Samstag, 31. Oktober 2015

Antiwestliche Ressentiments sind in der Mitte angekommen

Kolumne Grauzone: Während Deutschland die Rechtsextremen fürchtet, hat sich eine Bewegung formiert, die Ansätze linker und rechter Ideologien kombiniert: die Querfront. Mit ihren antiwestlichen und antiliberalen Ressentiments erreicht sie frustrierte Bürger

Pegida spaziert wieder. Die Stimmung im Land ist gereizt. Glaubt man den Umfragen, ist die Mehrzahl der Deutschen mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung eher unzufrieden – vorsichtig formuliert.

Beobachter warnen zunehmend vor „rechtem Gedankengut“. Was genau damit gemeint ist, bleibt häufig unklar und hängt mitunter auch vom Standpunkt des Betrachters ab. Die Fokussierung auf „rechtes Gedankengut“ hat in jedem Fall historische Gründe.

Hinzu kommt: Es gibt eine militante extreme Rechte, die das politische System der Bundesrepublik ablehnt, die gewaltbereit ist und Menschenleben bedroht. Es wäre ein Wunder, wenn diese Leute angesichts der politischen Stimmungslage im Land nicht Morgenluft wittern würden.

mehr:
- Querfront – Antiwestliche Ressentiments sind in der Mitte angekommen (Alexander Grau, Cicero, 31.10.2015)
- Tote-Hosen-Sänger Campino: „Angela Merkel hat Applaus verdient“ (Interview mit Campino, Cicero, 28.10.2015)

Campino bei 3nach9 "Die Kanzlerin hat bei mir angerufen!" [2:02]

Veröffentlicht am 17.11.2014
Campino von den Die Toten Hosen berichtet bei 3nach9 von einem überraschenden Entschuldigungs-Anruf aus dem Kanzleramt:

Versuch gegen Libertarismus und Monopolismus

Demokratie schützen Der neue Turbokapitalismus aus Silicon Valley setzt geltende wirtschaftliche und demokratische Rechte außer Kraft, wenn wir ihn gewähren lassen.

Wie Thomas Schulz in seinem vielbeachteten Essay über das „Morgen-Land“ in Kalifornien treffend festgestellt hat, geht es bei den derzeitigen Entwicklungen in und um Silicon Valley primär nicht um neue Technologien, sondern um einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel, welcher unser Denken und Handeln komplett verändern wird. Besonders bedrohlich ist dabei, dass dieser Prozess von einer kleinen, aber mächtigen Personengruppe gesteuert wird, die unser Konsumverhalten bestimmt und unsere Wertehorizonte besetzt.1

Der nachfolgende Essay greift die Überlegungen von Schulz auf und bringt diese in Verbindung mit Auffassungen anderer Autoren wie z. B. Andrew Keen2 oder Yvonne Hofstetter3, nicht zuletzt um damit entsprechende Denk-Synergien und potentielle Veränderungs-Energien aufzuzeigen. Es werden mehrere Ansätze zum Umgang mit dem Thema Turbokapitalismus vorgestellt, die den geneigten Leser zum eigenen Nachdenken und Zornigwerden inspirieren möchten.

mehr:
- Versuch gegen Libertarismus und Monopolismus (Michael W. Bader, Freitag-Community, 26.10.2015)
Mit mehr als 70 % Marktanteil ist Google auch mit seinem Betriebssystem Android bei Smartphones und Mobilgeräten marktbeherrschend und damit auch auf diesem Gebiet ein „Quasi-Monopolist“. Google ist deshalb eine Gefahr für den Wettbewerb, weil es diesen ganz einfach ausschließt. Diese Marktpositionierung widerspricht allen deutschen und europäischen Rechtauffassungen bezüglich legaler wirtschaftlicher Machtentfaltung einzelner Wirtschaftssubjekte.

Döpfner schreibt in seinem offenen Brief den denkwürdigen Satz: „Wir haben Angst vor Google. Ich muss das einmal so klar und ehrlich sagen, denn es traut sich kaum einer meiner Kollegen, dies öffentlich zu tun. Und als Größter unter den Kleinen müssen wir vielleicht auch in dieser Debatte als Erste Klartext reden. Sie haben es selbst in Ihrem Buch geschrieben: ‚Wir sind überzeugt, dass Portale wie Google, Facebook, Amazon und Apple weitaus mächtiger sind, als die meisten Menschen ahnen. Ihre Macht beruht auf der Fähigkeit, exponentiell zu wachsen. Mit Ausnahmen von biologischen Viren gibt es nichts, was sich mit derartiger Geschwindigkeit, Effizienz und Aggressivität ausbreitet wie diese Technologieplattformen, und dies verleiht auch ihren Machern, Eigentümern und Nutzern neue Macht.“20
Mein Kommentar:
Oha, ein Springer-Vorstand hat transatlantische Angst… Wo schreibt man das hin?

