterfangen
mit ungewissem Ausgang, in der Annahme,
dass sich die Öffentlichkeit,
wenn sie die Tragweite der ihr
25 Jahre lang aufgetischten Lügen
zur Schlächterei in Vietnam erführe,
gegen den Krieg entscheiden würde.
Leider lernt man dabei etwas
über seine Mitmenschen,
das man eigentlich gar nicht wissen will:
daß sie zuhören, daraus lernen,
sogar verstehen …
und es dann aber weiter ignorieren.
 (Daniel Ellsberg, *1931, Whistleblower, mitverantwortlich für die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere 1971, in einem Radio-Interview 1972, zitiert aus  
Der gefährlichste Mann in Amerika – Daniel Ellsberg und die Pentagon-Papiere
[hier zu finden ab 1:19:20])

Menschen kämpfen für ihre Freiheit
und gewinnen diese mittels einer sehr harten Schule.
Ihre Kinder, aufgewachsen in Gelassenheit,
lassen sie sich wieder entgleiten, diese armen Narren.
Und deren Enkel avancieren einmal mehr zu Sklaven.
(D. H. Lawrence, 1885 - 1930, englischer Schriftsteller)

»Die Studenten glaubten,
indem sie ihren Protest aus den Universitäten
in die Öffentlichkeit trugen,
der Sache der Arbeiter zu dienen.
Die Arbeiter nicht.
Irgendwie wollten die Arbeiter nicht
das richtige Klassenbewußtsein eintwickeln.
Vielleicht wollten sie lieber einen Opel Kadett…«

(Die Meinung der Arbeiter über Studenten der 68er-Bewegung, Sprecher, Quelle: Gegen-Sozialismus.jimdo.com)


zum Aufruf in der ZEIT:
Ukraine-Krise : "Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!" (ZEIT Online, 05.12.2014)
Das Risiko sich politisch zu engagieren ist wesentlich geringer als das Risiko, sich politisch rauszuhalten.
 (Roberta J. Apfel, Psychiatrist in Jamaica Plain, Massachusetts and is affiliated with Beth Israel Deaconess Medical Center. She received her medical degree from Boston University School of Medicine (graduated in 1962) and has been in practice for 53 years. She is one of 156 doctors at Beth Israel Deaconess Medical Center who specialize in Psychiatry. Zitat gefunden in Thomas Auchter, Die Angst vor George W. Bush und die Angst von George W. Bush Zur Psychoanalyse von Macht und Gewalt (1), publiziert in: Psychoanalyse im Widerspruch 37 (2007), Gießen (Psychosozial Verlag), S. 59-80, Aachener FriedenspreisMagazin Aixpaix)

siehe auch:
- Das Imperium schlägt zurück – Die Reaktion der „Qualitätsmedien“ auf den Aufruf: „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ (Jens Berger, NachDenkSeiten, 09.12.2014) 


Es ist ebenso wichtig
die Unterstützung der Öffentlichkeit zu mobilisieren,
wie die Streitkräfte für den Krieg zu rüsten.
Die Moral steht im Zentrum des Krieges
und nicht die physische Stärke.
Sieg wird nicht durch Vernichtung erreicht,
sondern durch das Zerbrechen der gegnerischen Moral.
Ziel des Krieges ist die Moral des Feindes.
 (Carl von Clausewitz, 1780 - 1831, preußischer General, Militärtheoretiker und -ethiker;
gefunden bei Wikipedia)


Und den bislang gültigen Gebrauch
der Namen für die Dinge
vertauschten sie nach ihrer Willkür:
unbedachtes Losstürmen galt nun
als Tapferkeit und gute Kameradschaft,
aber vordenkendes Zögern
als aufgeschmückte Feigheit,
Sittlichkeit
als Deckmantel einer ängstlichen Natur,
Klugsein bei jedem Ding
als Schlaffheit zu jeder Tat […]
Wer schalt und eiferte,
galt immer für glaubwürdig,
wer ihm widersprach, für verdächtig.
 (Thukydides, 454 v. Chr. - ca. 398 v. Chr., Geschichte des Pelloponesischen Krieges
siehe auch:
- Der Kampf um die Führung in Europa – Historisches und Aktuelles zum „Kalten Krieg“ (Jochen Scholz, Hintergrund, 09.12.2014)
Wer im Kalten Krieg aufgewachsen ist, kommt gar nicht umhin, Parallelen zu der von Politik und Medien unisono behaupteten neuen Bedrohung durch Russland zu ziehen, die seit dem Kiewer Putsch im Februar 2014 Politikerreden, TV-Nachrichtensendungen und die Kommentarseiten der Tageszeitungen beherrscht. Die Bundeskanzlerin verstieg sich in der Generaldebatte zum Haushalt 2015 am 26. November zu der Aussage „Russland stellt die europäische Friedensordnung infrage und bricht internationales Recht." (1) Beim NATO-Gipfel am 4. und 5. September 2014 in Newport/Wales beschlossen (2) die Staats- und Regierungschefs den Aufbau einer 3.000 bis 5.000 Soldaten umfassenden „Speerspitze“ für die seit 2004 existierende „NATO Response Force“ (3), um deren Reaktionsschnelligkeit zu erhöhen und Russland von einem Angriff auf seine Nachbarn abzuschrecken.

