Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ein kurzer Kommentar zu fast allem

Anlaß für diesen Kommentar ist die neueste Meldung aus der Ukraine:
- Wer sabotiert die Aufklärung der Maidan-Todesschüsse? (Ulrich Heyden, Telepolis, 09.10.2014)
Valentin Naliwajtschenko, Chef des ukrainischen Geheimdienstes gab sieben Monate nach den Todesschüssen auf dem Majdan die Verhaftung von vier ehemaligen hochrangigen SBU-Offizieren bekannt, was von der Generalstaatsanwaltschaft demeniert wurde: Niemand sei in Haft. 

Ich weiß nicht, welchen Äußerungen von wem in der Ukraine man je hat trauen können. Entweder ich habe das Gefühl, da redet einer dummes Zeug 

(Timoschenko: Die acht Millionen Kazap [abwertende Bezeichnung von Russen] solle man »mit Atomwaffen erschießen.« 
[siehe Abgehörtes Timoschenko-Telefonat: "Dem Drecksack in die Stirn schießen"Benjamin Bidder, SPIEGEL Online, 25.03.2014])
 oder jemand lügt 
(Büro des Präsidenten Poroschenko: Nachdem dort eine russische Militärkolonne die Grenze durchbrochen hat, meldet die ukrainische Armee nun, die meisten Fahrzeuge der Kolonne seien zerstört worden. [Konflikt um Grenzverletzung: Ukraine meldet Angriff auf russischen MilitärkonvoiSPIEGEL Online, 15.08.2014, auch 
Kiew hält die Welt zum Narren, Propagandaschau, 15.08.2014])
 oder jemand lügt und spinnt gleichzeitig 
(ukrainischer Verteidigungsminister Walerij Geletej: Flughafen der ostukrainischen Stadt Luhansk sei möglicherweise mit nuklearen Gefechtsköpfen von einem Granatwerfer des Typs "2S4 Tjulpan" beschossen worden. 
Facebook-Propaganda: Kiews Verteidigungsminister erntet Spott für Bericht über Atomschlag, SPIEGEL Online, 22.09.2014, 
siehe auch 
Ukrainische Propaganda, Wikipedia).


Einer der maßgeblichen Akteure bei der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung in Kiew ist das Ukraine Crisis Media Centre, das von verschiedenen PR-Agenturen finanziert wird, unter anderem vom amerikanischen Investor George Soros. Das Netzwerk, das Journalisten mit Informationen versorgt, ist überzeugt, dass „die Ukraine das Opfer einer ‚russischen Aggression‘ [ist] und die Behauptung einer rechtsradikalen Gefahr durch die neue Regierung Teil der russischen Propaganda“ sei.[484]
 (Krieg in der Ukraine seit 2014, Ukrainische Propaganda, Wikipedia)

Einen Staat, der solche Leute an seiner Spitze hat, will ich nicht in der EU haben. Für diesen Staat will ich auch nicht meine Kinder in den Krieg schicken. Für dieses Land will ich auch nicht viel Geld ausgeben, das landet sowieso nur bei den Oligarchen. Und für Medien, die jede ukrainische Aufgeregtheit als neuste Katastrophen-Meldung verkaufen, für die der böse Putin verantwortlich ist, will ich auch kein Geld ausgeben.

Zitat aus Realsatiriker Josef Joffe gibt Zugabe (Markus Kompa, Telepolis, 07.10.2014):

»Wir leisten uns den teuersten Rundfunk der Welt, weil wir keinen Volksempfänger, sondern unabhängigen Journalismus wollen - so jedenfalls der verfassungsgemäße Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. […] So machte der mit ca. einer halben Million Euro/Jahr an GEZ-Geldern ausgestattete heutige WDR-Intendant Tom Buhrow für die ultrakonservative deutsch-amerikanische Lobby Atlantik-Brücke e.V. 2009 den Festredner, wo er den US-Botschafter lobte, der nicht einmal die Sprache seines Gastlandes spricht. Auch ZDF-Starjournalist Claus Kleber, der ähnlich gut wie Buhrow verdient, ist mit seiner journalistischen Tätigkeit nicht so ausgelastet, als dass er nicht auch Zeit für das Kuratorium der Atlantik-Brücke hätte.«

Sollen die Ukrainer meinetwegen Knüppel, Decken und auch Gulaschkanonen kriegen (Kurdische Kämpfer lernen Umgang mit Bundeswehr-Gulaschkanonen, Hamburger Abendblatt, 09.10.2014), meinetwegen auch Gulaschkanonen, die fliegen können (Bundeswehr will Drohnen in die Ostukraine schicken, ZEIT, 04.10.2014). Aber die Denke dieser Leute ist mir so fremd, daß mir eine Orientierung – auch auf absehbare Zeit hin – völlig unmöglich erscheint.

