Der Demokrat Franklin Delano Roosevelt legt in Washington vor dem Obersten Bundesrichter den Amtseid als 32. Präsident der USA ab. Mit dem »New Deal«, einem breitangelegten Sozialprogramm, will er die schwere Wirtschaftskrise des Landes eindämmen.
Montag, 4. März 2013
Heute vor 80 Jahren – 4. März 1933: Die Selbstausschaltung des österreichischen Parlaments
In Österreich kommt es aufgrund einer verfahrenstechnischen Unachtsamkeit zur Beschlussunfähigkeit des Nationalrats, die der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß für einen Staatsstreich nutzt, indem er diese als „Selbstausschaltung des Parlaments“ bezeichnet. Die Zeit des Austrofaschismus beginnt.
Der Richter und sein Banker
Ratingagenturen üben eine enorme Macht über Staaten und Unternehmen aus. Aber wem gehören sie eigentlich? Werner Rügemer deckt schockierende Verflechtungen in ihren Eigentumsstrukturen auf.
Jeder wird einsehen, dass der Schiedsrichter eines Spiels nicht zum Personal einer der beiden Mannschaften gehören sollte. Es gibt aber ein Spielfeld, auf dem dieses Prinzip offenbar nicht oder nur eingeschränkt gilt: das der großen Rating-Agenturen. Die drei Weltmarktführer Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch haben sich in der Finanzkrise nicht mit Ruhm bekleckert. Weil sie Lehman Brothers noch kurz vor seinem Untergang beste Noten gaben und marode Immobilienkredite, die teils unter ihrer eigenen Mithilfe entstanden waren, hoch bewerteten, rechnet man sie zu den Krisenfaktoren.
Immer wieder hagelte es Kritik, von Reformen bis hin zum Verbot war die Rede. Doch es geschah nicht viel. Alle drei florieren. Die eigene Leistung sah man offenbar in hellerem Licht und erhöhte nach der Krise kräftig die Gebühren. Wie konnte die Flucht aus der Verantwortung gelingen? Es liegt daran, dass die mächtigen Kontrolleure des Finanzmarkts ihre Macht weitgehend unkontrolliert ausüben. Ihre für objektiv erklärten Urteile über die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten geben sie als unverbindliche Meinungsäußerung aus, für die sie keinerlei Haftung übernehmen. Als sei das, was Staaten in Krisen und Regierungen in Handlungsnot stürzen kann, nur eben so dahingesagt.
Dieser Flucht in die Unverbindlichkeit steht auch entgegen, dass die Ratings fest in den Regelwerken des Finanzmarkts verankert sind und faktische Verbindlichkeit haben. Wie hätten die Agenturen sonst mit ihren Ratings über Krisenstaaten die europäische Politik vor sich hertreiben können? Amerikanische Regierung und Justiz schlossen sich jedoch der Sicht der Agenturen an und schonten sie mit dem Verweis auf die Meinungsfreiheit. Andere Nationen folgten. Fast alle Klagen scheiterten. Was ist der tiefere Grund dieser pfleglichen Behandlung?
mehr:
- WERNER RÜGEMER: RATING-AGENTUREN: Der Richter und sein Banker (Buchbesprechung, Thomas Thiel, FAZ, 04.03.2013)
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siehe auch:
- Water Makes Money - Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen (Post, 16.02.2013)
- Die Macht der Rating-Agenturen (Post, 29.05.2012)
- Enthemmte Wirtschaft – Krisen, Politik und Grenzen der Demokratie (Reinhard Jellen, Telepolis, Heise-Verlag 2012 – Google-Books)
- Privatisierung als Ursache der Finanzkatastrophe (Reinhard Jellen, Gespräch mit Werner Rügemer über Cross Border Leasing, Telepolis, 28.10.2008)
- Privatisierung – Blaues Wunder in Braunschweig (Gernot Knödler, taz, 07.10.2010)
Jeder wird einsehen, dass der Schiedsrichter eines Spiels nicht zum Personal einer der beiden Mannschaften gehören sollte. Es gibt aber ein Spielfeld, auf dem dieses Prinzip offenbar nicht oder nur eingeschränkt gilt: das der großen Rating-Agenturen. Die drei Weltmarktführer Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch haben sich in der Finanzkrise nicht mit Ruhm bekleckert. Weil sie Lehman Brothers noch kurz vor seinem Untergang beste Noten gaben und marode Immobilienkredite, die teils unter ihrer eigenen Mithilfe entstanden waren, hoch bewerteten, rechnet man sie zu den Krisenfaktoren.
