Samstag, 27. Juni 2015

68er-Revolte und Ukraine-Krise: Die Identität des Westens und der Kampf um die Deutunghoheit oder Der Unterschied zwischen Pudding und Sprengstoff

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschworen deutsche Philosophen, darunter Karl Jaspers, das Abendland - und bestimmten damit den geistigen Horizont von übernational gültigen Wertvorstellungen, die zwar unterschiedlich, aber nicht beliebig waren, gespeist aus dem Christentum und dem Humanismus. Der Philosoph Georg Römpp verweist in seinem Buch auf ideengeschichtliche Verbindungen, die weit über das 20. Jahrhundert hinaus bis in die griechische Antike zurückreichen. So zeichnet er die Umrisse dessen nach, was als "Geist des Westens" gelten könnte.
In dem essayistischen Werk geht es um das Ringen um das gute Handeln und das gute Leben - von Platon und Aristoteles über die Stoa, den Utilitarismus und die Philosophie der Aufklärung bis hin zu zeitgenössischen Entwürfen einer "evolutionären Ethik".

mehr:
Rezensionen – Römpp, Georg: Der Geist des Westens (Christ in der Gegenwart, 28.06.2015)
siehe auch:
Pathologie der Demokratie: Defekte, Ursachen und Therapie des modernen Staates (Martin Sebald, Springer, Googlebooks)

Was wird geschehen, wenn eines Tages überall auf der Welt Demokratien bestehen und es keine Tyrannei und keine Unterdrückung mehr gibt, gegen die es sich zu kämpfen lohnen würde? Die Erfahrung lehrt, dass Menschen, die für die gerechte Sache nicht mehr kämpfen können, weil diese bereits in einer früheren Generation gesiegt hat, gegen die gerechte Sache kämpfen. Sie kämpfen um des Kampfes willen. Mit anderen Worten: Sie kämpfen aus einer gewissen Langeweile heraus, denn sie können sich nicht vorstellen, in einer Welt ohne Kampf zu leben. Und wenn der größte Teil ihrer Welt in friedlichen und wohlhabenden liberalen Demokratien lebt, dann kämpfen sie eben gegen Frieden und Wohlstand und gegen die Demokratie.
[
Fukuyma 1992, S. 435, zit. in Pathologie der Demokratie: Defekte, Ursachen und Therapie des modernen Staates (Martin Sebald, Springer, Googlebooks, S. 1)]


Warum ein Wechsel der US-Administration an dieser weltgeschichtlichen Tatsache nichts geändert hätte 
Zweifelsohne hat sich die Irak-Kampagne zum Desaster für das US-Imperium entwickelt. Alle Ziele, die sich Washington gesteckt hat, sind verfehlt worden: Weder konnte im Zweistromland bislang eine Demokratie westlichen Typs installiert werden, noch strahlt von dem Land Frieden, Freiheit und Sicherheit auf die umliegenden Regionen aus. Der Terror, dem man an der Wurzel fassen wollte, wird durch die Militäraktion erst recht angeheizt. Die geopolitische Präsenz im Größeren Mittleren Osten, die von Saudi-Arabien in den Irak verlegt werden sollte, wird mit einer stetig steigenden Zahl toter GIs bezahlt. Trotz der Sicherung der irakischen Ölquellen sind die Preise an US-Zapfsäulen seit Beginn der Kampfhandlungen um das Doppelte bis Dreifache gestiegen. Von einer Einschüchterung des Iran, vom Flankenschutz, den man Israel geben wollte, und einer Lösung des Palästinaproblems ist man weiter entfernt als zuvor. Die Hoffnung, dass sich die Alliierten der Operation anschließen oder sie wenigstens im Nachhinein gutheißen werden, hat sich als falsch herausgestellt. Die finanziellen Kosten, die die Okkupation verschlingt, die Ressourcen und das Personal, die dadurch gebunden werden, lähmen Bewegungsfreiheit und Feuerkraft des Militärs, das möglicherweise bald anderswo, im Iran, in Syrien oder in Fernost dringend gebraucht werden würde.
[
Rudolf Maresch, Das neokonservative Zeitalter, Telepolis, 15.11.2004]


Debatte Das Paradies auf Erden? Nicht in Sicht! (Gerhard Grote, Neues Deutschland, 14.08.2010)
Fukuyama bezeichnet mit Recht die Demokratie als Kernstück einer fortschrittlichen Gesellschaftsordnung und behauptet, dass dieses Prinzip nur im Kapitalismus umfassend wirksam werden kann. Robert Reich, einer der einflussreichsten Wirtschaftswissenschaftler der USA, erklärt dagegen: »Lange glaubten wir, dass Demokratie und Kapitalismus untrennbar miteinander verbunden sind. Aber heute stimmt das nicht mehr.« In seinem neuen Buch »Superkapitalismus – wie die Wirtschaft unsere Demokratie untergräbt« weist er nach, wie die politische Entwicklung in den USA in den vergangenen 30 Jahren dazu geführt hat, dass die Bürger in seinem Lande immer weniger Rechte und Einflussmöglichkeiten haben.

Selbst George Soros, der 1992 an der Börse gegen die britische Währung spekulierte und dabei eine Milliarde Dollar verdiente, warnte bereits 1998 in seinem Buch »Die Krise des globalen Kapitalismus – offene Gesellschaft in Gefahr« vor den verheerenden Auswirkungen eines Marktfundamentalismus. Der Journalist Hans-Ulrich Jörges spricht im »Stern« von einem neuen Kalten Krieg, »aber er wird nicht mehr mit Waffen ausgetragen, sondern mit Geld. Schauplätze sind die Finanzmärkte.« In jenem »asymmetrischen Wirtschaftskrieg« greifen mächtige Investmentbanken und kapitalstarke Hedgefonds »ganze Staaten oder Staatengruppen und deren Währungen an«. Warren Buffet, einer der reichsten Männer der Welt, nennt die dabei eingesetzten Finanzprodukte »Massenvernichtungswaffen«: »Es ist Klassenkampf, und meine Klasse gewinnt. Aber das sollte sie nicht.«

Die weltpolitischen Widersprüche sind also nach dem Ende des Kalten Krieges nicht etwa zu einem Ende gekommen, sie werden nur in anderen Formen ausgetragen.
- "Neue Weltordnung" – Wohin driftet die Welt im 21. Jahrhundert? (Linksliste, AG Friedensforschung)

Zwischen dem heutigen Streit um die Deutungshoheit im Ukraine-Konflikt und der 68er Revolte, die vom Besuch des persischen Schahs in der jungen Bundesrepublik 1967 ihren Ausgang nahm, gibt es sehr deutliche Parallelen. 

Politik und Medien vertraten Mitte der 60er Jahre eine der Sicht der Studenten fast diametral entgegengesetzte Sichtweise der politischen Figur Reza Pahlavi und der Situation im Iran:
»Der größte Einzelerfolg der CIA« (Post, 01.05.2015)
Wie die CIA 1953 den Sturz Mossadeghs betrieb (Iranischer Kulturverein Andischeh, Datum?)
Secrets of History – The C.I.A in Iran (James Risen, New York Times, 2000)
Written in 1954 by one of the coup's chief planners, the history details how United States and British officials plotted the military coup that returned the shah of Iran to power and toppled Iran's elected prime minister, an ardent nationalist.
[James Risen, 
Secrets of History – The C.I.A in Iran, New York Times, 2000]
Schlimmer als Verstaatlichung (SPIEGEL-Archiv, 06.06.1951)
Das war die vierte britische Reaktion auf den plötzlichen, besessenen Entschluß der persischen Kammer, das am 21. März ebenso plötzlich verabschiedete Gesetz zur Verstaatlichung der Anglo-Iranischen Oelgesellschaft sofort durchzuführen. Das Gesetz hatte England mit einem Protest beantwortet. Im übrigen wiegte sich das Foreign Office in der phlegmatischen Hoffnung, die Teheraner Temperamente würden sich zugunsten "vernünftiger Ueberlegungen" abkühlen.

Die Teheraner Temperamente jedoch erhitzten sich weiter und paukten unter terroristischem Druck der Nationalisten die Durchführungsbestimmmung durch. Immer noch gelang es London, die Tatsachen und Konsequenzen der entscheidenden kritischen Entwicklung im Mittleren Osten zu ignorieren. Beunruhigt begann man, gefährlich zu wursteln und

* alarmierte die 16. britische Fallschirmjägerbrigade, die inzwischen nach Cypern, zwei Flugstunden von Persiens Oelfeldern entfernt, 
verlegt wurde; 

* klagte Persien wegen Konzessionsbruch und Verletzung internationaler Abmachungen beim Haager Schiedsgerichtshof an;

* machte ein Verhandlungsangebot zu den persischen Forderungen.

