Freitag, 15. Februar 2019

Problemmanagement im Neoliberalismus à la Macron: höher zielen, fester zuschlagen, für dumm verkaufen

Macron schickt brutale Ordnungskräfte auf Demonstranten los und leugnet, dass es Todesfälle gab.

Der französische Präsident Emmanuel Macron geht hart gegen die Proteste seiner Bevölkerung vor. Eine achtzigjährige Immigrantin wurde durch seine Polizeitruppen im Rahmen der Gelbwesten-Proteste getötet, was er mit keinem Wort erwähnte oder gar bedauerte. Die Botschaft an das französische Volk ist eindeutig: Wer sich mit der Staatmacht anlegt, für den wird es gefährlich. Auch mit den Bürgerrechten nimmt es der Präsident des Kapitals mitunter nicht mehr so genau.


Für ihren gewaltsamen Tod wurde niemand bestraft: Zineb Romdhane, eine in Marseille lebende Achtzigjährige, starb an den Folgen der Verletzungen, die sie durch eine Granate erlitten hatte (1). Macrons Truppen schleuderten die mit einem Sprengsatz sowie Tränengas bestückte Granate Anfang Dezember 2018 in ihre Wohnung im vierten Stock, als sie das Fenster schließen wollte, um sich vor den Ausschreitungen auf der Straße zu schützen. Offenbar schafften die Polizeitruppen es „gerade noch rechtzeitig“, die alte Dame vor dem Schließen des Fensters am Kopf zu treffen.

Macron „bedauerte“ am 28. Januar 2019 in Kairo bei seinem Staatsbesuch in Ägypten, dass „11 Personen ihr Leben während der sozialen Krise der ‚Gelbwesten‘ in Frankreich verloren haben“, zitiert FranceInfo den französischen Präsidenten (2). Diese Personen waren keine Polizisten oder sonstige Macron-Kämpfer, sondern Gelbwesten – Gilets Jaunes – oder von den Macron-Truppen bearbeitete Passanten.

Wie es in dem FranceInfo-Bericht weiter heißt, behauptete Emmanuel Macron, dass keine einzige dieser Personen Opfer seiner Ordnungskräfte wurde und zollte seinen Truppen ausdrücklich Tribut. Dies alles ausgerechnet bei einer Pressekonferenz mit dem ägyptischen Präsidenten Al-Sissi, der für sein brutales Regime bekannt ist.

Wie einfach Macron und die Medien die Toten wegdefinieren, wenn sie nicht mehr geleugnet werden können, zeigt das Beispiel der getöteten alten Frau aus Marseille. Die Frau sei nicht von den Polizisten getötet worden, sie sei doch bei der Operation im Krankenhaus gestorben, heißt es in den Verlautbarungen der Regierung und der Presse (3). Deutlicher kann man seine Bevölkerung wohl kaum für dumm verkaufen.

Elf Tote bei den Gelbwesten-Protesten, aber niemand wird dafür verurteilt. Auch für die vielen Schwerverletzten scheint es keinen Schuldigen zu geben.

Die Botschaft an die Gelbwesten ist klar: Wenn ihr demonstriert, seid ihr vogelfrei und müsst damit rechnen, eine Hand, ein Auge oder euer Leben zu verlieren und natürlich werfen wir euch sofort in den Knast, wenn ihr euch dagegen wehrt (4, 5).
Emmanuel Macron ging in der Vergangenheit brutal gegen die Gelbwesten-Demonstranten, ihre Sympathisanten sowie Passanten vor. Zahlreiche Videos und Fotos von den Demonstrationen belegen die massive und gezielte Brutalität der Polizei sowie die gezielte Demütigung von Demonstranten – darunter ganze Schulklassen – durch die Sicherheitskräfte (6, 7, 8, 9, 10).

Unter den Kämpfern auf Macron-Seite befinden sich dabei nicht nur reguläre Polizisten, sondern auch ungekennzeichnete Personen in Zivilkleidung mit roten Armbinden sowie teilweise auch Personen ohne Armbinden, wie beispielsweise ein Macron-Kämpfer, der sich in den Reihen der Polizei aufhielt und einen Handwerkerhammer als Schlagwaffe mit sich führte (11). Insbesondere die Rotbinden greifen immer wieder friedliche Demonstranten an und verschleppen diese.

mehr:
Der Schlägerpräsident (Jens Bernert, Rubikon, 15.02.2019)
siehe auch: 
Der wütende Rebell unter den „Gelbwesten“ (EpochTimes, 15.02.2019)  
Erfolgsrezept gegen die Gelbwesten? Halbzeit beim „Grand débat national“ (Jürgen König, Deutschlandfunk, 15.02.2019)  
«Gelbwesten"-Liste für Europawahl verliert prominente Führungsfigur (AZ Zeitungen, 14.02.2019)  
Frankreich unter Emmanuel Macron – Sich retten vor der Revolution (Ulrich Wickert im Gespräch mit Anke Schaefer, Deutschlandfunk Kultur, 14.02.2019)  
»Ich sehe Mistgabeln« – Menschen ohne Ansprechpartner (Post, 23.01.2019)  
Gummigeschosse zur Disziplinierung der Gelbwesten (Post, 18.01.2019) 
Spielt Macron einfach nur auf Zeit? (Post, 16.01.2019) 
Die Demokratie-Illusion (Post, 11.12.2018) 
„Auf die Knie!“: Französische Polizei behandelt protestierende Schüler wie Schwerverbrecher (Andreas Lilge, EpochTimes, 07.12.2018)
„Wie werden Meinung und Demokratie gesteuert“ (Post, 31.05.2017)

