Montag, 7. März 2016

Heute vor 739 Jahren – 7. März 1277: Pariser Bischof verbrennt Thesen der Rationalisten

Die Pariser Thesenverbrennung 

Am 7. März 1277 glaubte Etienne Tempier, der Pariser Bischof (1268-79), einen Schlussstrich unter die jahrelangen Auseinandersetzungen an der Pariser Universität zu ziehen, indem er 219 philosophische Thesen verurteilte und verbrennen ließ. 
Der Kirchenlehrer Thomas von Aquin zwischen Aristoteles und Platon;
er triumphiert über den am Boden liegenden arabischen Philosophen Averroes,
Gemälde von Berizzo die Lese, um 1440
Seit Längerem versuchten die Pariser Philosophieprofessoren sich von der Bevormundung durch die Theologie zu befreien, indem sie die rationalistischen Thesen des arabischen Philosophen Averroes (1126-1198) in der Nachfolge des Aristoteles verteidigten (»Lateinischer Averroismus«). Zu den verurteilten Hauptpunkten zählten die Lehren, dass nur ein Intellekt in allen Menschen sei (an dem diese teilhaben), dass die Seele möglicherweise wie der Leib vergänglich sei, die Welt aber ewig bestehen könnte und dass man die Willensfreiheit des Menschen mit Gründen bezweifeln könne. Die Philosophen wandten sich nicht gegen den Glauben, betonten aber eine Trennung von Glaubenswahrheiten und solchen der wissenschaftlichen Forschung. 

Der Streit markiert eine wesentliche Station auf dem Weg der Emanzipation des aristotelisch-naturwissenschaftlichen Weltbildes vom christlichen Platonismus der Theologie. Verurteilt wurden auch einige Thesen des bedeutenden Denkers Thomas von Aquin (1225 ois 1274), was später korrigiert wurde. 

Harenberg - Abenteuer Geschichte 2016