Ende der Woche werden Bundestag und Bundesrat den Gesetzentwurf zum Fracking diskutieren. Die Kontroverse verläuft weniger zwischen Parteien als viel mehr zwischen Bürgern und Politik
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks fand klare Worte: "Fracking zu wirtschaftlichen Zwecken wird es in absehbarer Zeit in Deutschland nicht geben!" Als die SPD-Ministerin im vergangenen Sommer einen Gesetzentwurf über die unkonventionelle Methode zur Förderung von Öl und Erdgas vorlegte, erweckte sie öffentlich den Eindruck, dass es sich dabei um einen reinen Verbotskatalog handelt. "Erlaubt sind nur Probebohrungen für die Forschung, und auch das nur ohne den Einsatz von wassergefährdende Frackflüssigkeiten."
In der breiten Öffentlichkeit kam diese Argumentation gut an. Das Aufbrechen von tiefen Gesteinsschichten hat in der Bevölkerung einen schlechten Ruf. Besonders der Umstand, dass dabei Millionen Tonnen von Wasser mit Chemikalien versetzt in den Boden gepresst werden, bereitet vielen Menschen ein ungutes Gefühl. Warum einen Rohstoff aus öffentlichem Eigentum verbrauchen, um einen anderen Rohstoff für private Energieunternehmen zu fördern?
Dass sich dafür Argumente finden lassen, zeigt ein anderer SPD-Politiker. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies verweist auf 20.000 Arbeitsplätze, die in seinem Bundesland an der Erdgas- und Ölförderung hängen. Bisher sind vor allem die beiden Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen vom Fracking betroffen. Hier holen die Firmen ExxonMobil, Wintershall und RWE Dea das Erdgas aus einer Tiefe von rund vier Kilometern.
mehr:
- Tarnkappenbombe: Debatte zum Gesetz über Fracking (Malte Daniljuk, Telepolis, 06.05.2015)
siehe auch:
- Genmais? – Nein, nein, nein, ja! Fuck the Bürger! (Post, 20.04.2014)
- TTIP – Verhandlungen hinter verschlossenen Türen (Post, 23.04.2014)
mein Kommentar:
Fracking wird genauso kommen wie Stuttgart 21, der Euro, der EU-Beitritt der Griechen, die Rettungsschirme, die Atommüll-Endlagerung in der Asse, TTIP und der Ukraine-Konflikt. Die Strippenzieher bleiben im Hintergrund, jeder war dagegen, und keiner hat es kommen sehen.
Freitag, 8. Mai 2015
Freiheit, wehrhafte Demokratie und Geheimdienste
G36-Lobby wollte Geheimdienst auf Journalisten hetzen
Nach einem Bericht des Spiegel soll ein Ministerialrat aus dem Bundesverteidigungsministerium versucht haben, den Militärgeheimdienst für eine Operation gegen kritische Journalisten zu gewinnen. Der Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) und dem Rüstungsproduzenten Heckler & Koch missfielen kritische Berichterstattung über das umstrittene Bundeswehrgewehr G36. So wollte man die Journalisten offenbar überwachen und mit Geheimdienst-Methoden mundtot machen. Der Süddeutschen zufolge sollte auch gegen einen G36-kritischen Mitarbeiter der Wehrtechnischen Dienststelle 91 vorgegangen werden. Der bislang vertuschte Skandal fällt nun der Verteidigungsministerin vor die Füße, die gerade die G36-Flinte ins Korn geworfen hatte.
Das Amt für Militärische Abschirmdienst (MAD) ist erfahren im Beschädigen seiner Verteidigungsminister. So musste 1978 Verteidigungsminister Georg Leber zurücktreten, als der MAD dabei erwischt wurde, Lebers Sekretärin abzuhören. Der MAD hatte es nicht für nötig befunden, den Verteidigungsminister über einen Spionageverdacht einzuweihen, was diesen die Autorität kostete. Helmut Schmidt gewann während seiner Zeit als Verteidigungsminister und damit Dienstherr des MAD einen so schlechten Eindruck von den Geheimdiensten, dass er als späterer Bundeskanzler aus Prinzip keinen BND-Vertreter empfing oder Geheimdienstberichte las.
