Sonntag, 6. Oktober 2019

Impeachmentstreit statt Diskussionen über politische Alternativen

Kommentar: Egal, wie das Verfahren ausgeht, Verlierer sind die, die auf einen Politik- und nicht nur auf einen Politikerwechsel setzen

Fast täglich werden wir jetzt via Medien über die Feinheiten des Impeachment-Verfahrens gegen Präsident Trump unterhalten. Welche Winkelzüge das Trumplager macht, und wie die die Demokraten darauf reagieren, sind dann der tägliche Stoff von Interviews. Wieder kommen im Deutschlandfunk die Interviewpartner zu Wort, die vor der letzten Wahl immer im Brustton der Überzeugung bekundeten, dass Trump überhaupt keine Chance hat.

Erst waren sie sicher, dass er nie Kandidat der Republikaner werden kann. Als sich das als offensichtlich falsche Prognose erwies, waren diese US-Experten ganz sicher, dass diese Partei nun überhaupt keine Chance mehr hat, die Wahlen zu gewinnen. Und bei jeder Trump-Äußerung schien sich die Partei mit den Kandidaten Trump weiter zu isolieren.

Nach der Wahlnacht herrschte im Lager dieser Experten Katzenjammer, aber bald erklärten sie, nun könnten die Wahlmänner noch immer verhindern, dass Trump Präsident würde. Auch hier lagen sie falsch und kaum war Trump Präsident, gab es Spekulationen, wie lange er im Amt bleiben würde. Der Begriff Impeachment kam bereits nach wenigen Wochen der Trump-Administration auf und bezog sich zunächst auf die angebliche Russland-Connection. Doch mag der Muller-Bericht auch Trump nicht entlasten – für ein Impeachment reichten die Ergebnisse nicht aus.

mehr:
- Impeachmentstreit statt Diskussionen über politische Alternativen (Peter Nowak, Telepolis, 06.10.2019)
siehe auch:
USA: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist auf Rekordhöhe angestiegen (Post, 01.10.2019)
Die Gier der US-Elite: der Anstand scheint nicht nur in Wahlkampfzeiten Kopf zu stehen (Post, 28.09.2019)
"Die Unkundigen": Lieblinge politischer Rhetorik (Post, 27.09.2019)
Der ukrainische Sumpf holt Washington ein – oder umgekehrt (Post, 26.09.2019)
- USA zeigen überraschende Merkmale eines Drittweltlandes (Post, 16.08.2019)

Irak: eskalierende Proteste von außen gesteuert?

Die Zahl der Toten steigt auf fast 100. Weder der Regierungschef Abdul Mahdi noch der einflussreiche Ayatollah Ali Sistani konnten die Lage beruhigen. Zeichen einer Einmischung von außen häufen sich

Die Proteste im Irak eskalieren. Mehrere Anzeichen deuten darauf hin, dass die von der aussichtslosen Lage der Jugend angestoßenen Proteste, wie befürchtet (Irak: Die Jugend stellt die Systemfrage), von Kräften geschürt werden, die die Gelegenheit nutzen, um eigene politische Ziele zu verfolgen.

Beobachter, die über Kontakte zur irakischen Regierung verfügen, stellen die These auf, dass der "stille Krieg zwischen den USA und Iran nun in einen irakischen Aufstand transformiert" wurde.

Mittlerweile zählt die Bilanz der Opfer laut Reuters beinahe 100. Die UN ruft zum Ende des sinnlosen Blutvergießens auf. Festzustellen ist, dass weder der 17-Punkte-Plan, den Regierungschef Adel Abdul Mahdi nach einer eilig einberufenen Kabinettssitzung zur Besänftigung der Proteste vorschlug, noch der deeskalierende Aufruf aus dem Umkreis des einflussreichen Ayatollahs Ali Sistani einen beruhigenden Effekt auf die Proteste ausüben konnten.

Einsatz von Scharfschützen, Angriffe vermummter Gruppen auf TV-Sender

Bilder vom Wochenende, wie sie von Reporting Iraq dokumentiert werden, die mit Mobiltelefonen inmitten von Protesten aufgenommen wurden, zeigen, dass Demonstranten gezielt von Scharfschützen (snipers) getötet wurden. Dazu kamen über Twitterkonten verbreitete Nachrichten, wonach mehrere Sendestationen von bewaffneten Gruppen angegriffen wurden. Auch die Washington Post, Al-Arabyia und RT berichteten darüber.

Es kursieren Beobachtungen, die sich auf Augenzeugen stützen, wonach die Gewalt gegen die meist jugendlichen Protestierer nicht nur von den Sicherheitskräften der Regierung stammt, sondern von anderer, "dritter" Seite kommt, die Opfer sowohl unter den Protestierern wie unter den irakischen Sicherheitskräften verursacht.

Unter den irakischen Militärs wie auch unter den Polizeikräften gebe es ein großes Maß an Verständnis und Solidarität für die Motive der jugendlichen Protestierer, wird zumindest im Fall von Basra behauptet.

Für diese Behauptung - die an anderer Stelle allerdings dahingehend relativiert wird, dass Sicherheitskräfte dennoch mit Härte gegen Protestierer vorgehen - sprechen Äußerungen aus dem Umkreis des Premierministers Adel Abdul Mahdi und von ihm selbst, die auf eine Position des grundlegenden Verständnisses für die Nöte der Jugendlichen und der Bevölkerung schließen lassen.

Allerdings kommen von Regierungsseite auch Interpretationen, wonach die Proteste schon seit Monaten geplant waren. Der Tod von 16 Mitgliedern der Sicherheitskräfte sowie das Inbrandsetzen von Regierungsgebäuden und Gebäuden von Parteien wird nach Informationen von Elijah J. Magnier in Bagdad als Zeichen dafür gewertet, dass die "echten Klagen der Bevölkerung" von Kräften umdirigiert wurden.

mehr:
- Irak: Proteste eskalieren (Thomas Pany, Telepolis, 06.10.2019)
siehe auch:
Was US-Stiftungen in Russland fördern (Friedrich Homann, 11.10.2016)
Eine CIA-NGO im Great Game: Das National Endowment for Democracy (Post, 19.02.2016)
- Putin und die USA: unpassende »Umtriebe«, FARA und die NGOs (Post, 17.08.2015)