Déjà-vu in der Griechenland-Krise: Wie schon 2010 sträubt sich Deutschland gegen Hilfe. Das kann nicht gut gehen
Wann ist eine Haltung dogmatisch? Wenn man nicht mehr darüber reden kann. Genau das scheint das Problem mit der deutschen Haltung gegenüber Griechenland zu sein. Man kann nicht darüber reden, denn alles andere würde europäische Prinzipien und Verträge verletzen – sagt jedenfalls Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Merkwürdig nur, dass die meisten EU-Politiker das völlig anders sehen. In Brüssel behauptet niemand, dass die in Griechenland besonders umstrittene Troika in den EU-Verträgen verankert sei. In Brüssel hat auch noch niemand ein Prinzip entdeckt, das es verbieten würde, über Schulden zu reden, oder über eine Umschuldung.
Im Gegenteil: Sie reden miteinander, die Herren Tsipras, Juncker, Tusk und Schulz. Am Mittwoch haben sie sich in Brüssel getroffen und in aller Freundschaft, mit Wangenkuss und Schulterklaps, über die Probleme und Wünsche Griechenlands diskutiert. Tabus hat es dabei, so weit erkennbar, keine gegeben. Ganz im Gegenteil.
EU-Kommissionspräsident Juncker hat sich bereits für eine Abschaffung der Troika ausgesprochen. Parlamentspräsident Schulz stimmt Tsipras zu, dass die neue Regierung in Athen nun auch einmal die Reichen zur Kasse bitten sollte. Und Ratspräsident Tusk hat Gespräche über eine Umschuldung zumindest nicht ausgeschlossen. Geht doch!
All das und noch viel mehr sollte auch in Berlin gehen, wenn der griechische Finanzminister Varoufakis seinen Amtskollegen Schäuble trifft. Schließlich liefert Varoufakis eine Steilvorlage: Nie und nimmer wolle Athen sein Konto überziehen, die Zeiten des Budgetdefizits seien ein für allemal vorbei, sagte er in einem „Zeit“-Interview.
Das ist voll auf Schäuble-Linie - wie auch viele andere Äußerungen des neuen griechischen Kollegen. Innerhalb nur einer Woche hat Varoufakis bereits viel Kreide gefressen; mit seinem Interview ist er auf Schäuble zugegangen. Nun sollte sich auch der deutsche Kassenwart bewegen und seine dogmatische Haltung überwinden.
mehr:
- Der deutsche Kurs ist krachend gescheitert (Eric Bonse, Cicero, 04.02.2015)
siehe auch:
- Griechenland: Was läuft hier eigentlich? (Post, 27.10.2011)
Donnerstag, 5. Februar 2015
Esther Duflo – Die moderne Mutter Teresa
Was wirkt gegen Krankheit und Armut? Die Ökonomin Esther Duflo testet das systematisch. Anfangs stieß ihre Methodik vor allem bei NGOs auf Widerstand. Jetzt wird sie für den Nobelpreis gehandelt
Klein. Frau. Französin. In der von großen, meist männlichen Egos geprägten Welt der amerikanischen Ökonomen ist Esther Duflo exotisch. Zumal sie über Armut forscht – für ehrgeizige US-Jungakademiker ähnlich attraktiv wie beten. Aber Duflo hat die Außenseiterdisziplin Entwicklungsökonomie mit ihrer Arbeit revolutioniert. Bill Gates liest ihre Bücher, Weltbank-Chef Jim Yong Kim gehört zu ihren Fans – und U2-Sänger Bono gratulierte persönlich zum 10. Jubiläum des von Duflo gegründeten Poverty Action Lab am Massachussets Institute of Technology im vergangenen Dezember.
mehr:
- Ökonomin Esther Duflo – Die moderne Mutter Teresa (Christine Mattauch, Cicero, 02.05.2015)
Klein. Frau. Französin. In der von großen, meist männlichen Egos geprägten Welt der amerikanischen Ökonomen ist Esther Duflo exotisch. Zumal sie über Armut forscht – für ehrgeizige US-Jungakademiker ähnlich attraktiv wie beten. Aber Duflo hat die Außenseiterdisziplin Entwicklungsökonomie mit ihrer Arbeit revolutioniert. Bill Gates liest ihre Bücher, Weltbank-Chef Jim Yong Kim gehört zu ihren Fans – und U2-Sänger Bono gratulierte persönlich zum 10. Jubiläum des von Duflo gegründeten Poverty Action Lab am Massachussets Institute of Technology im vergangenen Dezember.