In den 1980er Jahren brachte der MAD den US-kritischen General Günter Kießling in Misskredit. Wie in einer schlechten Agentenkommödie will der MAD einer Verwechslung mit einem dem General ähnlich sehenden schwulen Bundeswehrangehörigen aufgesessen sein, was einen General nach damaligen Wertvorstellungen der NATO erpressbar gemacht hätte. Der Skandal beschädigte schlussendlich den strammen Transatlantiker Manfred Wörner, der Kießling rehabilitieren und dann mit einem eisigen Zapfenstreich in den Ruhestand verabschieden musste.
Für den Hauptgegner im Osten war der angeblich so geheime MAD ein offenes Buch. Nach Ende des Kalten Kriegs mussten die uniformierten Schlappbarette zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, dass der inzwischen verstorbene stellvertretende MAD-Kommandeur Joachim Krase selbst ein Doppelagent des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen war.
mehr:
- Gewehrhersteller und Gewährsmänner (Karkus Kompa, Telepolis, 06.05.2015)
siehe auch:
- Kießling-Affäre (Wikipedia)
Nach einem Bericht des Spiegel soll ein Ministerialrat aus dem Bundesverteidigungsministerium versucht haben, den Militärgeheimdienst für eine Operation gegen kritische Journalisten zu gewinnen. Der Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) und dem Rüstungsproduzenten Heckler & Koch missfielen kritische Berichterstattung über das umstrittene Bundeswehrgewehr G36. So wollte man die Journalisten offenbar überwachen und mit Geheimdienst-Methoden mundtot machen. Der Süddeutschen zufolge sollte auch gegen einen G36-kritischen Mitarbeiter der Wehrtechnischen Dienststelle 91 vorgegangen werden. Der bislang vertuschte Skandal fällt nun der Verteidigungsministerin vor die Füße, die gerade die G36-Flinte ins Korn geworfen hatte.
Das Amt für Militärische Abschirmdienst (MAD) ist erfahren im Beschädigen seiner Verteidigungsminister. So musste 1978 Verteidigungsminister Georg Leber zurücktreten, als der MAD dabei erwischt wurde, Lebers Sekretärin abzuhören. Der MAD hatte es nicht für nötig befunden, den Verteidigungsminister über einen Spionageverdacht einzuweihen, was diesen die Autorität kostete. Helmut Schmidt gewann während seiner Zeit als Verteidigungsminister und damit Dienstherr des MAD einen so schlechten Eindruck von den Geheimdiensten, dass er als späterer Bundeskanzler aus Prinzip keinen BND-Vertreter empfing oder Geheimdienstberichte las.
In den 1980er Jahren brachte der MAD den US-kritischen General Günter Kießling in Misskredit. Wie in einer schlechten Agentenkommödie will der MAD einer Verwechslung mit einem dem General ähnlich sehenden schwulen Bundeswehrangehörigen aufgesessen sein, was einen General nach damaligen Wertvorstellungen der NATO erpressbar gemacht hätte. Der Skandal beschädigte schlussendlich den strammen Transatlantiker Manfred Wörner, der Kießling rehabilitieren und dann mit einem eisigen Zapfenstreich in den Ruhestand verabschieden musste.
Für den Hauptgegner im Osten war der angeblich so geheime MAD ein offenes Buch. Nach Ende des Kalten Kriegs mussten die uniformierten Schlappbarette zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, dass der inzwischen verstorbene stellvertretende MAD-Kommandeur Joachim Krase selbst ein Doppelagent des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen war.
mehr:
- Gewehrhersteller und Gewährsmänner (Karkus Kompa, Telepolis, 06.05.2015)
siehe auch:
- Kießling-Affäre (Wikipedia)
Will weder Kiew noch Moskau den Donbass?