Man sehe sich »die syrische Opposition« an. Was ist denn draus geworden? Inzwischen haben unsere Medien nicht zwei (böser Assad und gute Opposition) sondern drei Parteien in Syrien ausgemacht (böser Assad, böse islamische Opposition, die mit der IS gemeinsame Sache macht und wahrscheinlich gute pro-westliche Opposition). (US-Krieg gegen IS stärkt das Assad-Regime, Florian Rötzer, Telepolis, 09.10.2014) Na, dann kann ja die Suche nach den Verantwortlichen für die Giftgas-Angriffe von Neuem beginnen. (Giftgasangriff von Ghuta, Wikipedia) 

Auch mit der Türkei wird man irre: die Kurden sollen unterstützt werden, weil die gegen den IS kämpfen, aber von Erdogan wird die PKK weiterhin als terroristische Vereinigung eingestuft. Wie wär’s, wenn von der Leyen ein Gulasch-Kanonen-Drohnen-Bataillon aufstellt und den IS ferngesteuert mit Schweinehack beschießen ließe?

Und Transatlantiker Josef Joffe darf, nachdem er gegen Die Anstalt eins draufgekriegt hat (Realsatiriker Josef Joffe gibt Zugabe, Markus Kompa, Telepolis, 07.10.2014) einen neuen Profilierungsversuch unternehmen und in seinem Blatt die moralische Trommel rühren:

- Der Sklavenstaat – Ein UN-Bericht brandmarkt den IS-Terror gegen Muslime (ZEIT Online, 09.10.2014)
Glaubt er wirklich, daß dieses »Wir sind die Guten, da sind die Bösen«-Gebrabbel noch zieht? (Der Artikel ist sinnigerweise unter der Rubrik »Zeitgeist« erschienen.) Ich habe dieses Gutmenschentum satt, ich will Realität! 

Realität in Deutschland ist, daß vier bis dahin erfolgreiche Steuerfahnder, die sich mit Liechtensteiner Schwarzgeld-Konten befaßten, 1999 per Gefälligkeitsgutachten für paranoid erklärt und in den Zwangs-Ruhestand versetzt wurden und der Fall 15 Jahre später noch nicht aufgeklärt ist. (Steuerfahnder-Affäre, Wikipedia; Artikelsammlung bei Rudolf Schmenger) 


Realität in den deutsch-amerikanischen Beziehungen ist, daß der Botschafterposten der Amis in Deutschland käuflich ist und der Botschafter noch nicht einmal der deutschen Sprache mächtig zu sein braucht. [William Timken, Wikipedia] 
Realität in den deutsch-amerikanischen Beziehungen ist, »dass von amerikanischen Stützpunkten in Deutschland Einsätze bewaffneter ferngesteuerter Luftfahrzeuge weder geflogen noch befehligt werden«, wie die US-Regierung der deutschen versichert hat, aber das Gegenteil der Fall ist. (Drohnenkrieg der USA »Ohne Ramstein wäre das unmöglich«, Tagesschau, 03.04.2014; siehe auch: Drohnenopfer verklagen Bundesregierung UPDATE, Telepolis, 16.10.2014; Der Tod kam auch aus Ramstein, Telepolis, 17.10.2014)

Rise Up Against Saddam Hussein - Three Kings Scene [2:21]


Hochgeladen am 05.01.2011
A scene from the movie Three Kings in where George Clooney attempts to acquire automobiles belonging to the disbanded Iraq military

Realität im Irak ist, daß in zehn Jahren Krieg 1,5 Millionen Menschen durch direkte Gewalteinwirkung zu Tode gekommen sind. (Body Count - Opferzahlen nach 10 Jahren Krieg gegen den Terror, AGFriedensforschung Kassel, 18.05.2012; Beachte: nicht mitgezählt sind die durch Flucht, Hunger und medizinische Mangelversorgung Gestorbenen. Beachte auch: »Trotzdem beziehen sich fast alle Medien bezüglich der Opferzahlen im Irak bis heute auf den Irak Body Count, ein Projekt das weniger als 10% der Kriegsopfer registriert.«
Laut UN-Bericht sind durch den Vormarsch des IS in acht Monaten 24.000 Zivilisten ums Leben gekommen. Das sind hochgerechnet auf ein Jahr 36.000 Tote. Da muß sich der IS aber ranhalten, um an den Irak-Krieg heran zu kommen. Zynisch? Ja!

