Montag, 2. März 2009

Wie ungesund ist das Musizieren?

Seit 1974 geistert der Cellistenhoden durch die medizinische Fachliteratur. Dieses Leiden soll durch die Reibung des Instruments an der empfindlichsten Körperstelle der ausübenden Musiker entstehen. Beschrieben wurde das Krankheitsbild von einem gewissen John Murphy im British Medical Journal. Die Arbeit wurde immer wieder zitiert, wenn es um Berufskrankheiten bei Musikern ging. Jetzt hat John Murphy's Frau, Elaine Murphy, Mitglied des House of Lords und Ärztin, gestanden, das Krankheitsbild frei erfunden zuhaben. Inspiriert worden sei sie durch einen Artikel im British Medical Journal, der den Gitarristennippel beschrieb. Bei Gittarenspielern könne es zu einer Reizung der Brustwarzen kommen, wenn sie ihr Instrument in Brusthöhe hielten, hieß es da. Die Murphys hielten das für einen Scherz und erfanden ihrerseits den Cellohoden. Das British Medical Journal reagierte mit dem Hinweis, dass Fälscherei in der Wissenschaft eine ernste Sache sei, die man keineswegs gutheißen könne. In diesem Fall sei aber wohl kein nennenswerter Schaden entstanden. Ob das stimmt? Auffallend ist schon, dass das Cello in den meisten großen Orchestern von Frauen gespielt wird. Haben die Murphys vielleicht dem einen oder anderen Mann den Weg in eine große Musikerkarriere verbaut? Sollte man mal untersuchen.
BMJ 2009;338:b288, doi: 10.1136/bmj.b288Murphy JM. Cello scrotum. BMJ 1974;ii:335.
aus MMW – Fortschritte der Medizin Nr. 6/2008

Vielleicht reibt das Cello ja bei den Frauen an den Brustwarzen…
Und Cellisten sollte man vielleicht empfehlen, etwas gegen Prostatakrebs zu unternehmen… (siehe drei Posts weiter)


Multivitamine ohne Wert

Welchen Einfluss hat die Einnahme von Multivitaminpräparaten auf das Risiko für Krebs oder kardiovaskuläre Erkrankungen? Bei über 160.000 postmenapausalen Frauen ging man im Rahmen der Women's Health Initiative dieser Frage nach. Die gute Nachricht: Vitamine erhöhen das Risiko für diese Krankheiten nicht. Die schlechte: Sie vermindern es auch nicht. In der Studie waren die Teilnehmerinnen, von denen die Hälfte regelmäßig Vitamine einnahm, im Schnitt acht Jahre lang verfolgt worden. Dabei zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Vitaminzufuhr und dem Auftreten von Malignomen oder KHK. Auch die Gesamtmortalität unterschied sich nicht in den beiden Gruppen.
Arch Intern Med. 2009;169(3):294-304
aus MMW – Fortschritte der Medizin Nr. 8/2009

Dicke Mütter in chaotischen Haushalten

Nach Daten der Centers for Disease Control and Prevention sind 32% aller US-Amerikaner adipös. 41% aller Mütter schleppen übermäßige Pfunde mit sich herum. Das Risiko, adipös zu werden, ist für Mütter in chaotischen Haushalten besonders hoch, ergab nun eine Studie des New York Obesity Research Center. Als instabile bzw. chaotische Haushalte galten Familien, die mit ungesichertem Einkommen in ärmlicher Umgebung lebten. In 40% der Fälle handelte es sich um alleinerziehende Mütter mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren. 48% dieser Mütter waren adipös. Im Vergleich dazu waren in stabilen Haushalten (finanziell abgesichert in guter Umgebung) nur 38% der Mütter übergewichtig. Die Adipositas der Mütter spiegelte sich nicht im Gewicht der jungen (im Durchschnitt drei Jahre alt) Kinder wieder.
Journal of Health Care for the Poor and Underserved 20:122-133, 2009
aus MMW – Fortschritte der Medizin Nr. 8/2009