Samstag, 10. Juni 2017

Geist? Welcher Geist?

Replik auf die Replik von Stephan Schleim: Um über das Leib-Seele-Problem reden zu können, muss man sich zunächst darüber einigen, wovon man überhaupt spricht 

Ich danke dem geschätzten Kollegen Stephan Schleim für seine klärenden Ergänzungen "Körperist Geist"zu meinem Essay "Denken mit Leib und Seele". 

In vielen Punkten sind wir uns bemerkenswert einig. So etwa im Beharren auf einer soliden kritischen Erkenntnistheorie, die Schleim seinen Lesern vor ziemlich genau einem Jahr in Erinnerung rief "[…] der Punkt ist, dass das mit Händen Gefühlte, die Temperatur und sogar auch die Gummibälle uns wiederum nur als Phänomene gegeben sind. […] [S]owohl das psychische Phänomen als auch das biologische Substrat könnten, metaphysisch gesprochen, zwei verschiedene Seiten einer uns unbekannten Substanz sein. Oder um es mit Kant zu sagen: Das 'Ding an sich' können wir nicht erkennen." 

Umgekehrt stimme ich ihm zu, dass Sprache im Allgemeinen, und insbesondere die Neigung der deutschen Sprache zum Substantivieren, das Denken auf Irrwege leiten können. Denker wie auch Stilisten deutscher Sprache haben seit langer Zeit propagiert, dass man die Prozesse der Welt, statt in Substantiven, besser in Verben ausdrücken sollte (hier eine sehr elegante Arbeit dazu). Es wäre vielleicht eine zwar schwierige, aber auch lohnende Arbeit, eine Philosophie des Geistes zu entwickeln und dabei auf Substantive (und Substantivierungen) zu verzichten. 

Denn gewiss können Substantive Verpackungen ohne Inhalt (oder mit sehr variablem, kaum umgrenztem Inhalt) sein. Mir scheint nur, dass diese Kritik von Stephan Schleim für meinen Artikel nicht sehr relevant ist: Was Schizophrenie ist, ist mir hier ziemlich egal; die Rolle des Ruhezustandsnetzwerks ist auch unabhängig davon beschrieben worden. Dass "Bewusstsein" ein Omnibuswort ist, sage ich selbst. Die Worte "Leib, Seele, Körper, Geist" habe ich nicht in die Diskussion eingeführt, aber sie spielen für die Argumente zu "Qualia" und mentaler Verursachung auch keine Rolle; dort spreche ich, ebenso wie Schleim, wo mentalen und physischen Prozessen.
mehr:
- Geist? Welcher Geist? (Konrad Lehmann, Telepolis, 04.06.2017)

Prof. Peter de Jonge: "Es gibt keine Depressionen"

Wie der Psychologie- und Psychiatrieprofessor Peter de Jonge die psychische Gesundheitsversorgung revolutionieren will 

Peter de Jonge ist Professor für Psychiatrische Epidemiologie an den Universitätskliniken Groningen. Seit 2016 ist er ebenfalls Professor für Entwicklungspsychologie an der Universität Groningen. De Jonge ist unter anderem auf affektive Störungen (Gefühlsstörungen), die Epidemiologie psychischer Störungen, psychologische Methodologie und Statistik spezialisiert. Die psychische Gesundheit des Menschen erforscht er seit rund 20 Jahren. 

Hierfür erhielt er Forschungsmittel in Höhe von über fünf Millionen Euro bewilligt, beispielsweise von der Niederländischen Forschungsorganisation (NWO). Das Gesundheitsunternehmen Espria unterstützte seine Forschung ebenfalls mit einer Million. De Jonge ist Mitglied des von der Harvard University geführten World Mental Health Surveys, das unter anderem Empfehlungen für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verabschiedet.
mehr:
- "Es gibt keine Depressionen" (Stephan Schleim, Telepolis, 05.06.2017)
Lesenswert der Kommentar von Feuermelder:
Irre viele Opfer hier (06.06.2017)

siehe auch:
- Solution Focused Therapy Treatment Manual for Working with Individuals (Terry S. Trepper, Eric E. McCollum, Peter De Jong, Harry Korman, Wallace Gingerich, Cynthia Franklin, Research Committee of the Solution Focused Brief Therapy Association, Datum unbekannt, PDF)

Peter de Jonge - Keynote Emotions 2015 - Tilburg University {1:07:23}

Veröffentlicht am 26.10.2015
‘On emotions and well-being: how nuts are the Dutch?’, keynote during Emotions 2015. The 6th International Conference on emotions,
well-being and health, 25-27 october 2015 at Tilburg University

Mein Kommentar:
Wes Brot ich ess’, dess’ Lied ich sing. Neoliberalismus läßt grüßen!
Mal sehen, wie lange es die Kassen-finanzierte Psychotherapie noch gibt…