Ob diese gezielte Beeinflussung der Bevölkerung im Vergleich zum Kalten Krieg zu einer Akzeptanz der westlichen Konfrontationspolitik beim Wähler führt, steht dahin. Die Schließung der Kommentarfunktionen in den Online-Ausgaben von Spiegel, Süddeutscher Zeitung und FAZ (hier nur beim Thema Russland) spricht jedoch nicht dafür. Offensichtlich ist die Deutungshoheit der Leitmedien über das politische Geschehen durch die Informationsmöglichkeiten im Internet ins Wanken geraten. Ein Beispiel ist das Blog des ehemaligen Militäranalysten „The Vineyard of the Saker“, der mit seiner Satire eine subtile NATO-Propaganda entlarvt, indem er eine BBC-Schlagzeile verfremdet: „Russischer Befehlshaber warnt, die USA könnten die Kontrolle über den ganzen Golf von Mexiko gewinnen.“ (4)

Dass die Bürger gut beraten sind, die Begründungen für die Entscheidungen der Politik der „westlichen Wertegemeinschaft“ besonders zu hinterfragen, wenn es um Russland geht, soll an zwei Beispielen deutlich werden. An der offiziellen Darstellung des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan 1979 und den Plänen der USA für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der Westen gewann die Weltherrschaft
nicht durch die Überlegenheit seiner Ideen
oder Werte oder Religion,
sondern vielmehr durch seine Überlegenheit
bei der Anwendung organisierter Gewalt.
(Samuel Phillips Huntington, 1927-2008, US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Autor)

Grummeln macht glücklich

Gesellschaft Meckern dient nicht nur als Ventil, um Dampf abzulassen - es kann sogar eine gemeinschaftsstiftende Wirkung entfalten

Als der amerikanische Pfarrer Will Bowen vor einigen Jahren der notorischen Unzufriedenheit seiner Mitmenschen den Kampf ansagte, war ich sofort dabei. Bei seiner Kampagne für eine „Welt frei von allem Lamentieren“ forderte Bowen dazu auf, sich 21 Tage am Stück nicht zu beschweren. Jeder, der mitmachte, sollte ein violettes Armband tragen, das ihn an den Vorsatz erinnerte. Auch wenn ich das für etwas abgeschmackt hielt, fand ich die Idee nicht verkehrt: Wäre das Leben nicht angenehmer ohne das ganze selbstgenügsame Gemecker, das gar nicht wirklich etwas verändern will? Nur so viel: Ich hielt nicht lange durch.

mehr:
- Grummeln macht glücklich (Oliver Burkeman, der Freitag, 09.12.2014)

siehe auch:

Das Armband (21 days to change)
Wenn schon jammern, dann bitte bewusst! (Ralf Senftleben, Zeit zu leben, 11.01.2009)
- Klaglos glücklich – Du bist was DU sprichst (Sabine Klüber, Initiative Information – Natur – Gesellschaft, 11.01.2009)


Vor 40 Jahren: Sartre in Stammheim

Zeitgeschichte Vor 40 Jahren trifft der Philosoph Jean-Paul Sartre in der JVA Stuttgart-Stammheim den RAF-Gefangenen Andreas Baader. Beide reden gut eine Stunde lang aneinander vorbei

Der 4. Dezember 1974 war ein milder, strahlender Wintertag. Pünktlich gegen halb zehn Uhr morgens setzte auf der Landebahn des Stuttgarter Flughafens eine aus Paris kommende Caravelle der Air France auf. Als die Maschine ihre Parkposition erreicht hatte, spielten sich tumultartige Szenen ab. An der Gangway drängelten Journalisten und Fotografen, die darauf warteten, dass ein prominenter Passagier auftauchte. Jean-Paul Sartre, Philosoph von Weltrang und gesellschaftskritischer Vordenker, hatte sich auf den Weg in die baden-württembergische Landeshauptstadt gemacht, um Andreas Baader zu besuchen, den in der JVA Stuttgart-Stammheim einsitzenden Mitbegründer der Roten Armee Fraktion (RAF).