Die Engländer fühlten sich in einer starken Position, weil Persien technisch nicht in der Lage ist, die Oelindustrie selbständig zu betreiben. Der persische Staat existiert von den Oeleinnahmen, und niemand glaubte, daß die Perser sich von ihrem Unabhängigkeitsfanatismus dem ökonomischen Selbstmord entgegentreiben lassen würden. Auf Grund ihrer kolonialen Erfahrungen hofften die Engländer, sich mit Persien in der wirtschaftlichen Unabhängigkeitsfrage ebenso gütlich auseinanderzusetzen wie mit Indien über die politische Selbständigkeit.

Katastrophale Bilanz (Bernd Greiner, ZEIT Online, 06.04.2008)
Dabei wird erstens deutlich, dass alle Präsidenten seit Harry Truman ein und denselben Fehler wiederholten: Statt politisch verwertbare Daten und Analysen einzufordern, bestärkten sie die CIA in ihrem blinden Aktionismus. Dwight D. Eisenhower verordnete 170 Geheimaktionen in 48 Staaten, John F. Kennedy weit über 300 – mit dem Ergebnis, dass die CIA in zwei Jahrzehnten knapp 800000 ausländische Offiziere und Polizeibeamte ausbildete, aber in den eigenen Reihen kaum jemand hatte, der sich in fremden Sprachen und Kulturen zu bewegen wusste. Zweitens wurden von der CIA gemeinhin keine unabhängigen Expertisen, sondern Handreichungen für bereits fixierte Entscheidungen erwartet – was während des Vietnamkrieges zum vollständigen Ignorieren unliebsamer Memoranden und im Falle Irak dazu führte, dass Analysten von vornherein die Erwartungen des Weißen Hauses zum Maßstab ihres Urteils machten. Drittens schließlich kam der Kongress nur Mitte der 1970er Jahre seiner gesetzlichen Aufsichtspflicht nach. Ansonsten segnete man, Budgetfälschungen und Geldwäsche inbegriffen, alle Fehltritte kritiklos ab – Beobachtungen, die Weiner en passant zu einem ebenso fachkundigen wie ernüchternden Kommentar auf die Dauerkrise im amerikanischen System politischer Gewaltenteilung verdichtet.

Schicksalsstunde des Iran (ZEIT Archiv, 22.03.1951)
Erst als Anfang März auch London, die Gefahr einer möglichen Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie einsah, machte die Gesellschaft entsprechend dem Aramco-Vertrag inoffiziell ein neues Angebot, Aber es war zu spät! Der Druck im Kessel war zu stark geworden. Der Ministerpräsident Ali Rasmara fiel als erster der Explosion zum Opfer, und unter dem Eindruck dieses Mordes stimmte das iranische Parlament am 15. März einheitlich für die Verstaatlichung.

Dennoch wäre es voreilig, den Zusammenbruch der englischen Ölinteressen in Iran vorauszusagen. Durch die Vertagung des iranischen Parlaments und die der Ölkommission des Parlaments gesetzte Frist zur Ausarbeitung detaillierter Vorschläge für die Verstaatlichung, stehen drei Monate zur Verfügung, in denen die erregte Stimmung in Iran einer kühleren Überlegung Platz machen kann und England sich entschließen dürfte, die nicht zu umgehenden Konzessionen zu machen. Damit wäre beiden Teilen am besten gedient, denn es fehlen dem Iran nahezu alle Voraussetzungen, um den riesenhaften technischen Apparat der „Anglo Iranian“ übernehmen und eine weltumspannende Vertriebsorganisation aufbauen zu können.

Bisher unbekannter Bericht über die Rolle der CIA während des Putsches im Iran 1953 (David Walsh, World Socialist Website, 20.04.2000)
Die New York Times veröffentlichte am 16. April eine ausführliche Artikelserie über die Rolle der amerikanischen Central Intelligence Agency (CIA) beim Sturz des iranischen Premierministers Mohammed Mossadegh im Jahr 1953. Zwar ist seit langem bekannt, dass die britische und die amerikanische Regierung den Putsch gegen Mossadegh angezettelt hatten, doch die Times -Artikel liefern noch einige Einzelheiten nach. Mossadegh hatte versucht, die iranische Ölindustrie zu verstaatlichen. Die CIA veranlasste daraufhin Schah Mohammed Reza Pahlewi, Mossadegh zu entlassen, und brachte ihn wieder an die Macht.

Einige Bemerkungen zu der Veröffentlichung der Times: Auffällig ist zunächst einmal ihr Zeitpunkt. Es ist kein Geheimnis, dass die amerikanische und die iranische Regierung, zumindest gewisse Kreise innerhalb beider, sich in letzter Zeit um eine Annäherung bemüht haben.

Besonders greifbar wurde dies am 17. März, als die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright in einer Rede zur Aufhebung des Importverbots für iranische Luxusgüter ankündigte, ihre Regierung strebe eine "neue Beziehung" mit Teheran an. Albright räumte die Rolle der USA im Putsch von 1953 ein. Dieser sei "ein eindeutiger Rückschlag für die politische Entwicklung des Iran" gewesen. "Und man kann leicht einsehen, weshalb viele Iraner bis heute diesen Eingriff Amerikas in ihre inneren Angelegenheiten verabscheuen."


Im Jahr 1950 verhandelte die Arabian-American Oil Company (ARAMCO) mit den Saudis über ein neues Abkommen, das eine 50/50-Aufteilung der Nettoöleinnahmen vorsah. Für die iranische Regierung, das Parlament und den Schah war es selbstverständlich, dass mit der AIOC eine vergleichbare Regelung erzielt werden sollte. In den Verhandlungen hatte die iranische Regierung zwei Möglichkeiten: Sie konnte mit der Verstaatlichung oder, wie in dem Abkommen vorgesehen, nach 30 Jahren (1963) mit einer massiven Besteuerung der AIOC-Gewinne drohen. Razmara war ein entschiedener Gegner einer Verstaatlichung, während Mossadegh, der Sprecher der neu gegründeten Partei der Nationalen Front in der Verstaatlichung den einzig gangbaren Weg sah. Razmara hatte ein Gutachten über die Folgen der Verstaatlichung der Ölanlagen in Auftrag gegeben. Die Gutachter Fathollah Nacficy und Baqer Mostofi, die bei der AIOC beschäftigt waren, kamen zu dem Schluss, dass es für eine noch zu gründende nationale iranische Ölgesellschaft extrem schwierig sein würde, das Kartell der internationalen Ölgesellschaften aufzubrechen, und Rohöl oder raffiniertes Öl auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Eine Verstaatlichung würde aufgrund der Blockadehaltung des Kartells zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Iran führen.[6]
In einer Sondersitzung am 24. Dezember 1950 sagte Premierminister Razmara im iranischen Parlament:
„Ich möchte hier klarstellen, dass Iran gegenwärtig nicht über die industriellen Möglichkeiten verfügt, das Öl aus der Erde zu holen, und es auf dem Weltmarkt zu verkaufen [...] Meine Herrn, Sie können doch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitarbeitern nicht einmal eine Zementfabrik managen. [...] Ich sage das in aller Deutlichkeit, wer das Vermögen und die Ressourcen unseres Landes in Gefahr bringt, begeht Verrat an unserem Volk.“ (Ali Razmara, Premierminister des Iran, Wikipedia)
Zeittafel zur Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie (Wikipedia)

Die Geschichte der CIA - Teil 1/3 (1947-1977 Geheime Operationen) [52:39]

phiwi2705
Am 31.10.2011 veröffentlicht
Dreiteilige Doku
Teil1: http://www.youtube.com/watch?v=1peuO7...
Teil2: http://www.youtube.com/watch?v=hUadyr...
Teil3: http://www.youtube.com/watch?v=a7f-ux...
Die dreiteilige Dokumentationsreihe erzählt die Geschichte der amerikanischen Geheimdienstorganisation von den Anfängen im Jahre 1947 bis heute. Neben Aufbau, Organisation, Sicherheitsstruktur, Handlungs- und Einflussbereich der CIA werden die Agentengewinnung, aber auch die - häufig missglückten - geheimdienstlichen Ermittlungen und Manipulationen sowie die Beziehung der CIA zur amerikanischen Regierung dargestellt.
Ehemalige CIA-Verantwortliche, deren Einfluss ausschlaggebend und deren Macht scheinbar grenzenlos war, liefern Hintergrundinformationen zu entscheidenden historischen Ereignissen. Ohne die übliche Zurückhaltung äußern sich Zeugen und direkt Beteiligte, ehemalige Verteidigungsminister, CIA-Direktoren und Geheimdienstagenten. Sie üben Selbstkritik, kritisieren ihre Vorgänger und Nachfolger sowie auch die verschiedenen amerikanischen Präsidenten.
Mit Unterstützung von Archivmaterial wird die Frage beantwortet, wie es dazu kam, dass die legendäre Geheimdienstbehörde oft zur "Hüterin" der Interessen der amerikanischen Außenpolitik wurde.