Immer wieder hagelte es Kritik, von Reformen bis hin zum Verbot war die Rede. Doch es geschah nicht viel. Alle drei florieren. Die eigene Leistung sah man offenbar in hellerem Licht und erhöhte nach der Krise kräftig die Gebühren. Wie konnte die Flucht aus der Verantwortung gelingen? Es liegt daran, dass die mächtigen Kontrolleure des Finanzmarkts ihre Macht weitgehend unkontrolliert ausüben. Ihre für objektiv erklärten Urteile über die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten geben sie als unverbindliche Meinungsäußerung aus, für die sie keinerlei Haftung übernehmen. Als sei das, was Staaten in Krisen und Regierungen in Handlungsnot stürzen kann, nur eben so dahingesagt.
Dieser Flucht in die Unverbindlichkeit steht auch entgegen, dass die Ratings fest in den Regelwerken des Finanzmarkts verankert sind und faktische Verbindlichkeit haben. Wie hätten die Agenturen sonst mit ihren Ratings über Krisenstaaten die europäische Politik vor sich hertreiben können? Amerikanische Regierung und Justiz schlossen sich jedoch der Sicht der Agenturen an und schonten sie mit dem Verweis auf die Meinungsfreiheit. Andere Nationen folgten. Fast alle Klagen scheiterten. Was ist der tiefere Grund dieser pfleglichen Behandlung?
mehr:
- WERNER RÜGEMER: RATING-AGENTUREN: Der Richter und sein Banker (Buchbesprechung, Thomas Thiel, FAZ, 04.03.2013)
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Der Publizist Werner Rügemer hat auf der Grundlage des Verlaufs bisheriger ÖPP-Projekte und Recherchen vor Ort eine „Spur des Scheiterns“ diagnostiziert. Verschiedene Formen des Scheiterns seien festzustellen:
- Der Investor geht bereits in den ersten Jahren in die Insolvenz, die öffentliche Hand muss die Verpflichtungen des Investors übernehmen und mit Verlust neu beginnen, so beim Freizeit- und Badepark der Stadt Leimen in Baden-Württemberg und bei zahlreichen weiteren Bäderprojekten wie der Keitum-Therme auf Sylt.[34]
- Der Investor steigert durch Nachforderungen die Miete weit über die anfangs vereinbarte Höhe, so etwa bei den 90 Schulen des Landkreises Offenbach und bei der Hamburger Elbphilharmonie.[35]
- Beim Warnow-Tunnel in Rostock und beim Trave-Tunnel in Lübeck erwies sich die Kalkulation der Investoren Hochtief, Bilfinger Berger und Bouygues als geschönt; deshalb wurden die Laufzeiten der Verträge von 30 auf 40 bzw. 50 Jahre erhöht, sodass Einwohner und andere Autofahrer länger Maut zahlen müssen und das Eigentum an den Tunnels erst später als vereinbart an die Kommunen übergeht.[36]
- Schließlich scheitern Projekte, weil der Investor seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen kann, so etwa beim Projekt des digitalen Bürgerportals, das die Stadt Würzburg mit der Bertelsmann-Tochterfirma Arvato vereinbart hatte „Würzburg integriert!“.[37]
