Mittwoch, 25. September 2019

40 Prozent aller «Investments» gehen in Briefkastenfirmen

Zehntausende Milliarden Dollar sind in wenigen Steueroasen geparkt. Produktiv ist dieses Geld nicht, aber günstig.

Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF), der dazu in Zusammenarbeit mit der Universität Kopenhagen eine Analyse durchgeführt hat, sind zwei Fünftel aller globalen Direktinvestitionen «Phantomkapital» und dienen der Steuerflucht.

Um die 15‘000 Milliarden Dollar liegen in «leeren Firmenhüllen ohne Geschäftsaktivität», stellten die Ökonomen Jannick Damgaard, Thomas Elkjaer und Niels Johannesen in einem Artikel in «Finance & Development» fest. Die Forscher haben Daten zu ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI) der vergangenen Jahre analysiert. Eine erschreckende Zahl, wenn man bedenkt, was das bedeutet.

Wenn Geld im Ausland investiert wird, ist das zunächst einmal nicht schlecht. Es fördert Mehrwert und bringt Arbeitsplätze. Dass an dieser Idealvorstellung irgendetwas nicht stimmen kann, legen schon die Zahlen nahe. In Luxemburg, das 600‘000 Einwohner hat, liege so viel ausländisches Investitionskapital wie in den gesamten USA, rechnen Damgaard, Elkjaer und Johannesen vor. Bei vier Billionen Dollar kommen auf jeden Einwohner 6,6 Millionen Dollar – eine riesige Zahl.

mehr:
- 40 Prozent aller «Investments» gehen in Briefkastenfirmen (Daniela Gschweng, Info-Sperber, 25.09.2019)
siehe auch:
Grossbanken sind stärker subventioniert als die Landwirtschaft (Post, 18.08.2019)
Antoine Deltour, Schreck der Steuerbetrüger (Post, 05.05.2016)
Cum-cum/Cum-ex: Steuerbetrug unter den Augen des Staates (Post, 03.03.2016)
Kapitalismus: Eine Firma mit null Angestellten vergibt Milliardenkredite (Post, 09.11.2014)
- Rudolf Schmenger im Interview (Post, 30.07.2013)

"Gelobt sei Gott": Ein Missbrauchs-Priester und seine Opfer

François Ozons Film "Gelobt sei Gott", der auf einem wahren Fall basiert, erzählt fast dokumentarisch-nüchtern von einem Missbrauchs-Priester und seinen Opfern. Und von einer Kirche, die den Fall vertuscht.

Da ist ein Flüstern und ein Beten zu hören, da ist nun auch, auf der Terrasse einer Kirche und hoch über der Stadt Lyon, ein Mann zu sehen. Ein Mann allein, aber in vollem Ornat. Es ist Kardinal Barbarin (François Marthouret), der ein Ritual vollzieht und das goldene Kreuz einer Monstranz in den Morgenhimmel hebt. Aber diese Sequenz, mit der François Ozon seinen Film "Gelobt sei Gott" eröffnet, wirkt nicht nur wie die Exekution einer Schutz- und Segensgeste, in ihr manifestiert sich auch ein Besitz- und Machtanspruch. Wir da oben, ihr da unten! Diese Stadt gehört der katholischen Kirche, sie ist die oberste Instanz, nach ihr und ihren Gesetzen hat sich alles zu richten. Das bürgerliche Leben zum Beispiel, so wie es der Banker Alexandre (Melvil Poupaud) mit seiner Frau und seinen fünf Kindern führt. Sehr ernst, sehr beherrscht, sehr gläubig. Und doch bringt dieser Alexandre einen Stein ins Rollen, der die Kirche in ihren Grundfesten erschüttern wird. Denn plötzlich, bei einer Messe, erkennt er jenen Priester wieder, der ihn damals, als Kind und Pfadfinder, missbraucht hat.

"Gelobt sei Gott" erzählt von einem Skandal, der nicht nur in Lyon und auch nicht nur in Frankreich Aufsehen erregte. Jahrelang konnte der pädophile Priester Bernard Preynat (Bernard Verley) sich ungehindert an Jungen vergehen. Gerüchten wurde nicht nachgegangen, Beschwerden wurden ignoriert, und als an den Vergehen nicht mehr zu zweifeln war, griff die Kirche zum "bewährten" Mittel der Versetzung. So steht Preynat nun, nach so vielen Jahren, vor dem erwachsenen Alexandre. Und der zuckt zusammen, was verschüttet war, kommt nun wieder hoch, er stürzt zurück in seine Kindheit und erlebt noch einmal, wie dieser Mann ihn ausgesucht und in sein Zelt geführt hat. "Er öffnete meinen Hosenschlitz", so schreibt Alexandre an die Kirche und an Kardinal Barbarin, die sich dieses Falls annehmen sollen. Denn Alexandre ist ja, wie gesagt, schwer katholisch. Er vertraut auf die Selbstreinigungskräfte dieser Institution.

mehr:
- Der Furor des Faktischen (Robert Koppold, Kontext, 25.09.2019)

GELOBT SEI GOTT | Trailer & Filmclip [HD] {4:45}

vipmagazin
Am 23.08.2019 veröffentlicht 
http://youtube.com/vipmagazin | "Gelobt sei Gott" (Trailer deutsch german) | Kinostart: 26.09.2019