Sonntag, 22. Juni 2014

Leseempfehlungen für den 22. Juni 2014

- Warum es auf der Toilette nur am Anfang stinkt (Telepolis, 21.06.2014)
Wie schafft es unser Gehirn, sich selbst an starke Reize zu gewöhnen - und trotzdem für andere Stimuli aufnahmefähig zu bleiben? 
Ob Toilettenmann oder Fischverkäuferin: Wer seinen Beruf an einem Ort mit besonderem olfaktorischem Hintergrund ausübt, muss kein Masochist sein. Praktischerweise besitzt unser Gehirn einen Mechanismus, der dauerhafte Reize mit der Zeit ausblendet. So kommt es, dass wir den tickenden Wecker normalerweise nicht hören, das unregelmäßige Schnarchen des Partners aber schon. Dass Babys vor neuen Gesichtern erschrecken, das Antlitz der Mutter aber mit einem Lächeln begrüßen. Dass die Klofrau zwar den Ammoniak-Geruch an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr bemerkt, wohl aber das ungewohnt süße Parfüm einer Kundin. 

- Ist Psychiatrie heute noch Folter? (Telepolis, 21.06.2014)
Eine Einladung nach Berlin macht deutlich, wie unterschiedlich die Ansichten über die Psychiatrie heute noch sind 

"Menschenrechte und Psychiatrie" lautete der Titel einer Expertentagung mit hochkarätiger Besetzung, die am Donnerstag in Berlin stattgefunden hat. Auf Einladung der Deutschen Gesellschaft fürPsychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde sprach dort auch der UN-Beauftragte zu Fragen des Genozids und Folter, Juan E. Méndez.  

- Polen: Abhörprotokolle enthüllen Währungsgefährdung und versuchten Machtmissbrauch (Telepolis, 21.06.2014)
Opposition fordert Rücktritt der Regierung 

Die polnische Zeitschrift Wprost (übersetzt: "Direkt") hat am Montag Protokolle von Gesprächen veröffentlicht, die zeigen, dass Innenminister Bartłomiej Sienkiewicz und Nationalbankpräsident Marek Belka im Juli 2013 vereinbarten, das die polnische Nationalbank "eventuell" über Banken eine "gewisse Menge" Staatsanleihen aufkauft - was ihr eigentlich verboten ist. Zweck der Scharade sollte die Schaffung von Ausgabespielraum im Staatshaushalt sein, die die Regierung vor der Wahl 2015 für Wahlgeschenke nutzen kann, damit die konservative Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) nicht gewinnt. Beide waren sich darüber einig, dass dieser Trick nur dann funktioniert, wenn man vorher den damaligen Finanzministers Jacek Rostowski los wird. Vier Monate später trat Rostowski zurück - angeblich ohne Druck von Außen.

- Nach dem Schlachten (der Freitag, 18.06.2014)
Porträt Christian Slater hat sich freiwillig gemeldet, die Toten im Irak einzusammeln. Denn für Marines gilt: "Keiner wird zurückgelassen." Das hat ihn fast den Verstand gekostet Porträt Christian Slater hat sich freiwillig gemeldet, die Toten im Irak einzusammeln. Denn für Marines gilt: "Keiner wird zurückgelassen." Das hat ihn fast den Verstand gekostet  


- Verlorene Generation (der Freitag, 18.06.2014)
Eritrea Jeden Monat flüchten Tausende vor dem unbegrenzten Militärdienst. Ihr Weg durch die Wüste und über das Mittelmeer ist lebensgefährlich  


- Ärger On Demand (der Freitag, 18.06.2014)
Ton & Text Es gibt mal wieder Streit mit YouTube. Es geht um Rechte, Verträge und Geld. Viel Geld insgesamt und sehr wenig Geld im Detail. Und natürlich wird alles immer schlimmer  


- Desinformanten (der Freitag, 20.06.2014)
Überwachung Keine Aufklärung im weltweit größten Überwachungsskandal ist auch eine Folge des Versagens der Leitmedien hierzulande  


