Donnerstag, 20. August 2020

Jens Spahn schafft den gläsernen Patienten

Vor seiner politischen Karriere war Jens Spahn Pharmalobbyist. Als Bundesminister bleibt er seinen Wurzeln treu und legt sich mit Vehemenz für die Interessen der kommerziellen Gesundheitswirtschaft ins Zeug. Dafür schickt er Gesetze in Serie auf die Reise, die einen großen gemeinsamen Nenner haben – die Verwertung von Patienten- und Versichertendaten zu Profitzwecken. Beispielhaft dafür ist das Digitale-Versorgung-Gesetz, das der Chef des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gerade per Verordnung konkretisiert hat. Mit dem Ergebnis: Die informationelle Selbstbestimmung gerät noch heftiger unter Beschuss. Eine Luxusvilla ist das allemal wert. Von Ralf Wurzbacher.

Jens Spahn ergreift die Flucht. Raus aus dem weltoffen-bunten Schöneberg, rein ins spießig-hermetische Dahlem, wo sich in Berlin die Wohlbegüterten vom gemeinen Volk distinguieren. Im Kiez waren die Nachbarn zuletzt aber auch wirklich gemein, wie RTL aus seinem Umfeld erfuhr. Von „ständigen Kontaktaufnahmen“ fühlten sich der CDU-Promi und sein Ehemann Daniel Funke „gestört und eingeengt“. Mehrmals sogar habe man sie in den vergangenen Wochen vor der Haustür angesprochen und dabei „seien nicht immer positive Worte gefallen“. Was liegt da näher, als auf Abstand zu gehen, gerade in Zeiten von Corona.

Den Schutz seiner Privatsphäre lässt sich der Bundesgesundheitsminister dabei einiges kosten. 4,125 Millionen Euro sollen laut Kaufvertrag für die Nobelvilla aus den 1920er Jahren fällig werden, dazu könnte noch ein stattliches Sümmchen für die Renovierung kommen. Fernab der Berliner Trubelmeilen, inmitten von viel Grün und bei 300 Quadratmetern Wohnfläche winken demnächst aber allerhand Platz und Ruhe, um für und unter sich zu sein. Und wenn doch mal Gäste da sind und lästig werden, kann sich das Paar immer noch in den vorhandenen Tresorraum zurückziehen.

mehr:
- Der Türöffner: Wie Jens Spahn den gläsernen Patienten herbeiregiert (Ralf Wurzbacher, NachDenkSeiten, 20.08.2020)
siehe auch:
Hypnosetag 97: Datensammelwut (Post, 06.05.2020)
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Corona: Einige sind gleicher… –

Warum Virologen und deren Gefolgschaft zu Taliban der Moderne zu werden drohen

Dominic Cummings, politischer Chefberater des britischen Premiers Boris Johnson, fährt während des Lockdowns, den er selbst zu verantworten hat, durchs halbe Land, um seine Tochter gut versorgt zu sehen. Jarosław Kaczyński, Jurist und Vorsitzender der Regierungspartei Polens, geht am Todestag seines Zwillingsbruders zu dessen Grab, obwohl Friedhofsbesuche strengstens verboten sind während des Lockdowns, den er selbst verordnet hat. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow geht zur Beerdigung einer Nachbarin, obwohl er selbst verfügte, dass bei Trauerfeiern nur der "engste Familien- und Freundeskreis" teilnehmen darf.

Arroganz der Macht? Sicher! Aber eben auch die Kapitulation vor der eigenen Unfähigkeit, Unmenschliches zu befolgen.

Ramelow erkannte, dass es "unmenschlich" gewesen wäre, der Trauerfeier fernzubleiben. Er ist nicht der Einzige, der sagt, man sei zu weit gegangen im Bestreben, die Ausbreitung von Covid-19 zu hemmen, was - man erinnere sich - eigentlich dazu da sein sollte, die Krankenhäuser nicht an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit zu bringen.

Zuwendung, Nähe und Wärme, kurz: menschlicher Kontakt sind konstituierend für das Mensch-Sein an sich; Säuglinge sterben ohne Berührung und liebevolle Ansprache, selbst wenn sie ausreichend Nahrung und Pflege erhalten. Nicht von ungefähr gewinnen die Folgen von Einsamkeit immer mehr Forschungs- und politische Aufmerksamkeit. In Großbritannien wurde 2018 sogar ein Ministerium eingerichtet, das sich diesem Problem widmen soll.

