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Von Klaus Hart
Wirtschaft, Regierung und Medien trommeln für sogenannten »Biosprit«. Deutsches Kapital fließt reichlich in Brasiliens Ethanol-Produktion, die auf Zuckerrohr basiert. Doch jetzt hat der bekannte brasilianische Dominikaner und Befreiungstheologe Frei Betto angesichts des Hungers in der Welt die Herstellung von Agrotreibstoffen als unverantwortlich und unmenschlich verurteilt – sein Protest findet sogar in europäischen Parlamenten Gehör.
In einer Analyse mit dem Titel »Necrocombustiveis«, »Treibstoffe des Todes«, klagt Frei Betto an, dass der Boom bei fälschlicherweise als Biosprit bezeichneten Produkten bereits weltweit einen deutlichen Preisanstieg bei Lebensmitteln provoziere, darunter in Europa, in China, Indien und in den USA. Frei Betto, in Brasilien viel gelesener Zeitungskolumnist, Bestsellerautor mit Millionenauflagen, bekräftigt gegenüber Publik-Forum seine Argumente.
In dem Tropenland, das unter Staatschef Lula die Herstellung von Ethanol aus Zuckerrohr massiv fördert, habe die Bevölkerung im ersten Halbjahr 2007 für Nahrungsmittel dreimal so viel ausgeben müssen wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Kaum zu glauben, aber wahr: Selbst Frischmilch kostet derzeit deutlich mehr als in den deutschen Supermärkten. Die Preissprünge sind brutal und für die Bezieher des Mindestlohns von umgerechnet 140 Euro, für Empfänger der weit niedrigeren staatlichen »Hungerhilfe« nicht zu verkraften.
Brasiliens Großfarmer indessen, so Frei Betto, stürzen sich geradezu auf das neue »Gold« namens Zuckerrohr und lassen den Anbau traditioneller Agrarprodukte beiseite. Dies wirke sich, wie in den USA, natürlich auf die Lebensmittelpreise aus. Fidel Castro habe mit seiner entsprechenden Kritik völlig recht. Weltweit gebe es derzeit rund 800 Millionen Autos – die gleiche Zahl von Menschen leide unter chronischer Unterernährung. »Also werden wir jetzt Autos füttern und dafür Menschen in den Hunger schicken. Statt Biotreibstoff haben wir Todes-Sprit: Treibstoffe, die Tod bringen.«
Der Befreiungstheologe sagt, es sei aufschlussreich, dass dennoch keine der von den Agrartreibstoffen so begeisterten Regierungen, in Europa, Brasilien und den USA, das jetzige Modell des Individualverkehrs infrage stelle. »So, als ob die Profite der Automobilindustrie tabu, unangreifbar wären.« Diese Regierungen sorgten sich nicht um einen effizienten und ökologisch vertretbaren Massentransport. Brasilien, so fordert er, dürfe sich nicht in eine »immense Zuckerrohrplantage in ausländischer Hand« verwandeln. Frei Betto erinnert dabei an den jüngsten Besuch von US-Präsident Bush in Brasilien und dessen mit Lula vereinbarte Ethanol-Kooperation. »Die USA wollen Zuckerrohrsprit importieren und unser Land als eine Rohstoffreserve fürs Betanken der US-Autos verwenden.« Die EU will nachziehen und hat mit Brasilia eine strategische Partnerschaft vereinbart.
Von Klaus Hart
Wirtschaft, Regierung und Medien trommeln für sogenannten »Biosprit«. Deutsches Kapital fließt reichlich in Brasiliens Ethanol-Produktion, die auf Zuckerrohr basiert. Doch jetzt hat der bekannte brasilianische Dominikaner und Befreiungstheologe Frei Betto angesichts des Hungers in der Welt die Herstellung von Agrotreibstoffen als unverantwortlich und unmenschlich verurteilt – sein Protest findet sogar in europäischen Parlamenten Gehör.
In einer Analyse mit dem Titel »Necrocombustiveis«, »Treibstoffe des Todes«, klagt Frei Betto an, dass der Boom bei fälschlicherweise als Biosprit bezeichneten Produkten bereits weltweit einen deutlichen Preisanstieg bei Lebensmitteln provoziere, darunter in Europa, in China, Indien und in den USA. Frei Betto, in Brasilien viel gelesener Zeitungskolumnist, Bestsellerautor mit Millionenauflagen, bekräftigt gegenüber Publik-Forum seine Argumente.
In dem Tropenland, das unter Staatschef Lula die Herstellung von Ethanol aus Zuckerrohr massiv fördert, habe die Bevölkerung im ersten Halbjahr 2007 für Nahrungsmittel dreimal so viel ausgeben müssen wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Kaum zu glauben, aber wahr: Selbst Frischmilch kostet derzeit deutlich mehr als in den deutschen Supermärkten. Die Preissprünge sind brutal und für die Bezieher des Mindestlohns von umgerechnet 140 Euro, für Empfänger der weit niedrigeren staatlichen »Hungerhilfe« nicht zu verkraften.
Brasiliens Großfarmer indessen, so Frei Betto, stürzen sich geradezu auf das neue »Gold« namens Zuckerrohr und lassen den Anbau traditioneller Agrarprodukte beiseite. Dies wirke sich, wie in den USA, natürlich auf die Lebensmittelpreise aus. Fidel Castro habe mit seiner entsprechenden Kritik völlig recht. Weltweit gebe es derzeit rund 800 Millionen Autos – die gleiche Zahl von Menschen leide unter chronischer Unterernährung. »Also werden wir jetzt Autos füttern und dafür Menschen in den Hunger schicken. Statt Biotreibstoff haben wir Todes-Sprit: Treibstoffe, die Tod bringen.«
Der Befreiungstheologe sagt, es sei aufschlussreich, dass dennoch keine der von den Agrartreibstoffen so begeisterten Regierungen, in Europa, Brasilien und den USA, das jetzige Modell des Individualverkehrs infrage stelle. »So, als ob die Profite der Automobilindustrie tabu, unangreifbar wären.« Diese Regierungen sorgten sich nicht um einen effizienten und ökologisch vertretbaren Massentransport. Brasilien, so fordert er, dürfe sich nicht in eine »immense Zuckerrohrplantage in ausländischer Hand« verwandeln. Frei Betto erinnert dabei an den jüngsten Besuch von US-Präsident Bush in Brasilien und dessen mit Lula vereinbarte Ethanol-Kooperation. »Die USA wollen Zuckerrohrsprit importieren und unser Land als eine Rohstoffreserve fürs Betanken der US-Autos verwenden.« Die EU will nachziehen und hat mit Brasilia eine strategische Partnerschaft vereinbart.
aus Publik-Forum 15/2007