- Das kälteste Gewerbe (der Freitag, 19.06.2014)
Onlinejournalismus Marketingexperten wollen den Fortbestand des Journalismus sichern, doch genau das kann ihn kaputtmachen. Der Nachwuchs muss davor gewarnt werden. Schirrmacher wusste das  


- Mutter unser (der Freitag, 18.06.2014)
Revolution Der alte Mann mit dem weißen Bart hat ausgedient! Versuchen wir doch einmal, uns eine Frau als Gott vorzustellen


Bemerkung von mir: nach dem alten Mann mit dem weißen Bart kommt jetzt die Frau…
Zwei Zitate von Meister Eckhart:
Etliche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, als sie eine Kuh ansehen, und wollen Gott lieb haben, als sie eine Kuh lieb haben. Also haben sie Gott lieb, um auswendigen Reichtum und um inwendigen Trost; aber diese Leute haben nicht Gott recht lieb ... Einfältige Leute wähnen, sie sollen Gott ansehen, als stünde er dort und sie hier. So ist es nicht. Gott und ich sind eins im Erkennen.
gefunden bei anthroweb.info

Der Mensch soll sich nicht genügen lassen an einem gedachten Gott; denn, wenn der Gedanke vergeht, vergeht auch der Gott. Man soll vielmehr einen wesenhaften Gott haben, der weit erhaben ist über die Gedanken der Menschen und aller Kreaturen.
gefunden bei aphorismen.de

- "Gott, ein Nichtgott, eine Nichtperson, ein Nichtbild" (Deutschlandradio Kultur, 26.06.2011) 
Er wurde vor über 750 Jahren geboren und ist doch so modern wie kaum ein anderer Theologe: Eckart von Hochheim, genannt Meister Eckart, Dominikaner-Mönch und der wohl wichtigste Theologe und Mystiker des späten Mittelalters. 
Sein Geheimnis sind wohl seine originellen und sehr zeitgemäßen Gedanken über Gott, den Menschen und die Kunst des christlichen Lebens, vor allem aber seine Hilfestellung zu einem mündigen, erwachsenen Glauben und Lebensstil. Doch Meister Eckarts Schriften sind so universal, dass er auch in in anderen Religionen wie Hinduismus und Buddhismus hoch respektiert ist. Sogar für Atheisten und Erkenntnissuchende ist er oft ein großer Gewinn, denn beinahe alle wichtigen Fragen des menschlichen Lebens kommen bei ihm vor, ohne, dass er je Vorschriften macht. 

Genesis - Jesus He Knows Me (1991) [5:17]



- Das Gehirn - ein interpretierendes Organ (hellmut-hille.de)    
A L L E S 
was man von Gott zu denken vermag, 
das ist alles Gott nicht. 
Was Gott in sich selber sei, 
dazu kann niemand kommen, 
er werde denn in ein Licht gerückt, 
 das Gott selber I S T . 
(Meister Eckhart - Zitate kursiv gesetzt) 
 
Das (menschliche) Gehirn läßt nichts so, wie es sich den Sinnen darbietet, sondern es reichert Erscheinungen solange mit ihm bekannten Eigenschaften, Relationen und Bedeutungen an, bis es mit dem Wahrgenommenen in geübter Weise umgehen kann. Auf diese interpretierende Art macht es sich das Sein ähnlich und zu eigen (s. Text III/3: Das Verstehen des Verstehens). Was das Sein jenseits unserer, auf das Verstehen zielenden Interpretation ist, bleibt daher die Frage. Erfahrungen und erkenntniskritische Überlegungen zeigen uns, daß das Sein wie Gott (s. Zitat oben) alle Denkbarkeit übersteigt. Hieraus ergibt sich der Begriff der Transzendenz, als jene Grenze, die uns durch unsere kognitiven Fähigkeiten gegeben ist.

