Samstag, 14. Oktober 2006

Heute vor 100 Jahren – 14.10.2006: Hannah Arendt wird in Linden geboren

Kriegsverbrecher Eichmann – erschreckend normal 

1961 wurde Adolf Eichmann (1906–1962) in Jerusalem der Prozess gemacht. Die Philosophin Hannah Arendt (1906–1975) verfolgte das Verfahren vor Ort. Sie charakterisierte den NS-Verbrecher in ihrem Buch »Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen« daraufhin als Schreibtischtäter, der dem Idealtypus eines Mörders widerspreche, da bei ihm keine verbrecherischen Instinkte, keine typischen Motive erkennbar gewesen seien. Arendts Einschätzung löste heftige Kontroversen aus, denn sie wandte sich damit auch gegen die Tendenz, den Holocaust als einen »Rückfall in die Barbarei« von der Zivilisationsgeschichte abzuspalten, was sie als eine Art Entlastungsstrategie betrachtete. Laut Arendt war Eichmanns negativste Eigenschaft seine »Gedankenlosigkeit«, sie meinte damit die »Unfähigkeit, zu denken«. Er habe kein Motiv bzw. kein Bewusstsein gehabt und sei doch einer der Haupttäter des Holocausts gewesen. Diese Dialektik war für Arendt das moralische Problem des Prozesses. Sie warf die Frage auf, wie und von wem dieses banale Böse bestraft werden könne, angesichts des Völkermords, der alle bisherigen Maßstäbe für moralische und rechtliche Urteile gesprengt habe. 
 Harenberg – Abenteuer Geschichte 2014

siehe auch:
Milgram-Experiment [Wikipedia]

Hans-Peter Dürr über Hannah Arendt [5:31]

Hochgeladen am 22.01.2011
"Diese Frau hat es fertig gebracht, mich in 14 Tagen total zu verändern." Dürr spricht über seine entscheidende Begegnung mit Hannah Arendt im Jahre 1955.
Viel weiteres Material zu Hans-Peter Dürr und der Quantenphysik auf dem Kanal QuantumscienceTV. Link zur Kanal-Seite:
http://www.youtube.com/quantumsciencetv
Zitat aus "Warum es ums Ganze geht." (S.34, oekom-Verlag, 2009) "Innerhalb von 14 Tagen war aus mir ein anderer geworden, voller Optimismus, unternehmungslustig und tatkräftig in einer erweiterten Form. Ich bin einem Menschen begegnet, einer Jüdin, die vertrieben worden war und Schlimmes erlitten hatte, die aber dennoch fähig war, das Leben und Leiden eines 'Gegners' nachzuempfinden und schildern zu können, ihn in zwei Wochen aus einem Gefängnis zu befreien und ihm zugleich Mut zu machen für einen lebenswerten Neuanfang!"
Das berühmte lange Gespräch von Hannah Arendt mit Günter Gaus findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=J9SyT...



»Das beste Gespräch, das ich je geführt habe«:
Hannah Arendt im Gespräch mit Günter Gaus [1:12:18]

Veröffentlicht am 24.07.2013
In voller Länge! "Das beste Gespräch, das ich je geführt habe." (G. Gaus) Das legendäre Interview mit Günter Gaus. Im Zentrum stehen Gegenwartsfragen zu politischem Denken und Handeln. Einleitend wird das Spannungsfeld von Philosophie und politischer Theorie erörtert. Ein weiterer Aspekt sind Geschlechterrollen sowie insbesondere der Prozess gegen Adolf Eichmann. Das Buch von Hannah Arendt (´´Eichmann in Jerusalem´´) war im Herbst 1964 in der Bundesrepublik und 1963 in den USA erschienen, Arendt nimmt hierzu Stellung ("Zur Person", 28.10.1964).
Hier gibt's noch ein sehenswertes Portrait über Hannah Arendt (64 Min.): http://www.youtube.com/watch?v=HDKHev...
Teil der Playlist "Hannah Arendt (Vorträge, Gespräche und ein Portrait)" hier: http://www.youtube.com/playlist?list=...

siehe auch:
- Film »Hannah Arendt« Ist das Böse wirklich banal? (ZEIT Online, 10.01.2013)


"Hannah Arendt" Revisits Fiery Debate over German-American Theorist's Coverage of Eichmann Trial [20:35]

