Sonntag, 15. Mai 2016

Der ESC als politisches Stimmungsbarometer

Europa ist zerrissen, Deutschland als europäischer Hegemon der Paria Der European Song Contest ist zumindest schon seit Jahren kein Wettstreit um musikalische Qualität mehr, wenn er dies jemals gewesen sein sollte. Die Lieder waren dieses Jahr kaum unterscheidbar, wohltuend ironisch distanziert war vor allem der schwedische Beitrag, die Präsentation wird sowieso immer wichtiger, es geht um eine Art Gesamtkunstwerk, naja, um ein möglichst pompöses Spektakel. Gefeiert wurde der ESC im Vorfeld mal wieder als eine Europa vereinende Veranstaltung, die mittlerweile auch über Europa hinausgeht und Israel, Aserbeidschan oder Australien einbegreift. Ausgezeichnet wurde der ESC, parallel zur Verleihung des Karlspreises an Papst Franziskus, im Vorfeld mit der Karlsmedaille für europäische Medien, um damit "die Verdienste des Eurovision Song Contests als transnationale beziehungsweise europaübergreifende Veranstaltung" zu würdigen. Was aber sind die Verdienste? Die Preisverleiher sagen, der ESC habe sich "in besonderer Weise um den Prozess der europäischen Einigung und um die Herausbildung einer europäischen Identität" verdient gemacht, diese also gefördert. Nun kann man schon sagen, dass der ESC ein europäisches Publikum vor dem Bildschirm versammelt, das sich damit wieder einmal jenseits der Politik gewahr wird, wie vielgestaltig Europa ist. Vereint ist man in der Art der Präsentation, nicht unbedingt bei der Musik, da gibt es oft deutliche Unterschiede gerade zwischen Ost und West, und auch nicht bei der Selbstdarstellung der Künstler. Auch hier haben der Osten und der Westen unterschiedliche Stile. Wie schon letztes Jahr ist auch, ist vor allem die Haltung gegenüber Deutschland und in Bezug auf Russland auffällig. Deutschland hat sich wirtschaftlich und politisch als Machtzentrum innerhalb Europas positioniert, aber es wird deutlich, dass die Menschen in Ost- und Westeuropa und auch die Jurys aus diesen Ländern wohl eben dies abstrafen. Musikalisch oder in der Präsentation ist es nicht wirklich begründbar, dass die deutsche Kandidatin dieses Mal zwar ein paar Punkte mehr als letztes Jahr erhalten hat, aber wieder auf dem letzten Platz gelandet ist. Letztlich wurde sie von allen anderen Ländern geschnitten. Da muss niemand beleidigt reagieren, vielmehr sollten die deutsche Politik, aber auch die deutsche Wirtschaft und die Medien aufhorchen, dass hier irgendetwas in der europäischen Grundstimmung nicht mehr stimmig ist, dass Deutschland innerhalb Europas zum Paria wird, eben zu einem halben Hegemon, dessen Macht zähneknirschend erduldet wird, aber den man nicht mag und möglichst boykottiert.
mehr:
- Der ESC als politisches Stimmungsbarometer (Florian Rötzer, Telepolis, 15.05.2016)
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Im Laufe der Zeit haben sich immer wieder einzelne Länder gegen die Teilnahme am Eurovision Song Contest entschieden, teils aus Protest, teils aus Desinteresse oder wegen kurzfristiger Probleme. 1969 blieb Österreich dem Wettbewerb in Madrid aus Protest gegen die in Spanien herrschende Franco-Diktatur fern. Ein Jahr später nahmen Finnland, Norwegen, Portugal, Schweden und Österreich nicht teil, da sie mit den Gegebenheiten und Abstimmungsmechanismen der letztjährigen Veranstaltung, bei der es vier Sieger gab, unzufrieden waren. Mit Tunesien (1977) und dem Libanon (2005) standen zwei weitere arabische Länder jeweils kurz vor der Teilnahme, zogen diese jedoch wieder zurück. In beiden Fällen war die gleichzeitige Teilnahme Israels ein Grund für die Absage.[6][7] Das insgesamt fünfmal siegreiche Luxemburg nimmt seit 1994 aus mangelndem Interesse nicht mehr am Wettbewerb teil. Serbien und Montenegro zog seinen Beitrag für den Eurovision Song Contest 2006 kurzfristig zurück, da es Indizien für Abstimmungsunregelmäßigkeiten beim nationalen Vorentscheid gegeben hatte. Beim ESC 2009 in Moskau zog Georgien die Teilnahme kurzfristig zurück, nachdem der Teilnehmertitel We Don’t Wanna Put In als Kritik an Russlands Ministerpräsidenten Putin beanstandet wurde. Armenien meldete sich für den Eurovision Song Contest 2012 im verfeindeten Nachbarland Aserbaidschan an, zog aber nach der Anmeldefrist die Teilnahme aufgrund fehlender Sicherheit für etwaige Teilnehmer wieder zurück.[8]
Einige Länder nehmen derzeit nicht mehr am Wettbewerb teil:
  • Andorra nahm von 2004 bis 2009 teil und zog sich danach zurück.
  • Luxemburg siegte insgesamt fünfmal, zuletzt 1983. Seit 1994 nimmt man mangels Interesse nicht mehr teil.
  • Marokko nahm einmalig 1980 teil.
  • Monaco siegte 1971, verzichtete schon von 1980 bis 2003 auf Teilnahme, kam dann für drei Jahre zurück und nimmt seit 2007 nicht mehr teil. Als Grund werden Mängel des Wertungssystems und mangelnde Siegchancen angegeben.
  • Portugal nahm bereits 2013 aus finanziellen Gründen nicht teil und gab diesen Umstand neben der Erfolglosigkeit der portugiesischen Beiträge als Grund für den Rückzug 2016 an. Man wolle 2017 mit einem optimierten Auswahlverfahren erfolgreich zurückkehren.
  • Rumänien wurde am 22. April 2016 drei Wochen vor dem Wettbewerb von der EBU aus finanziellen Gründen disqualifiziert. Der Staatssender hatte Schulden in Höhe von 14,8 Millionen Euro nicht fristgerecht gezahlt.
  • Die Slowakei nimmt seit 2013 aus finanziellen Gründen nicht mehr teil.
  • Die Türkei nimmt seit 2012 nicht am Wettbewerb teil, da das Land mit dem Status der „Big Five“ und der gleichwertigen Gewichtung der Jury und des Televotings bei der Punktewertung nicht mehr einverstanden ist.[9] Die Sendung wird seitdem auch nicht mehr im Fernsehen übertragen. Nach dem Sieg von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest 2014 in Kopenhagen hat sich die ablehnende Haltung verstärkt. Die Auftritte mit sexuellen Anspielungen und in leichter Bekleidung sowie die Triumphe von homosexuellen Künstlern seien den Zuschauern in der Türkei nicht zuzumuten.[10] [Eurovision Song Contest, Rückzüge vom ESC, Wikipedia]

