Mittwoch, 10. Mai 2006

Qualitätssicherung …

Jetzt ist es auch bei den niedergelassenen Ärzten soweit: Qualitätssicherung heißt das neue Zauberwort, welches uns das dem Helfen gewidmete Leben mit noch mehr Bürokratie versüßt: hier ein bißchen Kontrolle, da ein bißchen Kontrolle. Das erhöhe meine Wettbewerbsvorteile gegenüber meinen Kollegen, wurde mir in einer äußerst interessanten Fortbildungsveranstaltung durch den Vortragenden erklärt. (Wettbewerb ist ein anderes Zauberwort. Meine Frage, weshalb ich mit meinen Kollegen denn konkurrieren solle, wurde von meinen angestrengt lauschenden Kollegen mit unwilligem Raunen quittiert. Solche philosphischen Fragen gehören nicht zum Thema!) Nun darf ich nicht nur was für meine Patienten tun, nein, ich darf auch noch mit meinen Kollegen konkurrieren. Schon als ich nach fünf Jahren Wartezeit mit meinem Studium begann, war ich da ganz geil drauf. Ich wollte schon immer den anderen Beschädigten, die ihr Leben durch praktizierte Nächstenliebe in Ordnung bringen wollen, beweisen, daß ich es besser kann.

Hier ein Beispiel aus dem Deutschen Ärzteblatt, wie das Ganze mit dem Kaffekochen funktioniert:


Allerdings fehlen auf der Arbeitsanweisung Hinweise auf das Verhalten im Notfall (z.B. »Ruhe bewahren« und »Netzstecker ziehen«), Angaben zum Sicherheitsbeauftragten, Erstellungs- und Änderungsdatum der Anweisung, Aufbewahrungsort des nächst erreichbaren Feuerlöschers sowie die wichtigsten Rufnummern beim Eintreten von Störungen. Außerdem dürften die Sicherheitsabstände medizinischen Verbrauchs- und Arbeitsmaterials zum Elektrogerät auf dieser Abbildung nicht eingehalten worden sein.
Es ist auch nirgendwo zu erkennen, ob das verwendete Gerät sowie die benutzten Filter für den Gebrauch in für die mit der kassenärztlichen Vereinigung abrechnungsberechtigten Praxen zertifiziert sind und ob die Herstellerfirmen für die regelmäßige Fortbildung der an der Produktion beteiligten Personen gesorgt haben.
Daß keine Aufhängevorrichtung für die Kaffeefilter verwendet wird, ist wahrscheinlich nur noch für eine Übergangsfrist erlaubt. Zur Zeit tagt ein Beratungsgremium, welches in den nächsten zwei Jahren Vorschläge für die Befestigungshöhe der Aufhängevorrichtung über der Arbeitsplatte erarbeiten wird. Ob diese Vorschläge noch zeitgerecht vor Ende der Übergangsfrist durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einen entsprechenden Erlaß eingearbeitet werden können, steht zur Zeit noch nicht fest, da die Krankenkassen gegen die Zusammensetzung des Beratungsgremiums rechtliche Schritte angedroht haben. Gestern mußte der Verbraucherminister zurücktreten, da, wie der SPIEGEL berichtete, aus wohlunterrichteten Kreisen durchgedrungen war, daß das Beratungsgremium mit seinen Vorschlägen um über fünf Zentimeter über die durch die entsprechende EU-Norm vorgegebenen Maße hinausgeht.
Die Bundesvereinigung der Kaffeefilterhersteller hat zur Kostensenkung im bundesdeutschen Kaffebrühwesen vorgeschlagen, die Arztpraxen zu verpflichten, für jede benutzte Filtertüte 5 Cent abzuführen, da sich sonst immer mehr Hersteller gezwungen sähen, ihre Produktion ins billigere Ausland zu verlegen. Die Kaffeehersteller gehen mit ihren Forderungen noch weiter: Sie fordern eine Kontingentierung des Kaffeeverbrauchs in Arztpraxen. Jede Arztpraxis solle - abhängig von Anzahl, Beruf, Ausbildung, Behinderungsgrad, Familien- und Krankenstand sowie Kinderzahl der Beschäftigen - nur eine begrenzte Menge von Kaffee pro Jahr konsumieren dürfen. Würde dieses Kontingent um mehr als 10% überschritten, müsse Kaffee zu entsprechend höheren Preisen eingekauft werden. Die Kontrolle müsse durch die ärztliche Selbstverwaltung mit entsprechenden Regelungen gesichert werden. Die Betreiberfirmen von Toll-Kolleckt (aktuelle Rechtschreibung noch nicht endgültig geklärt) haben vorgeschlagen, Kaffeemaschinen mit Satellitenempfängern auszustatten, um den Kaffeeverbrauch zentral erfassen und kontrollieren zu können. Auch ein Gegenvorschlag der Krankenkassen ist im Gespräch: der Kaffeeverbrauch der Arztpraxen könne auf den Chipkarten der am Hausarztvertrag teilnehmenden Kassenpatienten festgehalten werden. Möglicherweise könne ein Kaffeemehrverbrauch auch durch eine entsprechende Senkung der zu zahlenden Praxisgebühr sanktioniert werden.
Aus der EU-Kommission zur Entbürokratisierung werden Vorschläge kolportiert, nach denen nicht mehr jede Arztpraxis mit mehr als drei sondern nur noch mit mehr als fünf ganztägig Beschäftigten einen Kaffeeverbrauchsbeauftragten zu bestimmen habe, der die Einhaltung der entsprechenden Regelungen zu überwachen und per BarKot (auch hier aktuelle Rechtschreibung noch nicht geklärt) regelmäßig an die entsprechende Kontrollinstanz der ärztlichen Selbstverwaltung weiterzuleiten hat.

