Sonntag, 25. August 2019

Propagandaregen: Die ideologische Mobilmachung der Republik

Gedanken über die ideologische Mobilmachung der Republik.

Formal leben wir noch in einer parlamentarischen Demokratie. Dies bedeutet jedoch nicht, dass autoritäre Machtstrukturen und Methoden zur Herrschaftssicherung einer kleinen Elite nicht wirksam wären. Wo man den Menschen nicht verbieten kann, den Mächtigen bei der Wahl Steine in den Weg zu legen, muss man sie durch Propaganda dahin bringen, nur das zu wollen, was sie wollen sollen. Dazu wurden eine Reihe von Strategien perfektioniert. Zu den erfolgreichsten gehört die Spaltung. Man mobilisiert gegen Arme, anstatt Armut abzuschaffen. Man zersetzt die Friedens- und Umweltbewegung und hetzt die normalen Bürger gegeneinander auf, bis schließlich eines vollkommen aus dem Blick gerät: dass einige wenige von all dem profitieren und sich die Hände reiben, weil ihre Verantwortung als auch Machenschaften niemals Thema für ihre „Schäfchen“ sind.

Worüber ist zu sprechen, wenn man über Herrschaft spricht? Zuerst einmal sicher über den Begriff der Herrschaft selbst. Was also ist, was beschreibt und meint sie, die Herrschaft? Nach Max Weber vor allem die „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden.“

Gemeint ist mit diesem Begriff also nicht nur die mittels direkter Gewaltandrohung erzwungene Unterwerfung von Menschen unter fremde Interessen und Mächte. Gemeint ist vielmehr jede, ein Gefälle von oben und unten, von Macht und Ohnmacht, von Ausbeutung und Ausnutzung organisierende und legitimierende gesellschaftliche wie individuelle Operation.

Aktuell mag sich die Herrschaftsform, nach der unsere Gesellschaft organisiert ist, zwar zu Recht als parlamentarische Demokratie bezeichnen, es ist damit jedoch nicht gesagt, dass Herrschaft und Machtstrukturen deswegen als solche nicht mehr existent und wirksam wären.

Herrschaft hat sich vielmehr modernisiert und geht heutzutage mit größerer Legitimation bei den Beherrschten einher. Sie organisiert sich dabei subtil bis in die Individuen und ihr Handeln hinein, das diese sodann als ihre „freie Entscheidung“ erleben:

„Was weiß ich schon von mir, wenn ich nicht weiß, dass das Bild, das ich von mir selbst habe, zum größten Teil ein künstliches Produkt ist und dass die meisten Menschen — ich schließe mich nicht aus — lügen, ohne es zu wissen? Was weiß ich, solange ich nicht weiß, dass ‚Verteidigung’ Krieg bedeutet, ‚Pflicht’ Unterwerfung, ‚Tugend’ Gehorsam und ,Sünde’ Ungehorsam? Was weiß ich, solange ich nicht weiß, dass die Vorstellung, dass Eltern ihre Kinder instinktiv lieben, ein Mythos ist? Dass Ruhm nur selten auf bewundernswerte menschliche Qualitäten und häufig nicht auf echte Leistungen gründet? Dass die Geschichtsschreibung verzerrt ist, weil sie von den Siegern geschrieben wird? Dass betonte Bescheidenheit nicht unbedingt ein Beweis für fehlende Eitelkeit ist? Dass Liebe das Gegenteil von heftiger Sehnsucht und Gier ist? Was weiß ich schon von mir, wenn ich nicht weiß, dass jeder versucht, schlechte Absichten und Handlungen zu rationalisieren, um sie edel und wohltätig erscheinen zu lassen? Dass das Streben nach Macht bedeutet, Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe mit Füßen zu treten? Dass die heutige Industrie-Gesellschaft vom Prinzip der Selbstsucht, des Habens und des Konsumierens bestimmt ist und nicht von den Prinzipien der Liebe und Achtung vor dem Leben, die sie predigt? Wenn ich nicht fähig bin, die unbewussten Aspekte der Gesellschaft, in der ich lebe, zu analysieren, kann ich nicht wissen, wer ich bin, weil ich nicht weiß, in welcher Hinsicht ich nicht ich bin.“ — Erich Fromm: Vom Haben zum Sein

In diesem Sinne ist unsere ganze Gesellschaft von teils sichtbaren, überwiegend jedoch subtil-unsichtbaren Formen von Herrschaft durchzogen:

Frauen arbeiten in schlecht bezahlten „Frauenberufen“ und Männer machen „Karriere“; Weiße beuten Nicht-Weiße aus; Kinder werden in Schulen mehr erzogen als zu Selbsterkenntnis und in ein selbstbestimmtes Leben geführt; der globale Norden beutet den globalen Süden aus und der Westen führt Kriege gegen die armen, aber ressourcenreichen Länder der Welt, deklariert dies jedoch anhand des Labels „Freiheit, Demokratie und Menschenrechte“ als zivilisatorische Notwendigkeit.