NSA-BND: Der Bericht des Sonderermittlers

Mit welchen Suchbegriffen versorgte die NSA ihren deutschen Partner BND? Der Sonderermittler zur Selektorenliste erhebt in seinem Abschlussbericht nun schwere Vorwürfe gegen die USA. Auch deutsche Wirtschaftsunternehmen waren demnach Spähziele.
Sein Arbeitsplatz im Neubau des Bundesnachrichtendienstes an der Berliner Chausseestraße bestand aus fünf Büros und einer Küche, die auch als Besprechungsraum diente. Knapp vier Monate lang sichtete der Sonderermittler der Bundesregierung, Kurt Graulich, hier die Liste der sogenannten Selektoren, mit denen der US-amerikanische Geheimdienst NSA seinen deutschen Partner BND versorgte - damit dieser die Suchbegriffe in seine eigenen Überwachungssysteme einspeise.

In einem fast 300 Seiten dicken Bericht kommt der Jurist nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen nun zu dem Ergebnis: Vor allem europäische Regierungseinrichtungen seien in massiver Anzahl Spähziele der NSA gewesen. Die Amerikaner hätten damit klar gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen.

Aber auch deutsche Ziele, die durch das Grundgesetz vor der Ausspähung eigener Nachrichtendienste besonders geschützt sind, waren laut Graulich in überraschend großer Anzahl auf der Wunschliste der NSA zu finden. Darunter seien auch zahlreiche Wirtschaftsunternehmen aus oder mit Sitz in Deutschland gewesen.

mehr:
- Geheimdienstaffäre: Sonderermittler spricht von klarem Vertragsbruch der NSA (Maik Baumgärtner und Martin Knobbe, SPON, 30.10.2015)
Von Unternehmen, die im Fokus der NSA lagen, waren bislang zwei bekannt geworden: die europäischen Rüstungskonzerne EADS und Eurocopter, die heute zu Airbus gehören. In dem Bericht wird nun bestätigt, dass über 70 Telefonnummern beider Unternehmen zu den Selektoren gehörten. Graulich deutet auch weitere Spähziele im Unternehmensbereich an: Er verweist auf Spezialbauunternehmen, etwa einen Tunnelbauer, ohne diesen namentlich zu nennen.

Ob es sich dabei um Wirtschaftsspionage oder um Aufklärung zu militärischen Zwecken handelte, darauf wollte sich der Sonderermittler nicht festlegen. Jedoch sei die Zusammenarbeit zwischen NSA und BND weder transparent noch für die deutsche Seite steuerbar gewesen, stellt der Gutachter fest.
Mein Kommentar:
Tunnelbauer sind für Nachrichtendienste natürlich interessant, da sicherheitsrelevant! (Untergrund…) :-P

siehe auch:
- Selektorenbericht: Ein Versuch, den BND freizusprechen (Kai Biermann, Komentar, ZEIT Online, 30.10.2015)
Sein [Kurt Graulichs] 262 Seiten starker Untersuchungsbericht beginnt mit einem Zitat des Philosophen Jürgen Habermas. Das ist bemerkenswert. Besagt das Zitat doch, nur eine "kritische Publizität" mache es möglich, dass Menschen sich eine "öffentliche Meinung" über Sachverhalte bilden könnten. Die Öffentlichkeit kritisch zu unterrichten ist eine der Säulen der Demokratie. Doch der Bericht des Sonderbeauftragten der Bundesregierung ist alles andere als kritisch. Im Gegenteil, er gibt in vielen Punkten die Meinungen des Bundesnachrichtendienstes und der Bundesregierung wieder.
Zitat Graulich: Die NSA habe das Vertrauen der Bündnispartner missbraucht. Sie habe "aus der Tarnung des Gemeinschaftsprojekts (heraus) nachrichtendienstliche Aufklärung gegen Mitgliedsländer der Europäischen Union unternommen. Die NSA hat sich damit nicht nur vertragswidrig verhalten, sondern auch ohne Abstimmung in der Kooperation die deutsche Position gegenüber ihren europäischen Partnern potentiell gefährdet."

Wer sollte überwacht werden? Diese zentrale Frage bleibt unbeantwortet. Das ist vor allem für jene schlecht, die vielleicht betroffen sind und sich gern dagegen wehren würden. Dass es sie gibt, räumt Graulich ein. Zum Beispiel auf Seite 188: "Unter den herausgenommenen Selektoren befindet sich eine ganze Anzahl, die auf wirtschaftlich tätige Unternehmen mit Sitz in Deutschland oder deutschem Ursprung gerichtet waren."

