Interkulturell - Multikulti - Transkulturell
Witze sind ein probates Mittel, um Spannungen und
Unterschiede zwischen Kulturen zu thematisieren. Als in Freiburg geborener
Badener lebe ich jetzt seit 30 Jahren im Schwabenland. In Tübingen gibt es die
berühmten Googenwitze. Googen sind schwäbische Weinbauern. Diese Witze gründen
in den Spannungen zwischen der einfachen Bevölkerung und den
"eingewanderten" Professoren nach der Gründung einer Universität in
Tübingen. Hier ein typischer Witz, der die raue Herzlichkeit der Schwaben
symbolisiert:
Ein hoch vergeistigter Professor übersieht in seinem
dissoziierten Zustand die Sperrschilder im Weinberg kurz vor der Weinlese -
negative Halluzination. Einer der Googen reorientiert und konfrontiert ihn
heftig und lautstark: "Mensch, schleich' Dich aus meinem Wengert
{Weingarten], sonst schlag' ich Dir die Beine ab, dann kannst Du auf den
Stompe' heimhumple un' ich häng' Dir Dei Kreuz aus, dann hasch da Arsch im
Gnick«“ (ich habe es etwas verhochdeutscht). Der Professor ist ganz betroffen:
"Entschuldigung, Entschuldigung, ich hab das Schild nicht gesehen".
Der Goog erwidert: "Deswegen sagt man es ja auch im Guten".
Der badische Humor ist anders.
Typisches Beispiel:
Vor einigen Jahren erklärte ich meinem Onkel, wie oft ich
unterwegs bin, Workshops halte und auf internationalen Konferenzen bin. Er
schaute mich und meine Frau an und meinte, "Ha, Du schonst Dei Frau".
Was ist der Unterschied zwischen einer Französin, einer
Italienerin und Schwäbin nach der ersten heißen Liebesnacht? Die Französin
sagt: „Oh, war das schön!“. Die Italienerin sagt zu ihrem Liebhaber: "Dh,
warst Du gut!". Die Schwäbin schaut sich im Zimmer um und sagt: „Oh,
gehöret die Mebel alle Ihnen?".
Nun kommen wir zur wichtigen Frage, ob Ungarinnen nochmal
eine andere Sexualität haben? Vor vielen Jahren war ich zu einem Workshop nach
Budapest eingeladen. Im Auto saßen meine Übersetzerin und zwei weitere
unqarisehe Kolleginnen. Sie wollten wissen, ob ich einen neuen Witz kenne. Kaum
hatte ich angefangen zu erzählen, war mir klar, dass dieser Witz keinen Sinn
macht, weil er mit Sicherheit auf einem unübersetzbaren Wortspiel beruhte.
Zumindest für meine Übersetzerin erzählte ich den Witz trotzdem zu Ende.
Vorausschicken muss ich etwas, was man mir auch erst vorab erklären musste.
Wenn jemand in den USA überrascht ist, sagt er unter Umständen, „Holy
Mackerel!“ [„Heilige Makrele!"]. Der Witz geht so:
Ein Lehrer nimmt in den USA im Geschichtsunterricht die
Schlacht am Little Big Horn durch. Er erzählt, wie General Custer die Schlacht
gegen die Indianer verlor. Anschließend soll die Klasse mit den 14-jährigen
Jungen dieses qeschichtliche Ereignis künstlerisch umsetzen. Die Jungen malen
Bilder mit General Custer auf dem Pferd, Indianer mit Pfeil und Bogen oder
General Custer von Indianerpfeilen durchbohrt. Ein Junge malt ein merkwürdiges
Bild. In der oberen Bildhälfte schwebt ein großer Fisch, darüber ein
Heiligenschein und darunter eine Menge Indianer, die miteinander kopulieren.
Der Lehrer ist erschüttert, „Das ist eine ganz große Schweinerei! Pornographie!
Ich werde Deine Eltern in die Schule einbestellen müssen. Das hat nichts mit
General Custer und nichts mit der amerikanischen Geschichte zu tun!" Der
Schüler unterbricht den Lehrer und meint: „Aber das hat natürlich mit General
Custer zu tun! General Custer sagte damals, „Holy Mackerel, this fucking
Indians are coming and coming!".
Nun, es war mir klar, dass sich das niemals ins Ungarische
übersetzen lassen wird. Zu meiner Überraschung legte die Übersetzerin aber
sofort nach Ende des Witzes los. Kurz darauf lachten alle Frauen. Ich fragte
verwirrt: "Habt Ihr wirklich im Ungarischen dieselbe Doppelbedeutung des
Wortes „kommen“; einerseits „viele Indianer kommen“ und andererseits „kommen“ als
metaphorische Umschreibung für Orgasmus?“. Die Übersetzerin meinte: „Nicht mit
dem Wort „kommen“, aber dem Wort „gehen“, und damit konnte ich den Witz
übersetzen“. Wir hatten dann eine längere Diskussion, welche sexuelle
Philosophie eine Kultur hat, bei dem es einem „kommt“ und welche, bei denen
etwas „geht“. Aber natürlich geht es nicht immer mit dem Kommen.
Es ist manchmal wirklich interessant, mit welch kurzen
Witzen sich kulturelle Unterschiede charakterisieren lassen.
Ein Luxusdampfer verunglückt, die Rettungsboote reichen
nicht. Jeder bekommt eine Schwimmweste und soll springen, aber keiner traut
sich. Die Crew ist verzweifelt. Schließlich wird der Kapitän gerufen. Dieser
geht zu den Leuten, die ängstlich an der Reeling stehen und spricht mit ihnen.
Einer nach dem anderen springt ins Wasser. Als alle Passagiere von Bord sind,
fragt der I. Offizier den Kapitän, wie er die Leute denn überreden konnte. „Na,
ganz einfach“, meint dieser. „Zu den Deutschen habe ich gesagt, es ist ein
Befehl. Zu den Franzosen, es wäre patriotisch. Den Japanern habe ich
versprochen, dass Springen gut für die Potenz wäre. Und den Italienern habe ich
gesagt, springen sei verboten.“
(Bernhard, Trenkle, M.E.G.A.Phon, Newsletter der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose,
09/2016)
»Jeder Mensch ist ein Individuum. Die Psychotherapie sollte deshalb so definiert werden, dass sie der Einzigartigkeit der Bedürfnisse eines Individuums gerecht wird, statt den Menschen so zurechtzustutzen, dass er in das Prokrustesbett einer hypothetischen Theorie vom menschlichen Verhalten passt.«
Erickson 1979