- Predigt 52 - Beati pauperes spiritu, quoniam ipsorum est regnum caelorum (Meister-Eckhart-Gesellschaft)  
Nun gibt es zwei Arten von Armut. Einmal die äußere Armut. Sie ist gut und hoch zu loben – in einem Menschen, der sie um der Liebe unseres Herrn Jesus Christus willen frei erwählt. Auch er hat sie gehabt, als er auf der Erde war. Von dieser Armut will ich jetzt nicht weiter reden. Aber über sie hinaus gibt es eine Armut, eine inwendige, und auf sie bezieht sich das Wort unseres Herrn, wenn er sagt: „Selig, die arm sind an Geist“. 

Nun beschwöre ich euch, ihr möchtet so sein, dass ihr diese Lehre verstündet. Denn bei der ewigen Wahrheit, ich sage euch: Kommt ihr der Wahrheit nicht gleich, von der wir nun reden wollen, dann werdet ihr mich nicht verstehen. Ihr habt mich gefragt, was das Wesen der Armut sei und was ein armer Mensch sei. Darauf will ich antworten. 

Bischof Albert lehrt, ein armer Mensch sei der, der kein Genüge findet an allem, was Gott je geschaffen hat. Das ist gut gesagt. Doch darüber hinaus: Ich sage es noch besser und nehme „Armut” in einem höheren Sinn: Ein armer Mensch ist, wer nichts will, nichts weiß und nichts hat. Von diesen drei Punkten will ich heute reden, und um der Liebe Gottes willen beschwöre ich euch, ihr möchtet diese Wahrheit verstehen, wenn ihr könnt. Und versteht ihr sie nicht, so sorgt euch darum nicht, denn ich will von einer Wahrheit sprechen, die so beschaffen ist, dass auch von guten Menschen nur wenige sie verstehen werden.  

She's Alive... Beautiful... Finite... Hurting... Worth Dying for. [4:58]


- Sunniten gegen Schiiten – Der 35-jährige Krieg (Cicero, 20.06.2014)
Was der 30-jährige Krieg für das Christentum war, ist der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten für den Islam. Es ist dieser brutale Religionskonflikt, der auch den Vormarsch der Terrorgruppe Isis im Irak erklärt. Eine Analyse

Neues aus der Anstalt 20.03.2007: Georg Schramm und Jürgen Becker [8:31]


 

Heute vor 40 Jahren – 22. Juni 1974: Ein deutsch-deutsches Fußballspiel

Wettstreit der Systeme - auf dem Rasen 

Die Szene fehlt in keiner Darstellung der deutschen Fußballgeschichte und stellt einen ihrer denkwürdigsten Momente dar: In der 78. Minute des Vorrunden-Gruppenspiels zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bei der Fußballweltmeisterschaft 1974 flankte ein DDR-Spieler den Ball in die Mitte vor das Tor der Westdeutschen, wo Jürgen Sparwasser drei Gegenspieler und dazu den Torwart Sepp Maier düpierte, das Siegtor erzielte und sich zum Volkshelden der DDR schoss. Die favorisierten Westdeutschen um Beckenbauer, Vogts, Breitner und Müller waren schockiert. 
 
Die beiden deutschen Mannschaften vor dem Spiel im Hamburg, 22.6.1974

BRD - DDR WM 1974 Highlights [9:44]


Es war das erste und einzige Duell, das die beiden deutschen Fußballnationalmannschaften je gegeneinander austrugen. Nach der Auslosung hatte die DDR kurzfristig erwogen, zu dem Prestigeduell nicht anzutreten, glücklicherweise besann sie sich aber eines Besseren. Die politische Führung feierte das 1:0 als Sieg über den Klassenfeind, die DDR-Spieler freuten sich einfach nur, gegen die großen Stars aus dem Westen gewonnen zu haben. Das westdeutsche Team unter Trainer Helmut Schön erholte sich rasch von der Niederlage - und errang schließlich den Titel. 

Fussball WM 1974 - Deutschland vs Niederlande (Finale) [9:58]


Was am 22. Juni noch geschah: 
1865: In Berlin nimmt die erste deutsche Pferdestraßenbahn den Fahrbetrieb auf.  [Brandenburger Tor bis Charlottenburg]
Harenberg - Abenteuer Geschichte 2014