mein Kommentar:
Seine Bevölkerung für dumm verkaufen? 
Zum Für-dumm-Verkaufen gehören immer zwei!
Macron hat Hunderte von Beratern, die sich für teures Geld Gedanken machen. Wenn die befürchten würden, daß seine Worte bei signifikanten Teilen der Bevölkerung unangenehme Konsequenzen haben, würde er das nicht sagen! 
Wie sagte Osho so schön:
Realität ist, was funktioniert.
Und das Für-dumm-Verkaufen funktioniert!
Auch das Die-Bürgerrechte-nicht-so-genau-Nehmen funktioniert (siehe die verlinkten Posts oben)
Spannend würde es erst werden, wenn’s nicht mehr funktioniert…

zur Verachtung des Volkes siehe:
"Wir leben in einer Zeit der Gegenaufklärung" (Paul Schreyer interviewt Rainer Mausfeld, 02.10.2018)
Prof. Mausfeld: Die »verwirrte Herde« auf Kurs halten… (28. Pleisweiler Gespräch) (Post, 03.11.2017)

Giftgasangriff? Was ist in Duma am 7. April 2018 passiert?

Für die USA waren die Bilder der Weißhelme Beweis genug zur Bombardierung, ein investigativer US-Journalist hat sich bemüht, den Nebel des Krieges und der Propaganda vorurteilslos zu durchdringen

Passend zur Münchener Sicherheitskonferenz, wo die Veranstalter wie jedes Jahr einen drohenden Zusammenbruch, dieses Mal der "liberalen Weltordnung", beschwören, ist auf Intercept der Bericht von James Harkin, Direktor des Centre for Investigative Journalism und Mitglied des Shorenstein Center der Harvard University, erschienen, der sich noch einmal den angeblichen Giftgasangriff auf das syrische Duma (Douma) im April 2018 vorgenommen hat (Das lässt aufhorchen: Angeblicher Chemiewaffenangriff in Ost-Ghouta).

Er war bereits Anfang Juli 2018 nach Duma gereist, um sich die Lage vor Ort anzusehen. Seine Reportage ist Pflichtlektüre, auch wenn man letztlich zu anderen Schlüssen kommen mag. Klar ist auf jeden Fall, dass viele Menschen umkamen, letztlich ist es egal, ob sie Opfer einer chemischen Waffe oder einer normalen Bombe wurden.

Für ihn ist es eine Fallstudie für die Choreografie der neuen Propagandakriege im Zeitalter der Fake News. Eine "Desinformationswolke" habe die Ereignisse in Duma eingehüllt, während die großen Medien im Rückzug seien, hätten sich neue Informationsakteure an deren Stelle begeben. Aus Duma wären, nachdem Jaysh al-Sham 2013 die Führer der Violations Documentation Center verschwinden ließ und wahrscheinlich umbrachte, nur noch mit der Dschihadistengruppen abgesprochene Informationen herausgekommen, VDC sei nicht mehr vor Ort gewesen.

Der vermeintliche Giftgasangriff wurde Moskau und Damaskus schon vor jedem Beweis und nur aufgrund der schnell von den Weißhelmen verbreiteten Behauptungen, Fotos und Videos zugeschrieben, was dazu führte, dass die USA, Großbritannien und Frankreich gemeinsam Ziele des angeblichen syrischen Giftgasprogramms beschossen, noch bevor die OPCW-Inspektoren an den Ort des Vorfalls gelangt waren.

Obgleich Russland versuchte zu belegen, dass der Giftgasangriff von den Dschihadisten der Jaysh al-Sham als letzter Versuch, die drohende Niederlage abzuwenden, inszeniert worden sei, hielt man im Westen weitgehend und ohne dem nachzugehen daran fest. Das Narrativ ergänzte das zum Nervengiftanschlag auf die Skripals.

Während alle anderen Rebellengruppen nach einer Vereinbarung mit Damaskus vor der angekündigten Offensive abgezogen waren, weigerte sich Jaysh al-Sham zunächst. Der echte oder inszenierte Giftgasangriff konnte die Einnahme von Ostghuta durch die syrischen Truppen aber nicht verhindern, am Tag darauf zogen die Dschihadisten ab. Russische Soldaten waren bereits zwei Tage später in Duma und konnten angeblich keine Hinweise auf einen Giftgasangriff finden (Nach "Beweisen" Moskaus war der Chemiewaffenengriff in Douma inszeniert). 

mehr: 
- Giftgasangriff? Was ist in Duma am 7. April 2018 passiert? (Florian Rötzer, Telepolis, 15.02.2019) 
siehe auch: 
- Chemiewaffen, die Zweite (Post, 06.02.2019)
- White Helmets: Helden oder Verbrecher? (Post, 23.12.2018)
- Hama – die Geschichte einer Lüge (Post, 16.12.2018)
- Konflikt über behaupteten Giftgasanschlag in Aleppo weitet sich aus (Post, 09.12.2018)
- Chemiewaffen und Fassbomben als Propagandawaffen im Syrienkrieg (Post, 24.11.2018)
- Die Lügen der Macht (Post, 17.11.2018)
- Der Kindermord-Skandal (Post, 16.09.2018)