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- Ökonomin Esther Duflo – Die moderne Mutter Teresa (Christine Mattauch, Cicero, 02.05.2015)
Mordauftrag für Charlie-Hebdo-Eigentümer
Der ehemalige pakistanische Eisenbahnminister Ghulam Ahmad Bilour will 100.000 Dollar Prämie an die Verwandten der Attentäter vom 7. Januar auszahlen
Der 74-jährige Haj Ghulam Ahmad Bilour ist ein Abkömmling der lokalen Oligarchie in der pakistanischen Stadt Peschawar. Als seine Paschtunenpartei Awami National Party (ANP) von 2008 bis 2013 in Pakistan mitregierte, wurde er Eisenbahnminister. In dieser Zeit ging es mit Pakistan Railways bergab, was (wie manche Beobachter vermuten) nicht nur an Inkompetenz lag sondern auch an Bilours Verbindungen zur "Lastwagenfahrermafia". In einer öffentlichen Stellungnahme versuchte der Minister damals sein Versagen mit einem Verweis auf Saudi-Arabien zu rechtfertigen: Wenn dieses religiös vorbildliche Land keine funktionierende Eisenbahn habe, dann brauche Pakistan auch keine.
Nun erregt Bilour internationales Aufsehen, weil er während einer Parlamentsdebatte eine Belohnung in Höhe von 200.000 Dollar für die Ermordung des "Eigentümers" der Satirezeitschrift Charlie Hebdo versprach. Deren Redaktion war am 7. Januar Opfer eines Anschlags von Dschihadisten geworden und hatte auf das durch Mohammed-Karikaturen motivierte Massaker mit neuen Mohammed-Karikaturen reagiert, die Islamisten erneut in Schnappatmung versetzen. Andere Abgeordnete im pakistanischen Parlament widersprachen Bilours Kopfgeldauslobung nicht – möglicherweise auch deshalb, weil sie fürchten müssen, in solch einem Fall selbst Opfer einer Blasphemie-Hexenjagd zu werden. Im September 2012 hatte der Paschtunenpolitiker schon einmal 100.000 Dollar für die Ermordung eines Kopten ausgesetzt, der im Verdacht steht, ein als blasphemisch kritisiertes Mohammedvideo produziert zu haben. Die bislang nicht ausgezahlten 100.000 Dollar Kopfgeld aus seiner Auslobung von 2012 will Bilour nun an Verwandte der Charlie-Hebdo-Redaktionsmörder Chérif und Saïd Kouachi auszahlen.
mehr:
- xxx (Peter Mühlbauer, Teleplis, 05.02.2015)
Der 74-jährige Haj Ghulam Ahmad Bilour ist ein Abkömmling der lokalen Oligarchie in der pakistanischen Stadt Peschawar. Als seine Paschtunenpartei Awami National Party (ANP) von 2008 bis 2013 in Pakistan mitregierte, wurde er Eisenbahnminister. In dieser Zeit ging es mit Pakistan Railways bergab, was (wie manche Beobachter vermuten) nicht nur an Inkompetenz lag sondern auch an Bilours Verbindungen zur "Lastwagenfahrermafia". In einer öffentlichen Stellungnahme versuchte der Minister damals sein Versagen mit einem Verweis auf Saudi-Arabien zu rechtfertigen: Wenn dieses religiös vorbildliche Land keine funktionierende Eisenbahn habe, dann brauche Pakistan auch keine.
Nun erregt Bilour internationales Aufsehen, weil er während einer Parlamentsdebatte eine Belohnung in Höhe von 200.000 Dollar für die Ermordung des "Eigentümers" der Satirezeitschrift Charlie Hebdo versprach. Deren Redaktion war am 7. Januar Opfer eines Anschlags von Dschihadisten geworden und hatte auf das durch Mohammed-Karikaturen motivierte Massaker mit neuen Mohammed-Karikaturen reagiert, die Islamisten erneut in Schnappatmung versetzen. Andere Abgeordnete im pakistanischen Parlament widersprachen Bilours Kopfgeldauslobung nicht – möglicherweise auch deshalb, weil sie fürchten müssen, in solch einem Fall selbst Opfer einer Blasphemie-Hexenjagd zu werden. Im September 2012 hatte der Paschtunenpolitiker schon einmal 100.000 Dollar für die Ermordung eines Kopten ausgesetzt, der im Verdacht steht, ein als blasphemisch kritisiertes Mohammedvideo produziert zu haben. Die bislang nicht ausgezahlten 100.000 Dollar Kopfgeld aus seiner Auslobung von 2012 will Bilour nun an Verwandte der Charlie-Hebdo-Redaktionsmörder Chérif und Saïd Kouachi auszahlen.
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- xxx (Peter Mühlbauer, Teleplis, 05.02.2015)
Ukraine: Ex-Ministerpräsident glaubt an US-Putschplan
Mykola Asarow hat in Moskau sein Buch "Ukraine am Scheideweg" vorgestellt.
Der Ingenieur Mykola Asarow wurde 1947 im russischen Kaluga als Sohn einer Russin und eines Esten geboren. In den 1980er Jahren wurde er Direktor des Bergbauinstituts von Donezk und in den 1990ern Politiker. Im März 2010 wählte der Werchowna Rada den damaligen Vorsitzenden der Partei der Regionen zum Ministerpräsidenten der Ukraine. Am 28. Januar 2014 trat Asarow von diesem Posten zurück, um (nach eigenen Angaben) einem Kompromiss zwischen dem damaligen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch und dessen Gegnern nicht im Weg zu stehen.
