Mittwoch, 15. Juni 2016

Wenn die Willkür zur Regel wird

Auch im Krieg gibt es Regeln. Trotzdem werden fast jeden Tag Krankenhäuser angegriffen während die Zivilbevölkerung verhungert. Die Krise des humanitären Völkerrechts wird jedoch nicht durch fehlende Regeln verursacht, sondern durch die Ignoranz der Konfliktparteien 

In Syrien werden Bomben auf Krankenhäuser geworfen, Journalisten enthauptet, Kulturgüter in die Luft gesprengt, Hilfskonvois behindert, Städte ausgehungert und Fassbomben über Wohnviertel gestreut. Ähnlich grausam geht es im Irak, im Jemen und im Südsudan zu. Die Regeln des humanitären Völkerrechts, einstmals verfasst, um das Leiden der Zivilbevölkerung zu mindern, scheinen in gegenwärtigen Konflikten nichts mehr zu zählen.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass heute 92 Prozent der Kriegstoten Zivilisten sind. Um die Jahrhundertwende 1900 soll die Zahl bei fünf Prozent gelegen haben. Auch wenn diese Zahlen umstritten sind, ist eine wachsende Kluft erkennbar zwischen dem, was an Kriegshandlungen erlaubt wäre, und dem, wie sich die Kriegsarteien verhalten.

Seit 150 Jahren gibt es Regeln im Krieg. Sie entstanden, um die Kampfhandlungen zu zügeln und um bestimmte Personen zu schützen. Die Erste Genfer Konvention entstand 1864. Heute bestimmen verschiedene aktualisierte Konventionen, Zusatzprotokolle und Verträge das Verhalten in Konflikten. Der Kern: Es muss immer unterschieden werden zwischen geschützten Personen – beispielsweise Zivilisten und Verwundeten – und Kriegsteilnehmern: Willkürliche militärische Aktionen sind verboten, zum Beispiel das Abwerfen von Fass-Bomben, weil sie jeden treffen können und dabei eben keine Unterscheidung möglich ist. Krankenhäuser, Schulen und Kulturgüter sind kein militärisches Ziel. Die Neutralität von Trägern des Roten Kreuzes, des Roten Halbmonds und des Roten Kristalls ist zu respektieren.

mehr:
- Rechtsfreie Schlachtfelder: Wenn die Willkür zur Regel wird (Benjamin Dürr, Cicero, 09.06.2016)
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Flüchtlinge: Wie Berlin die Wohlfahrtsverbände vergrault

In Berlin drohen die freien Wohlfahrtsverbände, sich aus der Flüchtlingsunterbringung zurückzuziehen. Grund ist der neue Mustervertrag des Landes Berlin für Betreiber von Asylunterkünften. Die Rede ist von „Erpressung“ und „Überwachung“

Die Sozialverbände in Berlin üben massive Kritik am neuen Rahmenvertrag für die Flüchtlingsunterbringung. Der Entwurf des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) weise „für die Betreiber erhebliche Risiken auf“ und sei „nicht tragbar“, heißt es in einer Stellungnahme der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Diese raten nun von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Land Berlin ab: „Wir haben das LAGeSo darüber informiert, dass wir unseren Mitgliedern dringend empfehlen werden, die zugesandte Aufhebungsvereinbarung nicht zu unterzeichnen.“

In der Liga haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, die Diakonie, der Paritätische Landesverband, das DRK und die Jüdische Gemeinde zusammengeschlossen. Zusammen zählen sie 160.000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter in Berlin.

Zurzeit hat das Berlin Containerdörfer ausgeschrieben, es werden Betreiber für insgesamt 4000 Plätze gesucht. Bislang hat der Senat individuelle Verträge abgeschlossen, in manchen Fällen gab es auch nur mündliche Vereinbarungen. Der „Vertrag über den Betrieb einer Unterkunft und die Betreuung der dort wohnenden Flüchtlinge und Asylbewerberinnen und Asylbewerber (Betreibervertrag)“ soll die Vorlage für alle künftigen Verträge sein. Er liegt dem Magazin Cicero in einer Version vom 24. Mai vor.

mehr:
- Flüchtlingsunterkünfte: Wie Berlin die Wohlfahrtsverbände vergrault (Petra Sorge, Cicero, 10.06.2016)

Brauchen wir einen Bundespräsidenten?