Der Eurovision Song Contest ist in der LGBT-Szene sehr beliebt; schwule Männer waren seit spätestens seit den 1980er Jahren maßgeblich am Aufbau der Fangemeinde des Musikwettbewerbs und dem dazugehörigen Verein l’Organisation Generale des Amateurs de l’Eurovision (OGAE) beteiligt. Dabei stand und steht neben der europäischen Vielfält an Sprachen und Musiktraditionen eine queere Aneignung des Wettbewerbs im Vordergrund. Die Kitschästhetik des Wettbewerbs wird dabei als absichtlich übertriebene und künstliche Ästhetik des Camp interpretiert und in dieser Aneignung als Basis einer queeren, subversiven Identität gefeiert.[38][39][40]
Seit den späten 1990er Jahren wird der queere Subtext der Veranstaltung verstärkt sichtbar: Nachdem mit dem Isländer Páll Óskar 1997 erstmals ein offen schwuler Künstler aufgetreten war, gewann 1998 die transsexuelle israelische Sängerin Dana International den Wettbewerb.[38] Die Kulturwissenschaftlerin Jessica Carniel stellt fest, die moderne Eurovision-Tradition biete dem queeren Publikum eine wichtige Gelegenheit, ein Zugehörigkeitsgefühl zu Europa zu erleben.[41] [Eurovision Song Contest, Rezeption als queere Veranstaltung, Wikipedia] 
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Verklärte Welt S1E07: ESC (Eurovision Song Contest) [2:33]