In der oben begonnenen Aufzählung fehlt – mindestens – ein weiterer Kandidat: Andy Grote feierte am 10. Juni seine Wiederernennung zum Innensenator in einer Hamburger Kneipe. Er sagt, es sei ein "lockeres Zusammenkommen", ein "Stehempfang" gewesen; andere sprechen von Party. In jedem Fall haben sich da mindestens 30, im Verlauf des Abends 50 Personen, die Klinke in die Hand gegeben, während sich in Hamburg nur maximal sechs Personen "ansammeln" durften, und der Betrieb von Gaststätten ohnehin ganz untersagt war. Jede noch so kleine Zuwiderhandlung gegen Corona-Vorschriften wurde mit mindestens 150 Euro Strafe pro Person geahndet.

Grote, dessen Behörde für die Einhaltung dieser Verordnungen zuständig ist, nahm den HamburgerInnen bis Ende Juni in knapp 9240 Ordnungswidrigkeitsverfahren 613.027 Euro ab, hielt sich selbst aber nicht daran. Nach wochenlanger Prüfung durch die Bußgeldstelle in Grotes eigener Behörde soll er nun 1000 Euro zahlen, angeblich habe er zwar "keine Fehler" gemacht, allerdings eine verbotene "private Zusammenkunft" abgehalten.

Arroganz der Macht? Ganz sicher! Und ein guter Anlass zu überlegen, ob Strafen für Verstöße gegen selbst erlassene Vorschriften nicht automatisch das Zehnfache dessen betragen sollten, was ein Normalbürger zahlen müsste.

mehr:
- Menschsein in Zeiten von Corona (Olga Masur, Telepolis, 20.08.2020)
siehe auch:
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Cancel Cancel Culture! Klasse vs. Masse…

Cancel Cancel Culture! {16:57}

Gunnar Kaiser 
Am 20.08.2020 veröffentlicht
Text und Links: YouTube 
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In full: Rowan Atkinson on free speech {9:05}
Defend Free Speech 
Am 15.08.2018 veröffentlicht
The forerunner of the Defend Free Speech campaign was called “Reform Section 5”. This speech by Rowan Atkinson at the launch event in Parliament in 2012 should be heard by every politician, journalist and campaigner before they start calling for laws to silence those they regard as ‘extremists’.
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Rowan Atkinson REFUSES to Be on Social Media, Even Though Mr. Bean Has 80 MILLION Facebook Followers {2:17}
Rachael Ray Show  
Am 26.10.2018 veröffentlicht
"I tend to keep myself to myself a lot," Rowan admits.

Corona-Ausschuß – Termin 12: Fehlanreize im System, Die Rolle der Medien II

Termin 12: Fehlanreize im System, Die Rolle der Medien II {3:02:19 – Start bei 18:36}
OVALmedia 
Live übertragen am 20.08.2020  
Erfahren Sie mehr über den Ausschuss: 
https://corona-ausschuss.de 

Bisherige Folgen:
Corona-Ausschuß – Termin 11: Datenschutz - 1 Million Genoms, Gesundheits-ID, Tracking-App (Post, 18.08.2020)
Corona Ausschuß - Termin 10: Gefährlichkeit des Virus, Behandlung der Krankheit, Impfen als Ausweg (Post, 14.08.2020)

Corona-Ausschuß – Termin 09: Die Rolle der Medien (Post, 13.08.2020)

Corona-Ausschuß, Termin 08: USA - der Blick von innen / Aktuelle Lage in Schweden, Frankreich und Italien u.a (Post, 07.08.2020)
Corona-Ausschuß – Termin 07: Schützen die Masken oder schaden sie? (Post, 06.08.2020)
Corona-Ausschuß – Termin 06: Die Lage der Kinder (Post, 31.07.2020)
Corona-Ausschuß – Termin 05: Die Lage der kleinen Unternehmer und Selbständigen (Post, 30.07.2020)
Stiftung Corona-Ausschuß – Termin 04: Der Drosten-Test, die Immunität und die zweite Welle (Post, 24.07.2020)
Corona-Ausschuss – Termin 03: "Bergamo - was war da los?" (Post, 23.07.2020)
Corona-Ausschuss – Termin 02: Die Lage der Menschen in den Pflegeheimen (Post, 15.07.2020)
Corona-Ausschuss – Termin 01: Lernen vom Untersuchungsausschuss Schweinegrippe - mit Dr. W. Wodarg (Post, 14.07.2020)