Fast 100 Jahre alt ist die Studie des niederländischen Historikers Johan Huizinga (1872-1945) über die Lebensformen des 14. und 15. Jahrhunderts, doch sein Meisterwerk »Herbst des Mittelalters« liest sich weithin wie ein brillantes Beispiel moderner Geschichtsschreibung. Jeder, der sich für die Welt des Mittelalters interessiert, sollte sich dem Vergnügen hingeben, dieses Buch zu lesen. 1919 erschien die niederländische Erstausgabe, bald folgten Übersetzungen in mehr als ein Dutzend Sprachen. Die deutsche Übersetzung (1924) war die früheste und fand so viel Widerhall, dass sie schon 1930 in dritter Auflage erschien.
Huizinga war vornehmlich Kulturhistoriker, seine Darstellung schwelgt in bildhafter Anschauung des alltäglichen Lebens und verbindet die historische und psychologische Analyse. Die politischen Kräfte bleiben außerhalb der Betrachtung. Huizinga betrachtet das 14. und 15. Jahrhundert nicht wie üblich als Ursprung und Beginn der Renaissance, sondern als Epoche der Vollendung und des Absterbens der »überreifen« Kultur des Mittelalters.
Harenberg – Abenteuer Geschichte 2014