Diese vielfältigen Formen des Scheiterns führt Rügemer auf Strukturelemente des ÖPP-Verfahrens zurück: Geheimhaltung der Verträge, private Schiedsgerichtsbarkeit, Forfaitierung mit Einredeverzicht (Verkauf der Mietforderungen an eine Bank), hohe Transaktions- und Beraterkosten, Zugehörigkeit der einschlägigen Berater zur organisierten ÖPP-Lobby, Alleinbestimmungsrecht des Investors bei den Subunternehmen u. a. Auch in Wirtschaftskreisen wird ÖPP inzwischen heftig kritisiert: „Bei ÖPP verdienen Konzerne, Banken und Berater das große Geld. Gemeinsam mit der öffentlichen Hand haben sie ein intransparentes System geschaffen ‒ zulasten von Mittelstand und Steuerzahlern.“[38]
[Öffentlich-private Partnerschaft, Kritik von Werner Rügemer, Wikipedia, abgerufen am 02.09.2019]
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- Water Makes Money - Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen (Post, 16.02.2013)
- Die Macht der Rating-Agenturen (Post, 29.05.2012)
- Enthemmte Wirtschaft – Krisen, Politik und Grenzen der Demokratie (Reinhard Jellen, Telepolis, Heise-Verlag 2012 – Google-Books)
- Privatisierung als Ursache der Finanzkatastrophe (Reinhard Jellen, Gespräch mit Werner Rügemer über Cross Border Leasing, Telepolis, 28.10.2008)
- Privatisierung – Blaues Wunder in Braunschweig (Gernot Knödler, taz, 07.10.2010)
Sighard Neckel: Die Refeudalisierung der Wirtschaftsgesellschaft
Das philosophische Radio
mit Sighard Neckel über
Die Refeudalisierung der
Wirtschaftsgesellschaft
Moderation: Jürgen
Wiebicke
[…] Entbettung der Wirtschaft: Die Wirtschaft ist
heute weniger eingebettet in soziale Normen, in kulturelle Vorstellungen und
verletzt sogar vielfach die kulturellen Werte, an die wir uns gleichzeitig doch
auch gebunden fühlen.
[…]
Diejenigen, die in der Vermögenshierarchie an der
Spitze stehen, die verdanken ihr Vermögen und ihren Reichtum häufig
leistungslosen Quellen. Sie erzielen häufig Gewinne, ohne daß sie für diese
Gewinne Risiken eingehen müssen, […] daß an der Spitze der Hierarchie eine
Klasse stehen kann, die nicht durch Leistung und nicht durch Risiko tatsächlich
auch in ihrem Handeln bestimmt ist.
[…]
Der heutige, durch die Finanzmärkte getriebene moderne
Kapitalismus im Wesentlichen eine Form der Reichtumsproduktion in den
Oberklassen hervorbringt, die nicht durch eine risikohaltige
Unternehmertätigkeit hervorgebracht wird und auch nicht durch
Erwerbsleistungen, sondern hervorgebracht wird durch Vermögensgewinne, die ohne
Leistungen zustande kommen, bzw. durch Erträge, die sich auf das
Leistungsprinzip nicht mehr zurückführen lassen und auch in der Öffentlichkeit
durch eine Verletzung des Leistungsgedankens empfunden werden.
[…]
Wir haben heute mit einer Führungsschicht zu tun,
die, jedenfalls wenn wir über die Finanzmärkte sprechen – nicht über alle
anderen wirtschaftlichen Gebiete –, dann haben wir mit einer Führungsschicht zu
tun, mit einer Eigentümerklasse, die ihre Gewinne ohne Risiko erzielt, weil das
Risiko, etwa der finanziellen Spekulation, Dritte tragen, die Allgemeinheit,
die Staaten, die Rettungsprogramme. Und das ist schon eine Verletzung der
Vorstellung dessen, was der Kapitalismus als eine Art von Wertordnung immer
auch als Rechtfertigung von Gewinnen verstanden hat. Und hohe Gewinne sollten
gerechtfertigt sein, wenn dieser Gewinnerzielung auch das Risiko entspricht im
Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags, die Verluste tragen zu müssen.
