Samstag, 19. Oktober 2019

Bewegung im Fall Assange?

Im Fall des in London in Auslieferungshaft sitzenden Journalisten Julian Assange gibt es einige Anzeichen für neue, wenn auch sehr kleine, Entwicklungen. Letzten Freitag hielt sich John Shipton, der Vater von Assange, in Dublin auf, wo er an einer Informationsveranstaltung mit den irischen Europaparlamentsabgeordneten Clare Daly und Mick Wallace teilnahm. Der Gastgeber war der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Irlands Eugene McCartan. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Veranstaltung und weitere Infos der letzten Zeit.

In Irland scheint es bei den progressiven Kräften nicht so große Berührungsängste zu geben, wenn es um Sachthemen geht.

Vor der Veranstaltung trafen wir uns mit John Shipton am Veranstaltungsort. Wie bei den vorherigen Begegnungen machte er einen fast schüchternen, liebenswürdigen Eindruck, doch diesmal konnte man auch die Anspannung spüren, die die Situation, in der sich sein Sohn Julian Assange befindet, erzeugt. Und doch bleibt er höflich und zuvorkommend.

Während des Treffens bekommt John per Telefon die Nachricht, dass Julian Assange an diesem Tag über Videozuschaltung vor Gericht anwesend war, neben seiner Anwältin Gareth Peirce. Er erzählt uns dann, dass der heutige Richter einen freundlicheren, neutralen Eindruck machte und der Richter sagte, dass er in dem Fall Fortschritte machen wolle. Bei der Verhandlung in London war auch der LINKE-Politiker Andrej Hunko anwesend.

mehr:
Bewegung im Fall Assange? (Moritz Müller, NachDenkSeiten, 18.10.2019)
siehe auch:
Direktor der spanischen Sicherheitsfirma, die Julian Assange ausspioniert hat, festgenommen (Post, 09.10.2019)
Londoner Gericht will Assange weiter in Haft behalten (Post, 18.09.2019)
Assange wird fertiggemacht… (Post, 05.09.2019)
John Pilger überbringt eine Warnung von Julian Assange: »Wir sind alle in Gefahr« (Post, 04.09.2019)
„Vergesst Assange nicht, sonst werdet ihr ihn verlieren!“ oder Der »freie« Westen und seine »Werte«… (Post, 17.08.2019)
- UN-Ermittler kritisiert Umgang mit Assange (Post, 31.05.2019)
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Chile: „Neoliberalismus ist tödlich“

Tausende von Chileninnen und Chilenen gingen Anfang Oktober 2019 zum wiederholten Male auf die Straßen, um gegen das unzumutbare Rentensystem im Andenland zu protestieren. Nahezu zeitgleich verbreiteten verschiedene Medien des Landes eine Alarmmeldung der in Paris ansässigen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wonach die Selbsttötungsrate in Chile am Ende dieses Jahrzehnts um 90 Prozent angestiegen sei und bereits zwei Prozent der allgemeinen Todesursachen ausmache.

Aus der Statistik geht hervor, dass die sehr jungen Heranwachsenden und, am anderen Ende, die Senioren, zumeist über 70 Jahre, die tödliche Rangliste anführen; Erstere wegen Schulstress und anderen Formen von Druckausübung, Letztere wegen Aussichtslosigkeit und Depressionen.

„Neoliberalismus ist tödlich“
Wie besorgniserregend es um den Geistes- und Seelenzustand der Chilenen bestellt ist, ermittelte der einheimische Gesundheitsdienst für den Zweijahreszeitraum 2016-2017, in dem 6,2 Prozent der 17 Millionen Chilenen an Depressionen litten, jedoch nur 1,6 Prozent in Behandlung waren. Eugenio Oleam, Psychiater an der Klinik der Universidad de Chile, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Staat. Obwohl die psychischen Erkrankungen 20 Prozent aller Krankheiten ausmachen, stehen für ihre Behandlung allerdings nur zwei Prozent des Haushalts zur Verfügung.

Eine aufschlussreiche Studie mit dramatischen Erkenntnissen der Gerontologin an der Katholischen Universität Chiles, Ana Paula Vieira, offenbarte, dass allein zwischen 2010 und 2015 insgesamt 935 Menschen im Alter über 70 Jahren Selbsttötung begingen; eine weltweit alarmierende Selbsttötungsrate von 17,7 Opfern je 100.000 Einwohner.

