Was ist die mediale Querfront? Wenn ein linker Medienkritiker an einem Stuhl vorbeigeht, auf dem vor einem Jahr ein rechter Medienkritiker saß. So jedenfalls sehen es Journalisten der bürgerlichen Medienmitte, was nicht wundert, weil sie voneinander auch einfach abschreiben.
Teil 2: Vom "Spiegel-Bild"
Eine kleine Kostprobe dieser Fortpflanzung von Querfront-Funden:
Am 14. Februar vergangenen Jahres erschien in der "Schweiz am Sonntag" ein Bericht über "Die Ganser-Verschwörung". In der Polemik ging es um den Schweizer Friedensforscher Daniele Ganser, der als "smarter Wissenschaftler" auftrete, zu "fast allen" Konflikten "etwas zu sagen habe" und Verschwörungen "wittert". Der Makel des promovierten Historikers: Er hinterfragt die offiziellen Versionen der aktuellen Geschichte, wie etwa bei 9/11, den Anschlägen auf Charlie Hebdo oder beim Ukraine-Konflikt.
Seine Doktorarbeit hat er über die Nato-Geheimarmee geschrieben und ist bisher unwiderlegt. Im Zeitungsartikel wird angeführt, Ganser habe schon mal auf einem Kongress des umstrittenen Sektenpredigers Ivor Sasek referiert, der auch Holocaust-Leugnern eine Plattform biete. Und er sei in YouTube-Kanälen wie "KenFM" präsent.
Im Oktober zieht dann die "Neue Zürcher Zeitung" mit einem Artikel über "Die Stimmen des digitalen Untergrunds" nach. Hier wird Ganser als "Star" einer Szene "radikaler Systemkritik" bezeichnet, als "Meister des Subtextes", der es aber "rhetorisch brilliant" verstehe, "gerade keine geschlossene Verschwörungstheorie" zu präsentieren.
mehr:
- Die Quer- und Queerfront (Rudolf Stumberger, Telepolis, 16.02.2016)
Ansonsten werden die üblichen Verdächtigen aufgezählt: Natürlich Elsässer, wieder einmal Ken Jebsen mit seinem Internet-TV, und selbstverständlich wieder Daniele Ganser, der "9/11-Zweifler". Erwähnt wird auch die Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Studie "Querfront" – Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks" vom August 2014, die am Beginn der Querfront-Debatte steht.
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Wenn es nach Bild geht, vielmehr nach den Bild-Analysten Nikolaus Blome und Ralf Schuler, wird der Westen auch dieses Mal wieder "gewinnen", auch wenn es derzeit so aussehe, als "treibe Putin Barack Obama oder Kanzlerin Angela Merkel fast nach Belieben vor sich her". Aber die am Ölpreis hängende russische Wirtschaft wackelt, das geht nicht gut aus (hätte aber wohl auch Folgen für die deutsche Wirtschaft, zumal scheint auch das globale Wirtschafts- und Finanzsystem ins Trudeln zu kommen). Wenn Russland von Swift, also vom internationalem Geldverkehr abgeschnitten würde, könnte das Russlands Wirtschaft "tödlich" treffen (und hätte wohl unabsehbare Folgen für die Globalwirtschaft). Russland könne sich das Wettrüsten wegen des geringen Ölpreises nicht lange leisten (die Frage müsste man auch im Hinblick auf die USA stellen). Russland sei nur formal eine Demokratie und ansonsten hoch korrupt. Deswegen tue sich das "allein auf Putin zugeschnittene russische System …, wie zu Zeiten des Kommunismus, schwer damit, aus Fehlern zu lernen oder flexibel zu reagieren". Auch da ließe sich fragen, ob die westlichen Staaten sehr viel besser aus ihren Fehlern lernen und flexibel sind.
Dr. Daniele Ganser: "Medienkompetenz - Wie funktioniert Kriegspropaganda?" (Berlin, 23.10.2015) [2:10:00]
Veröffentlicht am 09.02.2016
Wie funktioniert Kriegspropaganda und was kann man dagegen tun?
Unter dieser Überschrift lud der Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser am 23.10.2015 nach Berlin in das Kino Babylon.
Aufgrund der enormen Nachfrage sprach der Schweizer an zwei zusätzlichen Tagen vor ausverkauftem Saal über die Mechanik der Propaganda. Der Fokus lag natürlich auf der Macht der Massenmedien. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag wenn es darum geht, ein Volk auf einen Krieg vorzubereiten.
Im Vorfeld erschaffen die Massenmedien ein Feindbild. Angst als Hebel, und das Verbiegen der Wahrheit als Ziel. So wurden und werden Kriege medial vorbereitet. Wer sich davor schützen will, gerade dieser Tage, muss ins Archiv der Geschichte. Es geht darum, das Muster der Mechanik zu dechiffrieren, die Techniken uns Ausspielkanäle der Kriegspropaganda zu benennen.
Ganser ist als Historiker, der nur anhand von Fakten argumentiert, längst selbst ins Fadenkreuz der Propagandamaschine geraten. Dennoch beugt er sich nicht dem Druck, der auch - oder gerade - auf Wissenschaftler ausgeübt wird und der vor allem über die zahllosen Kanäle der Rüstungsindustrie die wirtschaftliche Zerstörung der Abtrünnigen zum Ziel hat.
„Für den Triumph der Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun!“
Ganser tut aber nicht nichts. Er tut viel. In diesen Zeiten, in denen Krieg längst wieder alltäglich geworden ist, gibt es nur noch wenige Wissenschaftler, die ihre Stimme erheben und auf ihr Gewissen hören. Dr. Daniele Ganser ist einer von ihnen.
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siehe auch:
- Warum nach "Bild" Russland den "neuen Kalten Krieg" verlieren wird (Florian Rötzer, Telepolis, 15.02.2016)