Die umkämpfte syrische Provinz Idlib wäre längst befriedet, würden die Dschihadisten nicht von westlichen Mächten unterstützt.
Aus Idlib wird nach wie vor von schweren Kämpfen und Menschenrechtsverletzungen berichtet. Die Lesart in westlichen Medien ist meist, dass Zivilisten und gutwillige „Rebellen“ von Truppen des Assad-Regimes drangsaliert werden. Doch wie so oft stellt dies eine grobe Verzerrung der Realität dar. In Idlib halten sich noch immer Tausende von islamischen Extremisten auf, die eine Khalifat zu errichten versuchen. Syrische und unterstützende russische Truppen versuchen die Zone zu befreien und so ein Ende der Kampfhandlungen herbeizuführen. Doch westliche Mächte halten ihre schützende Hand über die Dschihaddisten. Sie wollen verhindern, dass die Kämpfer „in alle Richtungen zerstreut“ und so zu einer Gefahr auch für Europa werden.
Kaum ein Tag vergeht, an dem in hiesigen Medien nicht etwas über neue Katastrophen in der nordwestsyrischen Provinz Idlib steht. Zuletzt titelte die Deutsche Presseagentur (dpa): „UN: Regierungsoffensive in Syrien vertreibt mehr als 400.000 Menschen.“ Die Botschaft ist klar: Zivilbevölkerung und „Rebellen“ werden von der syrischen Armee niedergemacht.
Die Agentur beruft sich auf den UN-Vertreter in Damaskus, der zum monatlichen Bericht des UN-Büros für Nothilfe (OCHA) Stellung bezog. Zitiert wird auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, die am Freitag der syrischen Regierung und ihren Verbündeten (Russland, Iran, kl) vorwarf, Kliniken, Schulen und andere zivile Infrastruktur anzugreifen. Weil das so häufig geschehe, seien die Angriffe kein Zufall und damit Kriegsverbrechen, so Bachelet. Auf die wiederholten Reaktionen Russlands zu den Vorwürfen, ging sie nicht ein (1, 2).
Dem Bericht wurde eine Liste von Angriffen zwischen dem 16. und 25. Juli beigefügt, die ausschließlich das Gebiet der Al-Qaida-nahen Organisation Hayat Tahrir al Sham (HTS) und mit dieser verbündeten Kampfverbänden trafen. Diese Gruppe, die von der UNO als Terrororganisation gelistet ist, wird von der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte nicht erwähnt. Immerhin hatte schon der frühere US-Beauftragte für den Anti-IS-Kampf Brett McGurk 2017 darauf hingewiesen, dass vor den Toren der Türkei in Idlib ein „Sicherer Hafen für Al Qaida“ entstanden sei, siehe auch weiter unten.
Auf die Opfer jenseits der HTS-Gebiete geht Bachelet in einem Nebensatz ein. Ihr lägen Informationen von drei Angriffen vor, bei denen 11 Zivilisten getötet wurden, die zwischen dem 21. und 23. Juli von „nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen in dem von der Regierung kontrollierten Gebiet“ verübt worden seien. Trotz einer Deeskalationsvereinbarung 2017 und einer vereinbarten entmilitarisierten Zone 2018 seien Idlib und die umliegenden Gebiete einer „schweren militärischen Eskalation“ ausgesetzt.
Das ist richtig, doch jeder Journalist und jede Journalistin müssen sich angesichts einer solchen Erklärung fragen, was ist da los? Warum funktioniert die Deeskalation nicht, warum wird in der entmilitarisierten Pufferzone um Idlib herum so schwer gekämpft? Worum geht es, wurde etwas getan, um die Zivilbevölkerung zu schützen? Was sagt die syrische Armee, was ihre Verbündeten zu den Vorwürfen?
Der folgende Text geht auf die Hintergründe, Entwicklungen und Stellungnahmen ein.
mehr:
- Die letzte Schlacht (Karin Leukefeld, Rubikon, 27.07.2019)
siehe auch:
- Die US-imperiale Strategie, der »Zwang« Kriege führen zu müssen und die Manipulation der öffentlichen Meinung (Post, 16.12.2018)
Sewastopol, die Stadt des Widerstands bis zum bitteren Ende! Mit heute 400'000 Einwohnern die grösste Stadt auf der Halbinsel Krim, Sewastopol stand immer wieder im Zentrum der europäischen Geschichte und ist nicht zuletzt deshalb eine echte Sehenswürdigkeit – heute mehr denn je.
Sewastopol war das Zentrum des Krimkrieges, der, erstmals in der Weltgeschichte, ein richtiger Weltkrieg war, kein Krieg zwischen zwei Mächten, sondern ein Krieg mit etlichen Alliierten: das Osmanische Reich zusammen mit den Briten, den Franzosen und den Piemontesen als Alliierte gegen das Russische Kaiserreich. Und es gab auch eine Kriegsfront gegen Russland in Europas Norden, wenn auch militärisch weniger von Bedeutung.
Die Meeresbuchten von Sewastopol im Südwesten der Krim wurden schon im 7. Jahrhundert vor Christus von den Griechen besiedelt. Später übernahmen die Römer die Herrschaft und dann die Byzantiner. Nach der totalen Zerstörung der Stadt im 14. Jahrhundert und nach der Eroberung der Krim durch die Russen unter der Zarin Katharina die Grosse wurde die Hafenstadt im Jahr 1783 neu gegründet.
Eine russische – und eine heilige Stadt
«In gewissem Sinne wird Sewastopol immer zu Russland gehören. Das liegt nicht bloss daran, dass Russland es erbaut hat – eine majestätische steinerne Stadt voller südlicher Weiträumigkeit, in dessen blauen Buchten sich die Kriegsschiffe drängen. Sewastopol hat für zwei Dinge gesorgt, die Russland im Innersten heilig sind. Es ist eine zweifache Heldenstadt: einmal aufgrund der zehnmonatigen Blockade, als es den Nazis standhielt, und zum zweiten aufgrund seines zweijährigen Verteidigungskampfes gegen Grossbritannien, Frankreich und das Osmanische Reich im Krimkrieg. Und dazu hat Sewastopol noch etwas im tiefsten Sinne Heiliges in sich: Es war das Tor, durch das der Legende nach und vielleicht sogar in Wirklichkeit das Christentum in Russland eintrat.» So steht es in dem höchst informativen Buch «Black Sea» des britischen Historikers Neal Ascherson aus dem Jahr 1995 (dessen deutsche Übersetzung «Schwarzes Meer» leider nur noch antiquarisch erhältlich ist). 1995 – damals gehörte Sewastopol zwar nicht zur «Autonomen Republik Krim», sondern hatte einen Sonderstatus, aber seit Chruschtschows Geschenk im Jahre 1954 gehörte die Stadt ebenfalls zur Ukraine. Im Jahr 1997 dann wurde das «Problem» durch einen formellen Vertrag zwischen der Ukraine und Russland gelöst, wonach die Stadt und das Territorium Sewastopol mit seinem Kriegshafen wieder unter russische Kontrolle kam.