Kolumne Grauzone: Während die Verhandlungen über mögliche Nachfolger für Joachim Gauck noch laufen, sollte erneut die Frage gestellt werden: Brauchen wir den Bundespräsidenten überhaupt? 

Nun mauscheln sie also wieder. Vorläufig heimlich, hinter verschlossenen Türen und an Telefonen. Spätestens nach den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin im September dann ungehemmt und öffentlich. Mehr Heuchelei gibt es im für Heuchelei ohnehin anfälligen Politbetrieb selten. Denn natürlich geht es allen Beteiligten immer nur um die Würde des Amtes. Erspart uns allen dieses kleingeistige Getue. Schafft das Amt des Bundespräsidenten endlich ab! 

Entstanden ist das Amt bekanntlich in den Vereinigten Staaten als Synthese von Staatsoberhaupt und Regierungschef. Ähnlich verhält es sich in Frankreich. Beide Präsidentenämter sind das Ergebnis antimonarchistischer Revolutionen, die Amtsinhaber republikanisierte Monarchen auf Zeit.
mehr:
- Gaucks Rückzug: Schafft den Bundespräsidenten ab (Alexancer Grau, Cicero, 11.06.2016)

siehe auch:
- Jugoslawien 1999: Unter den Bomben der NATO (Post, 02.04.2016)

mein Kommentar:
Schaut Euch die Briten an! Die sind doch glücklich mit einer Identifikationsfigur! In Zeiten von platzenden Finanzblasen, Rettungsschirmen, Konflikten mit Russland (, die die USA zu verantworten haben und den Europäern nichts anderes übrig bleibt, als dem großen Bruder überm Teich hinterherzulaufen) IS-Anschlägen und Flüchtlingskrise ist es doch ganz angenehm, jemanden oder etwas zu haben, das oder der gleich bleibt. (So ähnlich wie der Papst…) Und wenn man dann noch jemanden in der königlichen Familie hat, der über die Stränge schlägt oder sogar fremdgeht, hat man sogar noch einen Aufreger!

Grand celebrations for Queen Elizabeth's 90th birthday [2:39]

Veröffentlicht am 11.06.2016
Queen Elizabeth's 90th birthday is being celebrated in grand style in London Saturday. After months of small celebrations, the official observance is underway, which includes a parade and military ceremony. Jonathon Vigliotti reports from Buckingham Palace.

Bürokratie: „Man will uns irre machen“

Interview Bürokratie gründet immer auf Gewalt und führt zu Dummheit, sagt David Graeber in seinem neuen Buch

In seinem Twitter-Profil versucht er, die Sache mit dem Anarchismus von vorneherein klarzustellen: „Ich betrachte Anarchismus als etwas, was man tut, nicht als Identität, also nennen Sie mich nicht ,anarchistischer Anthropologe‘.“ Wir trafen den 55-Jährigen in Berlin – und hakten natürlich zuerst beim A-Wort nach.

der Freitag: Herr Graeber, Sie gelten als Anarchist, scheinen das aber nicht unbedingt zu mögen. Was ist Anarchismus?
David Graeber:
Für mich bedeutet er zweierlei. Erstens: Wir stellen uns im Anarchismus vor, dass eine Welt möglich oder wünschenswert wäre, die nicht auf einer systematischen Bürokratie der Gewalt basiert, nicht auf systematischen Formen der Nötigung oder des Zwangs. Zweitens: Wenn man versucht, eine solche Welt zu verwirklichen, dann heiligt der Zweck nicht die Mittel. Es dürfen dabei weder Nötigungen noch Zwänge angewandt werden, man darf nicht durch herkömmliche Institutionen agieren, die sich auf Gewalt stützen. Anarchismus ist, wenn Menschen nicht gezwungen werden, sich in einer bestimmten Form zu organisieren – sondern wenn sie sich selbst organisieren.