mehr:
- 1974: Besuch des alten Herrn (Günter Riederer, der Freitag, 10.12.2014)

siehe auch:

- Der Terrorist, der Sartre chauffierte (Hans Schueler, ZEIT, 09.01.1976)
Der Kidnapper von Wien brachte den Philosophen zum Treffen mit Baader

Stammheim-Urteile Beispiellose Blamage für den Rechtsstaat (Michael Sontheimer, SPIEGEL, 17.08.2007)
Zwei der fünf Angeklagten waren tot, als das Urteil fiel - drei bekamen lebenslang: Am 28. April 1977 endete der "Stammheim-Prozess" in Stuttgart gegen die Führung der RAF. Er geriet zu einem Desaster auf der ganzen Linie.
Besuch in Stammheim: Der deutsche Terroristen Hans-Joachim Klein (v.) mit dem französischen Philosophen Jean Paul Sartre (l.) und dem Rechtsanwalt Klaus Croissant während einer Autofahrt auf dem Weg vom Stuttgarter Flughafen zum Gefängnis Stammheim im April 1974. Dort wollte Sartre den inhaftierten Terroristen Andreas Baader treffen. Im Jahr darauf war Klein an dem Anschlag und der Geiselnahme in der Wiener OPEC-Zentrale unter der Führung des Terroristen "Carlos" beteiligt. 
(SPIEGEL, 17.08.2007, beeindruckende Foto-Strecke!)

- Erich Fromm – Die Kunst der Abfuhr (Jan Feddersen, taz, 10.09.2007)
Anders als Jean-Paul Sartre und andere Intellektuelle wollte er sich nicht vor den Karren der RAF spannen lassen: Der Psychoanalytiker Erich Fromm.
Mein Leben als Terrorist: Hans-Joachim Klein (Dietrich Kulbrodt, Filmzentrale, 11/2007)
Man nimmt Klein ab, dass er glaubt, was er sagt. Er hat eine schwere Jugend gehabt, so könnte es auch im Plädoyer eines Verteidigers heißen. Sein Vater war ein brutaler Kriminalbeamter, der ihn prügelte. Noch mit 16 musste er abends um 8 ins Bett, mit 20 riss ihm der Vater die Kette vom Hals, ein Geschenk der Freundin. Schluss, aus. Jochen tauschte die Prügelstätte mit WGs in Frankfurt am Main, dort wurden Bullen gehasst und darüber hinaus das imperialistische System. Die RAF und dann die Roten Zellen wurden seine Heimat.

Sartre in Stammheim (Wolfgang Kraushaar, Lettre International 80, Frühjahr 2008)
Der Philosoph beim Staatsfeind Nummer eins - Ein Besuch und seine Folgen 

Eine denkwürdige Aufnahme. Zu sehen sind drei Insassen eines Pkws: Auf dem Beifahrersitz mit Jean-Paul Sartre der berühmteste Philosoph seiner Zeit; auf dem Rücksitz dahinter ein Rechtsanwalt, der RAF-Verteidiger Klaus Croissant, über dessen Kanzlei behauptet wurde, sie sei die größte Personalrekrutierungsstelle gewesen, über die die terroristische Gruppe jemals verfügt habe; und am Steuer mit Hans-Joachim Klein ein damals völlig unbekannter junger Mann, dessen Bild ein Jahr später um die Welt ging, als er an der Seite des international gesuchten Terroristen Carlos am blutigen Überfall auf das OPEC-Treffen in Wien beteiligt war. Von der Kamera nicht eingefangen wurde jene Person, die für das Zustandekommen dieses denkwürdigen Trios vielleicht unverzichtbar gewesen ist: Daniel Cohn-Bendit, Ikone des Pariser Mai und heute Europa-Abgeordneter der Grünen in Straßburg. Die Aufnahme ist vor 34 Jahren in Stuttgart gemacht worden, am 4. Dezember 1974..

