Donnerstag, 11. September 2008

Mannsbilder und Weibsbilder

Die ZEIT gibt Literaturempfehlungen für Jungs und Mädchen.

Zu den Empfehlungen für Mädchen (»Tolle Frauen«) gehören unter anderem:
– Lolita, eine Zwölfjährige, die nach dem Tod ihrer Mutter ihren Stiefvater verführt und sich von ihm für Sex bezahlen läßt,
– Ja’ara, die einem unnahbaren Egomanen verfällt und ihren Mann verläßt, um sich vom Liebhaber demütigen zu lassen,
– die schöne, reiche, dominante und vermeintlich liebesunfähige Wanda, die ihren Liebhaber nach allen Regeln der Kunst quält,
– die durch eine Hetzkampagne eines Reporters fertiggemachte Katharina, die den Reporter schließlich erschießt,
– die Alkoholikerin Martha, die ihren Mann für einen unfähigen Verlierer hält und versucht, sich an dessen neuem, verheirateten Kollegen gütlich zu tun,
– Pippi, bärenstark und Papa immer weg,
– Madame Bovary, die von ihrem Mann gelangweilt ist, ihn verläßt und sich durch Kaufräusche und Luxus zu betäuben sucht und, nachdem ihr kein Mann hilft, sich vergiftet,
– Rosy, die, wenn sie nicht grad auf einer Sexmesse als Auspeitscherin arbeitet, sich unter anderem zwischen Paaren selbstverwirklicht und dort ungefragt aber kräftig im Liebesspiel – nicht immer unter dem Beifall ihrer Geschlechtsgenossinnen – mitmischt.
[Quelle: Carsten Klook, Literarische Vorbilder: Nicht nur für Mädchen!, ZON, 08.09.2008]


Zu den Empfehlungen für Jungen (»Super-Typen«) gehören:
– Holden, an den emotional keiner rankommt und der alles verwirft, was erwachsen ist,
– die lebens- und genußsüchtigen Sal und Dean, die Autos klauen, Drogen nehmen und dem bürgerlichen Leben zu entfliehen suchen, [Wie hieß das bei Walt Disney’s Herbie auf dem Parkplatz vor dem Schnellimbiß: "Hier kommt keiner raus, Baby!"]
– Bowling, ein Versicherungsagent, der vor seiner nörgelnden Frau und seinen Kindern flüchtet und der seiner durchschnittlichen Existenz durch die Rückkehr zu seiner Kindheit zu entkommen sucht,
– Werther, ein klassisch verfahrener Tagträumer, der ohne Lebensplan herumhüpft, sich einzig und allein seiner Flamme, der verlobten Lotte mit den schwarzen Augen hingeben will und sich zum Schluß umbringt,
– Felix, ein Dieb, Zuhälter und Hochstapler, Prototyp des superluxuriösen Aufschneiders mit Großmannssucht,
– Mersault, ein emotional unbeteiligt erscheinender, zum Toder verurteilter Mörder,
– Tom und Huck, zwei Lausbuben, die ohne Eltern großwerden und dann einen Schatz finden,
– Oskar, der keinesfalls erwachsen werden will und das eine Zeit lang auch schafft,
– ein Kauz, der als einer der ganz wenigen eine Katastrophe überlebt hat, beim Waldspaziergang beinahe erschossen wird, die Angreiferin aber überrumpelt, eine Zeit lang mit ihr zusammen lebt und dann von ihr verlassen wird,
– Yossarian, der vergeblich versucht, verrückt zu spielen, um seinem Schicksal zu entkommen.
[Quelle: Carsten Klook, Literarische Vorbilder : Jungs, lest mal hier!, ZON, 08.09.2008]


Ein Hoch auf die Vorbilder, weiter braucht man wohl nichts zu zu sagen… "Jodl!"

Sitzen zwei Japaner auf der Zugspitze. Dem einen fällt das Radio in die Tiefe, und so ruft er seinem erfahrenen Kumpel zu: "Hol die Ladio, hol die Ladio…" Der antwortet: "Hol du die Ladio!"