Warum gibt es so viele Vorbehalte gegenüber Anarchismus? Ich glaube nicht, dass die meisten Menschen Anarchismus schlecht finden. Sie denken nur, dass es eine wahnwitzige Idee ist. Dass es zwar schön wäre, wenn alle Leute miteinander klar kämen und wir keine Polizei und Gefängnisse bräuchten – aber viele sagen eben auch: Wenn es keine Polizei gäbe, würden wir uns alle gegenseitig umbringen. Als Anthropologe weiß ich, dass das faktisch nicht stimmt.

Können Sie Beispiele geben? Ich habe in Madagaskar an einem Ort gelebt, wo es keine Polizei gibt, und die Menschen haben nicht angefangen, sich gegenseitig umzubringen. In Polen wurde ausprobiert, was bei der Abschaffung von Verkehrsregeln passiert: Die Zahl der Unfälle sank, denn die Leute mussten auf einmal darüber nachdenken, was sie tun. Man will uns glauben machen, dass wir Irre sind, die für alles eine Vorschrift brauchen. Aber das stimmt nicht. Wenn jemand gemeinschaftsschädigend handelt, hält die Androhung einer Haftstrafe ihn nicht davon ab, und wenn er es bleiben lässt, dann nicht aus Angst vor dem Gefängnis. Das ist eine empirische Tatsache. Wieso akzeptieren wir es, unter der ständigen Androhung von Gewalt zu leben?

Tun wir das wirklich? Die Regeln, von denen wir umgeben sind, basieren – auch wenn man darüber nicht gern nachdenkt – darauf, dass sie im Ernstfall mit Gewalt durchgesetzt werden, etwa indem man uns verprügelt, abführt oder wegsperrt.

mehr:
- „Man will uns irre machen“ (Lea Fauth im Interview mit David Graeber, der Freitag, 08.06.2016)

David Graeber: Wir bürokratisieren uns zu Tode (Sternstunde Philosophie 01.05.2016) [59:03]

Veröffentlicht am 02.05.2016

Der Anthropologieprofessor und Anarchist David Graeber sagt der Bürokratie den Kampf an. Zum Tag der Arbeit verwickelt Stephan Klapproth den Vordenker der Occupy-Bewegung in ein Gespräch über überflüssige Jobs, schädlichen Amtsschimmel und die Frage, ob wir ohne Staat besser leben würden.

Homepage Sternstunde Philosophie: http://www.srf.ch/sendungen/sternstun...
Mehr Kultur: http://www.srf.ch/kultur
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Nach Orlando-Massaker und EM-Schlägereien: So bekommen wir erzählt, was Sache ist

Orlando Die politischen Reaktionen nach dem Massaker sind breit gestreut und Demagogen nutzen die Angst für sich. Um was es auch gehen mag – mit Einwanderung hat es nichts zu tun 

Während die Angehörigen trauern und eine ganze Nation unter Schock steht, wird die politische Klasse Amerikas versuchen, die abscheulichen Ereignisse in Orlando so zu deuten, dass sie am besten in ihre jeweilige Agenda passen. Wer gehofft hatte, eine Tragödie wie diese würde nicht parteipolitisch ausgeschlachtet, dürfte enttäuscht werden.