In einem Rechtsstaat darf jeder klagen, wenn er glaubt, dass seine Rechte verletzt wurden. Das wird aber schwierig, wenn die Betroffenen nicht wissen, dass sie betroffen sind. Und der Bericht tut alles, um zu verschweigen, wer genau betroffen ist.

siehe auch:
- BND/NSA-Affäre: Sonderermittler deckt erhebliche Mängel und Rechtsbruch auf (Stefan Krempl, Telepolis, 30.10.2015)
- Berichte und Zusammenfassungen zur NSA-Affäre (Telepolis) 
- NSA-Skandal: EU-Parlament fordert Aus für Massenüberwachung und Schutz für Snowden (Stefan Krempl, Telepolis, 29.10.2015)
- Petition: EU-Parlament fordert Straffreiheit für Edward Snowden (SPON, 30.10.2015)
- 1999: Jam-Echelon-Day (Christoph Zeiher, der Freitag)
Montag, der 10. September 2001. Es ist der Tag vor den Anschlägen auf das World Trade Center in New York. In Brüssel tagt ein Ausschuss des EU-Parlaments, dessen Auftrag es ist, die Aktivitäten eines Spionage-Programms der USA, Großbritanniens und anderer Staaten zu untersuchen. Der Name des Programms: Echelon. Ein Papier aus der Generaldirektion Interne Politikbereiche in der EU berichtet vom erstaunlichen Ergebnis dieser Sitzung: „Der Ausschuss empfahl dem Europäischen Parlament, dass die Bürger der EU-Mitgliedsstaaten bei ihrem Kommunikationsverkehr auf Verschlüsselung zurückgreifen sollten, um ihre Privatsphäre zu schützen.“

Im Schlussdokument des Parlamentsausschusses selbst heißt es dazu: „E-Mails können und sollen (…) von jedermann verschlüsselt werden. Die Verschlüsselung ist sicher und relativ problemlos, im Internet finden sich bereits benutzerfreundliche Systeme, wie z.B. PGP/GnuPG, die Privatpersonen sogar gratis zur Verfügung gestellt werden. Es fehlt aber bedauerlicherweise noch an der notwendigen Verbreitung.“
Nach dem 11. September 2001 wuchsen die Befugnisse der Geheimdienste in den USA in einem nie dagewesenen Umfang. Die nationale Sicherheit wurde zum Grundpfeiler amerikanischer (und damit auch europäischer) Politik. Den Weg dorthin ebneten Programme wie Echelon. Seit 2001 hat sich der Etat der US-Dienste verdoppelt. In nur drei Tagen wurde der Patriot Act durch den Kongress gebracht. Allerdings drangen viele Details des gigantischen Überwachungsapparats erst durch Edward Snowden an die Öffentlichkeit. Duncan Campbell, der Entdecker von Echelon, würdigt das: „Dank Snowden und der mutigen Menschen vor ihm ist die Notwendigkeit öffentlicher Verantwortung und Kontrolle nicht mehr angreifbar.“

Öffentliche Verantwortung legitimiert politische Macht, zumindest in einer Demokratie. Sie ist das Fundament der Gesellschaft wie öffentliche Empörung die Waffe der Bürger, um diese Verantwortung einzufordern. Massenüberwachung verhindert beides. Geheimdienste entziehen sich jeder öffentlichen Verantwortlichkeit. Das liegt in ihrer Natur. Die Menschen müssen sie aktiv einfordern.

Man bräuchte wieder einen Jam-Prism-Day, doch das Monster heute verstopfen zu wollen, wäre aussichtslos. Im Jahr 2001 war die Idee, ein Spionageprogamm abstürzen zu lassen, noch nachvollziehbar. Heute sind die Dienste zu leistungsstark. Too big to fail, wenn man so will. Andererseits sind politische Aktionen im Netz inzwischen umfassender, als es mit dem Jam-Echelon-Day der Fall war. Edward Snowden hat der Bewegung nicht nur einen neuen Helden, sondern auch einen zuvor nicht gekannten Zulauf beschert, ohne dass die kritische Masse damit erreicht wäre.
- Der Sokrates der Geheimdienste (Daniel Rossbach, der Freitag, 24.09.2015)

mein Kommentar: 
Jesses, haben sich die USA in den letzten zwei Jahren selbst ans Bein gepinkelt; ein machtbesessener, paranoider Sauhaufen sondergleichen!
Als ich bei der Grundausbildung bei der Bundeswehr war, trat Batteriefeldwebel Knieriemen (Spitzname »Sackhalter«) an einem Freitagnachmittag zum Wochenendappel vor die Truppe und schrie: »Wir ha’m ’ne Sau, wir ha’m ’ne Sau! Da hat einer vors Geschäftszimmer geschissen und hat ’ne Papierrose draufgesetzt. Batterie… Alarm!« Beim Laufen in die Unterkunft wußten wir nicht, ob wir Angst haben oder vor Begeisterung lachen und schreien sollten…

555 Tage NSA Untersuchungsausschuss (Wilhelm Ahrendt, Freitag-Community, 12.09.2015)
- CIA-Analytiker: So werden Kriege gemacht (Hans Springstein, Freitag-Community, 09.09.2015)

Good Will Hunting - Warum nicht für die NSA arbeiten? [2:31]

Hochgeladen am 21.03.2011

David Bowie/Pat Metheny - This Is Not America (Promo Clip) [3:34] Text   Übersetzung

Hochgeladen am 28.08.2007
1985 EMI America Stereo.