Sonntag, 10. Juli 2016

Nato: Der Westen spielt Putins Spiel

Russlands militärische Provokationen rufen bei Nato, USA und EU Über- und Fehlreaktionen hervor. Statt militärischer Konfrontation sollte der Westen andere Hebel nutzen.

Der Warschauer Nato-Gipfel illustriert es noch einmal: Mit seinem Säbelrasseln hat der Kreml während der letzten Monate erfolgreich große Teile der westlichen Eliten unter seine sogenannte reflexive Kontrolle gebracht – eine sowjetische Propagandastrategie, die darauf zielt, im Voraus kalkulierte Reaktionen aufseiten des Gegners auszulösen.

Russland bestärkt Politiker, Journalisten, Militärs, Intellektuelle und Diplomaten rund um die Welt in dem Glauben, es stelle eine ernsthafte militärische Bedrohung dar und sei, falls nötig, zu einer militärischen Auseinandersetzung mit der Nato, ja möglicherweise zum Dritten Weltkrieg bereit. In der Folge sind die Führungsspitzen von Politik und Militär in Europa und Nordamerika nun damit beschäftigt, dieser vermeintlichen neuen Existenzbedrohung für die Nato-Mitgliedsstaaten zu begegnen. Ebenfalls gewollter Effekt ist, dass die EU, die US- und die Bundesregierung unzureichend aufmerksam bezüglich der real existierenden neuen Herausforderungen im postsowjetischen Raum entlang der östlichen Nato-Grenzen sind.

Die Nato und ihre Mitgliedsstaaten antworten rhetorisch, militärisch und politisch mit Über- und Fehlreaktionen auf Russlands Aggressivität und erkennen nicht, dass sie mit ihren öffentlichen Gegenaktionen Putins Spiel spielen. Westliche Politiker und Militärs senden wöchentlich mündliche oder schriftliche Botschaften nach Moskau, in denen sie auf die gezielten militärischen Provokationen Russlands entlang seiner Westgrenzen und auf seine subversiven Aktivitäten auf EU-Territorium verweisen. Nato-Truppen und -Technik bewegen sich ostwärts. West- und osteuropäische Verteidigungsbudgets wachsen. Eine mögliche neue Erweiterung, also die Einbeziehung von Finnland und Schweden, wird erwogen.

mehr:
- Nato: Der Westen spielt Putins Spiel (Andreas Umland, ZON, 09.07.2016)

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