Mittwoch, 14. Dezember 2016

Panik um den drohenden Verlust der Deutungshoheit

Die Union scheint sich nach dem Vorbild der amerikanischen Demokraten schon auf eine Erklärung zu einer möglichen Wahlniederlage vorzubereiten
Mittlerweile haben auch deutsche Politiker das derzeit beherrschende Thema in den USA aufgegriffen. Man merkt, das schafft Aufmerksamkeit, wenn in den USA angeblich Russland die Wahlen zugunsten von Donald Trump beeinflusst haben soll, oder wenn unerwünschte Minderheiten, Medien oder Parteien Fake News verbreiten, wie derzeit das Mainstream-Pendant zur Lügenpresse bezeichnet wird (Russische Einmischung in US-Wahl: Lächerlich, False-Flag-Aktion, bewiesen …)

In den USA versuchen Initiativen, Websites, die gezielt Propaganda für eine Seite machen wie Breitbart News für Donald Trump, der dessen Betreiber zum Dank dafür als Chefstrategen in sein Team holte, die finanzielle Grundlage zu entziehen (auf der anderen Seite gibt es Bemühungen, mit russischen Medien angeblich zusammenhängende linke Medien auf eine Schwarze Liste zu setzen).

Mit dem Internet und der Möglichkeit, Werbung weltweit über Ad-Server zu verteilen, wissen Werbeagenturen und Unternehmen in der Regel nicht, wo diese Banner überall auftauchen, wahrscheinlich interessiert es viele auch gar nicht - Google und Co. sowieso nicht. Wer viele PageViews erzielen kann, wobei Qualität keine Rolle spielt, kann damit auch etwas einfahren und sich finanzieren. Die Initiative versucht, Agenturen und Unternehmen darauf hinzuweisen, ob sie wollen, dass ihre Werbung bei Breitbartnews.com auftaucht, was diese mitunter veranlasst hat, vielleicht erstmals einen Blick auf die Verteilung zu werfen und zu verhindern, dass Banner für bestimmte Websites weiter ausgeliefert werden.

In Deutschland hat Gerald Hensel das Prinzip in einer privaten Initiative aufgegriffen. Geholfen hat dabei sicher, dass Hensel bei der Werbeagentur Scholz & Friends arbeitet, dass sein Aufruf, nicht mehr auf rechten Websites wie Achgut.com, Tichys Einblick, PI-News oder Junge Freiheit Werbung ausliefern zu lassen, offenbar erfolgreich war. Letzte Woche trockneten die Werbeschaltungen zumindest vorübergehend aus, wodurch auch eine Finanzierungsebene wegbrach und die Betreiber von Broder und Co. veranlasste, mit schweren Geschoßen zu schießen und prophezeiten, dass mit dem Stopp der Werbung auf ihren Seiten, irgendwie verursacht von den Linken, das Ende der Demokratie nahe ist (Die Achse des Guten im Kampf gegen das linke Böse).

mehr:
- Panik in um ihren Einfluss fürchtende Politik und Medien (Florian Rötzer, Telepolis, 13.12.2016)

KenFM im Gespräch mit: Ulrich Teusch ("Lückenpresse") [1:46:47]

