Dienstag, 2. Juni 2015

Normenkontrollrat legt sich bei der Vorratsdatenspeicherung quer

Der Nationale Normenkontrollrat hat "erhebliche Bedenken" gegen den Regierungsentwurf zum Protokollieren von Nutzerspuren. Das Gremium stößt sich vor allem daran, dass das Kabinett die Kosten für die Wirtschaft übergeht.
Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat der Nationale Normenkontrollrat (NKR) den Regierungsentwurf für eine neue Vorratsdatenspeicherung kritisiert und das Kabinett zum Nachsitzen animiert. In der vorliegenden Fassung entspreche das Papier nicht den Anforderungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien an eine einschlägige Gesetzesvorlage, schreibt das von der großen Koalition 2006 eingeführte Gremium in seiner jetzt in einer Bundesrats-Drucksache veröffentlichten Stellungnahme. Der "Erfüllungsaufwand" für die Wirtschaft werde gar nicht dargestellt, der für die staatliche Verwaltung unzureichend.


Der NKR soll der Bundesregierung helfen, Bürokratie abzubauen. Die Institution bezeichnet den ausgemachten Mangel als besonders gravierend, da sie "durch eigene Erhebungen Anhaltspunkte für Kosten der Telekommunikationswirtschaft von bis zu 600 Millionen Euro gefunden hat". Das Vorhaben sehe parallel aber vor, einzelne Unternehmen zu entschädigen, falls Investitionen und gegebenenfalls gesteigerte Betriebskosten "erdrosselnde Wirkung haben könnten". Da sei es seltsam, dass das federführende Bundesjustizministerium den möglichen Aufwand für die Wirtschaft gar nicht beziffern könne und der entsprechende Tatbestand zudem "voller unbestimmter Rechtsbegriffe" sei.

Markt bietet keine Chance zur Kostenweitergabe
Angesichts der dünnen Ausführungen des Justizressorts haben die Bürokratiewächter nach eigenen Angaben selbst Rücksprache mit den Branchenverbänden Bitkom und eco gehalten. Beide hätten erklärt, dass der Markt entgegen der Annahme des Ministeriums keine Möglichkeit biete, die Kosten für das Instrument "über den Preis an Kunden weiterzugeben". Sie hätten auch das Risiko verfehlter Investitionen ausgemalt für den Fall, dass gegen die Initiative erneut Verfassungsbeschwerden eingereicht würden. Der eco habe zudem geschätzt, dass die Auflagen in dem von ihm mit vertretenen Segment kleiner und mittlerer Provider bis zu 2000 Unternehmen das Genick brechen könnten.

Diese Feststellungen wären auch dem Justizressort möglich gewesen, rügt der NKR. Er erwartet, dass die Bundesregierung die Gesetzesvorlage "spätestens zum Beginn der parlamentarischen Beratungen" kommende Woche entsprechend ergänzt. Nachzubessern sei auch der Teil zu den erwarteten Kosten für die Verwaltung, da hier ebenfalls absehbarer "erheblicher Aufwand" nicht dargestellt werde. Kostenangaben für Strafverfolgungsbehörden und Gerichte aufgrund möglicher Informationsabfragen sowie zum neu geplanten Tatbestand der Datenhehlerei fehlten völlig.

mehr:
- Normenkontrollrat legt sich bei der Vorratsdatenspeicherung quer (heise News, 01.06.2015)

Bürokratiekostenmessung in Deutschland [3:54]

Hochgeladen am 03.12.2007
In Deutschland sind in der Vergangenheit zahlreiche Maßnahmen zur Reduktion von Bürokratiekosten durchgeführt worden. Die jetzige Regierung führt jedoch im Koalitionsvertrag aus: "Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass eine auf Einzelmaßnahmen beschränkte Rechtsbereinigung nicht ausreicht, um die Bürokratie und die dadurch entstehenden finanziellen Lasten insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen zu beseitigen. Als wesentliches Hindernis hat sich dabei erwiesen, dass bis heute in Deutschland keine Methode existiert, bestehende Bürokratiekosten zuverlässig zu erfassen und für neue Gesetze sicher vorherzusagen." Nur mit verlässlichen Daten sind klare Zielsetzungen und politische Steuerung möglich. Der gezielte Abbau von Bürokratiebelastung erfordert daher zunächst vor allem Transparenz.

mein Vorschlag: Wie wär’s mit Englisch als Normenkontrollrats-Arbeitssprache?


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