Are We Shooting? - Three Kings [1:13]


Hochgeladen am 27.09.2008
Scene From Three Kings

Zynische Realität in den USA ist, daß im Zeitraum von 1900 bis 1985 in den USA 350 Menschen zum Tode verurteilt [wurden], deren Unschuld später bewiesen wurde. Bei 23 von ihnen wurde erst postum die Unschuld festgestellt.[7] (Quelle: Amnesty International, zitiert in Todesstrafe in den Vereinigten Staaten, Wikipedia) Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 sind in den USA 22 Menschen hingerichtet worden, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. (Todesstrafe in den Vereinigten Staaten, Wikipedia) 
Zynische Realität ist weiterhin, daß es »nach Zählungen des Death Penalty Information Center seit 1976 bei mindestens 44 Hinrichtungen ernsthafte Probleme gab« (117 Minuten Todeskampf nach Giftspritze, Bild, 10.10.2014), allein 2014 kämpften drei Verurteilte 25, 43 und 117 Minuten mit dem Tod. (Verunglückte Hinrichtungen – Wenn die Giftspritze zum Folterinstrument wird, Focus, 24.07.2014)

3sat Kulturzeit: Gespräch mit Horst-Eberhard Richter über den Film Dead Man Walking [11:47]


Hochgeladen am 23.02.2012

Zynische Realität in unserer westlichen Welt ist, daß Jean Ziegler (Jean Ziegler, ein wahrhaftiger Mensch, Post vom 10.09.2013), ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, 2008 bis 2012 und seit 2013 wieder Mitglied des Beratenden Ausschusses des Menschenrechtsrates der UN, der behauptet, daß alle fünf Sekunden ein Kind an Hunger stirbt und daß jedes dieser Kinder ermordet worden ist („Ich bin so radikal, weil ich die Opfer kenne“, Tagesspiegel, 07.01.2013), wegen seiner Äußerungen von Privatleuten und Institutionen mit Klagen überzogen, 2011 mit 6 Millionen EUR in die Privatinsolvenz ging.

Zynische Realität in unserer westlichen Welt ist, daß das hinter verschlossenen Türen verhandelte (»Freiheit und Demokratie!«, juchuu) Transatlantische Freihandelsabkommen unter anderem die Privatisierung der Wasserversorgung ermöglichen (das ist euphemistisch formuliert!!) soll (Wasser wird Ware, junge Welt, zitiert nach AG Friedensforschung, 09.12.2013), ein Vorhaben, das unter Garantie keine Verbesserungen sondern den Bürger nur mehr Geld kosten wird. 

(Water Makes Money - Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen, Post vom 16.02.2013, Braunschweig: Stadt muß Verdopplung der Schulden durch Privatisierung einräumen, Piratenwiki, 06.06.2013; »Water makes Money«, Neue Rheinische Zeitung; Water Makes Money, Wikipedia) 

Realität ist, daß Realität in unseren Medien nicht (mehr) abgebildet sondern, nach Interessengesichtspunkten verzerrt, verkauft wird. 

Realität ist, daß unsere Leitmedien zunehmend durch US-amerikanische Denke infiltriert werden. 
Realität ist, daß unsere westliche Wirtschaft unsere westliche Demokratie zunehmend aushebelt. 
Realität ist, daß unser freiheitlich-demokratisches Leben immer weniger von ethischen Regeln und immer mehr durch kurzfristige materielle Interessen bestimmt wird. 
Realität ist, daß die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen eine Geschwindigkeit angenommen haben, die besonnenes Nachdenken immer schwieriger macht. 
Realität ist, daß Besonnenheit gefragt ist. Die Frage lautet: Wer interessiert sich für Besonnenheit?