Veröffentlicht am 26.11.2013
http://www.democracynow.org - As head of the Gestapo office for Jewish affairs, Adolf Eichmann organized transport systems which resulted in the deportation of millions of Jews to extermination camps across Nazi-occupied Eastern Europe. Eichmann helped draft the letter ordering the Final Solution -- the Nazi's plan to exterminate the Jewish people in Nazi-occupied Europe. After the war, Eichmann fled to Argentina, where he lived under a false identity until he was kidnapped by the Israeli intelligence agency, the Mossad, on May 11, 1960. He was flown to Israel and brought to trial in Jerusalem in April 1961. After being found guilty he was executed by hanging in 1962. One writer reporting on the trial was the German-Jewish philosopher and political theorist Hannah Arendt, the author of "The Origins of Totalitarianism" and "The Human Condition." Arendt's coverage of the trial for the New Yorker proved extremely controversial. She expressed shock that Eichmann was not a monster, or evil, but "terribly and terrifyingly normal." Even more controversial was her assertion that the Jews participated in their own destruction through the collaboration of the Nazi-appointed Judenrat, or Jewish Councils, with the Third Reich. Arendt's coverage of the Eichmann trial is chronicled in the 2013 film, "Hannah Arendt." We air clips of the film and speak with the film's star, Barbara Sukowa, who was awarded the Lola Award for Best Actress, the German equivalent of the Oscars, for her role. We are also joined by the film's director, Margarethe von Trotta, one of Germany's leading directors, who has won multiple awards over her 40-year career.

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Hannah Arendt's Disruptive Truth Telling [1:40:42]

Veröffentlicht am 07.10.2013
If journalism is the first draft of history, Hannah Arendt's Eichmann in Jerusalem was not a draft but a whirlwind. Please join the Dart Center on Thursday, October 3 from 6-8pm for a conversation with moral philosopher and Einstein Forum Executive Director, Susan Neiman, and Pulitzer Prize-winning journalist and MacArthur Fellow, Tina Rosenberg, to mark the 50th anniversary of Arendt's still-controversial landmark in human rights reportage. Speaker Bios:

Susan Neiman is a moral philosopher with an interest in exploring the persistence of Enlightenment thought and reinterpreting past thinkers for contemporary contexts. She is Director of the Einstein Forum, having previously taught at Yale University and Tel Aviv University. The Wall Street Journal called her 2008 Moral Clarity: A Guide for Grown-Up Idealists "an argument for re-engaging with the moral vocabulary of the country."
Her 2002 work, Evil in Modern Thought: An Alternative History of Philosophy, explains philosophy's quest, touching on Kant, among others, as one perpetually in search of a perfect understanding of evil. Born in Atlanta, Neiman received her doctorate degree from Harvard University.