Schah-Besuch 1967, Vor dem Schöneberger Rathaus (Wikipedia)
Während des Besuches in West-Berlin am 2. Juni kam es bei Demonstrationen gegen Schah Mohammad Reza Pahlavi zunächst am Rathaus Schöneberg (damals Sitz des Berliner Senats und des Berliner Abgeordnetenhauses) zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Anhängern Pahlavis. Etwa 400 Demonstranten hatten sich dort versammelt. Schah-Anhänger prügelten mit den Latten ihrer Transparente und Totschlägern auf die Demonstranten ein, ohne von den anwesenden Polizeikräften daran gehindert zu werden. Vielmehr ging die Polizei mit Wasserwerfern und berittenen Kräften gegen die Demonstranten vor. Es wurden Dutzende von ihnen verletzt. Unter den sogenannten Gegendemonstranten (als „Jubelperser“ bzw. „Prügel-Perser“ sprichwörtlich geworden) wurden später teilweise Mitarbeiter des persischen Geheimdienstes SAVAK vermutet.

Jubelperser, Vorgänge am 2. Juni 1967 (Wikipedia)
 HauptartikelBenno Ohnesorg#Vor der Deutschen Oper
Die später in der Presse wegen ihres Vorgehens als Jubelperser bezeichnete Gruppe sollte Demonstranten abschirmen, die gegen die diktatorische Herrschaft des Schahs sowie gegen Folterung und Tötung politischer Gegner im Iran demonstrieren wollten, sowie als vermeintliche Gegendemonstranten dem Schah zujubeln und schließlich mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgehen. Als die Jubelperser vor der Deutschen Oper Berlin mit Dachlatten, Knüppeln und Totschlägern auf deutsche Studenten losgingen, schaute die deutsche Polizei anfänglich nur zu und schritt nicht ein, später ging sie dann ebenfalls mit Gewalt gegen eingekesselte Studenten vor und ließ die Provokateure unbehelligt ziehen. Im Verlauf des Abends wurde der Student Benno Ohnesorg von dem zivil gekleideten West-Berliner Polizeibeamten und – wie sich erst 2009 herausstellte – inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter Karl-Heinz Kurras mit einem gezielten Schuss in den Kopf getötet.[4] Kurras wurde für seine Tat nie verurteilt und blieb bis zu seiner Pensionierung Polizeibeamter.
Leica (1967) [10:27]

kofferfischli
Am 30.09.2009 veröffentlicht
Berlin 

Leberwurtstaktik (Wikipedia)
Die Leberwursttaktik bezeichnet eine Taktik der Polizei zum Vorgehen gegen Menschenmengen, die insbesondere in Verbindung mit den Einsätzen der West-Berliner Polizei gegen Protestmärsche in den 1960ern steht. Bei der Leberwursttaktik greifen die Einsatzkräfte, teils mit Anwendung massiver körperlicher Gewalt, in die Mitte der Menge ein, um diese an den Rändern auseinanderzutreiben.
Der Begriff wurde durch den Berliner Polizeipräsidenten Erich Duensing geprägt, der die Leberwursttaktik so beschrieb: „Nehmen wir die Demonstranten als Leberwurst, dann müssen wir in die Mitte hineinstechen, damit sie am Ende auseinander platzt.“[1] In die deutsche Nachkriegsgeschichte eingegangen ist die Leberwursttaktik im Zusammenhang mit der Demonstration gegen den Besuch des Schahs in Berlin am 2. Juni 1967, in deren Verlauf der Student Benno Ohnesorg von dem Polizisten Karl-Heinz Kurras, einem inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi, erschossen wurde.

 HauptartikelBenno Ohnesorg#Medien
Der Großteil der Berliner Presse, allen voran Publikationen des Springer-Verlagsberichtete über die Ereignisse des 2. Juni 1967 ausschließlich als Gewaltausbrüche von seiten der Studenten und stellte die Polizei lediglich als korrekt handelnde Opfer dar. Die Veröffentlichung des Fotos eines prügelnden Jubelpersers mit Totschläger in der Hand wurde von allen Zeitungen Westberlins abgelehnt. Ein Foto einer von Polizeiknüppeln verletzten Augenzeugin hingegen wurde auf den Titelseiten von Springer-Publikationen als „Opfer des studentischen Terrors“ verfälscht.[5] Der Springer-Presse wurde von Seiten der Studenten vorgeworfen „statt ihrer Informationspflicht zu genügen und wahrheitsgemäß über die Unruhe der Studenten zu berichten, hat sie die Bevölkerung systematisch gegen die Studenten aufgehetzt.“[6] Dies hatte auch konkrete Auswirkungen, als beispielsweise ein Verwaltungsangestellter, der lediglich Rudi Dutschke ähnlich sah, von einem Bürger-Mob verfolgt wurde, der ihm „Schlagt den Dutschke tot“ und „Hängt ihn auf“ hinterherrief.[5]
Die ihrer Meinung nach systematische Hetzkampagne durch die Springer-Medien, das Verhalten der deutschen Behörden während des Schah-Besuchs und der Tod des Studenten Benno Ohnesorg gelten – zusammen mit dem Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke im April 1968 – als wichtige Auslöser für die Radikalisierung der damaligen Studentenbewegungund die spätere Gründung der militanten Untergrundorganisationen Bewegung 2. Juni und Rote Armee Fraktion (RAF).[7]
Studentenbewegung – Was geschah am 2. Juni 1967? (Wolfgang Kraushaar, ZEIT Online, 28.09.2012)

Um den Schah-Besuch in Berlin ranken sich viele Mythen. Die beklemmendste Variante lautet: Eigentlich sollte Reza Pahlevi in Deutschland ermordet werden. Der Schlüssel zur Aufklärung des Rätsels liegt in einem Archiv in Washington.

Jeder, der sich einmal mit den Ursprüngen der Studenten- und der 68er-Bewegung beschäftigt hat, wird sich einer maßgeblichen Irritation ausgesetzt gesehen haben: der Frage, wie der am Abend des 2. Juni 1967 mit tödlicher Wirkung auf den Germanistikstudenten Benno Ohnesorg abgegebene Schuss zu beurteilen ist – als fahrlässige Tötung, als Totschlag oder als gezielter Mord. Und falls Letzteres zutreffen sollte – worin hat das Motiv des Mörders bestanden? Hatte er aus eigenem Antrieb oder im Auftrag anderer, gar einer staatlichen Behörde gehandelt? Von der Beantwortung dieser Fragen ist abhängig, wie der Fall von heute aus politisch und historisch zu bewerten ist.

Von diesem unaufgeklärten Sachverhalt geht noch immer eine erhebliche Verunsicherung aus. Wenn man etwa von der »Ermordung Ohnesorgs« spricht, dann zieht das ganz andere Schlussfolgerungen nach sich als im Falle einer der beiden anderen Tötungsvarianten. Solange das aber nicht geklärt ist, muss offenbleiben, was zu einer so folgenreichen Protestbewegung wie der am Ende der sechziger Jahre geführt hat. Es ist ganz so, als fehlte noch immer die Grundlage für eine angemessene Historisierung: Die Unsicherheit in der Beurteilung des 2. Juni steht wie ein unsichtbarer Stolperstein vor einer zeitgeschichtlichen Einordnung jenes Ereignisses, das nicht nur eine Zäsur in der Berliner Geschichte, sondern eine in der Bundesrepublik insgesamt markiert. […]

Denn die damals ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen waren exorbitant. Insgesamt mehr als 30.000 Polizisten kamen bundesweit zum Einsatz. Ganze Autobahnabschnitte mussten wegen der Fahrtroute des hohen Gastes gesperrt werden. Und in Bayern wurden aus sicherheitsrelevanten Gründen über hundert iranische Studenten gar gezwungen, das Bundesland zu verlassen und sich während der gesamten Besuchsdauer woanders aufzuhalten – nicht ohne durch tägliches Aufsuchen des jeweiligen Polizeireviers vor Ort die eigene Unschuld unter Beweis zu stellen. Sie galten als unkalkulierbares Sicherheitsrisiko. Das hatte es in der Bundesrepublik zuvor noch nicht gegeben.

