Dienstag, 24. Oktober 2006

Ein Freidenker als freier Unternehmer

"Gegen Geld zu denken", sagt Marus Melchers, sei eine heikle Sache. Gedanken lassen sich nicht messen. Dabei wächst gerade in einer materialistisch orientierten Gesellschaft der Bedarf an Orientierungswissen. Der 42-jährige Philosoph aus Bonn läßt sich dafür bezahlen, ratsuchenden Menschen geistig auf die Sprünge zu helfen. Er selbst kommt mit wenig aus: Eine Praxis besitzt Melchers micht, seine Kunden sucht er per Bahn und Fahrrad auf. Er berät sie zu Hause oder bei einem Spaziergang an der frischen Luft. Philosophie müsse für den Alltag taugen, meint der Denker. Welche Werte vermitteln wir unsern Kindern? Wann darf ich lügen? Solche Fragen wollen seine Kunden klären. "Ich kann keine konkreten Tips geben, nur Perspektiven aufzeigen", sagt Melchers, "das philosophische Gespräch soll darin gipfeln, einen Zugewinn an Freiheit zu erfahren." Kopfzerbrechen hilft dabei wenig: "Philosophie findet nicht zwischen den Ohren statt, sondern dort, wo Menschen miteinander sprechen", lautet sein Credo. Und dem bleibt er auch treu, wenn es ums Honorar geht: "Ich frage meine Kunden, was ihnen das Gespräch wert ist."

aus mobil 10/06


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Starthilfe mit Kredit

Stephan Knüppel [44] hatte eine Bilderbuchkarriere hinter sich. In zehn Jahren brachte er es zum Top-Manager in einem Bielefelder Großhandelskonzern mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euoro. Doch das reichte ihm nicht: "Für mich stand fest, daß ich noch einmal etwas ganz anderes machen wollte", erzählt der Vater zweier Adoptivkinder aus Vietnam. Heute ist er zwar immer noch Manager, doch als Vorstand von "Opportunity International Deutschland" rechnet er in ganz anderen Dimensionen. Seine Organisation verleiht Geld. "Die durchschnittliche Kredithöhe liegt bei 137 Euro", erklärt der Diplom-Ökonom.
Die meisten seiner früheren Kollegen reagieren mit verständnislosem Kopfschütteln. Doch Knüppel weiß, was er tut: Mit seinem neuen Job hilft er anderen beim Aufbau einer eigenen Existenz. Die Kleinstkredite an Bedürftige in 27 Ländern reichen als Starthilfe, beispielsweise zur Anschaffung einer Kuh, einer Nähmaschine oder eines Verkaufsstandes. Solche Entwicklungshilfe nach Marktgesetzen rechnet sich für alle Beteiligten, denn mit 97 Prozent ist die Rückzahlungsquote außergewöhnlich hoch. Von so zuverlässigen Geschäftspartnern kann mancher Manager in Deutschland nur träumen.

aus mobil Nr. 10/06