Mit anderen Worten: Wo wir in den sozialen Verhältnissen, die uns umgeben, zu leben und überleben versuchen, sind wir immer auch und allesamt Täter und Opfer zugleich. Denn wir sind geprägt und umgeben von repressiven Strukturen und verwickelt in Kämpfe um den Erhalt oder Ausbau der durch eigenes Handeln oft nur wenig zu beeinflussenden sozialen Position.

Allerdings sind das nicht alle in gleichem Maße: Ab einer gewissen sozioökonomischen Position sind Diskriminierungen und Benachteiligungen qua Geschlecht, Krankheit, Alter, kultureller und geografischer Herkunft oder Tradition kompensierbar und also von nicht mehr gar so ausschlaggebender Relevanz.

mehr:
- Die Manipulation der Massen (Jens Wernicke, Rubikon, 25.08.2019)
siehe auch:
Medienkrieg um die Köpfe (Post, 29.07.2019)
Hexenjagd auf Julian Assange – Die Tagesschau in transatlantischer Solidarität (Post, 29.07.2019)
NATO malt mal wieder den Teufel an die Wand: die angebliche russische atomare Bedrohung (Post, 25.05.2019)
Tagesdosis 16.5.2019 – Russland? Russland. Natürlich Russland (Post, 16.05.2019)
Mainstream goes Propaganda (Post, 08.05.2019)
- Horst-Eberhard Richter ist tot (Post, 05.01.2012)

Viele Journalisten wissen, dass sie zu Handlangern einer Kriegspropaganda werden. Aber sie sagen nicht, was sie merken.
[Horst-Eberhard Richter, Im Verwirrspiel gleichgeschaltet,
der Freitag, 24.01.2003]
Bekannt wurde besonders seine für das Jahr 1883 überlieferte Rede im Twilight Club, der am 12. April 1883 im D'Orville's Restaurant im Mills Building in New York zusammentraf. John Swinton, Mitbegründer des Clubs,[6] war als Ehrengast eingeladen, Teilnehmer waren Journalistenkollegen. Jedes Treffen des Clubs hatte ein intellektuelles Diskussionsthema, das nach dem Essen behandelt wurde. Redebeiträge sollten nicht länger als 5 Minuten dauern,[7] „mit dem ausdrücklichen Einverständnis, dass jeder Redner seine innerste Überzeugung ohne Zögern und Zurückhaltung ausspricht und mit der vollständigen Versicherung der Hochschätzung und des Wohlwollens aller Zuhörer.“ Thema war: „Einige Dinge, die ein Herausgeber nicht zu besprechen wagt.“[8] Swintons Beitrag war eine Stellungnahme zur „Unabhängigkeit der Presse“, nachdem angeblich jemand vor ihm diese erwähnt hatte.

“There is no such a thing in America as an independent press, unless it is out in country towns. You are all slaves. You know it, and I know it. There is not one of you who dares to express an honest opinion. If you expressed it, you would know beforehand that it would never appear in print. I am paid $150 for keeping honest opinions out of the paper I am connected with. Others of you are paid similar salaries for doing similar things. If I should allow honest opinions to be printed in one issue of my paper, I would be like Othello before twenty-four hours: my occupation would be gone. The man who would be so foolish as to write honest opinions would be out on the street hunting for another job. The business of a New York journalist is to distort the truth, to lie outright, to pervert, to villify (sic!), to fawn at the feet of Mammons, and to sell his country and his race for his daily bread, or for what is about the same – his salary. You know this, and I know it; and what foolery to be toasting an ‘Independent Press’! We are the tools and vassals of rich men behind the scenes. We are jumping-jacks. They pull the string and we dance. Our time, our talents, our lives, our possibilities, are all the property of other men. We are intellectual prostitutes.”