Nachdem schon in Bonn sowie in München gegen den Schah protestiert und am Abend zuvor dessen Regime auf einem Teach-In im Auditorium maximum der Freien Universität angegriffen worden war, demonstrierten an jenem 2. Juni 1967 in West-Berlin mehr als 3.000 Menschen, vor allem Studierende, vor dem Schöneberger Rathaus. Handzettel waren verteilt worden, mit denen der Schah des Mordes bezichtigt wurde. Unter dem Porträt des Monarchen hieß es: »Gesucht wird Schah Mohamed Reza Pahlawi wegen Mord und Folterungen an dem Journalisten Karimpour Schirazi, an dem Außenminister Hossein Fatemi, an dem Justizminister Lotfi nach vorherigem Ausreißen der Augen, an einundsiebzig oppositionellen Offizieren, an Hunderten von Kommunisten, an ziviler Bevölkerung und Journalisten.« […]

Bei einer zweiten Manifestation kam es später vor der Deutschen Oper zu schweren Ausschreitungen – nicht der Protestierenden, sondern der Polizei. Es war Polizeipräsident Erich Dünsing, der den Einsatzbefehl erteilte. Anschließend verfolgten Greiftrupps flüchtende Demonstranten. Dabei wurde der 26-jährige Germanistikstudent Benno Ohnesorg auf einem Parkhof der Krummen Straße von dem in Zivil auftretenden Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras von hinten erschossen. Aus nächster Nähe, mit einem einzigen, wahrscheinlich gezielt abgegebenen Schuss.
Der Tag, der Deutschland veränderte (Sven Felix Kellerhoff, Die Welt, 27.05.2007)
Am Anfang war der 2. Juni 1967. Die Kugel, mit der ein Polizist an jenem Freitagabend in West-Berlin den Studenten Benno Ohnesorg tötete, wurde zum Startschuss für den linken Terror in Deutschland. Ohnesorgs Tod wurde ein zentrales Argument in der Selbstrechtfertigung der politischen Amokläufer, die dann 67 Menschen umbrachten.

1968 – Ein Jahr des Aufbruchs und der Zäsur Adelbert Reif im Gespräch mit dem Historiker Professor Dr. Norbert Frei (Institut für Neuere und Neuste Geschichte der Universität Jena)
Es fällt auf, dass sich mit dem Gedenken in diesem Jahr weniger politische Implikationen für die Gegenwart oder gar für die Zukunft verbinden, als vielmehr der rückwärts gewandte Deutungsstreit die Diskussion darüber bestimmt, was 1968 eigentlich gewesen sei. Während die Flakhelfer- generation im Unterschied zu damals, als sie mit am härtesten im Konflikt mit den 68ern stand, das Ganze heute ziemlich entspannt sieht, sind die 68er dabei, untereinander eine Kontroverse zu inszenieren. Doch die enthält – und das könnte man ihnen zum Vorwurf machen angesichts ihrer früheren Vorstellungen, derzufolge „alles politisch“ sei – wenig auf die Gegenwart oder Zukunft gerichtetes Potenzial. Womit wir es zu tun haben, das ist eher eine rückwärts gewandte Selbstbespiegelung, verbunden mit einer kräftigen Portion Sündenstolz – bei manchen auch mit großem Selbsthass. […]

Angesichts der vielen ehemaligen Nazis unter den Funktionsträgern in Wirtschaft und Gesellschaft musste der jungen Generation die Bundesrepublik Mitte der 60er-Jahre unheimlich erscheinen. Das war es auch, was dem Ganzen die Härte und Schärfe verlieh und in der wechselseitigen Polemik immer zu greifen war. Wenn man etwa an die Auseinandersetzung um die Notstandsgesetzgebung denkt: Auch dort ging es um die Frage, ob man sich in einer präfaschistischen oder in einer postfaschistischen Situation befinde.

Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg (Wissen.de)
Der Tod von Benno Ohnesorg ist für viele ein Symbol für die politische Inhumanität dieser Tage. Das Datum wird zu einem historischen Wendepunkt. Eine deutliche Mehrheit der Studenten orientiert sich nach links. Eine kleine Gruppe des SDS und der Außerparlamentarischen Opposition (APO) entwickelt sich zu den Terroristen der späteren Roten Armee Fraktion (RAF) und der Bewegung 2. Juni.
[Doku] Der Tod des Benno Ohnesorg - 2. Juni 1967 [42:21]

Veröffentlicht am 14.03.2015
Deutschlands Studenten proben den Aufstand: Der Schah von Persien und seine Frau sind auf Staatsbesuch in Deutschland. Von offizieller Seite wird der Kaiser hofiert - von Folter und Terror im Land will man nichts wissen. Währenddessen formiert sich der Protest der Studenten. Die Situation eskaliert, eine Kugel aus der Pistole von Kriminalobermeister Kurras tötet den Studenten Benno Ohnesorg. Das ist der entscheidende Zündfunke im Aufstand der Jungen gegen den Staat.

Luxus – Billiger Balsamierer
Auch Wasserhähne aus Amethyst -- die aus Gold kennt ja jeder schon -- und maßgeklempnerte Bidets mit vergoldeten Deckeln und Seidenkissen (für rund 2000 Mark) sind zu haben. Die vielbesprochene Kristall-Badewanne, in der heute Farah Diba für den Schah plätschert, kann sich jeder deutsche Zahnarzt leisten: für rund 40 000 Mark.

Materialien zu Studentenbewegung und Hochschulpolitik in Hamburg – Teil 2: Der Besuch des Schah von Persien am 3. und 4. Juni 1967 (Jürgen Schröder, 30.05.2009)
In diesem zweiten Teil der Darstellung zu Studentenbewegung und Hochschulpolitik in Hamburg geht es nahezu ausschließlich um den Besuch des Schah des Iran in Hamburg, bei dem es zwar nicht wie am Vortag in Westberlin einen Toten gab, aber offenbar heftige Ausschreitungen der Polizei. Der AStA der Universität Hamburg veröffentlicht diesbezüglich eine Reihe von Erklärungen (vgl. 8.6.1967, 15.6.1967), vor allem aber auch von Augenzeugenberichten. Die Auseinandersetzungen mit der Polizei sind zwar nicht die ersten, aber doch wohl die bisher intensivsten, bieten dann auch den Anlass zur Aufnahme einer massiven Agitation der Bevölkerung durch die Studenten vermittels des 'Hamburger Extra Blatt' (vgl. 22.6.1967).

Abschließend für diesen Teil werden durch den AStA in seiner Zeitschrift (vgl. Juli 1967) auch die Reaktionen der Bevölkerung auf die Demonstrationen dargestellt. […]

»Das Vorgehen der Polizei an dieser Stelle zwischen 19:30 Uhr und 20:00 Uhr zeigte den Charakter von Selbstjustiz-und Racheaktionen. Sowohl der Einsatzleiter als auch die beteiligten Beamten zu Fuß haben sich der schweren Körperverletzung im Amt schuldig gemacht. Notwehr und Nothilfe seitens der Geschlagenen wäre rechtmäßig gewesen. Dass jede rechtmäßige gewaltsame Behinderung der rechtswidrig auf fliehende schlagenden Beamten von diesen als Notwehrsituation ausgelegt werden und sie in Berlin zu einer Katastrophe führen können, liegt auf der Hand, dass es nicht dazu gekommen ist, lag eindeutig nicht am besonnenen Einsatz der Hamburger Polizeibeamten sollen an der größeren Angst der Demonstranten.« 
(Augenzeugenbericht, 18.06.1967, erstellt im Auftrag des AStA der Universität Hamburg, Quelle: s.o.)
- Studentenrevolte 1967: Warum der Mord an Benno Ohnesorg der Startschuss war (Bild der Wissenschaft) 
"Die Konfrontation mit der Staatsgewalt ist zu suchen und unbedingt erforderlich", hieß es ausdrücklich in Dutschkes Papier. Doch die "Rädelsführer des organisierten Ungehorsams" wollten, so schreibt zumindest Michael Frey, mit diesen starken Worten den SDS nicht in eine kriminelle Vereinigung überführen, sondern den Verband nur provozieren und wachrütteln.

