Sonntag, 16. November 2008

Was Pavianpos und Frauen gemein haben

ROCHESTER – Männliche primitive Vorlieben sollten umsichtige Frauen als Styling-Tipp verstehen. Die Lady in Red ist für Männer attraktiver. Das ergab die Studie der Psychologen Andrew Elliot und Daniela Nieste der University in Rochester. Die männlichen Probanden begehrten eine auf einem Foto abgebildete Frau dann besonders, wenn diese rote Kleidung trug – oder das Foto lediglich rot gerahmt war Dieser Farbeffekt hatte auf die Bewertung von Sympathie und Intelligenz keinen Einfluss. Die Forscher schreiben im JOURNAL OF PERSONALITY AND SOCIAL PSYCHOLOGY, dass die Beziehung von roter Farbe und sexueller Anziehung nicht anerzogen sei, sondern biologische Wurzeln habe. Denn dieser Schlüsselreiz funktioniert auch bei Affen. Weibliche Schimpansen und Paviane signalisieren durch ihr rotgefärbtes Hinterteil ihre Empfängnisbereitschaft. Frauen hingegen beurteilten die Attraktivität ihrer Geschlechtsgenossinnen unabhängig davon, ob Rot auf dem Bild vorhanden war oder nicht.

aus Der Kassenarzt Nr. 20, November 2008

Hier sitzt der Hass

LONDON - Liebe und Hass liegen dicht beieinander – das ist nicht nur ein Sprichwort. Die Neurowissenschaftler Semir Zeki und John Romeya vom University College London haben herausgefunden, welche Hirnbereiche aktiv sind, wenn Menschen leidenschaftlich hassen. Hass aktiviere andere Hirnlegionen als ähnliche Gefühle wie Angst oder Wut, schreiben die Forscher in PLoS ONE. Überraschenderweise teile sich Hass zwei Bereiche des Großhirns mit der Liebe. Das Putamen bereite Bewegungen vor. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Inselrinde bei Hassgefühlen aktiviert werde, um einen Angriff oder eine Flucht einzuleiten Das sei derselbe Impuls, wenn ein Rivale um die angebetete Person rumschleiche, denn sowohl geliebte als auch verhasste Gesichter beunruhigten.

aus Der Kassenarzt Nr. 20, November 2008

Freitag, 7. November 2008

Dokumentarfilm »Hidden Heart«

Am 3. Dezember wird sich die erste erfolgreich durchgeführte Herztransplantation zum 41. Mal jähren: Der kapstädter Herzchirurg Christiaan Barnard transplantierte dem 55jährigen Louis Washkansky ein Spenderherz und schrieb damit Medizingeschichte.
Was jahrzehntelang nicht beachtet wurde: Der schwarze Südafrikaner Hamilton Naki, dem aufgrund seiner Hautfarbe ein Studium verwehrt blieb und der vom Klinikgärtner zum Leiter der Tierversuchsanstalt der Medizinischen Klinik geworden war, hatte alle an der Operation teilnehmenden Ärzte ausgebildet. Als später Barnard wegen seines Rheumas nicht mehr operieren konnte, wurde Nani sein ausführender Arm am OP-Tisch.

Der Film erzählt die unterschiedliche Geschichte der beiden Mediziner und das Deutsche Ärzteblatt vom Film.

Dienstag, 4. November 2008

Syriana, Kino at it’s best!


Sie führen Krieg ums Öl. Mit allen Mitteln…
Politthriller mit den Superstars George Clooney und Matt Damon


Prinz Nasir will Reformen
















Bob Barnes (Oscar für George Clooney) ist Nahostexperte der CIA. Er soll den reformorientierten arabischen Thronfolger Prinz Nasir (Alexander Siddig) ausschalten, der sein ölreiches Land von den USA unabhängig machen will…


Bryan Woodman zweifelt



Nach dem tragischen Tod seines kleinen Kindes wird Wirtschaftsexperte Bryan Woodman (Matt Damon) zum Berater eben dieses Prinzen Nasir…
Anwalt Bennett Holiday (Jeffrey Wright) erhält einen delikaten Auftrag: er soll die Fusion zweier US-Ölfirmen auf Korruption hin überprüfen. Ohne den Deal zu gefährden…
Gleichzeitig gerät der bettelarme Ölarbeiter Wasim Khan unter die Fuchtel radikaler Islamisten…
All diese Handlungsfäden (und mehr!) verwebt Regisseur Gaghan zu einem hochkomplexen Thriller.
Gaghan und seine Produzenten Goerge Clooney und Steven Soderbergh („Traffic“) wollen zeigen, wie Profitgier, Ölabhängigkeit, Armut und Terrorismus global zusammenhängen. Differenziert, anspruchsvoll, großes Kino!