Sartres Einsicht in die Gefährdung der Praxis – Entfremdung und Intionalität (Emil Kaufmann, Macht und Arbeit: Jean-Paul Sartre und die europäische Neuzeit, S. 110, GoogleBooks)
Mit der Selbsttägigkeit ist also keine Antwort gegeben sondern ein Problem gestellt. Ein Problem, das – wie wir gesehen haben – auf engste mit jenem der Entfremdung verknüpft ist. Vergegenwärtigen wir deshalb noch einmal in großen Zügen, den Weg, den wir bisher gegangen sind.

Die Krimkrise und der Wortbruch des Westens

In westlichen Ländern, die Bundesrepublik eingeschlossen, erzeugen internationale Krisen unter Beteiligung Moskaus stets den gleichen Effekt: In Politik und Öffentlichkeit formiert sich unverzüglich ein ziemlich monochromes Meinungsbild, weitgehend frei von Nuancen und Schattierungen. Als neoimperiale Großmacht, die auch vor Gewaltmitteln nicht zurückschreckt, sitzt Russland auf der Anklagebank. Zu den wenigen Gegenstimmen zählte stets die von Altkanzler Helmut Schmidt, der daran zu erinnern pflegte, „dass Russland seit Gorbatschow nirgendwo seine Grenzen militärisch verletzt und sich nach außen friedlicher verhalten hat als jemals in zaristischen oder sowjetischen Zeiten.“[1] Jetzt hat sich ihm sein Nachfolger Helmut Kohl zugesellt, der „seitens des Westens in den vergangenen Jahren [...] große Versäumnisse“ feststellt: „Die Aufbruchsstimmung in der Ukraine wurde nicht mehr klug begleitet. Ebenso hat es an Sensibilität im Umgang mit unseren russischen Nachbarn gemangelt, insbesondere mit Präsident Putin.“[2]
mehr:
- Die Krimkrise und der Wortbruch des Westens (Reinhard Mutz, Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/2014)