[…]
In den meisten Berufen […] ist es heute so, daß viel
größere Leistungen erwartet und verlangt werden, als das in früheren Zeiten der
Fall gewesen ist. Nur: mit der Leistungserbringung, die man von den Menschen
erwartet, verbindet sich nicht mehr das Versprechen der modernen Gesellschaft, nämlich,
daß Leistungen Wohlstand begründen und Leistungen sozialen Aufstieg
hervorbringen können.
[…]
Auf der anderen Seite kommen die Erträge der
wirtschaftlichen Führungsgruppen, insbesondere auf den Finanzmärkten, durch
Prozesse zustande, die auf Leistungen nicht mehr zurückzuführen sind. Und diese
beiden Faktoren gemeinsam, daß oben nicht mehr gilt – das Leistungsprinzip –,
was unten aber verstärkt gefordert wird, ohne daß man dafür aber auch einen
entsprechenden Lohn erhält, das irritiert die Menschen…
[…]
Wir haben Entwicklungen […], die bemerkenswert sind.
Wir müssen und das einmal vorstellen:
1989, und wir sprechen über die Regierungszeit Kohl,
das heiß: es war keine radikal sozialdemokratische oder sozialistische
Regierung an der Macht. 1989 betrug das Durchschnittseinkommen der
DAX-Vorstände, der Vorstände der deutschen DAX-Unternehmen, 500.000 D-Mark. Im
Jahre 2010 ist das Durchschnittseinkommen der Vorstände der DAX-Unternehmen auf
6 Millionen Euro gewachsen. Das Verhältnis zwischen den Vorstandsgehältern deutscher
Aktiengesellschaften zu den Durchschnittsgehältern wiederum der Beschäftigten
bei diesen Aktiengesellschaften lag in früheren Zeiten – noch Anfang 1990 – bei
20 : 1. Heute geht das bis 200 : 1. Und das geschieht in einer Zeit von
ungefähr 20 Jahren.
[…]
Es ist in den beiden letzten Jahrzehnten häufig genug
so gewesen, daß sich die Politik sich so verstanden hat, der Wirtschaft, wie es
dann hieß, günstige Investitionsbedingungen zu verschaffen. Dazu gehörten auch
die Deckelung […] der Arbeitnehmereinkommen. Das gehörte mit zu dem Konzept des
sogenannten Wettbewerbsstaates, das wir in den letzten zwei Jahrzehnten erlebt
haben. Und dieser Staat und die Politik, die diesen Staat bestimmt, ist im
Wesentlichen damit befaßt gewesen, in der Konkurrenz unterschiedlicher Länder
den Kapitalanlegern die günstigsten Bedingungen bereitzustellen, und dazu
gehörten dann eben auch vergleichsweise niedrige Löhne, flexibilisierte
Arbeitsmärkte, die Mini-Jobs und so weiter und so fort. So daß sich die Politik
eigentlich in den letzten Jahren – nicht durchgängig, aber sehr weitgehend –
verabschiedet hat, die Interessen auch der Arbeitnehmerschaft tatsächlich zu
repräsentieren. Die Interessen der Wirtschaft sind durch dieses Konzept des
Wettbewerbsstaats – »Wir wollen Deutschland wettbewerbsfähig machen oder
wettbewerbsfähig erhalten« –, dadurch sind die Interessen der
Arbeitnehmerschaft vielfach auch in den Hintergrund getreten.
[…]
Drei Jahre nach der Finanzkrise, und diese
Finanzkrise hat dazu geführt, daß vielfach die öffentlichen Haushalte […] tief
in die Schulden gekommen sind, schon drei Jahre nach der Finanzkrise – heute,
fünf Jahre nach der Finanzkrise, ist das noch mehr der Fall – hat man
festgestellt, daß die vermögenden Schichten in den Vereinigten Staaten, in den
europäischen Ländern durch diese Finanzkrise gar nicht verloren haben, sondern
dennoch gewonnen haben und Vermögenszuwächse zu verbuchen hatten. […] Hier
steht das Verhältnis von […] materiellen Einkünften und dem Nutzen, den die Allgemeinheit
davon hat, in einem direkten Gegensatz. Hier beutet gewissermaßen eine
Eigentümerklasse an Anlagekapital die Gesellschaften insgesamt aus, um sich
Vorteile zu verschaffen.