Veröffentlicht am 15.02.2013
Beim Eurovision Song Contest machen Musiker aus Europa ihre Heimatländer lächerlich. Die bayerische Bier-Band LaBrassBanda darf in diesem Jahr aber leider nicht mitmachen.

ESC - Die "unpolitische" Show der Eurovision [7:53]

Veröffentlicht am 16.02.2012
Help us caption and translate this video on Amara.org: http://www.amara.org/en/v/B61d/

"Unser Star für Baku" - die Casting-Show für den Eurovision Song Contest. Seit Wochen wird im Ersten und auf ProSieben gefiebert, doch Euphorie beim Zuschauer sieht anders aus. Zum einen scheinen sie der Casting-Shows mittlerweile überdrüssig, zum anderen ist das Austragungsland Aserbeidschan keine lupenreine Demokratie. Ein Problem für eine Glamour-Gala, die sich traditionell völlig unpolitisch gibt. Für den Veranstalter in Sachen Haltung schon jetzt "Zero Points", meint ZAPP.

Klaas Heufer-Umlauf entdeckt den ESC 2016 [24:06]

Veröffentlicht am 13.05.2016
Für welchen Kandidaten ruft der Pro-Sieben-Moderator und Sänger an? Wie funktioniert dieser komische Wettbewerb? Wo bleibt das Pathos? Und wann genau nimmt er selbst endlich mal teil? Der große ESC-Hör- und Sehtest mit Klaas Heufer-Umlauf. 

(Quelle der Teilnehmervideos: eurovision.tv)

Conchita Wurst gewinnt ESC mit "Rise Like A Phoenix" [4:32]

Veröffentlicht am 11.05.2014
Wir sind stolz auf Conchita, sie hat toll gesungen und ihr Sieh zeigt, wie Tolerant die Menschen sein können. :) Wen wir nächstes Jahr für Deutschland an den Start schicken würden, seht ihr hier! :)
www.facebook.com/gossipgold

Heino & Hannelore über Lena, die beim ESC nicht auf Deutsch singt@NDR Talk Show (2010-11-05) [1:47]

Veröffentlicht am 04.07.2011
Hubertus Meyer-Burckhardt und Barbara Schöneberger geben Heino und Hannelore auf überaus wenig subtile Weise Kontra.

Schöneberger: Sie werden im Publikum applaudieren.
Meyer-Burckhardt: Ja, auf Deutsch!

Auch der Tonfall von Schönebergers eingestreuten Bestätigungen als Hannelore schwafelt : Unbezahlbar!

Bojana Stamenov - Beauty Never Lies (Serbia) 2015 Eurovision Semi-Final 1 LIVE [3:54]

Veröffentlicht am 19.05.2015
Bojana Stamenov - Beauty Never Lies (Serbia)
2015 Eurovision Semi-Final 1 LIVE

siehe dazu auch:
- Zukunft der Flugreise für die Holzklasse (Florian Rötzer, Telepolis, 15.05.2016)

Donatan & Cleo - My Słowianie - We Are Slavic (Poland) 2014 LIVE Eurovision Grand Final [3:14]

Veröffentlicht am 10.05.2014
Poland: Donatan & Cleo - My Słowianie - We Are Slavic live at the Eurovision Song Contest 2014 Grand Final

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