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Als Ergebnis einer Volksabstimmung am 20. Januar 1991 wurde die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Krim am 12. Februar 1991 innerhalb der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik wiederhergestellt.[16][17] Im Juni 1991 organisierten sich die Krimtataren auf der Krim erstmals politisch. Gewählt wurde der Madschlis als bevollmächtigtes Organ des Volkes der Krimtataren. Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion wurde die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik am 24. August 1991 in den bestehenden Grenzen zum unabhängigen ukrainischen Staat, dessen Teil damit auch die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Krim wurde.
Am 26. Februar 1992 beschloss der Oberste Sowjet der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Krim die Umbenennung in „Republik Krim“.[18] Der Oberste Sowjet erklärte am 5. Mai 1992 die Republik Krim für unabhängig,[19] doch bereits die am Folgetag verkündete Verfassung der Republik Krim beschreibt sie als Teil der Ukraine.[20] Am 21. September 1994 wurde die Republik Krim zur Autonomen Republik Krim.[21]
Am 6. Mai 1992 verabschiedeten die Abgeordneten des Parlaments in Simferopol die Verfassung der Republik Krim. Nach Protesten des ukrainischen Parlaments wurde diese Verfassung der ukrainischen Rechtsordnung angepasst. Die Krim verfügte jetzt über ein eigenes Wappen und eine Flagge.Am 16. und 30. Januar 1994 wurden auf der Krim eigene Präsidentschaftswahlen durchgeführt, bei denen sich Juri Meschkowmit 72,9 % der Stimmen gegen Nikolai Bagrow durchsetzte. Meschkow vom Russischen Block erklärte sich selbst zum Präsidenten und strebte einen Anschluss der Krim an Russland an. Die ukrainische Regierung erklärte die Wahlen auf der Krim für illegal. Bei den Wahlen zum Regionalparlament der autonomen Republik Krim am 27. März und 10. April 1994 gewann der Russische Block unter Führung von Juri Meschkow 54 der 98 Sitze. Gleichzeitig wurde ein Referendum für eine größere Selbständigkeit der autonomen Republik Krim abgehalten, bei dem sich 90 % der Teilnehmer dafür aussprachen. PräsidentLeonid Krawtschuk erklärte das Referendum der Krim für ungültig.
Am 20. Mai 1994 beschloss das Regionalparlament der Krim die Verfassung der vorherigen Republik Krim vom 6. Mai 1992 wieder in Kraft zu setzen, die zwar die Krim als ein Teil der Ukraine bezeichnet, aber die Beziehungen zwischen der Krim und der Ukraine sollten wie souveräne Staaten geregelt werden. Am Tag darauf forderte die Werchowna Rada, die Entscheidung umgehend zurückzunehmen. Das Regionalparlament der Krim hob am 1. Juni 1994 auf Druck der Regierung in Kiew alle Beschlüsse für eine Unabhängigkeit wieder auf.
Im Sommer 1994 kam es zu Machtkämpfen zwischen Parlament und Präsident. Wiederholt forderte das ukrainische Parlament die Unterordnung der Gesetzgebung auf der Krim unter ukrainisches Recht und drohte der Krim, ihr den Autonomiestatus zu entziehen. Die „Republik Krim“ verpflichtete sich daraufhin, keine Entscheidungen zu treffen, die im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung stehen.
Am 7. September 1994 beschloss das Parlament in Simferopol die Befugnisse des Präsidenten der Krim wieder einzuschränken und ihm eine repräsentative Rolle zukommen zu lassen ohne das Recht auf Regierungsbildung. Ein Gesetz hierzu wurde am 29. September 1994 mit 68 gegen 14 Stimmen angenommen. Zuvor hatte der Präsident Juri Meschkow am 11. September 1994 versucht das Parlament aufzulösen. Der von Meschkow berufene Ministerpräsident der Krim, Jewgenij Subarow, trat am 15. September 1994 zurück.
Am 21. September 1994 wurde die bisherige Republik Krim zur Autonomen Republik Krim. Anatolij Franchuk von der Volkspartei (NP) wird am 6. Oktober 1994 neuer Vorsitzender des Ministerrates.
Bis 1995 kam es immer wieder zu scharfen Konflikten zwischen der Ukraine und Russland. Neben der Aufteilung der Schwarzmeerflotte ging es um die Staatszugehörigkeit der Halbinsel. Durch den russisch-ukrainischen Freundschaftsvertrag von 1997 konnte dieser Konflikt erheblich entschärft werden, wenn auch das wechselseitige Verhältnis nicht spannungsfrei verläuft. Russland hat seither einen Teil des Militärhafens Sewastopol für seine Schwarzmeerflotte gepachtet.
Bei der am 21. November 2004 abgehaltenen Stichwahl im Rahmen der Präsidentschaftswahlen 2004 stimmten auf der Krim 82 % für Wiktor Janukowytsch, in Sewastopol 89 %. Wiktor Juschtschenko, aus den Wahlen 2004 siegreich hervorgegangener Gegenkandidat, kündigte am 4. Mai 2005 an, das Personal sämtlicher örtlicher Verwaltungsbehörden der Krim auszutauschen. Die Wähler stünden für einen Wechsel des Regimes und seiner Repräsentanten.[22] 
Von Juni 2006 bis März 2010 war Wiktor Plakida Ministerpräsident der Krim, sein Nachfolger wurde Wassyl Dscharty, der am 17. August 2011 im Amt verstarb. Bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine 2010 stimmten in der Stichwahl 79 % (in Sewastopol 84 %) für Janukowytsch, der dieses Mal als Sieger gegen Oppositionsführerin Julija Tymoschenko aus der Wahl hervorging. Damit setzte sich der Trend fort, dass die Krim für pro-russische und nicht für pro-westliche oder ukrainisch-nationale Kandidaten stimmt. Am 7. November 2011 ernannte Janukowytsch den bisherigen ukrainischen Innenminister Anatolij Mohiljow zum neuen Ministerpräsidenten der Krim.[23] (Autonome Republik Krim, Geschichte, Wikipedia)
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Putin: "I am not your friend, I am the President of Russia" [1:23]

Veröffentlicht am 23.07.2016
When German journalists asked the very simplistic question on whether Putin considered himself a friend or a foe to the West- he answered neither. There is the simple concept of national interests, which may or may not be at odds with other countries. Diplomacy is the art of being able to reconcile your national interests, alongside those of other States, compromising on certain aspects along the way. However, the Atlanticist world view (EU/US/NATO) has shown not to allow for mutual respect, nor for cooperation. Through a number of covert means, they ask for nothing less than for Russia to no longer ascertain its national interests, which makes President Putin #1 Boogeyman in the world today.
Beweis: Nato Osterweiterung wurde ausgeschlossen - Versprechen gebrochen [1:43]

Veröffentlicht am 27.05.2014
AntikriegTV 2

Antikrieg TV http://www.antikrieg.tv
http://www.facebook.com/antikriegtv

ANTIKRIEG.TV Deutschsprachige Medienbeiträge sowie ins Deutsche übersetzte, ausgewählte Beiträge z.B. von Democracy Now (USA), Russia Today, Telesur (Lateinamerika)
Gleichzeitig empfehlen und verweisen wir auf deutschsprachige Nachrichtenseiten, wie Weltnetz.TV, Kontext TV, Hintergrund, Junge Welt, Nachdenkseiten und Beitrage der Occupy Bewegung


Der Aufruf der 60: störende Abweichler

Friedensappell 60 Prominente aus Politik, Kunst und Wirtschaft hadern mit der Russland-Politik der Bundesregierung. Sie werden entweder ignoriert oder als verstiegen gemaßregelt

Dissidenten laufen Gefahr, als Abweichler geschmäht zu werden. In diesem Fall wäre das freilich gewagt. Die mehr als 60 Unterzeichner des Aufrufs „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ sind einfach zu hochkarätig, als dass man sie wie Unruhestifter zur Ordnung rufen könnte. Ihren Appell, man möge sich in der Bundesregierung zu einer neuen Entspannungspolitik mit Russland aufraffen, darf man getrost als Zeichen des Unmuts oder der Sorge über den Umgang mit der Großmacht im Osten verstehen.

mehr:
- Der Störfall (Lutz Herden, der Freitag, 11.12.2014)


Folterreport: Moral und politische Logik

Folterreport Nach den Offenbarungen über Folterpraktiken der US-Dienste wird jetzt ein paar Tage beklagt, was im Namen von Demokratie und Freiheit so alles passieren kann

Die Frage, wie es um die Selbstheilung oder Selbstreinigung der US-Dienste nach den öffentlich gemachten Folterexzessen steht, erscheint müßig. Auch wenn die US-Justiz einen Verfolgungsauftrag hat, da es sich bei vorsätzlicher schwerer Körperverletzung oder Körperverletzung mit Todesfolge um Kapitalverbrechen handelt, muss von den Tätern wie Auftraggebern niemand mit Schuldspruch und Sühne rechnen. Die jetzige Aufklärung steht unter vorheriger Amnestiezusage. Das macht solcherart Offenbarungen politisch fragwürdig, um nicht zu sagen wertlos.

Präsident Barack Obama hat bereits 2009 versprochen, man beabsichtige keine Bestrafung. Er wird das einhalten, weil er sein Versprechen gebrochen hat, das Lager Guantánamo zu schließen.

mehr:
- Holzpflock ins Ohr (Lutz Herden, der Freitag, 11.12.2014)

siehe auch:
- Edja Snodow erhält Obama-Menschenrechtspreis (Markus Kompa, Telepolis, 11.12.2014)


Giganten, Steuern und der freie Westen

Google-News werden abgeschaltet, weil der Konzern keine Gebühren zahlen will, Frankreich und Deutschland haben es anders gemacht
Im Streit um ein kürzlich von der spanischen konservativen Volkspartei (PP) im Alleingang beschlossenes Gesetz über geistige Eigentumsrechte (LPI) macht der große Suchmaschinenbetreiber nun ernst. In einem Blogbeitrag beklagt Google, deshalb "müssen wir Google News in Spanien schließen". Dass das falsch ist, wird schon im folgenden Satz zugegeben. Denn das Gesetz legt nur fest, dass die "Veröffentlichung" dazu führt, dass für die Nutzung eines Auszugs aus den urheberrechtlich geschützten Dokumenten auch eine Gebühr an darbende Verlage und Autoren abgeführt werden muss.

mehr:
- Google erhebt drohend den Zeigefinger in Spanien (Ralf Streck, Telepolis, 11.12.2014)
Zitat:
»Zuletzt hatten die großen US-Firmen Google, Apple, Amazon, Facebook, Yahoo, Microsoft und Ebay zusammen nur gut 1,2 Millionen Euro an die Staatskasse abgeführt. Die geheimen Abkommen mit Steuerparadiesen wie Luxemburg sind über den LuxLeaks-Skandal bekannt und schon zuvor ermittelte die EU-Kommission gegen Google, Apple und Co und droht mit Milliardenstrafen.«



Facebook Spain has adopted a similar structure to Google’s. It provides marketing services and does not book the advertising revenues in Spain. Its balance is diminutive, reflecting capital of just 3,006 euros. All its income is billed to a single client, the Irish affiliate Facebook Ireland Services. This income was 2.1 million euros in 2012, enough to cover expenses and have a small margin left over. Expenditure focused on personnel (1.1 million euros), rent (175,238 euros), hiring independent professionals (143,383 euros) and advertising and PR (142,515 euros). The company declared pre-tax profits of 155,607 euros and paid 50,538 euros. (Tech giants taunt the taxman, El País, 22.11.2014)