[…]
Es gibt interessante Einsichten aus der Spieltheorie,
die sich übertragen lassen. Es gibt die Einsicht, daß immer dann, wenn
wirtschaftliche Akteure in längere Kooperationsketten einbegriffen sind, wenn
man seinem Verhandlungs- und Vertragspartner, seinem Kunden, nicht nur einmal
begegnet, sondern weiß, daß man ihm auch in der Zukunft begegnen wird, wenn man
mit Anbietern auch in der Zukunft kooperieren muß, dann nimmt die Tendenz,
unbedingt den eigenen Nutzen absolut durchsetzen zu müssen, ab. Wenn
wirtschaftlicher Erfolg sich als eine Ökonomie der günstigen Gelegenheit darstellt,
dann kommt es tatsächlich darauf an, daß ich im richtigen Moment zuschlage –
hit and run – und ohne Blick auf die Kosten, ohne Blick auf die sozialen Kosten
versuche, meinen größtmöglichen Vorteil zu realisieren. Und das ist die Gefahr,
die in der Finanzmarktökonomie steckt, weil es eine Ökonomie ist, die sich
relativ weit abkoppelt von der Notwendigkeit, mit anderen Gruppen kooperieren
zu müssen. Immer dann, wenn ich mit anderen kooperieren muß – ob ich will oder
nicht –, muß ich Rücksichten nehmen und muß Vereinbarungen treffen, die auch
die Interessen der anderen Seite berücksichtigen.
Sighard Neckel (* 25. Oktober
1956 in Gifhorn) ist ein
deutscher Soziologe.
Seit dem Wintersemester 2011/12 ist er Professor für Soziologie der Goethe-Universität in Frankfurt
am Main. Zugleich ist er Mitglied der Leitung des Instituts für Sozialforschung in
Frankfurt am Main. [Wikipedia]
siehe auch:
WDR 5: Das philosophische Radio – Sendungsübersicht (WDR 5, undatiert)
- Sighard Neckel: „Refeudalisierung": Aktualität und Systematik eines Begriffs der Habermas'schen Gesellschaftsanalyse (Andrea Reisinger, Philosophische Audiothek, 18.04.2018)
- Refeudalisierung der Ökonomie: Zum Strukturwandel kapitalistischer Wirtschaft (Sighard Neckel, MPlFG Working Paper 10/6, Max-Planck-Gesellschaft, Juli 2010 – PDF)
- Prof. Dr. Sighard Neckel, Publikationen (Uni Hamburg, WiSo-Fakultät)
Der Gefühlshaushalt des Kapitalismus. Geldgier als Strukturprinzip? {46:38}
Normative Orders
Am 23.02.2018 veröffentlicht
Am 23.02.2018 veröffentlicht
Frankfurter Stadtgespräch XVI
Prof. Ute Frevert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) im Gespräch mit Prof. Sighard Neckel (Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Moderation: Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Ob zum Zweck seiner Erklärung oder zur Rechtfertigung: Im Kapitalismus wird zumeist die Rationalität und Sachlichkeit wirtschaftlichen Handelns behauptet. Die allgegenwärtige Rede von Gier oder der Notwendigkeit von Vertrauen in Märkte scheint hingegen die Zentralität nicht-rationaler Motive nahzezulegen. Auch stellt sich in Zeiten zunehmender Burnouts die Frage, wie die Gefühlswelt der Menschen durch den Kapitalismus geformt wird. Setzt die Rationalität des Kapitalismus also nicht notwendig emotionale Antriebe wie Geldgier voraus? Auf welche Weise verändert der Kapitalismus den Gefühlshauhalt des modernen Menschen? Über dieses Thema werden im XVI. Frankfurter Stadtgespräch Ute Frevert, Emotionsforscherin und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und Sighard Neckel, Professor für Soziologie an der Goethe-Universität und Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, diskutieren.
Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main
Mehr Informationen zu den Frankfurter Stadtgesprächen:
http://www.normativeorders.net/de/ver...
Prof. Ute Frevert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) im Gespräch mit Prof. Sighard Neckel (Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Moderation: Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Ob zum Zweck seiner Erklärung oder zur Rechtfertigung: Im Kapitalismus wird zumeist die Rationalität und Sachlichkeit wirtschaftlichen Handelns behauptet. Die allgegenwärtige Rede von Gier oder der Notwendigkeit von Vertrauen in Märkte scheint hingegen die Zentralität nicht-rationaler Motive nahzezulegen. Auch stellt sich in Zeiten zunehmender Burnouts die Frage, wie die Gefühlswelt der Menschen durch den Kapitalismus geformt wird. Setzt die Rationalität des Kapitalismus also nicht notwendig emotionale Antriebe wie Geldgier voraus? Auf welche Weise verändert der Kapitalismus den Gefühlshauhalt des modernen Menschen? Über dieses Thema werden im XVI. Frankfurter Stadtgespräch Ute Frevert, Emotionsforscherin und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und Sighard Neckel, Professor für Soziologie an der Goethe-Universität und Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, diskutieren.
Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main
Mehr Informationen zu den Frankfurter Stadtgesprächen:
http://www.normativeorders.net/de/ver...
Hamburger Horizonte 2017: »Zerfall … – und jetzt? Ein Schlusswort« von Prof. Dr. Sighard Neckel {12:49}
Körber-Stiftung
Am 23.02.2018 veröffentlicht
Am 23.02.2018 veröffentlicht
In seinem Schlusswort erörtert Prof. Dr. Sighard Neckel, Sozialwissenschaftler an der Universität Hamburg, die Konferenzergebnisse zum Zerfall von Ordnungen und gibt einen Ausblick auf den Übergang zu neuen Ordnungen.
Leistung, die sich lohnt?- Das Versprechen der Chancengerechtigkeit {2:11:40 – Start bei 3:53}
Heinrich-Böll-Stiftung
Am 26.06.2012 veröffentlicht
Am 26.06.2012 veröffentlicht
Keynote:
Prof. Sighard Neckel, Goethe-Universität, Frankfurt a. M.
Diskussion mit...
Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler, Rechtsanwalt und Autor von „Kein schönes Land in dieser Zeit", Berlin Brigitte Mergenthaler-Walter, Studienleitung Schule Schloss Salem
Moderation:
Andrea Dernbach, Journalistin/Der Tagesspiegel, Berlin
Das Leistungsprinzip ist ein zentrales Element der sozialen Integration moderner Gesellschaften. Mit ihm wandte sich das Bürgertum einst gegen die Vorherrschaft des Adels. Wo ständisch begründete Herkunftsrechte den gesellschaftlichen Status bestimmten, sollte das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit entscheiden. Das Leistungsprinzip entsprach den Interessen des aufstrebenden Bürgertums.
Wie ist es heute um die Wirklichkeit des Leistungsprinzips in Deutschland bestellt? Wessen Interessen lassen sich daran knüpfen? Wie steht es um seine Legitimität?