Der Amazonas brennt für unser Essen

Hamburg/Brasilia, April 2006

Der weltweite Fleischkonsum steigt kontinuierlich. Um große Mengen Fleisch zu produzieren, bedarf es noch größerer Mengen Futter für Schweine, Rinder und Hühner. Wichtige Bestandteile des Futters sind eiweißhaltige Zusatzstoffe.

Früher wurden Fisch- und Tiermehl verfüttert. Die Produktion von Fischmehl wird aber zunehmend unrentabel, weil die Weltmeere leer gefischt sind. Soja heißt jetzt die neue, billige Eiweiß-Beigabe, und die Nachfrage nach der "goldenen Bohne" ist explosionsartig gestiegen.

Viel Soja für viel Fleisch

Südamerika ist weltweit der größte Soja-Produzent, und der Soja-Boom benötigt immer mehr Anbaufläche. Skrupellose Farmer roden - sehr häufig illegal - riesige Gebiete im südamerikanischen Urwald.

In Brasilien wird derzeit auf einer Fläche von 23 Millionen Hektar Soja angebaut. 70 Prozent der brasilianischen Soja-Ernte erwirtschaften industrielle Mega-Farmen. Der Soja-Handel dagegen ist größtenteils US-amerikanisch kontrolliert. Hier wird der Großteil des Gewinns aus dem Soja-Geschäft erzielt. In den letzten drei Jahren sind so mehr als sieben Millionen Hektar Wald fast ausschließlich für die Agrarindustrie verloren gegangen.

Alle acht Sekunden verlieren wir allein am Amazonas - Urwald in der Größe eines Fußballfeldes.

Auf den Schultern eines Riesen…

Wir Deutschen und wir Psychotherapeuten tun uns mit unserem Kulturgestalter bzw. Übervater recht schwer. Noch Jahrzehnte nach seinem Tod sind wir stolz drauf, wenn wir rausfinden, daß er irgendwo falsch gelegen oder Fehler gemacht hat. Und dies hat wohl nicht nur damit zu tun, daß wir schwer an der Kränkung zu tragen haben, die die Erkenntnis mit sich bringt, daß wir nicht Herr im eigenen Hause sind, obwohl gerade wir Psychotherapeuten genau damit unser Geld verdienen.

Eine Würdigung im Deutschen Ärzteblatt
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Nachdem ich die SPIEGEL-Titelgeschichte »Triebwerk im Keller der Seele« (Nr. 18/2006) gelesen hatte, war ich doch etwas desorientiert: Gar nicht SPIEGEL-like fand der Autor diesen angestaubten Wiener doch tatsächlich in vielen Punkten bestätigt.
Doch freudseidank hat zumindest der SPIEGEL-online zur alten Form wieder zurückgefunden und pinkelt wieder allem, was mit Autorität zu tun hat, freudig ans Bein (»Hosianna, sog i«):