Zahlungsausfall der Ukraine droht

Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) braucht das Land weitere 15 Milliarden US-Dollar, die aber vom IWF nicht kommen dürfen
Die Nachrichten aus der Ukraine werden immer ungemütlicher. Trotz der Einigung mit Russland über die Gasschulden wird es für viele Bewohner ein kalter Winter werden. Da überall Milliardenlöcher klaffen, will die neue Regierung die Energiepreise nun auf Marktniveau deutlich anheben, weil der staatliche Energiekonzern Naftogaz ein Defizit von 5,6 Milliarden Euro ausweist. Nun sollen Renten und Sozialleistungen gekürzt und Staatsfirmen privatisiert werden. Das Land fordert eine internationale Geberkonferenz, um die drohende Pleite abzuwenden. Es war schon vor dem Krieg höchst defizitär und wurde darüber zum Fass ohne Boden.

Der Bericht der Financial Times (FT) schlägt wie eine Bombe in dem Krieg ein, den sich das Pleite-Land trotz seiner fatalen Situation in der Ostukraine leistet. Mit Bezug auf den IWF schreibt die FT, das kriegszerrüttete Land stehe vor dem Zusammenbruch und die westlichen Staaten müssten 15 Milliarden Dollar in wenigen Wochen aufbringen, um den Kollaps zu vermeiden: "The International Monetary Fund has identified a $15bn shortfall in its bailout for war-torn Ukraine and warned western governments the gap will need to be filled within weeks to avoid financial collapse."

mehr:
- Zahlungsausfall der Ukraine droht (Ralf Streck, Telepolis, 12.12.2014)

Kriege werden nicht durch Einsicht beendet.

Kriege werden durch einen Sieg oder Erschöpfung beendet.
Wenn West- und Ost-Ukraine von Westen und Osten Gelder zufließen, kann das noch einige Zeit so weitergehen. Da die Ukraine inzwischen erschöpft ist, bleibt abzuwarten, wer von den Großmächten zuerst erschöpft ist…

In den Kommentaren zu dem Artikel listet OmO0815 unter Berufung auf die Forbes-Liste der reichsten Menschen die Oligarchen der Ukraine auf:
Rinat Achmetow: 16.0 Mrd. US-Dollar 
Achmetow war der mit den Zehntausenden von Leuten im Fußballstadion (Unsere Qualitätsmedien: Das sind keine Irrtümer; das sind Lügen, Propaganda und Zensur!, Post, 09.12.2014)Wiktor Pintschuk: 4.2 Mrd. US-Dollar
Igor Kolomojskij: 3.0 Mrd. US-Dollar
Gennadij Bogoljubow: 2.8 Mrd. US-Dollar
Konstantin Shewago: 1.8 Mrd. US-Dollar
Jurij Kossjuk: 1.5 Mrd. US-Dollar
Pjotr Poroschenko: 1.0 Mrd. US-Dollar
Andrej Werewskij: 1.0 Mrd. US-Dollar

siehe:
Richest People in Ukraine 2014 (RichestLifestyle, 10.07.2014)
- Forbes names 20 richest MPs (Ukrinform, 10.07.2014)

siehe auch:
- Ukraine-Konflikt – George Soros fordert 20 Milliarden für die Ukraine (Cicero, 24.11.2014)


Straßenfeger 50 - Die Gentlemen bitten zur Kasse / Hoopers letzte Jagd [1:57]

Veröffentlicht am 21.11.2012
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Die Gentlemen bitten zur Kasse (3 Teile)
Bei einem Pubbesuch kriegt der Gentlemanganove, Archibald Arrow einen heißen Tipp über einen Postzug, der regelmäßig riesige Mengen Geld transportiert. Arrow überzeugt den Antiquitätenhändler und kühlen Strategen Michael "Major" Donegan davon, ein großes Ding zu drehen. Mit einem Team von Spezialisten planen die Gentlemenganoven den größten Postraub der Geschichte. Ihr Motto lautet: Keine Gewalt. In der Nacht vom 08.08.1963 erbeutet die Bande 2.631.784 Pfund Sterling, etwa 29,5 Millionen Mark, ohne dass jemand ernsthaft zu Schaden kommt. Doch schon bald kommt es zu Spannungen unter den Bandenmitgliedern.