Stoiber 10 Minuten Transrapid [1:16]


Hochgeladen am 17.10.2006
Rede Stoibers zum Transrapid

Through an interpreter, one of his soldiers asked one of the Americans if he believed in God. The American shook his head no and said he didn’t. Overhearing the conversation, Hasanzada quickly ordered the interpreter not to respond. But it was no use: the Afghan soldier had seen the American’s body language and understood. “My soldier got very upset, quit the army within days, and gave his salary to poor local people,” says Hasanzada. “At least he didn’t react with his Kalashnikov.” (aus Afghanistan: ‘Green on Blue’ Killings Explained, Sami Yousafzai, Newsweek, 27.08.2012)

Unverständlich? Wie wär’s, wenn wir die Frage des afghanischen Soldaten an den Amerikaner ein wenig freier übersetzen: »Beruht Dein Handeln auf moralischen Grundsätzen?« oder »Führst Du ein Leben, welches moralischen Grundsätzen gehorcht?« Wäre dann die Reaktion des afghanischen Soldaten nachvollziehbar?


Nach einer Geschichte, die ich gehört (und hoffentlich richtig erinnert) habe, besuchte Präsident Truman den befreundeten James E. Hoover, den Begründer des FBI, der 1956 COINTELPRO institutionalisierte. In Hoovers Bücherregal entdeckte Truman die drei Bände von Marx’ Kapital und fragte Hoover, warum er diese Bücher lese. Hoover soll geantwortet haben: »Man muß kennen, was man bekämpfen will.«


Was wissen wir über den IS? Wer macht sich Gedanken über den IS? 

Wieviel sind uns moralische Grundsätze noch wert? 
Wie unterscheiden sich die moralischen Grundsätze der US-Amerikaner von den moralischen Grundsätzen des IS? (Die Frage meine ich absolut ernst!) 
Oder hat der IS keine Moral? 
Oder haben die US-Amerikaner keine Moral? 

Warum ist der afghanische Soldat gegangen?



aktualisiert am 06.02.2016

Heute vor 25 Jahren – 9. Oktober 1989: Große Montagsdemonstration in Leipzig

»Wir sind das Volk« 

Schon die Friedensgebete der evangelischen Kirche, die seit 1982 regelmäßig in der Leipziger Nikolaikirche stattfanden, waren dem DDR-Regime ein Dorn im Auge. Im Herbst 1989 wurde die Stadt dann die Geburtsstätte und das Zentrum der Montagsdemonstrationen und damit der Ausgangspunkt der friedlichen Revolution in der DDR. Die Staatsmacht reagierte zunächst mit Härte und Ordnungsstrafen auf die Protestzüge, doch statt abzuschrecken, führte die harte Reaktion zu einer weiteren Solidarisierung der Menschen. 
Leipziger Demonstranten mit einem Transparent
»Wir wollen keine Gewalt, wir wollen Veränderungen«, 9.10.1989
Am 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag der DDR, gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen die Demonstranten vor: 150 Verletzte auf beiden Seiten waren die Bilanz. Für die Demonstration am 9. Oktober zog die Regierung Tausende Sicherheitskräfte zusammen. Bekannte Bürger der Stadt riefen zur Besonnenheit auf, doch niemand wusste, was an diesem Abend geschehen würde. 70.000 Menschen versammelten sich, zogen über den Innenstadtring, forderten »freie Wahlen« und »Veränderungen«. Die große Menschenmenge ließ das Regime von einem Einschreiten absehen. Alles verlief friedlich. Einen Monat später fiel die Mauer. 

Zitat Kurt Masur 
»Ich weiß von vielen Menschen, die alles riskiert haben, die sich von ihren Eltern verabschiedet haben an diesem Tag.« (Kurt Masur, Wikipedienberg – Abenteuer Geschichte 2014
Am 9. Oktober 1989, dem Tag der Leipziger Montagsdemonstrationen, gehörte Masur zu den sechs prominenten Leipzigern (neben den Sekretären der SED-Bezirksleitung Kurt Meyer, Jochen Pommert und Roland Wötzel, dem Kabarettisten Bernd-Lutz Lange und dem Theologen und Stasi-Mitarbeiter Peter Zimmermann), die den Aufruf Keine Gewalt! verfassten. Dieser Aufruf wurde während der Demonstration mehrfach über die Lautsprecher des Leipziger Stadtfunks verbreitet und trug so maßgeblich zu deren friedlichen Ablauf bei. Am 27. Dezember 1989 wurde Masur erster Ehrenbürger der Stadt Leipzig nach der politischen Wende in der Deutschen Demokratischen Republik. 2014 erhielt Masur für seine Engagement bei der Friedliche Revolution die Goldene Henne in der Kategorie "Politik".[12] (Kurt Masur, Wikipedia)