Die Fakten sind spärlich und vieles noch nicht endgültig: Das Blutbad wurde als Fall von inländischem Terrorismus klassifiziert; der Täter Omar Mateen war offenbar Moslem und hatte mehrere Schusswaffen waren, einschließlich einer Sturmgewehr-ähnlichen Waffe; Ort des Geschehens war ein Club für Schwule und Lesben; mindestens 50 Menschen wurden bei dem Überfall getötet und weitere 50 verletzt; das Ganze ereignete sich in einem Wahljahr in einem Swing State. Damit berührt er gleich mehrere wunde Punkte, und das in einem für die politische Lage in den USA besonders brisanten Augenblick. Alle werden danach beurteilt werden, wie sie auf den Anschlag reagieren; manche werden versuchen, politisches Kapital aus der Tragödie zu schlagen. Alle sind in irgendeiner Weise angreifbar; aber natürlich wird keiner das bereitwillig zugeben.

Präsident Barack Obama beschrieb die Tat als einen „Akt des Terrors und des Hasses“ und sagte, das FBI untersuche sie auch als terroristische Tat. „Wir werden dort ermitteln, wo uns die Fakten hinführen“, sagte er. Dies könnte manchen nicht genug sein.

mehr:
- Im Augenblick der Krise (Gary Younge, der Freitag, 13.06.2016)

Orlando Shooting | Worst Mass Shooting in US History [4:32]

Veröffentlicht am 12.06.2016
At least 50 people died after a gunman opened fire at a gay nightclub in Orlando in what authorities are calling an act of terror.

siehe auch:
- Schießerei in Orlando: Warum Orlando kein Angriff auf die offene Gesellschaft war (Thorsten Denkler, Süddeutsche, 13.06.2016)
- Orlando und der US-Wahlkampf: Trumps Niedertracht (Roland Nelles, SPON, 14.06.2016)
- Orlando: McCain macht Obama mitverantwortlich für Attentat (SPON, 17.06.2016)
mein Kommentar:
Geschichten, Geschichten, Geschichten
Wundert es wen, daß Putin im SPON-Artikal mal wieder sein Fett wegkriegt? (Kaum ein Artikel über die Panama-Papiere ohne den Hinweis auf Putin!)
Aus dem SZ-Artikel »Putins beste Freunde« ( Petra Blum, Frederik Obermaier, Bastian Obermayer )
Zu Putin in den Panama-Papers:
- Panama-Papiere: Es kreißte der Berg und gebar ein Mäuschen (Hinter der Fichte, 04.04.2016)
- Scheuklappen der West-Median: Panama Papers, die Stunde der Heuchler - Russland sieht einen CIA-Komplott (Freunde der Künste, 13.04.2016) Auch in den Massenmedien ist angeblich sofort klar, wer an den brutalen Auseinandersetzungen zwischen russischen und britischen Hooligans schuld war!

UEFA EURO 2016 France: Russische Hooligans stürmen nach spielende England- Block im Stadion [0:30]

Veröffentlicht am 11.06.2016
Ausschreitungen bei England gegen Russland auch im Stadion! Beim EM-Spiel zwischen England und Russland ist es in Marseille auch im Stadion zu Ausschreitungen gekommen. Kurz vor dem Ende der Partie gingen russische und englische Fußball-Anhänger im Stade Vélodrome aufeinander los. Auslöser waren offenbar russische Zuschauer, die hinter dem Tor von Englands Keeper Joe Hart auf in benachbarten Blöcken sitzende englische Fans losstürmten. Einige Zuschauer mussten sogar in den Innenraum springen, um sich in Sicherheit zu bringen. Vor der Begegnung hatte es den ganzen Tag über Auseinandersetzungen mit mehreren Verletzten in der Stadt gegeben.

Orginalquelle : spravce3 - https://www.youtube.com/watch?v=l7ZrJ...

EURO 2016: Russische Fans stürmen den englischen Block | Sportschau [1:16]

Veröffentlicht am 12.06.2016
http://www.sportschau.de - Bei der Partie England gegen Russland kommt er zu heftigen Ausschreitungen zwischen den beiden Fangruppen.
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Erdogans Traum

Der türkische Präsident sieht sich als Weltvertreter aller Muslime, aber sein Geltungsanspruch stößt an Grenzen


Während sich an den europäischen Grenzen das Dilemma des Nationalstaats wiederholt, fragen sich viele derzeit besorgt: Was ist los mit Erdoğan? Dabei geht es nicht nur um das Verhältnis zwischen Türkei und Europäischer Gemeinschaft, sondern auch um Fragen der politischen und kulturellen Identität in Zeiten rasch fortschreitender Globalisierung.