Warum beenden ältere Erwachsene am häufigsten ihr Leben? Die Antwort von Ärzten und Medien lautet: „Verlassenheit, Vereinsamung, Erkrankungen, Verlust an Autonomie und Verarmung“. Die chilenische Buchautorin Daniela Belmar widmete dem Thema eine akribische Abrechnung mit dem chilenischen Gesundheitssystem mit dem Titel „A nadie se culpe de mi muerte“ (Auf dass niemand für meinen Tod verantwortlich gemacht werde). Ihr Fazit: Das auch im Staat tief verankerte neoliberale System ist skrupel- und erbarmungslos.

mehr:
- Chile: “Renten reichen kaum für die Leichenbestattung” – Selbsttötungen der Pensionäre auf Höchststand (Frederico Füllgraf, NachDenkSeiten, 19.10.2019)
siehe auch:
Rainer Mausfeld: Angst und Macht in kapitalistischen Demokratien (Post, 26.07.2019)
Achtsamkeit im Neoliberalismus: Warum nicht?! (Post, 12.11.2017)
Byung-Chul Han: »Die Freiheit wird eine Episode gewesen sein« (Post, 07.09.2017)
Die Neoliberalisierung der Universität (Post, 24.08.2016)
Philip Mirowski – Neoliberalismus als weltumspannende Verschwörung (Post, 13.11.2015)
Heute vor 44 Jahren – 4. September 1970: Salvador Allende wird zum Präsidenten Chiles gewählt (Post, 19.10.2014)
Heute vor 40 Jahren – 11. September 1973: Salvador Allende kommt um (Post, 11.09.2013)
siehe auch folgende CIA-Operationen:
Operation Mongoose (1961-65) und Operation Northwoods (ab 1962, gegen Kuba)
Operation PBSUCCESS (1954 – vorbereitet durch die False-Flag-Operation Washtub gegen den guatemaltekischen Präsidenten Guzmán)
Project FUBELT (gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Chiles, Salvador Allende)

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Nachdem Pinochet die Macht ergriffen hatte, sagte US-Außenminister Henry Kissinger, dass die Vereinigten Staaten „es nicht getan haben“ (bezüglich des Putsches selbst), aber dass sie „die größtmöglichen Voraussetzungen geschaffen haben“.[24] Um die Jahrhundertwende veröffentlichte Dokumente zeigen, dass die US-Regierung und die CIA den Sturz Allendes 1970 angestrebt hatten (Project FUBELT). Eine direkte Beteiligung am Putsch von 1973 konnte durch die bisher veröffentlichten Regierungsdokumente nicht nachgewiesen werden. Im Zeitraum vor dem Putsch steigerten die USA ihre Militärhilfe an Chile massiv. Viele relevante Dokumente unterliegen jedoch noch immer der Geheimhaltung.
Die CIA unterrichtete den Bundesnachrichtendienst bereits einige Tage vor dem Umsturz vom geplanten Putsch. Der Bundesnachrichtendienst soll es unterlassen haben, den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt davon zu unterrichten. Über Alfred Spuhler, einen Stasi-Spion im BND, gelangte die Information in die DDR. Eine Warnung an Allende aus Ost-Berlin kam jedoch zu spät.[25]
[Salvador Allende, Rolle der USA, Wikipedia, abgerufen am 21.09.2019]
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- Operation Condor (1970/80er Jahre, zusammen mit den jeweiligen Geheimdiensten gegen politische oppositionelle Kräfte in folgenden lateinamerikanischen Staaten: Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Bolivien und Brasilien) 
Operation Charly (1977-85, Argentinien, Guatemala, San Salvador); Ziel: Export sogenannter „Techniken zur sozialen Kontrolle“. Zu diesen Counterinsurgencymethoden gehörten die systematische Anwendung der Folter, der Einsatz von Todesschwadronen sowie die Technik des Verschwindenlassens von Personen.
Nicht zu vergessen die Operationen:
CHAOS (Überwachung und Bespitzelung von 300.000 Gegnern des Vietnamkriegs sowie von Bürgerrechtsgruppeninnerhalb der USA.[2])
Mockingbird (geheimes Projekt des Außenministeriums der Vereinigten Staaten zur Medienbeeinflussung in den Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.) und
Artischocke (Möglichkeiten der Bewusstseinskontrolle vom 20. August 1951 bis 20. April 1953. Vorgängerprojekt war das Projekt BLUEBIRD, Nachfolger das Projekt MKULTRA.[1])
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