Stephen Gaghan: Kino für eine komplizierte Welt
Ein früherer Alkoholiker und Crack-Junkie ist heute einer der gefeiersten Kino-Autoren: Stephen Gaghan, 43, landte mit dem Oscar-prämierten „Traffic“-Skript (2000) seinen großen Wurf. „Traffic“ faszinierte mit der Idee, das ganze komplizierte Geflecht der Drogenökonomie als nicht lineares Epos zu schildern. „Syriana“ inspiriert von einem Buch des CIA-Agenten Robert Baer, treib diese Erzählweise auf die Spitze. Die verwirrend zahlreichen Handlungsstränge sind nur lose verkünpft und oft lückenhaft. Gaghan: „Nach 9/11 bin ich allmählich zur Überzeugung gekommen, daß unsere westliche Gesellschaft süchtig ist – nach billigem Öl.“
aus TV-Spielfilm

Gestern abend (3.11.08) im ZDF, vielleicht kommt’s ja wieder…

Gehirnforschung, Geld und Rettungspakete

In der Zeitschrift Nervenheilkunde fragt sich Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, wie »aus dem Homo oeconomicus ein sein Glück wissenclich und sinnlos verspielender Homo irrationalis« wurde, und findet interessante Antworten.

Editorial der Zeitschrift Nervenheilkunde, kostenloser Download

Falls der Links nicht mehr funktioniert, hier nach Heft 11/2008 suchen, in der sich öffnenden Seite auf »Editorial« (zweiter Artikel von oben) klicken.

Samstag, 1. November 2008

Fernsehen vor den 68ern

Jochen Malmsheimer in der Anstalt (Danke an kunfusius und Xiamo für den Tip)

»Wo sind die erotisierenden Wachmacher?«

Warum der Fußball und der Papst mehr Leute mobilisieren als die Politik. Fragen an den Psychoanalytiker Micha Hilgers

Politik reißt niemanden vom Hocker: Schüler auf der Besuchertribüne des Deutschen Bundestages schon gar nicht







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Von Wolfgang Kessler

Publik-Forum: Die Deutschen scheinen politikmüder denn je – oder trügt der Schein?

Micha Hilgers: Enttäuschung ist etwas anderes als Müdigkeit. Mit Beginn von Rot-Grün herrschten Hoffnung und Aufbruchstimmung. Roman Herzogs Wort vom Ruck, der durch das Land gehen müsse, schien Realität zu werden. Doch unter Schröder war das Gegenteil der Fall: kein Ruck, sondern soziales Rollback. Familienpolitik als Gedöns, das Eigenheim als Pfand für eine eventuelle Arbeitslosigkeit oder pflegebedürftige Angehörige, Hartz IV. Dazu gigantische Steuerentlastungen für das Großkapital. Müdigkeit? Eher Erschöpfung, Enttäuschung über zerbrochene Hoffnungen und die Folgen massenhafter Verarmung durch sinkende Reallöhne.

Publik-Forum: Das müsste die Leute doch eher dazu motivieren, endlich etwas zu ändern?

Hilgers: Ach, kommen Sie, wie soll denn die Arithmetik einer anderen Politikkonstellation nach der Bundestagswahl aussehen! Die SPD hat sich selbst jede Chance verbaut, eine soziale Politik zu realisieren, indem sie ein Bündnis mit den Linken auf Bundesebene ausschloss. Mit Westerwelles FDP und den Grünen in einem Jamaika-Bündnis ist der Mindestlohn ausgeschlossen, eine neue Energiepolitik auch, ganz zu schweigen von der Bildung und der Förderung von Minderheiten, die weitgehend Ländersache ist. Was bleibt, ist eine schwarz-gelbe oder eine schwarzrote Koalition. Soll das etwa als erotisierender Wachmacher wirken?