Erdoğan, der in der Innenpolitik auf eine Generation orthodox-sunnitischer Gläubiger zurückgreifen kann – die türkische Journalistin Amberin Zaman nannte diese Riege seiner Anhänger mal die "Neo-Proletarier Erdoğan'scher Gesinnung" –, gebärdet sich außenpolitisch immer deutlicher schlicht dichotom: Da sind die Muslime – und die Feinde der Muslime.

Klar erkennbar geht Erdoğans Führungsanspruch inzwischen weit über sein Land hinaus, stößt aber international auch an Grenzen. Frustriert kehrte der Präsident Ende der Woche vorzeitig von der Trauerfeier für Muhammad Ali aus Amerika zurück, wo es ihm nicht gelang, sich als Weltvertreter aller Muslime zu profilieren.

mehr:
- Erdogans Traum (Arno Kleinebeckel, Telepolis, 14.06.2016)

Großbritannien baut neue Atomsprengköpfe

Auch die Finanzierung von neuen Atom-U-Booten ist umstritten, Zahlen legt die Regierung lieber mal nicht vor
Die Debatte um die Modernisierung der britischen Atom-U-Boote ist noch nicht zu Ende, da kommt ans Licht, dass der Bau neuer Atomsprengköpfe schon begonnen hat. Wie der Nuclear Information Service (NIS) berichtet, arbeitet die nationale Atomwaffenfabrik, das Atomic Weapons Establishment (AWE) in Berkshire, längst daran, die aktuellen Trident-Atomsprengköpfe zu "Mark 4A"-Sprengköpfen aufzurüsten. Diese sollen präziser und zerstörerischer sein, heißt es in dem Bericht.

85 Millionen Pfund seien dafür bereits ausgegeben worden. Die Arbeit an den Sprengköpfen sei eine britisch-amerikanische Kooperation, so der NIS. Neue Sprengköpfe seien in den Sandia National Laboratories in den USA getestet worden. Durch die Modernisierung könnten die Sprengköpfe bis Mitte des Jahrhunderts einsatzbereit bleiben.

mehr:
- Großbritannien baut neue Atomsprengköpfe (Dirk Eckert, Telepolis, 13.06.2016)
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Sipri-Bericht über Atomwaffen Modernisierung statt schneller Abrüstung 13.06.2016 [9:07]

Veröffentlicht am 13.06.2016
Sipri-Bericht über Atomwaffen Modernisierung statt schneller Abrüstung 13.06.2016

Allein die USA geben laut Friedensforschungsinstitut Sipri Hunderte Milliarden Dollar für die Modernisierung ihrer Atomsprengköpfe aus. Zusammen mit Russland besitzen die USA nahezu alle Atomwaffen weltweit. Bei einem anderen Bericht über Waffenexporte liegt Deutschland weit vorn.

Die USA und Russland besitzen aktuell zusammen 93 Prozent aller Nuklearwaffen weltweit. Das geht aus einem Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri hervor. Beide Ländern reduzieren demnach ihre Atomwaffenarsenale seit Beginn der 1990er-Jahre zwar kontinuierlich, jedoch nur sehr langsam.