Für Kiew herrsche derzeit die "beste aller möglicher Welten", so die These des Politologen Alexander Motyl
In den "Volksrepubliken" der Ukraine herrschen schlimme Zustände. Gerade beschweren sie sich über die von Kiew verhängte Wirtschaftsblockade: "Für die Durchfahrt eines Lastwagens mit Fleisch durch einen Kontrollposten kassiert die Nationalgarde 150.000 Griwna (rund 6.500 Euro). Die Nationalgarde 'erwirtschaftet' täglich dutzende Millionen. Das hat zur Folge, dass (nach Donbass) durchgelassene Lebensmittel im Vergleich zur Ukraine das Doppelte kosten", so Andrej Purgin von der Volksrepublik Donezk.
Während die Separatisten vermehrt zündeln und den Waffenstillstand durchbrechen, schleppt Kiew die Umsetzung des Minsker Abkommens hinaus, was den Autonomiestatus der "Volksrepubliken" oder die Verhandlungen mit deren Vertretern betrifft. Zwar stellt sich Kiew als Außenposten für die Rettung des Westens vor der russischen Aggression dar, aber in Wirklichkeit könnte sich Moskau in der Defensive befinden. Zwar wurde schnell die Krim annektiert, aber es war schnell klar, dass Moskau dasselbe nicht mit der Ostukraine vorhat.
Das dürfte auch nichts damit zu tun haben, dass die Annektierung der Krim für Russland zunächst teuer wird. Die Eingemeindung der Krim garantiert der russischen Marine den Zugang zum Schwarzen Meer und damit zum Mittelmeer, zudem gibt es reichlich Öl- und Gasressourcen und der russische Bevölkerungsanteil ist hoch. Die Ostukraine hingegen ist ein Gebiet, das zwar wirtschaftlich eng an Russland gebunden war, aber sich schon vor dem Konflikt im Niedergang befand. Durch den Krieg ist zudem ein großer Teil der Infrastruktur und damit der Wirtschaftskraft zerstört worden.
mehr:
- Will weder Kiew noch Moskau den Donbass? (Florian Rötzer, Telepolis, 07.05.2015)
Mein Kommentar:
Das wird noch schön werden. In ein paar Jahren werden wir das gleiche Rumgezerre haben wie jetzt mit Griechenland. Und jeder Politiker wird beteuern, man habe sich das nicht vorstellen können. Und die ukrainischen Oligarchen haben ihr Vermögen in Sicherheit gebracht und reiben sich die Hände.
Und die Journalisten haben immer was zu schreiben…
In den "Volksrepubliken" der Ukraine herrschen schlimme Zustände. Gerade beschweren sie sich über die von Kiew verhängte Wirtschaftsblockade: "Für die Durchfahrt eines Lastwagens mit Fleisch durch einen Kontrollposten kassiert die Nationalgarde 150.000 Griwna (rund 6.500 Euro). Die Nationalgarde 'erwirtschaftet' täglich dutzende Millionen. Das hat zur Folge, dass (nach Donbass) durchgelassene Lebensmittel im Vergleich zur Ukraine das Doppelte kosten", so Andrej Purgin von der Volksrepublik Donezk.
Während die Separatisten vermehrt zündeln und den Waffenstillstand durchbrechen, schleppt Kiew die Umsetzung des Minsker Abkommens hinaus, was den Autonomiestatus der "Volksrepubliken" oder die Verhandlungen mit deren Vertretern betrifft. Zwar stellt sich Kiew als Außenposten für die Rettung des Westens vor der russischen Aggression dar, aber in Wirklichkeit könnte sich Moskau in der Defensive befinden. Zwar wurde schnell die Krim annektiert, aber es war schnell klar, dass Moskau dasselbe nicht mit der Ostukraine vorhat.
