Was ist Wirklich?
Am 15.12.2015 veröffentlicht
Am 15.12.2015 veröffentlicht
Bankenkrise, Griechenlandrettung, TTIP und CETA – ökonomische Weichenstellungen tangieren in Zeiten gemeinsamer europäischer Gesetzgebung und Globalisierung weit mehr als nur einzelne Volkswirtschaften. Angesichts des wachsenden Einflusses multinationaler Großkonzerne und undurchschaubarer Verstrickungen im Finanzsystem ist nicht nur in der Wissenschaft zunehmend die Rede von einer neoliberalen Postdemokratie. Zu dieser Entwicklung sprach im Rahmen der Reihe "Was ist wirklich?" der Universität Regensburg der ehemaligen Chef-Volkswirt der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung, Heiner Flassbeck.
siehe auch:- Philip Mirowski: „Untote leben länger“: Neoliberalismus als weltumspannende Verschwörung (Buchkritik, Ernst Romeney, Deutschlandfunk Kultur, 13.11.2015 – Zitat: – Hervorhebungen von mir)
Ideologiekritik ist das Forschungsgebiet des Ökonomieprofessors an der „University of Notre Dame“ in Indiana. Er folgt dabei der Spur wirtschaftlicher Interessen durch den Wissenschaftsbetrieb der USA. Seit den 40er Jahren hätte eine handverlesene Gruppe neoliberaler Intellektueller ein hierarchisches Netzwerk aus Denkfabriken, Akademien, Universitätsinstituten und Unternehmen aufgebaut, das nach außen für eine offene Gesellschaft eintrete, sich nach innen aber als elitär, demokratieverachtend und feindselig gegenüber anderen Auffassungen darstelle. Die doppelte Wahrheit, die er mit hehrem Anspruch verkünde, sei ein Merkmal des Neoliberalismus.
Seinen Fachkollegen hält Philipp Mirowski Verstöße wider jede Ethik vor, wenn sie das Renommee von Hochschulen nutzten, um sich als unabhängige Experten auszugeben und sich als Sachverständige, Berater oder ranghohe Mitarbeiter von Regierung, Parlament und Notenbank berufen zu lassen, dabei aber nicht offenlegten, wie sehr ihre wissenschaftliche Arbeit privat von interessierten Unternehmen gesponsert werde.
Ein zweites Merkmal sei folglich die hoch manipulative Vorgehensweise. Wie Liberale würden Neoliberale an alles regulierende Kräfte des Marktes glauben, die deswegen auch nie an ihrem Versagen selbst schuld sein könnten. Schuld seien immer andere Akteure, vorzugsweise der Staat. Nicht dass sie ihn verachteten sei das „Neo“ an den Neoliberalen, sondern dass sie seine Institutionen jederzeit bereitwillig vor ihren Karren spannen würden, um marktkonforme Gesetze zu verabschieden oder finanzielle Folgen abzuwälzen. Mit ihrer Strategie hätten sie dem Kommerz eine Bresche über Universitäten und Wissenschaft hinaus in das gesamte gesellschaftliche Denken geschlagen – so sehr, dass selbst Kritiker davon angesteckt seien und nichts entgegen zu setzen hätten.x