„So etwas wie eine unabhängige Presse gibt es in Amerika nicht, außer in abgelegenen Kleinstädten auf dem Land. Ihr seid alle Sklaven. Ihr wisst es und ich weiß es. Nicht ein einziger von euch wagt es, eine ehrliche Meinung auszudrücken. Wenn ihr sie zum Ausdruck brächtet, würdet ihr schon im Voraus wissen, dass sie niemals im Druck erscheinen würde. Ich bekomme 150 Dollar dafür bezahlt, dass ich ehrliche Meinungen aus der Zeitung heraushalte, mit der ich verbunden bin. Andere von euch bekommen ähnliche Gehälter um ähnliche Dinge zu tun. Wenn ich erlauben würde, dass in einer Ausgabe meiner Zeitung ehrliche Meinungen abgedruckt würden, wäre ich vor Ablauf von 24 Stunden wie Othello: Meine Anstellung wäre weg. Derjenige, der so verrückt wäre, ehrliche Meinungen zu schreiben, wäre auf der Straße um einen neuen Job zu suchen. Das Geschäft des Journalisten in New York ist es, die Wahrheit zu verdrehen, unverblümt zu lügen, sie zu pervertieren, zu schmähen, zu Füßen des Mammon zu katzbuckeln und das eigene Land und Volk für sein tägliches Brot zu verkaufen, oder, was dasselbe ist, für sein Gehalt. Ihr wisst es und ich weiß es; Was für ein Unsinn, einen Toast auf die ‚Unabhängigkeit der Presse‘ auszubringen! Wir sind Werkzeuge und Dienstleute reicher Männer hinter der Bühne. Wir sind Hampelmänner. Sie ziehen die Fäden und wir tanzen. Unsere Zeit, unsere Fähigkeiten, unser Leben, unsere Möglichkeiten sind alle das Eigentum anderer Menschen. Wir sind intellektuelle Prostituierte.“[9][10][11][12]

[John Swinton, Die Rede im Twilight Club 1883, Wikipedia, abgerufen am 15.03.2020]
 
27 000 PR-Berater polieren das Image der USA (Post, 12.02.2009)
Medien: intellektuelle Korrumpierbarkeit in Konfliktzeiten (Post, 31.12.2002)

A Brief History of U.S. Dirty Wars in Central America That Set the Stage for the Refugee Crisis {9:31 – Start bei 1:26}

The Intercept
Am 02.12.2018 veröffentlicht 
The world watched in horror as U.S. Border Patrol agents opened fire with tear gas on a group of refugees seeking asylum in the United States. Among the targets of this assault by U.S. forces were women and children, many of whom who fled Honduras.
Across the news media, these refugees are simply referred to as “migrants,” or “the caravan.” Rarely do we get any context of why they are risking their lives and the lives of their children to flee Honduras. And part of why we don’t hear the context is because to really tell this story, you need to talk about the U.S. dirty wars in Central America in the 1980s, the impact of neoliberal economic policies, and the catastrophe of climate change caused by the U.S. and other major world powers. You need to know history.
And if you know this history, particularly in Honduras, then you know that what we are seeing now is a situation where the U.S. set a house on fire and as the flames have raged, the U.S. is standing against the people trying to flee the fire that Washington set to their home.
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Butler zeigte sich 1932 solidarisch mit den Massendemonstration der Bonus Army, die eine Verbesserung der Lage von Kriegsveteranen forderte. 1934 meldete er angebliche Putschpläne gegen Präsident Franklin D. Roosevelt an den Vorläufer des Komitees für unamerikanische Umtriebe. Ein Untersuchungsausschuss wurde eingerichtet, doch ließen sich die Vorwürfe nicht erhärten. In der Fernsehverfilmung Novemberplan (The November Plan, USA 1977, Regie Don Medford) wurde Butler von Lloyd Nolan dargestellt.
Butler starb 1940. General Douglas MacArthur bezeichnete Butler als „einen der wirklich großen Generäle der amerikanischen Geschichte“ und benannte die Militärbasis in Okinawa nach ihm. Außerdem wurde 1941 nach ihm der Zerstörer USS Butler (DD-636) benannt, der 1948 außer Dienst gestellt wurde.
[Smedley D. Butler, Leben, Wikipedia, abgerufen am 24.08.2019]
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Smedley ButlerKrieg ist ein Verbrechen (1935) ( aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt von Anne Diener, Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. Gruppe Bonn-Rhein-Sieg – Originalversion bei lexrex.com)