Donnerstag, 9. August 2007

Die Stimme der Künftigen

Warum braucht die Menschheit einen Weltzukunftsrat? Fragen an den Initiator Jakob von Uexküll

Jakob von Uexküll
geboren 1944, ist der Initiator und Gründer des Weltzukunftsrates. 1980 stiftete der vormalige Briefmarkenhändler den als „Alternativen Nobelpreis“ bekannten „Right Livelihood Award“, von 1984 bis 1989 war er für die Grünen im Europäischen Parlament.
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Am 10. Mai ist auf Ihre Initiative in Hamburg der Weltzukunftsrat gegründet worden. Warum diese neue Organisation?

Wir haben den Weltzukunftsrat (WFC) gegründet, weil die Entscheidungen und Nichtentscheidungen, die heute getroffen werden, einen viel längeren und tiefgreifenderen Einfluss auf das Leben künftiger Generationen haben, als noch vor wenigen Jahren. Doch die künftigen Generationen haben keine Repräsentanz in der Weltpolitik. Deswegen tritt der WFC an, um die heutige Politik auf ihre Zukunftsverträglichkeit hin zu prüfen.

Mit welchen Instrumenten will der WFC Einfluss nehmen?

Vor allem durch die Zusammenarbeit mit Parlamentariern. Der WFC arbeitet eng mit dem Internationalen Parlamentarier-Netzwerk zusammen, Mit dieser Organisation veranstalten wir gemeinsame Hearings, wie zuletzt im November 2006 anlässlich des Weltklima-Gipfels in Nairobi. Ferner gibt es Signale aus dem Generalsekretariat der Vereinten Nationen, mit dem WFC als ständigem Beraterkreis zusammenzuarbeiten.

Dem WFC gehören fünfzig Mitglieder aus allen Erdteilen an. Welche Kriterien waren bei seiner Besetzung ausschlaggebend?

Zunächst haben wir Organisationen und Einzelpersonen um Vorschläge gebeten. So sind 500 Nominierungen bei uns eingegangen. Daraus wurden zwanzig Personen ausgewählt. Bestimmend dabei war die Repräsentanz der Erdteile und Generationen. Außerdem wollten wir Stimmen aus Regierungen und Parlamenten, aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Kunst einbinden. Diese Kerngruppe hat dann die restlichen dreißig Ratsmitglieder gewählt.

Als ersten Arbeitsschwerpunkt hat der Gründungskongress des WFC den Klimawandel identifiziert. Warum dieses Thema?

Es ist das überragende Thema der Weltpolitik. Beim Klimawandel geht es nicht nur um Ökologie, sondern genauso um globale Gerechtigkeit, Sicherheitspolitik, Armutsbekämpfung, Migration. All diesen Herausforderungen können wir nur begegnen, wenn wir weltweite Klimagerechtigkeit und Klimasicherheit schaffen.

Sie haben einen Aufruf zum Ausbau erneuerbarer Energien an den G8-Gipfel formuliert Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass dieser Appell dort wahrgenommen wird?

Es gibt bei den politischen und wirtschaftlichen Eliten einen große Orientierungsbedarf. Denn seit einigen Monaten ist das Bewusstsein dafür gewachsen, dass heute einschneidende Schritte notwendig, aber auch möglich sind.

Woher nehmen Sie Ihren Optimismus, dass noch genügend Zeit bleibt, die drohende Klimakatastrophe abzuwenden?

Kein Mensch weiß, ob die Zeit reicht. Sie ist äußerst knapp. Wir wollen dafür eintreten, dass die verbleibenden Chancen genutzt werden. Ob dies gelingt, hängt von jedem Einzelnen ab: von seinem Konsumverhalten und davon, wie er seinen politischen Einfluss als Wähler geltend macht, um den Druck aufzubauen, der für Veränderungen notwendig ist.

aus Publik-Forum 10/2007

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