… und noch nicht mal auf Konfuzius ist mehr Verlass… {jedenfalls bei der ZEIT}

Die Olympiade - Ein Fest der Lügen

Von Jamyang Norbu

Jetzt, wo sich die olympischen Spiele dem Ende nähern, gibt es wohl nur wenige Menschen auf der ganzen Welt, die von all den Lügen, Täuschungen, Betrügereien, Manipulationen, all den Kontrollmaßnahmen und den Grausamkeiten, die sich die chinesische Regierung während der olympischen Spiele zuschulden hat kommen lassen, gar nichts gehört oder gelesen hätten oder sie sogar selbst bezeugen könnten. Tatsächlich hat es derart viele dieser Vorkommnisse gegeben, daß es sich lohnt, sie einmal aufzulisten, denn ich bin sicher, daß viele Leute das eine oder andere oder gar mehrere übersehen oder vergessen haben, falls sie ihnen anfänglich aufgefallen sein sollten.
Zunächst einmal wären da die spektakulären, computergenerierten riesigen „Spuren des Feuerwerks“, die bei der durchs Fernsehen übertragenen Eröffnungszeremonie „angefügt“ wurden.
Wußten Sie, daß die eintausend oder mehr Trommler, die während der Zeremonie en masse auftraten, alle Soldaten der Volksbefreiungsarmee oder Angehörige der bewaffneten Volkspolizei waren? Solche, die gerade turnusmäßig ausgetauscht waren und vielleicht noch kurz zuvor Menschen in Tibet oder Ost-Turkestan gefoltert oder erschossen haben?
Dann gab es da die allzu flotte 9jährige Lin Miaoke, die die „Ode an das Mutterland“ vorzutragen schien, obwohl sie in Wirklichkeit nur die Lippen zu einer Aufnahme des Gesanges eines anderen Mädchens bewegte, das als weniger attraktiv eingestuft worden war, nämlich der 7jährigen Yang Peiy. Falls der echte Panchen Lama (der sich unter Hausarrest in Beijing befindet) dies im Fernsehen verfolgt haben sollte, könnte er eine Art Déjà-Vu-Erlebnis gehabt haben.
Ai Weiwei, der ursprünglich den Plan für das Vogelnest-Stadion entworfen hat und einer der seltenen chinesischen Künstler oder Intellektuellen von Format ist, die noch eine eigene Meinung bewahrt haben, kommentierte: „Die Zeremonie täuschte ihre 600 Millionen Zuschauer und demütigte sie“. Noch 2007 hatte er Zhang Yimou und Steven Spiegel für ihre Choreographie der Eröffnungszeremonie kritisiert und ihnen vorgeworfen, sie würden ihrer Verantwortung als Künstler nicht gerecht werden.
Ein weiterer Programmpunkt in der Eröffnungszeremonie war eine Prozession von Kindern, die eine große chinesische Flagge ins Stadion trugen, wobei jedes der kostümierten Kinder für eine der ethnischen Minderheiten der Volksrepublik China (VRC) stand. Die Kinder waren aber alle Chinesen. Die Kinder der Minderheiten wurden vermutlich für zu barbarisch oder als potentielle Störfaktoren bei dieser großen Aufgabe betrachtet. Eines von ihnen hätte ja „Freiheit für Tibet“ rufen können.
Der Grund könnte ja auch der gewesen sein, daß es einfach keine Angehörigen von „Minderheiten“ mehr in Beijing gab. Wir wissen, daß beinahe jeder Uighure und jeder Tibeter aus der Stadt verbannt wurde, nicht nur Studenten und Besucher, sondern sogar die arme Amala, die Flitterkram an der U-Bahn-Station verkaufte. Tsering Shakyas Nichte, Dechen Pemba, wurde ebenfalls ausgewiesen, obgleich sie britischer Nationalität ist und sowohl ein Visum als auch einen Wohnberechtigungsschein besaß. Wir wissen außerdem, daß Wanderarbeiter, Beschwerdeführer von außerhalb der Stadt und viele andere Bürger die Hauptstadt unter Zwang verlassen mußten. Aber machen wir davon mal kein so großes Aufhebens, denn schließlich wurde das Visum für Joey Cheek, einem Eisschnelläufer, Goldmedaillengewinner und Menschenrechtsaktivisten, widerrufen, bloß weil er sich gegen den Völkermord in Darfur ausgesprochen hatte. Wenn nicht einmal Goldmedaillen-Gewinner zu den Olympischen Spielen reisen dürfen, wer darf es dann?
Wo wir schon von Aktivisten sprechen, sollten wir natürlich erwähnen, daß der chinesische Menschenrechtsaktivist Zeng Jinyan am Vorabend der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele einfach aus Beijing verschwand. Einige weitere chinesische Menschenrechtsaktivisten scheint das gleiche Schicksal ereilt zu haben, darunter auch den Anwalt Ji Sizun. Eine Freundin behauptete, sogar dasTelefonkabel in ihrem Appartement sei abgeklemmt worden. Sie sind verschwunden, einfach so. Wie die desaparecidos [die Verschwundenen] in Südamerika in den 70er Jahren.
Laut „Reporter ohne Grenzen“ wurden während der Olympischen Spiele 22 Journalisten angegriffen oder festgenommen. Mindestens 50 Menschenrechtsaktivisten wurden verhaftet und schikaniert oder gezwungen, Peking zu verlassen.
Alle Krankenhäuser in Beijing wurden angewiesen, ihre psychiatrischen Stationen abzuriegeln. Den Patienten wurde verboten, die Gebäude während der Spiele zu verlassen. Die Behörden haben dies vermutlich aus kosmetischen Gründen getan. Dem Reporter von New York Times fiel auf, daß es gar keine alten Leute auf den Straßen Beijings gab. Dies könnte auf Sicherheitsgründe zurückzuführen sein, da mehrere Hundert (vielleicht sogar Tausende) von Dissidenten, Mitgliedern unabhängiger Arbeiterorganisationen, Anhängern der Falun-Gong-Bewegung und andere Personen in spezielle staatliche psychiatrische Institutionen eingewiesen wurden, die „Ankang“ genannt werden. In diesen Anstalten müssen sie nach Meldungen von Human Rights Watch Medikamente einnehmen, werden mit Elektroschocks traktiert, und es werden unter Umständen psychochirurgische Eingriffe, möglicherweise sogar die präfrontale Lobotomie, an ihnen vorgenommen – alles, um sie von ihrem „antisozialen Verhalten“ zu „kurieren“.

Der zweite Teil folgt morgen, der gesamte Artikel steht übersetzt auf unserer Website unter: http://www.igfm-muenchen.de/tibet/ctc/2008/JN_Luegenfest.html
Der Originalessay, sowie andere Essays dieses Autors steht auf seiner Website: http://www.jamyangnorbu.com/
Übersetzung: Melanie Pelka, Adelheid Dönges, Revision: Angelika Mensching

Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Arbeitsgruppe München
www.igfm-muenchen.de/tibet/tibetstart.html