Freitag, 19. Dezember 2014

5 Thesen zum Misstrauen gegen Medien

Schweizer Zeitung stellt 5 Thesen zum Misstrauen gegen Medien auf

Mediennutzer gegen die Medien, Medien gegen die Mediennutzer: Schon seit Monaten findet eine Art offener Schlagabtausch zwischen beiden Seiten statt, der wenig konstruktiv ist.

Die Schweizer TagesWoche hat den Konflikt zwischen den Medien und ihren Rezipienten aufgenommen und ein interessantes Projekt umgesetzt: "5 Thesen zum Misstrauen gegen die Medien“ hat die Redaktion aufgestellt, anhand derer der Versucht unternommen wird, das "Vertrauensproblem auszuloten".

Das Interessante dabei: Die TagesWoche redet nicht über die Leser hinweg, sie sucht den Dialog mit ihnen. Die Redaktion fordert den Leser auf, sich der Thesen anzunehmen und seine Meinung dazu zu sagen. Nach neun Tagen stellt die Redaktion die Ergebnisse vor und sie kommt zu einer aufschlussreichen Erkenntnis:

Die zahlreichen, ausgesprochen differenziert dargebrachten Voten haben unsere eigene Sicht auf das Thema deutlich erweitert und bilden damit eine hervorragende Ergänzung zu unserer Analyse.
Die Redaktion hebt das Konzept des Open Journalism hervor und beabsichtigt nun, die vorgenommene Analyse aus der Leserbeteiligung in Form eines Essays zu veröffentlichen.
mehr:
- TagesWoche: "Das Publikum weiß mehr als wir" (Marcus Klöckner, 18.12.2014)

siehe:

- Medienkritik – 5 Thesen zum Misstrauen gegen die Medien (Tom Nagy, Matthias Oppliger, TagesWoche.ch, 08.12.2014)
Unmoralisch, manipulativ, käuflich: Klassische Medien sehen sich im Netz mit Kritik in nie gekannter Schärfe konfrontiert. Wir gehen dem Thema auf den Grund – und brauchen dazu Ihre Hilfe.

Thesen:
These 1: Wer nicht zweifelt, ist unglaubwürdig Die wahrgenommene Komplexität der Welt nimmt zu, das führt zu mehr Ambivalenz und Unsicherheit. Das alte Muster «Journis erklären die Welt» greift nicht mehr. Viele Redaktionen halten dennoch daran fest, Zweifel sind nicht erlaubt. Sie werden deshalb unglaubwürdig.
These 2: Medien üben den Konsens Diese Glaubwürdigkeitsprobleme sind auch in Bezug auf einen weiteren Aspekt hausgemacht: Vom Mainstream abweichende Meinungen werden von etablierten Redaktionen zu wenig ernst genommen und entsprechend selten in der Berichterstattung thematisiert.
These 3: Verschwörungstheorien füllen Lücken in der Berichterstattung Weil das daraus resultierende Informationsvakuum schwer auszuhalten ist, wird es durch die Fantasie der Leser und/oder Verschwörungstheorien ausgefüllt. Diese bieten überschaubare Schwarz-/Weiss-Erklärungen für komplexe Sachverhalte und bieten damit Halt in der Ungewissheit.
These 4: Zweifler finden sich im Netz und bestärken sich gegenseitig Das Aufkommen von sozialen Medien spielt bei diesem Prozess eine entscheidende Rolle: Zweifel, die bisher jeder für sich im stillen Kämmerlein hegte, werden nun von aussen bestätigt. Daraus entsteht eine Dynamik, man schaukelt sich gegenseitig hoch oder bildet (ideelle) Netzwerke Gleichgesinnter, die sich gegenseitig in ihrem Weltbild bestärken: «Was meinen Standpunkt bestätigt, das stimmt. Was im Widerspruch dazu steht, ist Lüge und Manipulation».
These 5: Transparenz verstärkt paradoxerweise das Misstrauen Insgesamt funktioniert das «Immunsystem» der Öffentlichkeit dank sozialen Medien besser denn je: Fehlleistungen werden schnell aufgedeckt und Korrekturen verbreitet. Das ist aber auch ein Mitverursacher des Misstrauens. Jeder Fehler, der bekannt wird, schürt die Zweifel am ganzen Rest der Berichterstattung.
Die Revolution des Publikums (Tara Hill, Gastkommentar, TagesWoche.ch, 10.12.2014)
Dieses Jahr wird als Zäsur in die Geschichte eingehen – nicht nur politisch, sondern auch medial: Denn erstmals sehen sich die westlichen Massenmedien einem eigentlichen Aufstand ihrer Nutzer gegenüber.
Medienkritik – Das Publikum weiss mehr als wir (Thom Nagy, TagesWoche.ch, 17.12.2014)
Vor einer Woche stellten wir 5 Thesen zum wachsenden Misstrauen gegen die Medien zur Diskussion. Insgesamt erhielten wir rund 700 Rückmeldungen. Der Versuch einer Zusammenfassung.