Zwei Gruppen haben weiterhin großes Interesse mit dem Leistungsprinzip: neben Frauen auch Männer und Frauen mit Migrationsbiographie. Unter Berufung auf das Leistungsprinzip streiten sie gegen Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Zugleich wird die Legitimität des Leistungsprinzips auch in Frage gestellt. In Zeiten, in denen sich das Transfereinkommen des Staates nur gering von einem niedrigen Erwerbseinkommen unterscheidet, verlieren viele Menschen den Glauben an das Leistungsprinzip. Zwei von drei Deutschen sind der Meinung, dass sich Leistung in Deutschland nicht mehr lohnt, so ein Ergebnis einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung vom November 2011. Knapp 70 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass nicht alle Menschen die gleichen Chancen haben, erfolgreich zu sein. Und ein wachsender Teil verabschiedet sich vom Leistungsprinzip, indem er auf andere Formen der gesellschaftlichen Anerkennung wie den (schnellen und oftmals spektakulären) Erfolg oder den Rückhalt in der Peergroup setzt.
Zu den Menschen, die nach wie vor auf Leistung als Mittel ihres sozialen Aufstiegs und gesellschaftlicher Anerkennung setzen, gehören heute besonders Menschen mit Migrationsgeschichte mit guten Schul- und Hochschulabschlüssen. Sie haben im Bildungssystem auf das Versprechen der Leistungsgerechtigkeit vertraut und müssen nun auf dem Weg in den qualifizierten Arbeitsmarkt vielfach feststellen, dass viele Aufstiegschancen gar nicht nach Leistung verteilt werden. Sie scheitern entweder ganz oder werden unter ihrem Qualifizierungsniveau beschäftigt.
Prof. Sighard Neckel, Goethe-Universität, Frankfurt a. M.
Diskussion mit...
Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler, Rechtsanwalt und Autor von „Kein schönes Land in dieser Zeit", Berlin Brigitte Mergenthaler-Walter, Studienleitung Schule Schloss Salem
Moderation:
Andrea Dernbach, Journalistin/Der Tagesspiegel, Berlin
Das Leistungsprinzip ist ein zentrales Element der sozialen Integration moderner Gesellschaften. Mit ihm wandte sich das Bürgertum einst gegen die Vorherrschaft des Adels. Wo ständisch begründete Herkunftsrechte den gesellschaftlichen Status bestimmten, sollte das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit entscheiden. Das Leistungsprinzip entsprach den Interessen des aufstrebenden Bürgertums.
Wie ist es heute um die Wirklichkeit des Leistungsprinzips in Deutschland bestellt? Wessen Interessen lassen sich daran knüpfen? Wie steht es um seine Legitimität?
Zwei Gruppen haben weiterhin großes Interesse mit dem Leistungsprinzip: neben Frauen auch Männer und Frauen mit Migrationsbiographie. Unter Berufung auf das Leistungsprinzip streiten sie gegen Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Zugleich wird die Legitimität des Leistungsprinzips auch in Frage gestellt. In Zeiten, in denen sich das Transfereinkommen des Staates nur gering von einem niedrigen Erwerbseinkommen unterscheidet, verlieren viele Menschen den Glauben an das Leistungsprinzip. Zwei von drei Deutschen sind der Meinung, dass sich Leistung in Deutschland nicht mehr lohnt, so ein Ergebnis einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung vom November 2011. Knapp 70 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass nicht alle Menschen die gleichen Chancen haben, erfolgreich zu sein. Und ein wachsender Teil verabschiedet sich vom Leistungsprinzip, indem er auf andere Formen der gesellschaftlichen Anerkennung wie den (schnellen und oftmals spektakulären) Erfolg oder den Rückhalt in der Peergroup setzt.
Zu den Menschen, die nach wie vor auf Leistung als Mittel ihres sozialen Aufstiegs und gesellschaftlicher Anerkennung setzen, gehören heute besonders Menschen mit Migrationsgeschichte mit guten Schul- und Hochschulabschlüssen. Sie haben im Bildungssystem auf das Versprechen der Leistungsgerechtigkeit vertraut und müssen nun auf dem Weg in den qualifizierten Arbeitsmarkt vielfach feststellen, dass viele Aufstiegschancen gar nicht nach Leistung verteilt werden. Sie scheitern entweder ganz oder werden unter ihrem Qualifizierungsniveau beschäftigt.
aktualisiert am 11.08.2019
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