Hoopers letzte Jagd (2 Teile)
Nachdem Chief-Superintendent James Hooper die legendäre Gentlemen-Posträuber-Bande dingfest machen konnte, fehlt ihm nur noch der Kopf der Bande. Doch der äußerst gewiefte Michael "Richy" Richardson spielt ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Mann von Scotland Yard, der den Gentlemangangster nunmehr seit Jahren quer um den Globus jagt. "Richy" wechselt seine Identitäten wie seine Anzüge und schlüpft Hooper immer wieder durchs Netz. Ihm rennt langsam die Zeit davon, denn seine Pensionierung steht kurz bevor. Im wohlverdienten Ruhestand beginnt "Hoopers letzte Jagd" aufs Neue, denn der verbissene Ex-Chefinspektor ist nicht gewillt, den Supergangster entkommen zu lassen.


Warum Matthias Platzeck recht hat

Ruge, 60, ist ein deutscher Schriftsteller und lebt in Berlin. Für seinen Debütroman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" (2011) erhielt er den Deutschen Buchpreis. Bevor er 1988 in die BRD ging, hatte er als Mathematiker an der Akademie der Wissenschaften in der DDR gearbeitet. Nach der Wende war er Autor für Theater, Funk und Film. Ruge ist Sohn des Historikers Wolfgang Ruge, der 1933 in die Sowjetunion geflüchtet war und dort nach dem Überfall des Deutschen Reiches wegen seiner Herkunft in ein Straflager im Ural deportiert worden war, wo auch sein Sohn Eugen geboren wurde. Die harschen Reaktionen auf die Bemerkungen des ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Forums Matthias Platzeck, "die Krimfrage völkerrechtlich hinnehmbar" zu regeln, veranlassten Ruge zu diesem Text.

Matthias Platzeck war schon zu DDR-Zeiten unangepasst. Das kann man von der Angela Merkel nicht sagen. Sie hat sich bekanntlich erst einen Monat nach der Wende überlegt, dass sie eigentlich schon immer gegen die DDR war. Ihr Demokratieverständnis ist auf eindrucksvolle Weise robust geblieben: Wer aufmuckt, wird geschasst, weggelobt, entlassen oder wegintrigiert. Matthias Platzeck wird nun aus dem Petersburger Dialog gedrängt, weil er, siehe an, nicht die Auffassung der Kanzlerin vertritt. Sein Vorschlag lautete in Kurzform: eine demokratische Lösung für die Krim.

Denn es ist keineswegs so, dass Matthias Platzeck für die Anerkennung der "völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Putin" wirbt, wie uns einige weismachen wollen, sondern er hat vorgeschlagen, die Volksabstimmung auf der Krim unter OSZE-Beobachtung zu wiederholen. Dieser Vorschlag wird nicht nur abgelehnt, er darf nicht einmal gemacht werden. Wie lange noch, bis man für prorussische Äußerungen einen Schulverweis kriegt?

Der Ausdruck "völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Putin" ist zu einer Art ideologischer Konsensformel geworden. Sie ist ebenso falsch wie verräterisch. Schon die Personifizierung des Bösen ist problematisch. So spricht man gern, wenn auch unzutreffend, über Figuren wie Hitler, und tatsächlich ist Putin nicht nur in Amerika, sondern sogar im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen mit Hitler verglichen worden. Dass deutlich über 60 Prozent der Russen diesen Mann zu ihrem Präsidenten gewählt haben und noch weit mehr in der Ukraine-Frage hinter ihm stehen, kann man falsch finden. Ihn mit Hitler zu vergleichen heißt, einem Volk, das wie kaum ein anderes unter dem faschistischen Krieg gelitten hat, ins Gesicht zu spucken.

Putin hat die Krim annektiert - ganz allein? Warum vermeidet es die Kanzlerin zu sagen, russische Streitkräfte hätten die Krim annektiert, also gemäß Duden gewaltsam und widerrechtlich in Besitz genommen - was übrigens den Zusatz "völkerrechtswidrig" überflüssig machte. Sie sagt es nicht, weil diese Formulierung ihre Fragwürdigkeit verdeutlichen würde.

mehr:
- Debatte - Die Hybris des Westens (Eugen Ruge, SPIEGEL, 08.12.2014)

siehe auch:

- Wider den öffentlichen Dialog mit Russland – Unsere Bundesmama und zwei ungehorsame Kinder (Post, 26.11.2014)

Adventsrätsel, das Zwölfte von vierundzwanzig


Mit »n« am Schluß ein wichtig Ding,
kann knurren, schätz ihn nicht gering!
denn wer nicht richtig isst in Ruh’,
bleibt es mit »r« und nimmt nicht zu.