Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA sollen Arbeit und Wohlstand bringen, so heißt es. Dazu sollen die Vertragspartner zwar gleichwertige Normen und Standards gegenseitig anerkennen – senken aber wolle man soziale und ökologische Standards nicht. So versprechen es jedenfalls die BefürworterInnen von Freihandelsabkommen. Schlüssig und überzeugend sind solche Beschwichtigungen nicht. Denn gerade die indirekte Senkung von Standards ist eine reale Gefahr. Dies sei nachfolgend an einem kleinen Beispiel aufgezeigt: dem deutschen Arbeitszeitgesetz. Von Patrick Schreiner[*].
Mehr:
- Freihandelsabkommen und Arbeitszeit: Ein Beispiel für die indirekte Senkung von Standards (NachDenkSeiten, 18.09.2014)
Ich habe sowas ähnliches von einem Patienten erzählt bekommen, der Leiter eines Supermarktes war (Lidl, Aldi, sowas). Mitte der 90er Jahre machte diese Supermarkt-Kette eine Zeitmessung, wie schnell die angelieferten Paletten in den Regalen einsortiert sind. Das Ergebnis dieser Zeitmessung wurde dann zum Standard. Sagen wir: »10 Uhr morgens sind sämtliche Regale eingeräumt.«
Um 2010 herum erzählte mir der Patient, daß kein Supermarkt dieser Kette mehr die Vorgaben einzuhalten imstande wäre, da die angelieferten Paletten inzwischen nicht mehr nach der Warensorte (heißt Wurst zu Fleischwaren, Käse zu Milchwaren, Backwaren, Obst und Salat usw.) sondern nach den Lieferanten gepackt sei. (Wahrscheinlich hat man inzwischen eine Umpack-Station in der Lieferkette eingespart.) Inzwischen sei es normal, wenn sich auf der angelieferten Palette neben den Fußbällen aus dem wöchentlichen Sonderangebot der Kopfsalat und daneben die Schokoladenplätzchen und das Kochwaschmittel befänden, so daß die angelieferte Palette manchmal drei- oder sogar viermal durch den ganzen Laden geschoben werden müßte. Wegen der schmalen Gänge kommt man ja auch oft mit den Lieferpaletten nicht aneinander vorbei. Inzwischen könne man froh sein, wenn man den Kram gegen Mittag in den Regalen habe. Das sei »oben denen« aber nicht klar zu machen.
In der Arbeitspsychologie wird sowas inzwischen »Verdichtung« genannt. (Was für tolle Worte unsere deutsche Sprache hervorzubringen imstande ist. Man muß halt nur wollen!)
Ein weiteres Beispiel dieser Verdichtung habe ich von einem anderen Patienten erfahren:
Die Wege der Briefträger (ich bitte um Entschuldigung, der aktuelle Begriff ist mir entfallen) wurden früher mit Laufrädern gemessen. Im Zuge der Vereinfachung werden inzwischen Satellitensysteme genutzt, die aber nur noch die Länge einer Straße, nicht aber die Wege vom Bürgersteig zum Hausbriefkasten messen. (Gottseidank gibt es ja heutzutage noch Sachen, die vereinfacht werden!)
Auf einen Schlag nahm nun die Gesamtstrecke der sechs zu einer Gruppe gehörenden Briefträger um 15% ab, weswegen einer aus der Gruppe »freigesetzt« werden konnte. (Vorzugsweise werden über 50jährige freigesetzt, weshalb, vermag ich mir nicht vorzustellen…)
Mit dieser Lösung ist die Deutsche Post gegenüber dem Billiganbieter Citypost etwas konkurrenzfähiger geworden. Ich würde jedem Citypost-Kunden raten, das eingesparte Porto auf ein Konto einzuzahlen, dafür muß ja dann ein arbeitslos gewordener Post-Angestellter finanziert werden…
- Manipulations-Mechanismen in den transatlantischen Beziehungen (Albrecht Müller, NachDenkSeiten, 22.09.2014)
Nach Irreführung der Öffentlichkeit durch Bundesregierung und Leitmedien seit über einem Jahr in der NSA/BND-Ausspähaffäre droht auch bei den im Geheimen laufenden transatlantischen Verhandlungen über ein Handelsabkommen (TTIP) eine Wiederholung von Desinformation und Verschleierung. Die ZEIT warnt bereits vor einer „Wahnsinnstat“, die Süddeutsche Zeitung vor einem „heimlichen Staatsstreich“.
Die Instrumentarien wiederholen sich. Insofern kann für eine kritische Gegenöffentlichkeit die folgende systematische Aufarbeitung der Kampagnen während der Ausspähaffäre auch bei der nächsten transatlantischen Auseinandersetzung nützlich sein. Die folgende kommentierte Dokumentation enthält viele nützliche Zitate. Sie wurde von Peter Munkelt verfasst. Er war Leiter des Politischen Archivs der SPD.
- Ein Freifahrtschein für Lobbyisten (ZEIT, 05.06.2014)
- Eine Wahnsinnstat (ZEIT, 12.06.2014)
- Ein Schlag für den Rechtsstaat (Süddeutsche Zeitung, 05.06.2014)
- “Ein heimlicher Staatsstreich” – Heribert Prantl am 11. Mai 2014 in der SZ (Berliner Wassertisch-Info)
Die Psychologie betreffenden Posts habe ich in »Roths Psychoblog« eingestellt. Eine Liste der Musikvideos findet sich unter »Tornado’s Music Favourites« (siehe unter »Links«). Das Posten eines Videos schließt das Hinzufügen des Infotextes mit ein. (Ich bemühe mich, offensichtliche Werbung wegzulassen) Dieser gibt also nicht notwendigerweise meine Meinung wieder! Das verwendete Bild stammt aus Bob Dylan’s Video »Jokerman«. Ich speichere keine Daten!