Das dürfte auch nichts damit zu tun haben, dass die Annektierung der Krim für Russland zunächst teuer wird. Die Eingemeindung der Krim garantiert der russischen Marine den Zugang zum Schwarzen Meer und damit zum Mittelmeer, zudem gibt es reichlich Öl- und Gasressourcen und der russische Bevölkerungsanteil ist hoch. Die Ostukraine hingegen ist ein Gebiet, das zwar wirtschaftlich eng an Russland gebunden war, aber sich schon vor dem Konflikt im Niedergang befand. Durch den Krieg ist zudem ein großer Teil der Infrastruktur und damit der Wirtschaftskraft zerstört worden.
mehr:
- Will weder Kiew noch Moskau den Donbass? (Florian Rötzer, Telepolis, 07.05.2015)
Mein Kommentar:
Das wird noch schön werden. In ein paar Jahren werden wir das gleiche Rumgezerre haben wie jetzt mit Griechenland. Und jeder Politiker wird beteuern, man habe sich das nicht vorstellen können. Und die ukrainischen Oligarchen haben ihr Vermögen in Sicherheit gebracht und reiben sich die Hände.
Und die Journalisten haben immer was zu schreiben…
Ausländische Banden und deutsche Einzeltäter
Wie die Medien über Kriminalität berichten
Kürzlich schrieb "Spiegel online" über ein Gerichtsverfahren: "Die aktuell angeklagte Betrügerbande gehört nach Erkenntnissen der Ermittler zur berüchtigten Leverkusener Großfamilie Goman – ein Verbund von Roma-Clans…" Der Leverkusener "Express" bezeichnete die fünf Verurteilten lediglich als "Mitglieder eines Leverkusener Familien-Clans" und der Kölner "Express" berichtete ebenso politisch korrekt und strikt neutral über "fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie". Die Täter sollen Dutzende Rentnerinnen abgezockt haben.
Hat "Spiegel online" damit zum Rassen-, Ausländer- und Minderheitenhass aufgestachelt und der grassierenden Fremdenfeindlichkeit Vorschub geleistet? Oder hat er schlicht seiner Chronistenpflicht Genüge getan? Wer hat sich korrekt verhalten? "Spiegel online" oder der Kölner "Express"?
Immer wieder stehen Journalisten vor derselben Frage, wenn sie über einen aktuellen Kriminalfall berichten: Da hat einer auf besonders bestialische Weise seine Schwiegermutter dahingemeuchelt. Muss man nun berichten, dass er Ausländer ist? Oder sollte man das als Nebensächlichkeit weglassen, um nicht zu dumpfem Ausländerhass aufzustacheln? Schließlich hat der Mord an der Schwiegermutter nichts mit ausländischer Folklore zu tun. Er kommt auch bei Inländern schon mal vor.
mehr:
- Ausländische Banden und deutsche Einzeltäter (Wolfgan J. KoschnickTelepolis, 07.05.2015)
Kürzlich schrieb "Spiegel online" über ein Gerichtsverfahren: "Die aktuell angeklagte Betrügerbande gehört nach Erkenntnissen der Ermittler zur berüchtigten Leverkusener Großfamilie Goman – ein Verbund von Roma-Clans…" Der Leverkusener "Express" bezeichnete die fünf Verurteilten lediglich als "Mitglieder eines Leverkusener Familien-Clans" und der Kölner "Express" berichtete ebenso politisch korrekt und strikt neutral über "fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie". Die Täter sollen Dutzende Rentnerinnen abgezockt haben.
Hat "Spiegel online" damit zum Rassen-, Ausländer- und Minderheitenhass aufgestachelt und der grassierenden Fremdenfeindlichkeit Vorschub geleistet? Oder hat er schlicht seiner Chronistenpflicht Genüge getan? Wer hat sich korrekt verhalten? "Spiegel online" oder der Kölner "Express"?
Immer wieder stehen Journalisten vor derselben Frage, wenn sie über einen aktuellen Kriminalfall berichten: Da hat einer auf besonders bestialische Weise seine Schwiegermutter dahingemeuchelt. Muss man nun berichten, dass er Ausländer ist? Oder sollte man das als Nebensächlichkeit weglassen, um nicht zu dumpfem Ausländerhass aufzustacheln? Schließlich hat der Mord an der Schwiegermutter nichts mit ausländischer Folklore zu tun. Er kommt auch bei Inländern schon mal vor.
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- Ausländische Banden und deutsche Einzeltäter (Wolfgan J. KoschnickTelepolis, 07.05.2015)
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