Montag, 13. Juni 2016

Französisches Nazi-Opfer lehnt wegen Arbeitsmarktreform Auszeichnung ab

Die Regierung überlegt, Streikende zur Aufnahme der Arbeit zu zwingen 

In Frankreich hat die Europameisterschaft begonnen und die Mannschaft hat es im Auftaktspiel gerade noch geschafft, in der vorletzten Minute mit 2:1 knapp Rumänien zu bezwingen. Dieser Sieg kann kaum für gute Stimmung in einem Frankreich sorgen, das sich fast im permanenten Ausnahmezustand befindet. Das verhindern angesichts der Gefahr neuer islamistischer Terroranschläge nicht nur die vielen schwer bewaffneten Polizisten und Soldaten in den Städten – vor allem in Paris, sondern auch große stinkende Müllhaufen. Auch die Müllabfuhr wird wegen der Arbeitsmarktreform bestreikt, die die Regierung ohne Mehrheit im Parlament per Dekret verordnet hat.

Es war zu erwarten, dass die unnachgiebige Haltung einer abgehalfterten Regierung letztlich zu einem Machtkampf während der Europameisterschaft eskalieren würde. Im Nachbarland werden angesichts der Streiks bei der Müllabfuhr, bei der Bahn, in den Raffinerien, denen sich nun auch noch die Piloten angeschlossen haben, immer autokratischere Überlegungen von der Regierung angestellt, die "sozialistisch" sein will. Sie spricht offen davon, Streikende auch per Dekret zur Arbeit zu verpflichten.

Der Staatssekretär für Verkehr und maritime Wirtschaft droht bereits offen an, Streikende zur Arbeit zu zwingen. "Wenn wir entsprechende Anweisungen geben müssen, werden wir das tun", sagte er. Blockaden von Bahngleisen würden "strafrechtliche und disziplinarische" Konsequenzen haben. Möglich ist eine Zwangsverpflichtung in "Notfällen" und im Verteidigungsfall, um "die Landesverteidigung" zu garantieren. 2011 hatte Nicolas Sarkozy auf diese Option angesichts eines Streiks von Sicherheitsbediensteten an Flughäfen zurückgegriffen. Streikende wurden zur Arbeit gezwungen oder durch Beamte der Polizei oder Gendarmerie ersetzt, um den Streik auszuhebeln.
mehr:

- Französisches Nazi-Opfer lehnt wegen Arbeitsmarktreform Auszeichnung ab (Ralf Streck, Telepolis, 11.06.2016)

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