KenFM
Veröffentlicht am 29.11.2016
"Es gibt n u r ein perspektivisches Sehen, n u r ein perspektivisches ‚Erkennen‘; und je mehr Affekte wir über eine Sache zu Worte kommen lassen, je mehr Augen, verschiedene Augen wir uns für dieselbe Sache einzusetzen wissen, um so vollständiger wird unser ‚Begriff‘ dieser Sache, unsere ‚Objektivität‘ sein." Diese Erkenntnis von Friedrich Nietzsche und ist von zentraler Bedeutung, vor allem, wenn man sich entschließt, den Beruf des Journalisten auszuüben. Bis heute lernen Journalisten während des Studiums und später in den Redaktionen, sie mögen bitte objektiv sein. Doch diese geforderte Objektivität existiert gar nicht. Niemand ist neutral. Wir alle haben Standpunkte, Meinungen und sind individuell sozialisiert. Kein Mensch kann daher ein objektives, ein all umfassendes Bild von einer Person oder einem Geschehen produzieren, denn schon der Auswahl einer Story geht eine höchst subjektive Entscheidung voraus. Der Teil der Realität, der es in die Zeitung, die Talkshow, die Nachrichten geschafft hat, ist immer nur ein winziger Ausschnitt der unüberschaubaren Gegenwart. Massenmedien beschreiben daher nicht die Realität, sie erzeugen ein Paralleluniversum, das für den Durchschnittskonsumenten zur Gegenwart wird. Dieser Eindruck fußt dann aber auf einer Selbsttäuschung. Presse ist nur perspektivisch vermittelbar. Nur durch die Konzentration, das Erzeugen von Lücken, ist Information vermittelbar. Wer einen bestimmten Standpunkt vermitteln will, muss den größten Teil aller anderen Standpunkte konsequent ausblenden, um nicht zu verwirren. Der Begriff "Lügenpresse", der in großen Abständen immer wieder auf der Straße Hochkonjunktur erfährt und das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Mainstreampresse zum Ausdruck bringen soll, beruht daher auf einer Fehleinschätzung der Presse an sich. Presse lügt immer, wenn man sie daran misst, ob sie die absolute Wahrheit publiziert. Das kann sie gar nicht. Eine Lüge beginnt aber schon dann, wenn man bewusst Teile der Wahrheit weglässt, obschon man weiß, dass dieses Weglassen zu einer groben Verzerrung dessen führen würde, was man tatsächlich weiß. Presse ist immer Lückenpresse. Sie informiert nur zum Teil und das meiste von dem, was da draußen geschieht, steht eben nicht in der Zeitung, schafft es eben nicht über die Presse in unser Bewusstsein. Trotz oder gerade wegen dieser berufsbedingten Lücken bei der Berichterstattung, sollten Pressevertreter aufrichtig sein. Sie sollten stets einräumen, immer nur einen perspektivischen Ausschnitt der Realität veröffentlichen zu können. Der Absolutheitsanspruch, mit dem große Pressehäuser jahrzehntelang ihren Job gemacht haben, ist absurd und wird durch das Internet entzaubert. Das hat ernsthafte Folgen für die Machtstruktur der Eliten, die ihre Stabilität vor allem aus der Kontrolle der Medien bezogen haben. Massenmedien sind Kontrollinstrumente gegenüber dem Volk und werden durch entsprechende Gate-Keeper gesteuert. Dass dieses Netzwerk der Alpha-Journalisten es nicht mehr schafft, die Bevölkerung kollektiv an der Nase herumzuführen, indem relevante Informationen konsequent unterdrückt werden, zeigt der für die Eliten überraschende Wahlsieg eines vollkommenen Außenseiters wie Donald Trump. Trump konnte in den Lücken gedeihen, die von der Mainstreampresse erst erzeugt wurden. Das Netz ist zur ernsthaften Konkurrenz der kontrollierten Presse geworden. Das Meinungskartell verliert an Boden. Die Lücken der Presse werden zur Chance für die Demokratie, wenn hier ein neuer Netzjournalismus das Vertrauen der Bürger gewinnt. KenFM traf sich mit Prof. Dr. Ulrich Teusch, um mit ihm über dessen aktuelles Buch "Lückenpresse" zu sprechen. Es handelt sich um eine detaillierte Analyse der Medienkrise. Teusch prophezeit das Ende der Presse, wie wir sie bisher kannten. Der Wahlsieg Trumps gibt seinen Thesen recht. Eine detaillierte Inhaltsübersicht zum Interview findest Du auf unserer Homepage. https://kenfm.de/ulrich-teusch-luecke... +++ Dir gefällt unser Programm? Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten hier: https://www.kenfm.de/kenfm-unterstuet... https://www.kenfm.de https://www.facebook.com/KenFM.de https://www.vk.com/kenfm https://www.twitter.com/TeamKenFM https://www.youtube.com/wwwKenFMde


siehe zu den hohen medialen U-Boot-Wellen:
- Ein neues U-Boot und mangelnde Medien-Selbstreflexion (Post, 10.07.2016)

aktualisiert am 30.12.2016

Adventsrätsel, das vierzehnte von vierundzwanzig

Mit »M« es uns die Stimmung senkt,
mit »Z« es an der Grenze hängt.