Zugleich investierten sowohl die USA als auch Russland große Summen in die Modernisierung ihrer Atomstreitkräfte, heißt es in dem Sipri-Bericht. So wollten die USA zwischen 2015 und 2024 insgesamt 348 Milliarden Dollar für den Erhalt und die Modernisierung ihrer Atomwaffen ausgeben. Schätzungen gehen sogar von einer Billion Dollar in den nächsten 30 Jahren aus.
7000 Sprengköpfe in den USA

"Der von der Obama-Regierung vorgelegte ehrgeizige US-Modernisierungsplan steht in krassem Gegensatz zu Präsident Barack Obamas Versprechen, die Zahl der Nuklearwaffen zu verringern und zu der Rolle, die sie in der nationalen Sicherheitsstrategie der USA spielen", sagte der Co-Autor des Sipri-Jahrbuchs, Hans Kristensen. Die USA verfügen laut Sipri aktuell über insgesamt etwa 7000 Atomsprengköpfe, Russland über 7290.

Alle neun Atomwaffenstaaten - darunter neben USA und Russland auch Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea - kommen zusammen auf 15.395 Sprengköpfe. Davon sind rund 4100 laut Sipri einsatzbereit. Alle genannten Staaten haben dem Bericht zufolge damit begonnen, neue Raketensysteme zu entwickeln oder ihre Absicht dazu bekundet.
Deutschland drittgrößter Waffenexporteur

Ein Bericht des Branchendienstes "Jane's" untersuchte die Waffenexporte des vergangenen Jahres. Dabei kam heraus, dass Deutschland der drittgrößte Waffenexporteur hinter den USA und Russland war. Wie der jährliche Rüstungsbericht feststellt, verkauften deutsche Unternehmen 2015 Rüstungsgüter im Wert von rund 4,78 Milliarden US-Dollar ins Ausland - Kleinwaffen und Munition nicht mitgerechnet. Die Rüstungsgüter gingen zu etwas weniger als ein Drittel in den Krisengürtel Nahost-Nordafrika. Wichtigster Abnehmer in dieser Region war im vergangenen Jahr Saudi-Arabien, gefolgt von Algerien, Ägypten und Katar.

Laut "Jane's" werden die Lieferungen nach Nordafrika und Nahost 2018 sogar 40 Prozent der deutschen Rüstungsexporte ausmachen. Danach fällt der Anteil voraussichtlich wieder ab, auf 28 Prozent.

Diesen Bericht habe ich von der tagesschau.de website hier der Linkz zum Beitrag: https://www.tagesschau.de/ausland/ato...
Bildquelle: dpa
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Europaparlamentarier fordern Korrektur der Russlandsanktionen

Außenminister Ungarns und Vizeaußenminister Griechenlands gegen automatische Verlängerung
Am 28. Und 29. Juni verhandeln die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Gipfeltreffen über eine Verlängerung ihrer im Zuge der Ukrainekrise verhängten Sanktionen gegen Russland. Die Europaabgeordnete Rachida Dati, die von 2007 bis 2009 französische Justizministerin war, bezeichnete diese Sanktionen in einem gemeinsam mit dem Forza-Italia-Europaabgeordneten Stefano Maullu und zehn weiteren Europapolitikern verfassten offenen Brief als teuren Fehler, den man schnellstens korrigieren sollte.
Die Sanktionen schadeten wegen der russischen Gegensanktionen nicht nur der Landwirtschaft in den EU-Mitgliedsländern erheblich (vgl. Online-Banking erleichtert die Geldwäsche): Der Verlust von Russland als Partner der EU schafft ihrer Ansicht nach auch unnötige sicherheits- und außenpolitische Probleme, weil der Austausch über Informationen zu salafistischen Terrorgruppen wie dem IS nicht in vollem Umfang geschieht. Wir müssen, so die arabischstämmige Abgeordnete, "lernen, verantwortungsvoll und sachlich zu handeln" und Real- vor Idealpolitik setzen - dabei habe man keine Wahl, sondern werde von der Außenwelt dazu gezwungen.

mehr:
- Europaparlamentarier fordern Korrektur der Russlandsanktionen (Peter Mühlbauer, Telepolis, 13.06.2016)

FPÖ-Anwalt sieht keine Wahlmanipulation, aber große Erfolgsaussichten

Innenminister weitet Ermittlungen aus - Verfassungsgerichtshof legt andere Verfahren auf Eis 

