Ab wann ist man Nahostexperte? Nach der Lektüre von 50 Büchern über diese Weltgegend? Oder nachdem man selbst drei Werke darüber geschrieben hat? Oder muss man mindestens ein Jahr in Jerusalem gelebt haben?
Die beiden letztgenannten Zuschreibungen treffen auf Helga Baumgarten zu, die erste vermutlich auch. Seit über 20 Jahren lebt die gebürtige Schwäbin in Ostjerusalem. Die ausgebildete Journalistin lehrt Politologie an der palästinensischen Universität Bir Zeit unweit Ramallah. Immer wieder meldet sie sich in Artikeln und Büchern zu Wort. Dreh- und Angelpunkt ihres Schaffens und Schreibens ist dabei der palästinensisch-israelische Konflikt. Helga Baumgarten sieht sich als Aufklärerin. »In den palästinensischen Gebieten und auch hier in Ostjerusalem leben wir in einem Land unter Besatzung. Viele Europäer haben die Fehlwahrnehmung, dass mit dem Beginn des Oslo-Friedensprozesses hier im Lande der Frieden begann«, fasst sie ihre Erfahrung aus Deutschlandreisen und Vorträgen vor deutschsprachigen Touristen in Jerusalem zusammen.
Haben da die ausländischen Medien versagt, indem sie in Hörern, Lesern und Zuschauern den Eindruck entstehen ließen, ab 1993 habe ein Friedensprozess begonnen? Haben es Korrespondenten versäumt, die unblutigen Seiten der israelischen Besatzung zu beleuchten? Diese sind vielfältig: Ob Palästinenser in Ostjerusalem ein Haus bauen wollen, ob Palästinenser aus Bethlehem die heiligen Stätten in Jerusalem besuchen möchten oder ein Bauer im Gazastreifen seine Schnittblumen für den Valentinstag ausführen will – allesamt benötigen sie Israels Zustimmung. »Diese Besatzung ist wesentlich intensiviert worden«, erklärt Helga Baumgarten.
Die Frau mit den kurzen Haaren scheut nicht die klaren Worte. Einmal wurde deshalb in Leipzig das Podium, auf dem sie saß, gestürmt. Immer wieder ruft sie Ereignisse in Erinnerung, die die westlichen Medien aus welchen Gründen auch immer ausblenden. Wer etwa konnte seinerzeit hören oder lesen, dass selbst Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin Gespräche und Verhandlungen mit Israel angeboten hatte? Israel ging nicht darauf ein. Für Helga Baumgarten hat sich daran bis heute nichts geändert. »Wir haben keinerlei israelische Bereitschaft, wirkliche Verhandlungen mit den Palästinensern aufzunehmen«, stellt sie fest. Auch für die Staatengemeinschaft hat sie kritische Worte übrig: »Wir haben keinerlei Bereitschaft seitens des Westens, Druck auszuüben auf Israel.«
Ohne Druck aber sieht Baumgarten keine Möglichkeit für eine Wende. »Kein Staat der Welt, der die militärische und politische Stärke hat, die Israel besitzt, ist bereit, nachzugeben, wenn kein Druck auf ihn ausgeübt wird. Und dieser Druck fehlt bis heute. Die Rechnung dafür bezahlen alle Palästinenser, aber auch viele Menschen in Israel.«
■ Johannes Zang
Die beiden letztgenannten Zuschreibungen treffen auf Helga Baumgarten zu, die erste vermutlich auch. Seit über 20 Jahren lebt die gebürtige Schwäbin in Ostjerusalem. Die ausgebildete Journalistin lehrt Politologie an der palästinensischen Universität Bir Zeit unweit Ramallah. Immer wieder meldet sie sich in Artikeln und Büchern zu Wort. Dreh- und Angelpunkt ihres Schaffens und Schreibens ist dabei der palästinensisch-israelische Konflikt. Helga Baumgarten sieht sich als Aufklärerin. »In den palästinensischen Gebieten und auch hier in Ostjerusalem leben wir in einem Land unter Besatzung. Viele Europäer haben die Fehlwahrnehmung, dass mit dem Beginn des Oslo-Friedensprozesses hier im Lande der Frieden begann«, fasst sie ihre Erfahrung aus Deutschlandreisen und Vorträgen vor deutschsprachigen Touristen in Jerusalem zusammen.
Haben da die ausländischen Medien versagt, indem sie in Hörern, Lesern und Zuschauern den Eindruck entstehen ließen, ab 1993 habe ein Friedensprozess begonnen? Haben es Korrespondenten versäumt, die unblutigen Seiten der israelischen Besatzung zu beleuchten? Diese sind vielfältig: Ob Palästinenser in Ostjerusalem ein Haus bauen wollen, ob Palästinenser aus Bethlehem die heiligen Stätten in Jerusalem besuchen möchten oder ein Bauer im Gazastreifen seine Schnittblumen für den Valentinstag ausführen will – allesamt benötigen sie Israels Zustimmung. »Diese Besatzung ist wesentlich intensiviert worden«, erklärt Helga Baumgarten.
Die Frau mit den kurzen Haaren scheut nicht die klaren Worte. Einmal wurde deshalb in Leipzig das Podium, auf dem sie saß, gestürmt. Immer wieder ruft sie Ereignisse in Erinnerung, die die westlichen Medien aus welchen Gründen auch immer ausblenden. Wer etwa konnte seinerzeit hören oder lesen, dass selbst Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin Gespräche und Verhandlungen mit Israel angeboten hatte? Israel ging nicht darauf ein. Für Helga Baumgarten hat sich daran bis heute nichts geändert. »Wir haben keinerlei israelische Bereitschaft, wirkliche Verhandlungen mit den Palästinensern aufzunehmen«, stellt sie fest. Auch für die Staatengemeinschaft hat sie kritische Worte übrig: »Wir haben keinerlei Bereitschaft seitens des Westens, Druck auszuüben auf Israel.«
Ohne Druck aber sieht Baumgarten keine Möglichkeit für eine Wende. »Kein Staat der Welt, der die militärische und politische Stärke hat, die Israel besitzt, ist bereit, nachzugeben, wenn kein Druck auf ihn ausgeübt wird. Und dieser Druck fehlt bis heute. Die Rechnung dafür bezahlen alle Palästinenser, aber auch viele Menschen in Israel.«
■ Johannes Zang
aus Publik-Forum 15/2007