Mittwoch, 20. Februar 2013

Heute vor 50 Jahren – 20. Februar 1963: Uraufführung des Schauspiels »Der Stellvertreter«

Die Frage nach Schuld und Mitschuld 

 Rolf Hochhuths Drama »Der Stellvertreter« bleibt das umstrittenste Theaterstück der deutschen Nachkriegsgeschichte, obwohl noch eine Reihe von Skandalen folgte. Tausende von Kritiken, Artikeln, Essays und Stellungnahmen beschäftigen sich mit dem »christlichen Trauerspiel«, das heute vor 50 Jahren, am 20. Februar 1963, unter der Regie von Erwin Piscator an der Berliner Freien Volksbühne uraufgeführt wurde. Das Erstlingswerk des bis dahin unbekannten jungen Dramatikers war Gegenstand leidenschaftlicher Debatten und machte den Autor weltweit berühmt. 
Dieter Borsche als Papst Pius XII. in der Berliner Uraufführung des Stücks »Der Stellvertreter«, 1963

 Im Mittelpunkt des Schauspiels steht eine einzige Frage: Durfte Papst Pius XII. als Stellvertreter Christi auf Erden zur Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten schweigen oder hätte er in einem klaren öffentlichen Aufruf, in einem flammenden Appell die Christen zum Widerstand aufrufen und das Konkordat mit dem Dritten Reich brechen müssen? Hochhuths Antwort ist deutlich: Pius XII. war die einzige Instanz, die den Völkermord noch hätte stoppen können, aber der Papst hat versagt, weil ihm der Besitzstand der Kirche wichtiger war. Damit war 1963 ein Skandal vorprogrammiert. 



youtube-Info:
Kaum ein anderes Stück war im Nachkriegsdeutschland so viel diskutiert wie "Der Stellvertreter". Kein anderes Stück ging so offen mit der katholischen Kirche ins Gericht. Wo blieb die Intervention des Vatikans warum schwieg der Stellvertreter Gottes, Papst Pius XII, zu den Judendeportationen? Warum siegte politisches Kalkül über die Menschlichkeit? 

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 Schon die bloße Ankündigung eines Stückes über Papst Pius XII und den Holocaust entfachte damals eine heftige Diskussion. Für das HR-Hörspiel stellte sich die Frage, ob an dieser Diskussion nur die Theaterbesucher beteiligt sein sollten oder die weitaus größere Öffentlichkeit der Radiohörer. Und wie konnte man das Stück möglichst rasch ins Programm bringen? Erwin Piscator war damit einverstanden, eine Radiofassung seiner Inszenierung mit der kompletten Besetzung der Uraufführung in einem Berliner Studio aufzunehmen. Eine Protestwelle bisher unbekanntem Ausmaßes überschwemmte daraufhin den HR. Als der Rohschnitt der Studioaufnahmen in Frankfurt eintraf, stand das Funkhaus am Dornbusch wegen einer Bombendrohung bereits unter Polizeischutz. Dennoch gab der Intendant Werner Hess grünes Licht für die Sendung. 
-Hermann Naber

 Was am 20.2. noch geschah: 
1810: Der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer wird hingerichtet. 
 Brockhaus - Abenteuer Geschichte 2013