Der Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer, der zwischen 2000 und 2004 österreichischer Justizminister war und die FPÖ bei ihrer Anfechtung der Bundespräsidentenwahl vertritt, sagte der ORF-Sendung Im Zentrum, man behaupte in der Klage nicht, dass es absichtliche Manipulationen gab, glaube aber nichtsdestotrotz, sie habe "große Erfolgsaussichten", weil Manipulationen für eine Ungültigkeitserklärung gar nicht notwendig seien. Dazu reichten bloße "Verletzungen des Wahlgesetzes" aus, die man in großer Zahl gesammelt habe.
So seien 120.067 Wahlkarten vorzeitig geöffnet und 58.374 ohne die Bezirkswahlbehörde ausgezählt worden. 30.295 Wahlkarten aus vier Wahlbezirken habe man rechtswidrig bereits vor Montag 9 Uhr ausgewertet.

Die Möglichkeit, dass bei der Wahlauszählung vorsortiert, vorzeitig geöffnet, vorzeitig ausgezählt oder anderweitig vorschriftswidrig vorgegangen wurde, räumt auch der christdemokratische Innenminister Wolfgang Sobotka ein. Sein Ministerium hatte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Mai Verdachtsfälle aus sechs Bezirken gemeldet. Nun wurde diese Anzeige Bundeswahlbehördenleiter Robert Stein zufolge auf "alle Bezirke ausgeweitet, die in der Anfechtung der FPÖ genannt werden". Fragen dazu muss Stein nach die Staatsanwaltschaft beantworten, die bislang schweigt.

mehr:
- FPÖ-Anwalt sieht keine Wahlmanipulation, aber große Erfolgsaussichten (Peter Mühlbauer, Telepolis, 14.06.2016)

Als Muslime im Westen als schwul galten

Nach Orlando war für viele die Gleichung klar: Islam = homophob. Dabei hat die gleichgeschlechtliche Liebe in der islamischen Welt eine lange Tradition 

Oberflächlich gesehen, gibt es viele Möglichkeiten, die Taten des Omar Mateen zu erklären: War er ein konservativer Waffennarr, der Menschen mit anderer Lebensweise so zum Schweigen brachte, wie es konservative Waffennarren eben tun? War er ein irrer Psychopath, der mit seiner eigenen sexuellen Identität nicht klar kam? Oder tötete Omar Mateen am Sonntag 49 Besucher eines schwulen Nachtclubs, einfach weil er Muslim war und Muslime eben keine Schwulen mögen?

Jede dieser Erklärungen ist zu kurz gegriffen und dennoch haben sich viele Medien für eine von ihnen entschieden: die letzte. Dass Muslime per se homophob sind, scheint sich in den Augen vieler nicht nur am Sonntag in Orlando einmal mehr bestätigt zu haben: Im Iran hängen die Körper von Homosexuellen an Baukränen, in Saudi-Arabien schlagen Religionswächter Schwulen die Köpfe ab und in Syrien stürzt der selbsternannte Islamische Staat Homosexuelle aus Hochhäusern.

Doch die Gleichung "Islam = homophob" ist allenfalls so wahr wie ihr Gegenteil. Denn so sehr Islamisten heute Homosexualität verteufeln, so selbstverständlich war gleichgeschlechtliche Liebe jahrhundertelang in der islamischen Welt. Und so sehr Homophobie heute aus westlicher Sicht als typisch islamisches Problem gilt, so neu ist das Phänomen in der islamischen Welt.

mehr:
- Als Muslime im Westen als schwul galten (Fabian Köhler, Telepolis, 15.06.2016)

siehe auch:
Der Ukraine-Konflikt 2 – Über unterschiedliche Meßlatten und die Verwendung von Sprache am Beispiel der Homosexuellen-Gesetzgebung in Deutschland und des israelisch-palästinensischen Konflikts (21.03.14, zuletzt aktualisiert am 03.09.2014)