Oberflächlich gesehen, gibt es viele Möglichkeiten, die Taten des Omar Mateen zu erklären: War er ein konservativer Waffennarr, der Menschen mit anderer Lebensweise so zum Schweigen brachte, wie es konservative Waffennarren eben tun? War er ein irrer Psychopath, der mit seiner eigenen sexuellen Identität nicht klar kam? Oder tötete Omar Mateen am Sonntag 49 Besucher eines schwulen Nachtclubs, einfach weil er Muslim war und Muslime eben keine Schwulen mögen?
Jede dieser Erklärungen ist zu kurz gegriffen und dennoch haben sich viele Medien für eine von ihnen entschieden: die letzte. Dass Muslime per se homophob sind, scheint sich in den Augen vieler nicht nur am Sonntag in Orlando einmal mehr bestätigt zu haben: Im Iran hängen die Körper von Homosexuellen an Baukränen, in Saudi-Arabien schlagen Religionswächter Schwulen die Köpfe ab und in Syrien stürzt der selbsternannte Islamische Staat Homosexuelle aus Hochhäusern.
Doch die Gleichung "Islam = homophob" ist allenfalls so wahr wie ihr Gegenteil. Denn so sehr Islamisten heute Homosexualität verteufeln, so selbstverständlich war gleichgeschlechtliche Liebe jahrhundertelang in der islamischen Welt. Und so sehr Homophobie heute aus westlicher Sicht als typisch islamisches Problem gilt, so neu ist das Phänomen in der islamischen Welt.
mehr:
- Als Muslime im Westen als schwul galten (Fabian Köhler, Telepolis, 15.06.2016)
siehe auch:
- Der Ukraine-Konflikt 2 – Über unterschiedliche Meßlatten und die Verwendung von Sprache am Beispiel der Homosexuellen-Gesetzgebung in Deutschland und des israelisch-palästinensischen Konflikts (21.03.14, zuletzt aktualisiert am 03.09.2014)
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