Idiotentest für Journalisten fordert die ersten Opfer

In der aktuellen Ausgabe des British Medical Journals findet sich ein Beitrag, der mit der Überschrift “The Darwin Awards: sex differences in idiotic behaviour” überschrieben ist. Es sind Titel wie dieser, die bereits eine bestimmte Art von Konsumenten anziehen.
BMJBen Alexander Daniel Lendrem, Dennis William Lendrem, Andy Gray und John Dudley Issacs vom Institute of Cellular Medicine der Newcastle University haben den Beitrag, der nur zwei Seiten umfasst, geschrieben. Sie haben ihn geschrieben, um die “Male Idiot Theory” (MIT) zu testen, die sie John McPherson zuschreiben. Um die Thoerie, die besagt, dass “men are idiots and idiots do stupid things” zu prüfen, bedienen sich die Autoren der Daten des Darwin Awards.

mehr:
- Idiotentest für Journalisten fordert die ersten Opfer (Kritische Wissenschaft, 12.12.2014)
Zitat:
Das ist der Idiotentest, denn die Studie von Lendrem, Lendrem, Gray und Issac ist natürlich nicht ernst gemeint, sie ist ein Witz von Wissenschaftlern, denen die idiotische Angewohnheit, alles und jeden Blödsinn auf Geschlechtsunterschiede hin zu untersuchen, auf die Nerven geht. Sie ist eine offensichtliche Parodie auf einen wissenschaftlichen Beitrag, der mit prätentiös theoretischem Brimborium beginnt, um dann mit einer unglaublich schlichten und noch dazu ungeeigneten statistischen Prüfung fortgeführt zu werden und in monströsen Schlussfolgerungen zu enden.
Auch wer nicht in wissenschaftlichem Jargon zu Hause ist, dem sollten ganze Kronleuchter aufgehen, angesichts einer Theorie, die behauptet, dass Männer Idioten sind und Idioten idiotische Dinge tun. Die Ableitung der Theorie ist eine Tautologie und die Theorie selbst eine Übergeneralisierung, die eigentlich jeden mit normalem Menschenverstand Begabten hellhörig machen muss, schon weil die angebliche Theorie keinerlei Differenzierung zwischen Männern macht und sie gernerell zu Idioten erklärt – alle, ohne Ausnahme. Und wenn man dann noch weiß, dass der Autor der vermeintlichen “Male Idiot Theory” ein Kartoonist ist und die Theorie in seinem entsprechenden Buch mit dem Titel “Women are from Venus and Men are Idiots” veröffentlicht wurde, dann muss man eigentlich gar nicht mehr auf der Seite des Darwin Awards nachlesen, um was für eine Art von Seite es sich hier handelt.
Aber offensichtlich ist keine Meldung aus der Wissenschaft idiotisch genug, als dass es nicht Journalisten gäbe, die sie für bare Münze nehmen, die – mit anderen Worten – sich durch eine bemerkenswerte Fehlanwendung von gesundem Menschenverstand auszeichnen, und sie durch den Idiotentest, den Lemdrem, Lendrem, Gray und Isaacs konzipiert haben, fallen lässt, was sie qualifiziert, in den engeren Kreis der Anwärter auf den Darwin Award aufgenommen zu werden.


- Haben Journalisten kein Urteilsvermögen? Idiotentest Teil II (Kritische Wissenschaft, 18.12.2014)siehe auch:
- Studie zum Darwin Award – Männer sind Idioten - warum auch immer (n24, 12.12.2014)
Studie zum Darwin Award – Männer sind Idioten - warum auch immer (Post, 14.12.2014)
Idiotentest für Journalisten... (Mejko, Nutzerbeitrag, der Freitag, 14.12.2014)

eine Serie von Beiträgen zu dem Thema findet sich bei Psychosputnik


also nochmal:
Ich fordere die Frauen-Quote!

und da wir schon beim vorweihnachtlichen Grinsen sind:
- Suizid à la Carte (Post, 14.09.2005)

Adventsrätsel, das Neunzehnte von vierundzwanzig


Mit S kommt’s immer ungeseh’n,
doch ohne S sieht man
es schon von ferne,
und muß das eine immer steh’n,
legt sich das and’re gerne.