Montag, 23. Oktober 2017

„Radikale Umverteilung stärkt die Nachfrage“

Interview Silke van Dyk forscht zur Postwachstumsökonomie und hält Verzicht für keine Systemalternative

Studierende und Besserverdienende mögen die Zeit haben, sich in Repair-Cafés und solidarischen Gartenprojekten für eine Welt ohne Wachstumszwang und Umweltzerstörung zu engagieren. Wie aber soll das eine alleinerziehende Kassiererin schaffen?

Ist die Postwachstumsbewegung nicht nur ein elitäres Projekt? Ist sie blind für die soziale Frage? Und was hat der Rechtspopulismus mit dem Wachstumszwang zu tun? Solchen Fragen gehen die Soziologin Silke van Dyk und ihr Kollegium am Forschungskolleg Postwachstumsgesellschaften der Universität Jena nach, das als führende Denkfabrik der Wachstumskritik gilt.

mehr:
- „Radikale Umverteilung stärkt die Nachfrage“ (Jonas Weyrosta, der Freitag 39/2017)

Die soziale Frage in der (Post-)Wachstumsökonomie {1:09:03}

Veröffentlicht am 20.11.2015
BoellSachsen
Vortrag von Prof. Dr. Silke van Dyk am 11.11.2015

Ungleichheit: Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt dauerhaft in Armut

Nur für das Notwendigste ist Geld da: 20 Prozent aller Kinder in Deutschland leben laut einer neuen Studie länger als fünf Jahre in Armut.

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland lebt laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung länger als fünf Jahre in armen Verhältnissen. Für zusätzlich zehn Prozent der Kinder ist Armut zumindest ein zwischenzeitliches Phänomen. "Kinderarmut ist in Deutschland ein Dauerzustand. Wer einmal arm ist, bleibt lange arm. Zu wenige Familien können sich aus Armut befreien", sagt Stiftungsvorstand Jörg Dräger.

Als armutsgefährdet gelten Kinder, die in einem Haushalt leben, der über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens verfügen kann oder vom Staat eine Grundsicherung erhält. Für die Studie haben die Forscher erstmals untersucht, wie undurchlässig die sozialen Milieus für Kinder sind. Die Forscher werteten Daten für 3.180 Kinder über einen Zeitraum von fünf Jahren aus und konnten so nachvollziehen, wie sich die Einkommenssituation in deren Haushalten in dieser Zeit änderte.

"Die zukünftige Sozialpolitik muss die Vererbung von Armut durchbrechen. Kinder können sich nicht selbst aus der Armut befreien. Sie haben deshalb ein Anrecht auf Existenzsicherung, die ihnen faire Chancen und gutes Aufwachsen ermöglicht", sagt Dräger. Daher solle die Politik Kinder nicht wie kleine Erwachsene behandeln, sondern die bisherigen familienpolitischen Leistungen neu bündeln und unbürokratisch helfen.

mehr:
- Ungleichheit: Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt dauerhaft in Armut (ZON, 23.10.2017)

Political correctness – Elitenversagen – Fake News – Rechtsruck – Autonomiebestrebungen

Noch ging es bei den Volksbefragungen in der Lombardei und Venetien um nicht viel. Dennoch zeigt sich in den Ergebnissen ein tiefes Misstrauen gegen den Süden Italiens.

Nein, weder in Mailand noch in Venedig wird die von der Regierung in Rom kommandierte Polizei anrücken, um nach dem Autonomiereferendum der beiden Regionen Lombardei und Venetien die Macht des Zentralstaats zu bekräftigen. Das Ergebnis – Ja zur Autonomie – ist eindeutig, die Beteiligung des Wahlvolks war überraschend hoch, doch niemanden versetzt das in Aufregung.

Italien ist eben nicht Spanien, Venetien und die Lombardei sind nicht Katalonien. Weder reisten Kamerateams aus der ganzen Welt an, um die Stimmungen der Bevölkerung und die (schier nicht existierende) Krise zwischen Nationalstaat und Regionalregierungen einzufangen, noch sind die Parlamente in Rom oder den Regionshauptstädten zu Sondersitzungen einberufen.

Warum auch? Nicht um Volksabstimmungen, sondern um Volksbefragungen handelte es sich bei den beiden Referenden, und sie waren vom Verfassungsgericht in Rom genehmigt. Ganz höflich baten die beiden Regierungen ihre Bürger, ihnen den Auftrag zur Verhandlung mit der Zentralregierung in Rom über erweiterte Autonomierechte zu erteilen, bei der Kultur-, der Schul- oder der Arbeitsmarktpolitik. Solche Verhandlungen sieht Italiens Verfassung sowieso vor, ganz ohne Bürgerbefragung. Es reicht ein Brief des Regionspräsidenten an die Regierung in Rom.

mehr:
- Italien: Ein bisschen Katalonien spielen (Michael Braun, ZON, 23.10.2017)

siehe auch:
- Telepolis-Salon im November: Separatisten oder die Sehnsucht, unter sich zu sein (Peter Mühlbauer, Telepolis, 26.10.2017)
aktualisiert am 27.10.2017