Noch vor einigen Wochen hatte der Bundesgesundheitsminister die Bedeutung des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips hervorgehoben. Auf die Frage von ARD-Moderator Zamperoni, ob man nicht besser den Karneval abgesagt hätte, entgegnete Spahn [1]: "Die Frage ist natürlich immer auch die der Verhältnismäßigkeit."
Das war Ende Februar. Jetzt muss sich der Bundesgesundheitsminister den Vorwurf gefallen lassen, bei seiner Sammelleidenschaft für Gesundheitsdaten jedes Maß zu verlieren. Dabei geht es um den Entwurf eines zweiten Pandemieschutzgesetzes, den Spahn letzte Woche auf einer Pressekonferenz vorgestellt hat und über den der Bundestag am 07. Mai berät.
Das "nötige Augenmaß" fehlt, kritisiert Ulrich Kelber den Gesetzesentwurf. Die Liste der Kritikpunkte in der Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten ist lang: fehlende Erforderlichkeit, fehlende Verhältnismäßigkeit der Datensammlung, fehlende Begründungen für Grundrechtseingriffe und vieles mehr. Kelbers Gesamturteil:
Insgesamt tragen die vorgesehenen Regelungen der Bedeutung des Datenschutzes als Schutz des Grundrechts der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung nicht gebührend Rechnung.
Ulrich KelberWorum geht es konkret? Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht eine erhebliche Ausweitung der im Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgesehenen Meldepflichten vor.
mehr:
- Corona-Krise: Spahn will auch Daten von Nicht-Infizierten (Brigitta Engel, Telepolis, 06.05.2020)
siehe auch:
- Datenschutz: Anscheinend gelten Gesetze nur für die kleinen Leute (Post, 14.01.2020)
- Spahn streicht Regelungen zur elektronischen Patientenakte (aerzteblatt.de, 05.07.2019)
x
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen