"Gegen Geld zu denken", sagt Marus Melchers, sei eine heikle Sache. Gedanken lassen sich nicht messen. Dabei wächst gerade in einer materialistisch orientierten Gesellschaft der Bedarf an Orientierungswissen. Der 42-jährige Philosoph aus Bonn läßt sich dafür bezahlen, ratsuchenden Menschen geistig auf die Sprünge zu helfen. Er selbst kommt mit wenig aus: Eine Praxis besitzt Melchers micht, seine Kunden sucht er per Bahn und Fahrrad auf. Er berät sie zu Hause oder bei einem Spaziergang an der frischen Luft. Philosophie müsse für den Alltag taugen, meint der Denker. Welche Werte vermitteln wir unsern Kindern? Wann darf ich lügen? Solche Fragen wollen seine Kunden klären. "Ich kann keine konkreten Tips geben, nur Perspektiven aufzeigen", sagt Melchers, "das philosophische Gespräch soll darin gipfeln, einen Zugewinn an Freiheit zu erfahren." Kopfzerbrechen hilft dabei wenig: "Philosophie findet nicht zwischen den Ohren statt, sondern dort, wo Menschen miteinander sprechen", lautet sein Credo. Und dem bleibt er auch treu, wenn es ums Honorar geht: "Ich frage meine Kunden, was ihnen das Gespräch wert ist."
aus mobil 10/06