Nun hat er in Moskau sein Buch Ukraina na Pereputje ("Ukraine am Scheideweg") vorgestellt. Darin wirft er den USA vor, die Maidan-Proteste in Kiew mit vorbereitet zu haben, um den (um ein gutes Verhältnis zu Moskau und zu Brüssel bemühten) damaligen Staatspräsidenten zu entmachten. Um das zu verschleiern, hätten westliche Politiker bewusst getäuscht und gelogen. Dass der Ruf nach Änderungen im politischen System und nach Korruptionsbekämpfung nur vorgeschoben war, zeigte sich Asarows Ansicht nach unter anderem darin, dass Janukowitsch gestürzt wurde, nachdem er ein von der Opposition gefordertes Abkommen über Reformen unterzeichnet hatte. Wäre der Donezker mit polnischen Wurzeln nicht nach Russland geflohen, dann hätte ihm Asarows Worten nach ein Schicksal wie das von Muammar al-Gaddafi gedroht, der 2011 anal gepfählt wurde.
mehr:
- Ukraine: Ex-Ministerpräsident glaubt an US-Putschplan (Peter Mühlbauer, Telepolis, 05.02.2015)
Dazu zwei Zitate von Frank Zappa:
Der Ingenieur Mykola Asarow wurde 1947 im russischen Kaluga als Sohn einer Russin und eines Esten geboren. In den 1980er Jahren wurde er Direktor des Bergbauinstituts von Donezk und in den 1990ern Politiker. Im März 2010 wählte der Werchowna Rada den damaligen Vorsitzenden der Partei der Regionen zum Ministerpräsidenten der Ukraine. Am 28. Januar 2014 trat Asarow von diesem Posten zurück, um (nach eigenen Angaben) einem Kompromiss zwischen dem damaligen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch und dessen Gegnern nicht im Weg zu stehen.
Nun hat er in Moskau sein Buch Ukraina na Pereputje ("Ukraine am Scheideweg") vorgestellt. Darin wirft er den USA vor, die Maidan-Proteste in Kiew mit vorbereitet zu haben, um den (um ein gutes Verhältnis zu Moskau und zu Brüssel bemühten) damaligen Staatspräsidenten zu entmachten. Um das zu verschleiern, hätten westliche Politiker bewusst getäuscht und gelogen. Dass der Ruf nach Änderungen im politischen System und nach Korruptionsbekämpfung nur vorgeschoben war, zeigte sich Asarows Ansicht nach unter anderem darin, dass Janukowitsch gestürzt wurde, nachdem er ein von der Opposition gefordertes Abkommen über Reformen unterzeichnet hatte. Wäre der Donezker mit polnischen Wurzeln nicht nach Russland geflohen, dann hätte ihm Asarows Worten nach ein Schicksal wie das von Muammar al-Gaddafi gedroht, der 2011 anal gepfählt wurde.
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- Ukraine: Ex-Ministerpräsident glaubt an US-Putschplan (Peter Mühlbauer, Telepolis, 05.02.2015)
Dazu zwei Zitate von Frank Zappa:
»The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater.«
»Politik ist die Unterhaltungsabteilung des militärisch-industriellen Komplexes.«
Assange sitzt in aussichtsloser Lage fest
Großbritannien hat bereits 10 Millionen Pfund zur Überwachung des in der Botschaft Ecuadors festsitzenden WikiLeaks-Gründers ausgegeben und übt Druck auf Ecuador aus
Seit Juni 2012 lebt WikiLeaks-Mitbegründer Julian Assange im politischen Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London. Schweden verlangt weiterhin die Auslieferung, um eine Anhörung wegen der gegen ihn erhobenen Vergewaltigungsvorwürfe durchführen zu können. Schweden hatte es abgelehnt, Assange in der Botschaft zu verhören. Die USA, die Assange Spionage vorwerfen, haben keinen Auslieferungsantrag gestellt, angeblich auch nicht an Schweden.
mehr:
- Assange sitzt in aussichtsloser Lage fest (Florian Rötzer, Telepolis, 05.02.2015)
Seit Juni 2012 lebt WikiLeaks-Mitbegründer Julian Assange im politischen Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London. Schweden verlangt weiterhin die Auslieferung, um eine Anhörung wegen der gegen ihn erhobenen Vergewaltigungsvorwürfe durchführen zu können. Schweden hatte es abgelehnt, Assange in der Botschaft zu verhören. Die USA, die Assange Spionage vorwerfen, haben keinen Auslieferungsantrag gestellt, angeblich auch nicht an Schweden.
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- Assange sitzt in aussichtsloser Lage fest (Florian Rötzer, Telepolis, 05.02.2015)
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