Dienstag, 26. Januar 2016

Auch Willkommenskampagnen sind Kampagnen

Der Eindruck ist weitverbreitet, Medien und Politik betrieben in der Flüchtlingskrise eine gemeinsame Kampagne. Armin Laschet (CDU) gab diesem Argwohn neue Nahrung. Die Wirkung ist verheerend. Aus der doppelten Krise könnte ein Staatsversagen werden

IM Abwärtstrend, der zum Sturz zu werden droht, passt derzeit kein Blatt zwischen Medien und Politik. Beiden wird derart rapide von den Bürgern das Vertrauen entzogen, dass Medienkrise und Politikkrise sich zum Staatsversagen ausweiten könnten. Merkels unglückselige Flüchtlingspolitik schwebt als Damoklesschwert über beiden – und dass es noch schwebt, ist die beste verfügbare Nachricht. Immer mehr verfestigt sich bei vielen Mediennutzern der Eindruck, hier stillten zwei gleichermaßen von der Realität abgekoppelte Kasten ihr Machtverlangen auf dem Rücken der Bevölkerung.

Der Staat gibt vor - der Staatsfunk vollzieht
Zu diesem verheerenden Eindruck tragen beide Akteure gleichermaßen bei. Das hat sich nun durch zwei maximal bedenkliche Aussagen gezeigt, von denen seltsamerweise nur eine skandalisiert worden ist. Nämlich jene einer WDR-Mitarbeiterin, die im niederländischen Rundfunk erklärte, die Journalisten im eigenen Haus seien „natürlich schon angewiesen, das ein bisschen pro-Regierung zu tun“ - und „das“ meint die Berichterstattung zur Flüchtlingskrise, die in öffentlich-rechtlichen Anstalten „nun einmal in einer eher positiven Weise“ zu betrachten sei. Auf einen bösen Nenner gebracht: Der Staatsfunk vollziehe nach, was der Staat vorgebe. Der Versuch eines Zurückruderns zwei Tage später, gewiss nach sorgsamer Einnordung durch den Arbeitgeber, machte die Sache nur schlimmer. Der Anklagepunkt „Lügenpresse“ hat seitdem eine neue Kronzeugin.

Vielleicht noch bedenklicher war die Aussage Armin Laschets am selben Tag, dem 16. Januar. Merkels allertreuester Paladin, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen CDU, sagte bei deren Neujahrsempfang in Düsseldorf laut Agenturmeldung: Die Medien hätten im vergangenen Sommer eine „breite Willkommenskampagne für Flüchtlinge“ gestartet. Lobend erwähnte Laschet diesen Umstand, und um zu verdeutlichen, dass nicht allein und vielleicht nicht einmal ursächlich Angela Merkel „diesem Rausch“ – auch das sagte Laschet wörtlich – anheimgefallen sei.

mehr:
- Auch Willkommenskampagnen sind Kampagnen (Alexander Kissler, Cicero, 21.01.2016)

East Germany propaganda- East Berlin 1950 [14:59]

Hochgeladen am 23.06.2011
meeting of the FDJ the youth movement of the Socialist Unity Party of Germany (SED)

siehe auch:
- Endlich wird über die Medienberichterstattung geredet – Aber wie? (Post, 21.01.2016)
-  Die Glaubwürdigkeit der Medien: “Wir sind natürlich angewiesen, pro Regierung zu berichten.” (Post, 19.01.2016)
Deutschlands Hypnotherapeutin Nr. 1 und das Herstellen von Alternativlosigkeit (Post, 18.01.2016)
- Wie gehen wir mit gemachter Realität um? (Post, 15.06.2014)
- Wir geben ihnen Macht 1 (Post, 14.03.2013)
- Realität ist, was wir glauben wollen (Post, 29.08.2013)

Das Europa-Album eines unbekannten Meisters

London, Wien, Bayreuth - aus dem Jahr 1904 gibt es kaum hochwertige Reisebilder. Der Amerikaner William Nelson entdeckte das außergewöhnliche Album einer Europatour und fahndet nach dem Fotografen. Eine Spur führt nach Deutschland.
Drei Tage waren für die Haushaltsauflösung angesetzt, zwei bereits verstrichen, da erst entdeckten William Nelson und seine Frau das stattliche Gebäude an einer Straßenecke im historischen Teil von Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota. Als Gelegenheitsbesucher solcher Ausverkäufe kamen die beiden diesmal spät, die Restobjekte hatte man bereits in die Garage geräumt.

Nelson interessiert sich sehr für Kunst und Geschichte des 19. Jahrhunderts. Ein eher unscheinbares Fotoalbum fiel ihm ins Auge, er fand darin nur Negative, zu mehreren in die transparenten Hüllen gestopft. Eines zog er heraus: Es zeigte eine Windmühle, aufgenommen wohl in den Niederlanden. Den übrigen Inhalt zu bewerten, schien schwierig. Der Preis war niedrig, seine Neugier groß - Nelson nahm das Album mit.

Gut 25 Jahre später treibt dieses Album William Nelson noch immer um. Er sucht den Menschen, der die Aufnahmen gemacht hat. Der heute 67-Jährige, der selbst einmal Fotografie studierte, erforschte die Details der Bilder und die ihrer Entstehung, lokalisierte die Aufnahmeorte und konnte sogar einige der abgebildeten Personen identifizieren. Er hat auch die früheren Eigentümer des Hauses ermittelt - in der Hoffnung, so den ursprünglichen Albumbesitzer zu finden. Und er hat, sobald das Internet die Chance dazu bot, die Bilder verbreitet, auf dass sie jemand erkennen möge.

mehr:
- Rätselhafter Fotofund: Das Europa-Album eines unbekannten Meisters (Solveig Grothe, SPON, 25.01.2016)

siehe auch:
- Sightseeing 1904: Europareise durch eine verschwundene Welt (SPON, 25.01.2016)