Anfang 1966 kam es zur ersten spektakulären Aktion.Das in der Nacht vom 3. auf den 4. Februar heimlich aufgehängte Plakat "Amis raus aus Vietnam" entfaltete breite Öffentlichkeitswirkung. Es sorgte für heftige Empörung in der Berliner Tagespresse - und nicht nur hier: Gerade die älteren Genossen im SDS kritisierten die Nacht-und-Nebel-Aktion, denn der Verband wurde dadurch - unfreiwillig - in die Provokation hineingezogen.

Mit dieser Methode schien jedoch der Nerv der Zeit getroffen: Gerade jüngere SDSler beteiligten sich nun verstärkt an weiteren Aktionen, und innerhalb eines halben Jahres entstand um den Kern der Subversiven Aktion eine "antiautoritäre" Fraktion, die im Herbst 1966 sogar den Bundesvorstand eroberte.

Im Wintersemester 1966 / 67 organisierten die "Antiautoritären" im Dezember vor dem Café Kranzler ein "Weihnachtshappening": Sie verbrannten die Pappköpfe von Walter Ulbricht und Lyndon B. Johnson gemeinsam mit den Flaggen der USA und der UdSSR und einem geklauten Tannenbaum. Diese Aktion wurde offenbar als so provozierend empfunden, dass innerhalb von einer Viertelstunde mehrere Einsatzwagen der Polizei mit insgesamt 300 Polizisten anrückten. Sie schwangen den Gummiknüppel und nahmen 63 Personen fest.

Doch die Ordnungshüter hatten zu großes Geschütz für den letztlich kleinen Gegner aufgefahren. In kurzer Zeit solidarisierten sich viele Berliner Studenten ? auch relativ unpolitische und sogar Anhänger der CDU-nahen Studentenorganisation RCDS ? mit ihren verprügelten und verhafteten Kommilitonen.

Doch es ging so weiter. Die Behörden standen der Herausforderung ihrer Autorität hilflos gegenüber und antworteten auf Aktionen der Studenten, die nun aufeinander folgten, mit brachialer Gewalt. Damit wurde, so Frey, eine Eskalationsspirale ausgelöst. Auf eine Aktion folgten Sanktionen, zu deren Abwehr erneute Aktionen durchgeführt wurden. Heute unvorstellbare Hetzartikel in den Medien, frustrierte Polizisten und eine aufgeputschte Öffentlichkeit, die nach hartem Durchgreifen gegen die "kleine, radikale Minderheit" schrie - all dies schuf ein Klima der Intoleranz und Gewaltbereitschaft.
- Tödlicher Protest beim Schah-Besuch (60xDeutschland) 
Die Demonstranten werden nicht nur von persischen Anhängern des Schahs und Geheimdienstlern attackiert. Auch die deutsche Staatsmacht greift gemäß der aggressiven Strategie des West-Berliner Polizeipräsidenten Erich Duensing brutal durch. Dabei erschießt Polizeiobermeister Karl-Heinz Kurras in der Nähe der Deutschen Oper den Studenten Benno Ohnesorg. Der Vorfall polarisiert die Republik und gilt als Auslöser der Studentenunruhen im folgenden Jahr.
- Ein direkter Weg von der Spassguerilla zum Terrorismus?– Aktions- und Gewaltformen in der Protestbewegung (Rudolph Walter, Bundeszentrale für politische Bildung, 06.06.2008)
April 1967 waren die "Waffen" der Kommune I Rauchkerzen, Farbbeutel, Pudding und Mehl. Doch im Laufe der Zeit radikalisierten sich Teile der Bewegung – vor allem durch den Besuch des Schahs und nach der Erschießung Benno Ohnesorgs.

Viele Kritiker der Protestbewegung unterstellen ihr bis heute, von zivilem Ungehorsam und symbolischen Gewaltaktionen führe ein direkter Weg zu manifester Gewalt bis hin zum terroristischen Mord. Go-ins und verbale Provokationen sowie das 'Entlarven' von Traditionen oder das 'Umfunktionieren' von Veranstaltungen gelten demnach als Gewalt, zumindest als Frühformen davon.[1]

[…] Diese interessengeleitete Vereinfachung widerlegt ein unvoreingenommener Blick auf die Protestbewegung, die sich schon in ihrer vitalsten Phase selbst kritisierte und ironisierte, wie die beiden folgenden Zitate belegen. Wolfgang Lefèvre, prominentes Berliner SDS-Mitglied und im Beirat des SDS-Bundesvorstandes, schrieb 1966: "Jede Veranstaltung oder Demonstration muss so erfinderisch geplant sein, dass sie für Studenten im ganz gewöhnlichen Sinne spannend ist und Spaß macht."[2] Ein halbes Jahr später überbot ein Flugblatt der legendären Kommune I, die für spektakuläre Inszenierungen und provozierende Aktionen sorgte, den Spaß mit dem ironischen Ratschlag an die Kommilitonen, die Dinge denn doch nicht zu übertreiben: "Denkt immer dran, daß eure Großmutter euch beobachten könnte! Tretet euch die Schuhe ab, TRETET LIEBER LEISE."[3] Die lautesten und radikalsten Protestler raten also den moderaten zu Anstand und Vorsicht. Sie verhöhnten damit zugleich die mediale Ausschlachtung des Protests, denn durch die Dauerpräsenz des Fernsehens und anderer Medien ist die Kommune I erst zu dem geworden, was sie war. […]

Die SDS-Demonstration gegen den Vietnamkrieg kurz vor Weihnachten 1966 verwandelten die Akteure der Kommune I in ein Happening mit Sprechchören wie 'Weihnachtswünsche werden wahr, Bomben made in USA'. Am verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten inszenierten sie eine Spaziergangsdemonstration auf Berliner Bürgersteigen und verursachten damit ebenso Staus wie die Festnahme von Unbeteiligten wegen Behinderung des Fußgängerverkehrs. Die bislang unbekannten, harten Polizeieinsätze trafen viele Passanten, denn die Protestierenden versteckten ihre obligat langen Haare unter Mützen. Am Vorabend des Staatsbesuchs des amerikanischen Vizepräsidenten Hubert Horatio Humphrey im April 1967 wurden die Mitglieder der Kommune I festgenommen wegen des Verdachts, ein Attentat zu planen. Tatsächlich hatten sie nur Rauchkerzen, Farbbeutel, Pudding und Mehl besorgt und mussten schnell wieder freigelassen werden. Das Vorhaben ist als Pudding-Attentat in die Geschichte eingegangen, und die Berliner Presse ("FU-Studenten fertigen Bomben mit Sprengstoff aus Peking", so die Berliner Morgenpost) sowie die Polizei setzten sich dem Spott und der Lächerlichkeit aus. Ein Hamburger SDS-Schulungsbrief empfahl damals als "Waffen" gegen "polizeilichen Übereifer: Konfetti, Luftschlangen, Bonbongeschosse, Wasserpistolen und homerisches Gelächter".[11]
mein Kommentar:
Vorsicht! Der Staat mag es nicht, wenn man ihn nicht ernst nimmt!