über Neimans Buch Das Böse Denken [deutsch 2004]
Rezension: Susan Neiman: Das Böse denken: eine andere Geschichte der Philosophie [David Krause, Totalitarismus und Demokratie 3 (2006), veröffentlicht in SSOAR, PDF]
Der Begriff „Theodizee“ steht für das Problem, wie sich Gottes Allmacht und Güte mit dem in der Welt vorhande­nen Leid vereinbaren lässt. Häufig wird dieses Problem da­ durch erklärt, dass auf die Willensfreiheit des Menschen verwiesen wird, die Gott dem Menschen geschenkt habe und ihm auch bei Missbrauch nicht nehme. Warum aber leiden andere? Was ist mit dem Leid, das nicht durch Schuld verursacht wurde (man denke an Naturkatastro­phen)?
Die beispiellosesten Verbrechen werden von den gewöhnlichsten Leuten begangen – Susan Neimans Philosophiegeschichte des Bösen [Rolf Löchel, Literaturkritik, 01.07.2004]
Bei der Lektüre eines Buches, das sich einem derart ernsten Thema wie dem Bösen widmet, kommt es unerwartet, dass man gleich beim ersten Satz schmunzeln muss. Doch Susan Neimans Eingangsfrage "'Das Böse? Ist das nicht ein Thema für Theologen [...] oder allenfalls für Amerikaner?" schenkt einem dieses kleine Vergnügen und ist dabei bezeichnend für die stilistische Leichtigkeit, mit der die Autorin sich ihrer Aufgabe, das Böse zu denken, nähert. Dabei fließt ihr dann und wann sogar Aphoristisches aus der Feder: "Sich mit der Endlichkeit abzufinden ist gar nicht so schwer - vorausgesetzt sie hält sich in Grenzen" oder - natürlich im Abschnitt über Kant: "Gute Absichten ohne Folgen sind leer, gesetzmäßiges Verhalten ohne Absicht ist blind."
Achse des Bösen? [Interview mit Nicola Balkenhof, Deutschlandfunk, 16.08.2004]
Am Ende bleiben die Helden. Für Susan Neiman zum Beispiel diejenigen, die am 11. September 2001 im Flugzeug gen Washington ahnten, dass auch sie Teil einer lebenden Bombe sein würden, wenn sie sich nicht gegen die Terroristen zur Wehr setzten. Überwältigen konnten sie ihre Entführer nicht, aber sie verhinderten Schlimmeres, indem sie die Passagiermaschine auf offenem Feld zum Absturz brachten. Sie wollten nicht "zum Werkzeug des Bösen" werden.
Wie kommt der Teufel so schnell ins Detail? [Christian Geier, Frankfurter Allgemeine, Feuilleton, 24.03.2004]
Wahrscheinlich entscheidet sich schon alles bei der Antwort auf die Frage, ob man besser vom Bösen oder vom Übel spricht. Et libera nos a malo: Es ist lange her, daß die Vaterunserbitte mit "Erlöse uns von dem Übel" übersetzt wurde. Jetzt bittet man um Erlösung von dem Bösen. Dabei ist das moralisch Schlechte, das Böse, nur eine monströse Facette des ontologisch Schlechten, des Übels - dessen, was Paulus meinte, als er schrieb, die Schöpfung liege in Wehen. Das Übel gibt den verborgenen Urgrund ab, während das Böse auch, ja gerade in seinen krassesten Formen stets vor aller Augen liegt. Man kann es ausfindig machen: Das da ist böse. Man kann sagen, wie eine böse Tat zustande kam, psychologisch, kriminologisch. Der unaufgelöste Rest, der dann noch bleibt, ist derselbe, der bleibt, wenn man eine gute Tat aufklären will oder auch nur irgendein Wort, das irgendwo gesprochen wird. Unaufgelöste Reste sind menschlich. Man muß nichts hineingeheimnissen jenseits des Ungeheuren, das gut und böse und jedes Wort für uns bedeuten. Anderenfalls müßte man sich vormachen, man lebte in einer geheuren Welt, in der es nur einige ungeheure Inseln gibt. Inseln des Bösen.