Freitag, 19. September 2014
Vor 37 Jahren – »Jakob der Lügner« für den Oscar nominiert
»Jakob der Lügner« auf internationalem Parkett
Berlinale 1975: Erstmals lief ein DDR-Film – »Jakob der Lügner«, nach dem gleichnamigen Roman von Jurek Becker – im Wettbewerbsprogramm des Westberliner Filmfestivals und prompt holte Vlastimil Brodsky den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung. Plötzlich wurde der Film weltweit beachtet. »Jakob der Lügner« war eine Koproduktion von TV und DEFA und wurde Ende 1974 erstmals im DDR-Fernsehen gezeigt. Im Jahr 1977 wurde der Film – als erste und letzte DEFA-Produktion – für den Oscar nominiert in der Kategorie »Bester ausländischer Film«. Regisseur Frank Beyer (1932-2006) erhielt diese Nachricht im Januar 1977. Nur wenige Tage zuvor hatte er einen Protestbrief gegen die Ausbürgerung von Liedermacher Wolf Biermann unterschrieben. Die Parteiführung setzte ihn unter Druck, damit er die Unterschrift zurückzog. Beyer weigerte sich. Dennoch durften er und die beiden Hauptdarsteller, der Tscheche Vlastimil Brodsky und Erwin Geschonneck, nach Los Angeles fliegen. Andernfalls hätte sich die DDR vor der Welt blamiert…
Was am 19. September noch geschah:
1990: Wegen Verseuchung durch Asbest wird der Berliner Palast der Republik geschlossen.
Berlinale 1975: Erstmals lief ein DDR-Film – »Jakob der Lügner«, nach dem gleichnamigen Roman von Jurek Becker – im Wettbewerbsprogramm des Westberliner Filmfestivals und prompt holte Vlastimil Brodsky den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung. Plötzlich wurde der Film weltweit beachtet. »Jakob der Lügner« war eine Koproduktion von TV und DEFA und wurde Ende 1974 erstmals im DDR-Fernsehen gezeigt. Im Jahr 1977 wurde der Film – als erste und letzte DEFA-Produktion – für den Oscar nominiert in der Kategorie »Bester ausländischer Film«. Regisseur Frank Beyer (1932-2006) erhielt diese Nachricht im Januar 1977. Nur wenige Tage zuvor hatte er einen Protestbrief gegen die Ausbürgerung von Liedermacher Wolf Biermann unterschrieben. Die Parteiführung setzte ihn unter Druck, damit er die Unterschrift zurückzog. Beyer weigerte sich. Dennoch durften er und die beiden Hauptdarsteller, der Tscheche Vlastimil Brodsky und Erwin Geschonneck, nach Los Angeles fliegen. Andernfalls hätte sich die DDR vor der Welt blamiert…
Was am 19. September noch geschah:
1990: Wegen Verseuchung durch Asbest wird der Berliner Palast der Republik geschlossen.
Harenberg – Abenteuer Geschichte 2014
Jakob Der Lügner - Trailer
[1:18]
Veröffentlicht am 04.05.2012
Im von den Nazis besetzten Polen hört Jakob (Robin Williams), der Besitzer eines lange geschlossenen jüdischen Cafes, zufällig eine verbotene Radiosendung über sowjetische Militärerfolge gegen die Deutschen mit. Am nächsten Tag berichtet er zwei mutlosen Freunden über seine guten Neuigkeiten. Die Nachricht verbreitet sich, aber auch das Gerücht, dass Jakob ein Radio besitzt, ein Verbrechen, das mit dem Tode bestraft wird. Trotz der Gefahr übermittelt er auch weiterhin erfundene Sendungen über Alliierte Vorstösse gegen die Nazis. Die Lügen halten Hoffnung und Humor unter den Ghettobewohnern am Leben, die Selbstmordrate fällt, die Laune steigt und es wächst neuer Optimismus. Die Deutschen erfahren von der geheimnisvollen Radiostation und suchen den Widerstandshelden, der sie betreibt. (Originaltitel - Jakob The Liar) 1999 Global Entertainment Productions GmbH & Co. Film KG and SPE German Finance Co. Inc. All Rights Reserved.
Das Original:
Jakob der Luegner [1:36:06]
Jakob der Luegner [1:36:06]
Veröffentlicht am 21.08.2014
Ein osteuropäisches jüdisches Ghetto im Jahre 1944. Jakob Heym wird wegen angeblicher Überschreitung der Ausgangssperre von einem Posten zum Gestapo-Revier geschickt. Durch Zufall kommt er mit dem Leben davon, und zufällig hat er dort im Radio eine Meldung über den Vormarsch der Roten Armee gehört. Er möchte die Nachricht an seine Leidensgefährten weitergeben, um ihnen Hoffnung zu machen, hat aber Angst, man würde ihn wegen seiner “Verbindung” zur Gestapo für einen Spitzel halten. So greift er zu einer Lüge, gibt vor, ein Radio versteckt zu haben. Die Menschen im Ghetto schöpfen neuen Lebensmut, es gibt keine Selbstmorde mehr, und man möchte von Jakob immer neue Informationen über den Vormarsch. Er muß weiterlügen, damit die Hoffnung bleibt…