- Freundschaft unter Literaten – Uwe Timm zum 40. Todestag Benno Ohnesorgs (01.06.2007)
»Ja, sehen Sie, das war das Überraschende für mich, dass er im Zusammenhang einer politischen Demonstration erschossen worden war, weil er ein wirklich unpolitischer Mensch war, so wie ich ihn kannte. Er musste sich also in der Zwischenzeit auch doch so politisiert haben, dass er zu dieser Anti-Schah-Demonstration gegangen war. Und das Interessante für mich war, dass er durch ein Buch dorthin gegangen ist, und zwar von Nirumand, "Persien. Modell eines Entwicklungslandes", also das damals viele gelesen haben, ich auch in Paris, also ein ganz wichtiges Buch, was diesen Zusammenhang zwischen der Armut der Dritten Welt mit dem Reichtum der Ersten Welt verständlich macht. Das ist unter anderem der Grund gewesen, dass er hingegangen ist und demonstriert hat.«
Mord an Benno Ohnesorg-Kulturzeit 21.02.2012 [8:08]

Hochgeladen am 21.02.2012
Während einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien wurde der Student Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 in Berlin durch Polizisten brutal zusammengeschlagen und dann wehrlos am Boden liegend, durch einen Nahschuss in den Hinterkopf eiskalt exekutiert.
Der Mörder von Benno Ohnesorg, der West-Berliner Polizist Karl-Heinz Kurras, wurde vor Gericht freigesprochen und rehabilitiert.
Wie in Deutschland üblich, wurde das Opfer, in den Medien, durch die Politik und mit Hilfe der Justiz, postum zum Täter gemacht.
Am 4. Juni kommentierte die Berliner Morgenpost den nun bekannt gewordenen tödlichen Schuss" die Polizei sei daran schuldlos, „Krawallradikale" hätten die Zusammenstöße provoziert. Der Schuss sei „nach menschlichem Ermessen in Notwehr abgegeben" worden.
Die damaligen Nachkriegseliten in Politik, Justiz und Polizei, die zum großen Teil ihr Handwerk in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gelernt hatten, waren nicht nur in der Produktion von Leichenbergen geübt, sondern auch in der Kunst, Täter und Tat im Nebel der Geschichte verschwinden zu lassen, die Teil des Lügenmarathons war, mit dem das Bewusstsein der Nachkriegsgenerationen vernebelt werden sollte. Als das nicht klappte, wurden die eigenen Kinder zum Objekt ihres Hasses und ihrer Ängste.
Man mag dem, was als Reaktion darauf lief, der Eskalation von Gewalt, der RAF usw. gegenüber stehen wie man will, ohne die gnadenlose Härte eines Teils der herrschenden Klasse und großer Teile der deutschen Bevölkerung, die jedes Mitgefühl für andere, an den Erschiessungsgräben und in der Produktion von 50 Millionen Toten verloren hatte, wäre die Geschichte vielleicht anders verlaufen.


- 1.6 Erster Polizeieinsatz in der Freien Universität (19./20.4.1967) (Wanda von Baeyer-Katte, Dieter Claessens, Hubert Feger, Friedhelm Neidhardt, Gruppenprozesse, Springer, 1982, GoogleBooks)
Über die Berichterstattung der Pressestelle des Polizeipräsidiums am 5. April und die Berichterstattung der Berliner Presse wird vom AStA der FU eine Dokumentation veröffentlicht: »Analyse einer Hysterie – über die Publizität einer verhinderten Protestaktion«. Der Senat von Berlin billigt das Verhalten der Polizei am 5. und 6.4.1967 ausdrücklich; nur durch »Ihr rechtzeitiges Eingreifen« seien »einige gegen die öffentliche Ordnung gerichtete Aktion verhindert« worden.
Auf die Aufforderung des Regierenden Bürgermeisters Albertz, sich von den Studenten zu distanzieren, die bei der Herstellung von Rauchkerzen festgenommen wurden, antwortet der AStA am 10. April, dass er »nie die Methoden dieser Gruppen anwenden noch Studenten dazu veranlassen wollte«, die geplante Aktion nicht billige, aber doch dagegen protestieren müsse, »dass die Berliner Polizei diese dazu benutzte, die Öffentlichkeit durch bewusste Irreführung gegen eine oppositionelle Minderheit aufzuwiegen«. Außerdem seien Protestaktionen umso notwendiger, »wenn der Regierende Bürgermeister im Namen der Berliner Bevölkerung, gestützt auf falsche historische Darstellung von ›kommunistischer Aggression‹ sprechend, den amerikanischen Interventionskrieg, der von anderen Schutzmächten Berlins verurteilt wird, ausdrücklich billige«.
Ein Senatssprecher kündigt zu dieser Erklärung an, sie werde noch »zu Fragen an die Studentenschaft führen«, und es würden jetzt »beschleunigt die Immatrikulationsverhältnisse der vorübergehend festgenommenen Studenten« geprüft werden. Das Ergebnis solle den Hochschulen umgehend mitgeteilt werden mit der Bitte, »die erforderlichen disziplinarischen Maßnahmen zu ergreifen«.
Innensenator Busch erklärt auf einer Pressekonferenz, dass der Senat zwar das Demonstrationsrecht nicht einschränken, »Missbräuche« jedoch nicht hinnehmen werde. Am 6.2.1967 hätten die Studenten das »Demonstrationsrecht des einzelnen Bürgers gefährdet« und »ad absurdum geführt«. Es gehe aus beschlagnahmten Protokollen hervor, dass diese Studenten sich mit »Partisanenpraktiken vertraut gemacht« hätten. Auch seien die von der politischen Polizei vorgefundenen Chemikalien dazu geeignet, »sie zu gefährlichen Sprengkörpern zu verarbeiten«. Er spricht gegenüber den Kommunen-I-Leuten die Empfehlung aus, einmal »oft der anderen Seite der Mauer« zu demonstrieren. […]
Welche Bedeutung das Werfen derartiger Dinge gegen den Wagen eines ausländischen Staatsmannes haben kann, vermittelt Direktor der FU, Lieber, in einem Aufruf an die Studenten. Es müsse den Studenten als »denkenden Menschen klar sein, dass solche Handlungen bei der psychologisch gespannten Lage zum sofortigen Gebrauch der Schusswaffe durch die Bewacher und damit wahrscheinlich zum Tode unbeteiligter (…) geführt hätten. Eine solch verantwortungslose, ja verbrecherische Haltung ist unentschuldbar; die beteiligten Studenten müssen nicht nur als Privatperson, sondern auch als Bürger der FU zur Rechenschaft gezogen werden.« […]
   Die Presse frohlockt, dass »der Stein, der im Fall der Berliner ›Rabatz-Uni‹ fällig ist«, ins Rollen zu kommen scheint, da zwischen Regierendem Bürgermeister, dem Rektor der Freien Universität und den Fraktionsvorstände eine Unterredung stattgefunden habe, die nicht nur die Lage an der FU erörtert, sondern auch »die sich daraus ergebenden Konsequenzen behandelt habe«. »Die Fraktionen nämlich sind Gesetzgeber und können dafür sorgen, dass bei der FU der Eiserne Besen angesetzt wird. Eben für Konsequenzen!«
1.7 Resümee: Bereitschaft zu aktiven Formen von Widerstand (Wanda von Baeyer-Katte, Dieter Claessens, Hubert Feger, Friedhelm Neidhardt, Gruppenprozesse)
Ein Schwerpunkt auf den sich Protest und Kritik beziehen ist das Verhalten der Polizei. Ihr Vorgehen wird häufig als »Ausschreitungen« benannt und am meisten mit der Artikulierung »brutal« versehen; differenziertere Ausführungen beziehen sich auf das »(unnötig) harte Eingreifen«, auf das Vorgehen als »unbegreiflich«, »unverantwortlich«, »ungerechtfertigt«, »unverständlich«, »unmenschlich«. Außerdem wird von »totalitären« und »polizeistaatlichen Maßnahmen« sowie von »(faschistischem) Polizeiterror« gesprochen.
Besonderer Kritik werden die Verantwortlichen der Exekutive – Regierender Bürgermeister, Senat und Polizeipräsident – und ihr im Anschluss an das Ereignis gezeigte Verhalten unterzogen. Allgemein wird hier Bezug genommen auf die »aus Anlass dieses Ereignisses sichtbar gewordene Unfähigkeit der Polizei, studentischen Demonstrationen gegenüber adäquat zu reagieren, die Schwerfälligkeit der Exekutive im allgemeinen, die unverantwortliche Eilfertigkeit, mit der die Regierung und ein großer Teil der Presse der Polizei recht gibt«. Es wird der Mut vermisst, »zu Missständen und offensichtlichen Verletzungen der Menschenrechte Stellung zu beziehen«.
Vor allem die vom Regierenden Bürgermeister zu den Vorgängen abgegebene Erklärung, mit der er seine »rückhaltlose Billigung und Bejahung des Verhaltens der Polizei« zum Ausdruck bringt, wird als »undemokratisch und entwürdigend« auch als »zynisch« empfunden, zumal sie in einer Situation erfolge, »die in höchstem Maße das Bemühen um Einsicht in das tatsächlich Vorgefallene verlangt hätte«.
Dem Regierenden Bürgermeister wird vorgeworfen, er habe »die Verschleierungstaktik der Polizei« unterstützt, da bereits vor Ermittlung der Todesursache die Schuld am Tode von Benno Ohnesorg allein den Demonstranten zugesprochen und ebenso ohne genaue Untersuchung der Vorgänge dem Toten selbst eine Verantwortlichkeit als »Rädelsführer« zugeschrieben wurde. Auch wecke das Versäumnis der sofortigen Anordnung zur Untersuchung der Vorfälle den Verdacht, als solle der Polizei Gelegenheit eingeräumt werden, die Vorfälle zu verschleiern. Zu ungleichen Schuldverteilung nimmt eine – offenbar »nichtlinke« – studentische Organisation Stellung und meint, sie Zurückhaltung der meisten Studenten werde »ganz entschieden überstrapaziert, wenn der erschreckende Vorfall vom 2. Juni wieder zum Anlaß benutzt wird, durch amtliche Erklärungen allein die Studenten zu Besonnenheit und Vernunft aufzurufen. Denn auch den Berlinern Exekutivorganen muss der Vorwurf gemacht werden, zu einer Verschärfung der Lage an der FU beigetragen zu haben«.
Außerdem ist die Unglaubwürdigkeit der »Autoritäten« wiederholt Gegenstand von Kritik: Billigung in Form und Umfang der Terrormaßnahmen seitens der Verantwortlichen, Verschleierung-und Rechtfertigungstaktik sowie Demonstrations- und Nachrichtensperre über die Krankenhäuser sprechen nur »zu deutliche Sprache«. »Mit solchen Repräsentanten werde jedes demokratische Staatswesen, besonders aber der ›freie Teil‹ der Stadt Berlin unglaubwürdig.« […]
Die Bestürzung über die Stellungnahmen des Regierenden Bürgermeisters und des Innensenators sei umso größer, als von verantwortlichen Politikern »ein besonderes Maß von Achtung vor den demokratischen Grundrechten und der Menschenwürde erwartet« werde.
Politiker, die entschuldigen und billigen, daß »Bürger in Polizeiuniorm (…) nicht anders fertig werden als mit Todesschüssen und lebensgefährlichen Knüppelschlägen«, haben den Anspruch auf »Achtung und Respekt ihrer Mitbürger verwirkt«.
Die Berichterstattung durch die Presse wird als »erschreckende Verzerrung des tatsächlich Vorgefallene« massiv angegriffen, und es wird auf die Bedeutung hingewiesen, die dem Umstand dadurch zukomme, dass es sich um keinen Einzelfall handele, sondern um ein symptomatisches Geschehen innerhalb einer beklagenswerten Kette: »die gefährlichen Auswirkungen der Berichterstattung, die auf das notwendige Mindestmaß an Wahrhaftigkeit verzichtet, sind durch den Tod des Studenten Benno Ohnesorg besonders evident geworden.«
Es wird als Tatsache gesehen, dass in Berliner Zeitungen ohne den Widerspruch des Bürgermeisters systematisch zum Gruppenhass – »unter Berufung auf eine ›gesundes Volksempfinden‹ – aufgerufen wurde und dadurch eine Stimmung latenter Brutalität geschaffen worden sei, »die sich in den verhängnisvollen Vorgängen bei dem Tod Benno Ohnesorgs offenbart« habe. Der Mehrheit der Berliner Presse wird vorgeworfen, sie habe in »fast krimineller Weise ihre journalistischen Verpflichtungen vernachlässigt«, indem sie »systematisch die Berliner Bevölkerung gegen die Studenten der FU aufgebracht« habe. Durch die Art der Informationsübermittlung habe der größte Teil der Berliner Presse einen »ganz wesentlichen Beitrag« zu der unheilvollen Entwicklung beigetragen.
Außerdem scheine es einen »bedrückenden Zusammenhang« zwischen dem Vorgehen der Polizei, den offiziellen führenden Politikern von Berlin und den Tatsachen verfälschenden Presseberichten zu geben, so dass der Eindruck entstehe, es werde versucht, »gegen die Westberliner Studentenschaft eine Front in der des informierten Bevölkerung zu bilden«.
 Über die Gefahr, die von der Wahrheit fürs Recht ausgeht: Das Puddingattentat und die Folgen (Fritz Sack, Heinz Steinert, Analysen zum Terrorismus, Protest und Reaktion, Westdeutscher Verlag, 1984, S. 123, GoogleBooks)
Das nächste Ereignis in Berlin ist ein weiteres Lehrstück für den faktischen Ablauf von Eskalationen, aber auch dafür dass sich diese Eskalationen keineswegs nur als ein »naturgeschichtlicher« Vorgang begreifen lassen. Vielmehr lassen sich die Umstände, der Verlauf, die Verarbeitung dieser Konfrontation nicht ohne Annahmen über Handlungspläne, offensichtliche Provokationen, gesuchte Interventionsvorgänge erklären.
Zu Recht wird in der späteren Geschichtsschreibung der Studentenbewegung dem Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten H. H. Humphrey am 6.4.1967 in Berlin eine herausgehobene Bedeutung und eine den weiteren Gang der Entwicklung vorzeichnende Rolle beigemessen. Die Situation trug ähnliche Züge wie die Beschlagnahme-Aktion der FTS-Kartei: es konnte ein Missverhältnis zwischen der inszenierten Aufgeregtheit, den Maßnahmen von Polizei, politischen und universitären Behörden sowie eines Teils der Presse auf der einen Seite und dem empirischen Substrat der Vorgänge, die diese Erregung zu Grunde lagen, auf der anderen Seite konstatiert werden, dass den Trägern der staatlichen Macht erneut die Erfahrung bescherte, dass eine geglaubte Gelegenheit zum massiven repressiven Vorgehen gegen die als Minorität und Drahtzieher erwähnten Träger der Studentenbewegung sich als untauglich erwies. Die ZEIT (14.4.67) gibt Ihrem diesbezüglichen Bericht den Titel: »Puddingsmörder«, und der SPIEGEL (17.5.1967) spricht in seinem »Mord«bericht von der »… Beschuldigung einer Behörde, die sich schon oft durch ihre frei gestaltende Phantasie im Umgang mit demonstrierenden Studenten hervorgetan hat.«

