Samstag, 5. September 2015

Manipulationspraktiken: Der kleine Schubser

Mit neuen Manipulationspraktiken will der Staat seine Bürger lenken.
Es begegnet uns im Supermarkt, in der Kantine, auf der Autobahn, auf der Zigarettenpackung, in Form einer Erinnerung an den bevorstehenden Zahnarzttermin. Oftmals erhalten wir einen kleinen „Schubser“, der uns zu einem gewünschten Verhalten verleiten möchte. Wir werden genudget.

Von der Unternehmenswelt in die Politik

Die vielfältigen Einflussmöglichkeiten durch Nudges (Englisch für „Stups“ oder „Schubs“) untersuchten die US-Amerikaner Richard Thaler, Professor für Verhaltensökonomie, und Cass Sunstein, Rechtswissenschaftler an der renommierten Harvard University. Ihre Publikation Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt gilt als Standardwerk dieser neuen Strategien. Es geht um jenen kleinen Schubs, den ein „Entscheidungsarchitekt“ den Menschen geben möchte. So beeinflussen beispielsweise die Platzierung der Produkte im Supermarkt unseren Konsum, die genaue Anordnung der Speisen in einer Kantine unser Essverhalten, freundliche Aufforderungen zur Verringerung der Geschwindigkeit unser Fahrverhalten.

Die unendliche Vielfalt der Nudging-Möglichkeiten bedient sich der Erkenntnisse, die die Verhaltensökonomie aus der Psychologie gewonnen hat. Es erstaunt nicht, dass Unternehmen Nudging im großen Stil einzusetzen versuchen, um das Konsumverhalten der Kunden zu manipulieren. Ebenso wenig erstaunt es, dass auch die Politik das Nudging für sich entdeckt hat. So beauftragte US-Präsident Barack Obama im Jahr 2009 Cass Sunstein mit der Führung des „Office of Information and Regulatory Affairs“, die der Rechtswissenschaftler bis 2012 innehatte.(1) Die britische Regierung gründete das „Behavioural Insights Team“, das ganz ungeniert den Beinamen „Nudge Unit“ trägt und bis zu seiner Privatisierung im Jahr 2014 eine reine Regierungsbehörde war.(2) Mit etwas Verspätung hat nun auch die Bundesregierung die Möglichkeiten von Nudging erkannt: Kanzlerin Angela Merkel machte sich im vergangenen Sommer auf die Suche nach dem passenden Fachpersonal für eine Gruppe im Kanzleramt, die die „Entwicklung alternativer Designs von politischen Vorhaben“ vorantreiben soll.(3)

mehr:
- Der kleine Schubser (Andreas von Westphalen, 23.07.2015)

siehe auch:
- Stupsen (Jens Fromm, Mike Weber (Hrsg.), ÖFIT-Trendschau Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft, 2/2015) 
- Menschen ändern nur selten ihre Meinung (Post, 14.08.2015)

Heute vor 55 Jahren – 5. September 1960: Léopold Sédar Senghor wird Präsident des Senegal

Dichter, Humanist und Staatsmann

Länger als ein Jahrhundert (1854-1960) war der Senegal im äußersten Westen Afrikas eine französische Kolonie. Erst als Reaktion auf die seit 1945 stark angewachsenen Autonomiebestrebungen gewährte die Kolonialmacht dem afrikanischen Staat zunächst innere Autonomie und 1960 schließlich die Unabhängigkeit. Erster Präsident des souveränen Landes wurde Léopold Sédar Senghor (1906-2001), der die Politik eines »afrikanischen Sozialismus« verfolgte und dem Senegal ein vergleichsweise freiheitliches System bescherte. Als er das Amt des Präsidenten antrat, war er längst als eine der wichtigsten Persönlichkeiten des politischen Afrikas und zugleich als Dichter bekannt.


Léopold Sédar Senghor (links) bei einer Parade nach seiner Wahl
zum Präsidenten (5.9.1960)
Der in Paris ausgebildete Senghor gilt als Vater der senegalesischen Demokratie. Er war der erste Staatschef in Afrika, der die Macht freiwillig an seinen Nachfolger abgab (1980). Als erster Schwarzafrikaner wurde er 1984 in die Academie Fran<;aise gewählt, die höchste Instanz des intellektuellen Lebens in Frankreich. Auch seinen Lebensabend verbrachte Senghor in Frankreich, auf dem Anwesen seiner französischen Ehefrau in einem kleinen normannischen Dorf.

Was am 5. September noch geschah:
1977: Der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wird von einem Kommando der »Roten-Armee-Fraktion« entführt.
 Harenberg - Abenteuer Geschichte 2015


2013 01 MAURETANIEN, SENEGAL 'Zwischen Meer und Sandmeer nach Schwarzafrika' [1:07:09]

Veröffentlicht am 22.05.2013

siehe auch:
- Schwarze Selbstbestimmung aus dem Senegal (Margit Kllinger-Clavijo, Deutschlandfunk, 06.12.2006)
- Leopold Sédar Senghor – Staatsmann, Humanist und Dichter (Ute Gierczynski-Bocandé, Konrad Adenauer-Stiftung, Februar 2002, PDF)


Ich habe dir ein Lied gesponnen, süß wie das Mittagsgurren der Taube
Und mein dreisaitiges Khalam hat mich dünn begleitet.
Ich hab dir ein Lied gewebt und du hast mich nicht gehört.
Ich habe dir wilde Blumen gereicht deren Duft geheimnisvoll ist wie die Augen des Zauberers Und ihre Pracht ist so vielfältig, wie die Dämmerung zu Sangomar.
Ich dir meine wilden Blumen gereicht. Wirst du sie verwelken lassen während du mit Eintagsfliegen spielst?
(Léopold Sédar Senghor in Janheinz Jahn,“Schwarzer Orpheus“ S.7, gefunden bei Gedichte afrikanischer Autoren gerichtet an Europa, Evangelischer Arbeitskreis für Weltmission )

Schleyer [2:36]

Veröffentlicht am 18.11.2014
Lutz Hachmeisters preisgekrönter Film "Schleyer. Eine deutsche Geschichte" rollt den Fall des umstrittenen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer neu auf: Ob Schleyers NS-Vergangenheit, seine Nachkriegskarriere bei Daimler-Benz oder die schlussendliche Entführung und Ermordung durch die RAF - dem "Boss der Bosse" wird hier ein packendes filmisches Portrait gewidmet, bleibt dabei aber stets fair und faktentreu.