über Neimans Buch Moralische Klarheit [deutsch 2010]
- Moralische Klarheit [Susan Neiman, Die Presse, 01.08.2009]
Die Sprache der Moral wurde von der religiösen Rechten vereinnahmt. Und egal, wie schäbig sie sich verhält: Sie bietet ein Konzept des Guten an, das weder Peinlichkeiten noch hehre Begriffe scheut.
Moralische Klarheit [Philosophisch-ethische Rezensionen, kein Datum]
Wohl um zu zeigen was moralische Klarheit eigentlich gerade nicht auszeichnet und was also das Defizit US-Amerikanischer Politik ist zeichnet die Autorin ein/ihr Bild der US-Rechten und Linken zur Regierungszeit von George W. Bush. Die Rechten bewegen sich nach Meinung von Neiman zwischen der philosophischen Richtung Hobbescher Prägung und der Hegels: Sie träten mit dem Anspruch auf den Tatsachen gerecht zu werden und wenn man nur die Macht dazu hat auch gegebenenfalls seine Ziele zu erreichen ohne es mit der Wahrheit allzu genau zu nehmen auf der einen Seite, auf der anderen Seite poche man immer wieder auf die Werte der Aufklärung ohne dass allerdings klar werde, was die genaue Natur dieser Werte nun sei. So hätten die Konservativen sozusagen 2 Metaphysiken, nämlich die, dass die einzige Realität eine materielle ist und diejenige, dass Ideen Berge versetzen können, beide immer wieder kombiniert um intellektuelle und moralische Überlegenheit zu suggerieren, obwohl beide Metaphysiken eigentlich gar nicht so recht zusammenpassen würden und damit letztlich das Vertrauen in moralische Werte überhaupt untergraben werde. Die Linke hat nach Neiman dagegen gar keine Metaphysik anzubieten und stünde mit leeren Händen da. Darum sei sie unfähig die Herzen der Menschen zu gewinnen.
Moralisches Handeln ist heldenhaft [René Weiland, Deutschlandradio Kultur, 17.10.2010]
In ihrer Art zu argumentieren steht Susan Neiman in der besten Tradition der familiären moralischen Unterredung. Sie entwickelt ihre Argumente im ständigen Dialog mit dem Leser, was ihre Darstellungsweise unmittelbar einsehbar macht.
Kompass für aufgeklärte Idealisten [Simon Vaut, Berliner Republik 5/2010]
In den Vereinigten Staaten begründen Konservative und religiöse Rechte ihre politischen Forderungen gern mit Moral und Werten. „Ideale“, „Gut und Böse“, „Helden“ – solche Begriffe benutzte vor allem die Regierung George W. Bush lange Zeit erfolgreich zu ihrer Selbstinszenierung. Hingegen wirkt eine solche Sprache für viele Europäer verstaubt. Gerade auch Progressive verwenden sie äußerst ungern. Geht es nach Susan Neiman, ist das ein großer Fehler. In ihrem Buch Moralische Klarheit: Leitfaden für erwachsene Idealisten argumentiert sie, die Werte der Aufklärung dürften nicht denen überlassen werden, die sie verfremden, verdrehen und ins Gegenteil verkehren. Aufklärer wie Rousseau, Voltaire oder Kant seien in ihrer Ablehnung des Orthodoxen und Autoritären von einem moralischen Kompass und klaren Werten geleitet gewesen, die auch im 21. Jahrhundert dringend gebraucht würden.


Tina Rosenberg is co-writer of the New York Times Fixes column and author, most recently, of Join the Club: How Peer Pressure Can Transform the World. For ten years she was a member of the New York Times editorial board writing editorials on foreign affairs. She is a contributing writer to the Times Sunday magazine. She has written two other books: Children of Cain: Violence and the Violent in Latin America, and The Haunted Land: Facing Europe's Ghosts After Communism, which won the Pulitzer Prize and the National Book Award.


The Haunted Land: Facing Europe's Ghosts After Communism [Rezension, Academon, kein Datum]
In Haunted Land: Facing Europe's Ghosts after Communism, Tina Rosenberg sets out to analyze the attempts of the citizens of three former Eastern-Bloc countries--Czechoslovakia, Poland, and East Germany--to come to terms with their past in post-Communist Europe, a process she believes is vital to the successful transition from totalitarianism to democracy. The book's highly evocative title is truly reflective of how traumatic this process has been for these Eastern European countries. Written in a free-flowing, journalistic, highly readable style, the book is a mix of interviews, historical information, and personal reflections that bring vividly to life the undercurrents that lurk in the troubled waters of Eastern European politics and society. Rosenberg's main contention in the book is that the measures taken by these nations to deal with the past, while they must be commended for happening at all, are far from adequate to deal with the problem effectively.


Bruce Shapiro is the executive director of the Dart Center for Journalism and Trauma, encouraging innovative reporting on violence, conflict and tragedy worldwide from the Center's headquarters at Columbia University in New York City. An award-winning reporter on human rights, criminal justice and politics, Shapiro is a contributing editor at The Nation and U.S. correspondent for Late Night Live on the Australian Broadcasting Corporation's Radio Nation. As an investigative journalist and commentator Shapiro has covered terrain ranging from inner-city neighborhoods to the chambers of the U.S. Supreme Court for The Nation, BBC, CNN, Fox News and NPR. Beginning in the mid-1990s Shapiro began extensive reporting on crime victims and American society, and documented the intersection of politics and violence on issues ranging from capital punishment to combat trauma. He was national correspondent for Salon.com, and wrote for the New York Times Magazine, the Los Angeles Times, the Guardian and numerous other publications worldwide.



[Buchrezensionen von mir eingefügt] 



Wenn es noch einen bekannten Menschen gibt, mit dessen Persönlichkeit und Leben ich mich beschäftige, so wird das Hannah Arendt sein. Wir können dem lieben Gott dankbar sein für solche Menschen!