Pudding-Mörder (Wolfgang Ebert, ZEIT-Archiv, 14.04.1967)
Wenn ich „Bild“ Glauben schenken darf, dann ist Humphrey in Berlin mit knapper Not dem Tode entronnen. Daß die „Anschläge auf Leben und Gesundheit“ des Vizepräsidentendurch „Personen, die unter verschwörerischen Umständen zusammengekommen waren“, erfolglos blieben – immerhin hätte aus den aufgefundenen Chemiekalien,brisanter Sprengstoff‘ gemischt werden können – ist der Berliner Polizei zu verdanken, welche die Attentäter schon lange vorher unter Beobachtung hielt. Dabei hatte die Zentrale im Polizeipräsidium eine wichtige Funktion:
Zentrale an Dora 3: Feststellen, ob die Verschwörer in dem Laden auch Milchpulver gekauft haben. Wichtig!
Zentrale an Labor: Feststellen, was die Verschwörer mit Milch, Eier, Mehl und Puddingpulver machen können.
Labor an Zentrale: Pudding.
Zentrale an Waffenexperten: Ermitteln, wozu die Verschwörer den ganzen Joghurt brauchen könnten.
Gustav 4 an Zentrale: Die Verschwörer haben im Supermarkt Zucker und Zimt besorgt. Erbitten weitere Anweisungen.
Zentrale an Gustav 4: Feststellen, ob auch Grieß.
mein Kommentar:
Institutionen sind nicht intelligent. Egal, welche.