Publik-Forum: Das Netzwerk attac und andere Organisationen beklagen das Fehlen der Dreißig- bis Fünfzigjährigen. Wo sind die?

Hilgers: Zu Hause, im Job und auf der Autobahn zwischen beiden. Seit Jahren lesen wir in den Shell-Jugendstudien, dass junge Erwachsene Karriere im Beruf mit Familie in Einklang bringen wollen. Das ist allerdings bei der verheerenden Situation in der Kinderbetreuung und ständigem berufsbedingten Ortswechsel nicht einfach.

Micha Hilgers
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ist Psychoanalytiker und Publizist in Aachen. Er berät regelmäßig poltische Organisationen.









Publik-Forum: Also haben die mit der Politik jetzt abgeschlossen?

Hilgers: Mitnichten. Es ist nur gegenwärtig keine Konstellation im Bund denkbar, die für innovative Politik stünde. Verständlich mag sein, dass viele Leute die Machtspiele der Politik satt haben. Die Basisbewegungen hängen auch durch.

Publik-Forum: Warum?

Hilgers: Eine Lehre der außerparlamentarischen Opposition war, dass man Verbündete in den Institutionen braucht. Minderheiten bleiben relativ erfolglos, wenn sie nicht durch diese Verknüpfung auch auf Mehrheiten einwirken können. Es fehlt diese Allianz, für die die Grünen nicht mehr stehen – spätestens nach ihren Todsünden unter Schröder.

Publik-Forum: Ist es denn wirklich so, dass man politisch nichts ändern kann?

Hilgers: Ich nenne das erlernte Hilflosigkeit: ein Abwehrmechanismus gegen Enttäuschungen, Misserfolge und Ohnmachtserfahrungen. Wenn man angeblich weiß, dass Engagement nichts bringt, steht man psychologisch sozusagen auf der Seite der Mächtigen und Gewinner; es kann einem scheinbar nichts Negatives zustoßen. Der sozialpsychologische Hintergrund. Immer mehr Menschen sind mit schlichtem Überleben bis zum Monatsultimo beschäftigt. Weder sind sie bereits so verarmt, dass sie nichts mehr zu verlieren haben, noch gibt es eine Aufbruchstimmung mit einem gemeinsamen, verbindenden und erreichbar erscheinenden attraktiven politischen Ziel.

Publik-Forum: Was können Bewegungen tun, um die Menschen zu mobilisieren?

Hilgers: Charismatische, überzeugende Persönlichkeiten müssen möglichst konkrete Ziele formulieren. Wir benötigen Entwürfe für die Zukunft, die keine politische Partei mehr bietet: Wie wollen wir leben? Was gibt es zu gewinnen, persönlich und kollektiv an Lebensqualität und Sinnhaftigkeit? Was müssen wir dafür leisten? Die Antworten der etablierten Parteien auf diese Fragen sind ebenso banal wie unterschiedslos.

Publik-Forum: Fußballspiele und Papstbesuche bringen Zehntausende auf die Straße. Können nur große Events Leute bewegen?

Hilgers: Mit Fußballvereinen können sich mehr Leute über alle Differenzen hinweg identifizieren als mit Münte, Angie oder Bütikofer. Es fehlen charismatische Politiker, die nicht für das Ego, sondern für Überzeugungen und Gerechtigkeit stehen. Lafontaine ist charismatisch, hat Erfolg, die richtigen Fragen, aber keine Antworten. Der Papst ist ein fundamentalistischer Charismatiker, der die Sehnsucht nach Harmonie bedient – unter Ausblendung aller Widersprüche, die jeder Einzelne zu Positionen der Kirche empfinden mag. Der Wunsch nach Identifikation und politischer Vereinigung ist vorhanden – fragt sich nur, wer ihn bedient. Wehe, wenn die NPD solche Persönlichkeiten findet. ■

aus Publik-Forum Nr. 18•2008