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Weil ihnen das häusliche Kommune-Leben zu einseitig war, ließen die Kommunarden aus der internen Erfahrung Aktionen werden.
Die erste Aktion sollte der später „Pudding-Attentat“ genannte Anschlag auf den US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey werden, der Berlin besuchte. Am Abend des 2. April 1967 trafen sich in der Wohnung von Johnson die Kommunarden mit rund zwanzig anderen, die sie von Demonstrationen kannten. Kunzelmann stellte seinen Plan vor, anlässlich des Staatsbesuches Rauchbomben in Richtung des Vizepräsidenten zu werfen. Von den Externen wollte sich außer Langhans niemand beteiligen: Die Gefahr, dass es zu einem Blutbad durch US-Sicherheitskräfte komme, schien zu groß.
Polizeiakten deuten darauf hin, dass der geplante Anschlag durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes offenbart wurde, denn am 5. April 1967 wurden durch Beamte der Abteilung I (Politische Polizei) elf Studenten festgenommen. Sie seien unter verschwörerischen Umständen zusammengekommen und hätten hierbei Anschläge gegen das Leben oder die Gesundheit des amerikanischen Vizepräsidenten Hubert Humphrey mittels Bomben, mit unbekannten Chemikalien gefüllten Plastikbeuteln oder mit anderen gefährlichen Tatwerkzeugen wie Steinen usw. geplant.
Bei den Festgenommenen handelte es sich u. a. um Ulrich Enzensberger, Volker Gebbert, Klaus Gilgenmann, Hans-Joachim Hameister, Wulf Krause, Dieter Kunzelmann, Rainer Langhans und Fritz Teufel.[4] Die Bild-Zeitung titelte: „Attentat auf Humphrey“ und Die Zeit: „Elf kleine Oswalds“. Sogar die New York Times berichtete über den – als gefährlich dargestellten – Plan von acht Kommunarden, ihren Vize mit Pudding, Joghurt und Mehl zu attackieren, sodass Uwe Johnson seinen Freund und Nachbarn Günter Grass beauftragte, diese Studenten aus seiner Wohnung zu entfernen. Die Kommunarden wurden schon am nächsten Tag aus der U-Haft freigelassen und gaben ihre erste Pressekonferenz. Die Zeitungen des Axel Springer Verlags nannten sie von nun an „Horror-Kommunarden“. [Kommune I, Das Pudding-AttentatWikipedia]
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Das Puddingattentat auf Humphrey [1:36]

Hochgeladen am 10.07.2009
Ausschnitt zum geplanten Pudding-Attentat auf den amerikanischen Vizepräsidenten 

- Weltgeschichte des Protests: Twitter und der Eros der Freiheit, 3. Teil: Widerstandsform Puddingattentat (Reinhard Mohr, SPIEGEL, 21.06.2009) 
Gleichwohl reimte sich im gesamten 20. Jahrhundert "Massenmedium" auf "Manipulation", und es war Jürgen Habermas, der 1962 vom "Strukturwandel der Öffentlichkeit" sprach, von einer Entpolitisierung der Gesellschaft, in welcher der kritische Bürger zum Objekt des "politischen Marketing" der Parteien und Verbände degradiert werde: Konsument statt Citoyen.

Das ließen sich die 68er nicht zweimal sagen und begannen 1966/67, alles zu "politisieren". Bis heute können sie, trotz aller sonstigen Verirrungen, für sich beanspruchen, praktisch kein denkbares Kommunikationsmittel von Protest und Widerstand ausgelassen zu haben - vom "Puddingattentat" bis zur "Spaziergangsdemo", von der "Busenaktion" bis zur offenen Straßenschlacht, vom Teach-in zum Sit-in, von theoriesatten Endlosdiskussionen bis zum Kassiber im Hochsicherheitsgefängnis.
Uschi Obermaier - Supergirl from Munich and Rolling Stones Muse [1:49]

Veröffentlicht am 25.09.2012
Tribute to Uschi, the prettiest girl ever from Munich - Münchens schönstes Madl.
Friend to Keith Richards, Mick Jagger, Jimi Hendrix and Rainer Langhans.

Jimi Hendrix with Uschi Obermaier in Berlin, 1969 January [0:35]

Veröffentlicht am 13.02.2014
Jimi Hendrix with Uschi Obermaier in Berlin, 1969 January 23, leaving Kempinski hotel.
"She still talks tenderly of her brief affair with Hendrix who took her to his room in West Berlin's Kempinksi Hotel after giving a concert in the city. "He was the most beautiful of all my men," she recalled last week. "Making love with Jimi was one of the most profound experiences for me," she added. "

Rainer Langhans im exklusiven spirii Interview [8:14]

Veröffentlicht am 18.07.2014
Rainer Langhans - der Münchner Autor und Filmemacher, hat spirii ein exklusives Interview zum Thema Liebe, Spiritualität und neue Medien gegeben. 

Rainer Langhans - Pazifismus 2.0 8/9 [1:53]

Hochgeladen am 28.05.2011
Rainer Langhans über die Bundeswehr als Weltpolizei. Gewaltbereitschaft in der 68er. Afghanistankrieg 

Karl-Theodor zu Guttenberg über Rainer Langhans [0:13]

Hochgeladen am 19.01.2011
Jetzt wissen wir was die zu Gutenbergs abends im Fernsehen schauen 

mein Kommentar: Wenn ich jetzt die Wahl hätte, müßte ich überlegen…
Ein Träumer wie Rainer Langhans ist mir hundertmal lieber als der blinde Aktionismus (s.o.) der CIA
noch eine Bemerkung: Die Sympathie in der Bevölkerung eroberte sich zu Guttenberg, als er den Krieg in Afghanistan auch wirklich »Krieg« nannte.

Die Massenmedien, überfordert mit dem Spagat zwischen politischem Protest und der Spaßguerilla, versuchten, alternative Lebensentwürfe zu skandalisieren und animierten ihre Konsumenten, eigene verdrängte Wünsche auf die Alternativen zu projizieren

Partnertausch, Gruppensex und Haschischpfeifen - Alltag einer Kommune (1971) [13:56]

Hochgeladen am 04.11.2011
Das stinkt doch zum Himmel, denken sich die Dorfbewohner und lassen Ihrem Ärger freien Lauf...


Interview: "Die Wahrheit ist eine schmutzige Menschenfalle" (Interview mit Bazon Brock, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.04.2014)
»Putin ist ein Kritiker der Wahrheit. Die Wahrheit, die er kritisiert, lautet: Wir im Westen sind die Sieger der Geschichte, und die anderen glauben noch an Gespenster. Die Überlegenheit von Putins Position besteht darin, dass er nicht politisch korrekt agiert, sondern Machtpolitik betreibt. Machtpolitik heißt: Verantwortung für die großen politischen und historischen Dimensionen zu übernehmen und das Hantieren mit Begriffen wie Völkerrecht, Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie als das zu erweisen, was es ist. Nämlich: Rationalisierung oder Ideologie oder – das wäre das Beste – Utopie. Utopien bieten die Argumente für die Kritik an der unmenschlichen Wahrheit. Sie sind ein Reservoir von prinzipiell nicht erfüllbaren Wünschen, das uns davor bewahren soll, zu glauben, dass wir uns je genügen könnten. Es gibt immer ein Mehr, immer ein Größer.« […]

Es gab ja mal eine große europäische Erzählung. Eben Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit et cetera. Aber das wurde ja von uns selbst sabotiert: Rechtsstaatlichkeit durch kollektiven Rechtsbruch, Sozialstaatlichkeit durch Globalisierung. Globalisierung heißt: Als lupenreine Demokraten dürfen und wollen wir gar nicht versuchen, weltweit unsere Standards durchzusetzen, also geben wir sie gleich auf. Wenn man das den Leuten sagt, dann sind sie immer noch erstaunt. Früher waren sie bass erstaunt, wenn man ihnen Märchen erzählte, heute sind die Tatsachen das Sensationellste. Da erzählt Frau Göring-Eckardt von den Grünen, wir müssten aber bei den Stromtrassen strikt darauf achten, dass durch sie die Landschaft nicht zerstört wird. Eine tolle Logik! Leute wie sie lieferten durch die totalitäre Etablierung der Windräder doch Gründe dafür, warum eben die Zerstörung der Landschaft nicht zerstört werden dürfe – und die ganze subventionierte Gewinnmacherei wird auch noch als Triumph des freien Marktes gefeiert. Wo ist denn da die Marktwirtschaft? Das ist doch alles gar nicht „wahr“. Und Herr Putin macht uns das jetzt alles klar. Gott sei dank gibt es wieder jemanden, der dem Westen in seiner selbstüberhöhenden Ideologie gewachsen ist!



Battlestar Galactica Final Scene - Mitochondrial Eve [2:56]
Veröffentlicht am 04.01.2014
Ending of Battlestar Galactica with Hebrew subtitles. Careful! Here be ending spoilers!
SPOILERS! Also SPOOOOOOOilerz! And spoilZERS, even! ^_^